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PolFHa Extra: Das Brandenburgischen Polizeigesetz (BbgPolG) 2019

Änderungen im Brandenburgischen Polizeigesetz (BbgPolG) von Prof. Dr. Guido Kirchhoff

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von Prof. Dr. Guido Kirchhoff<br />

ximal zwei Wochen zulässig ist (§ 28d Abs. 2). Dauert<br />

die Freiheitsentziehung länger als vier Tage, ist der in<br />

Gewahrsam genommenen Person ein anwaltlicher<br />

Beistand zu gewähren (§ 28d Abs. 3).<br />

Angesichts der hohen Anordnungsvoraussetzungen,<br />

welche die Richter in jedem einzelnen Fall<br />

eigenverantwortlich zu prüfen haben, 27) ist die Verhältnismäßigkeit<br />

dieser Eingriffsermächtigung 28) ,<br />

insbesondere die Vorgabe der zeitlichen Höchstgrenze<br />

29) , verfassungsrechtlich unbedenklich. Ein längerer<br />

Gewahrsam zum Schutz vor schweren Gefahren für<br />

Leben und Gesundheit ist durch die aus Art. 2 Abs. 2<br />

Satz 2 GG folgende staatliche Schutzpflicht gerechtfertigt.<br />

30) Da es sich nicht um eine pauschal vorgegebene<br />

Dauer der Freiheitsentziehung handelt, ist<br />

aber in jedem Einzelfall darauf zu achten, dass der<br />

Gewahrsam in einem angemessenen Verhältnis zur<br />

Gefahr steht. Die Höchstfrist darf also nicht als Regelfrist<br />

verstanden werden. 31)<br />

5. Strafvorschrift<br />

Wer einer vollstreckbaren oder vollziehbaren<br />

Aufenthaltsvorgabe oder einem Kontaktverbot zuwiderhandelt,<br />

kann sich nach § 28e <strong>BbgPolG</strong> strafbar<br />

machen, wenn er dadurch deren Zweck gefährdet.<br />

Im Interesse der Gefahrenabwehr wird so der Druck<br />

auf den Betroffenen erhöht, sich an die Anordnungen<br />

zu halten. In Einzelfällen kann der Straftatbestand zu<br />

einer strafprozessualen Untersuchungshaft führen,<br />

etwa wenn der Gefährder sich der Strafverfolgung<br />

durch Untertauchen entziehen möchte.<br />

Die Tat wird allerdings nur auf Antrag der Polizeibehörde<br />

verfolgt. Leider gibt das Gesetz keine Kriterien<br />

vor, nach denen zu entscheiden ist, ob die – dem<br />

Legalitätsgrundsatz verpflichtete – Polizei einen solchen<br />

Antrag stellt. Anders als bei anderen Antragsdelikten,<br />

in denen das Opfer grundsätzlich in der Hand<br />

haben soll, ob der Tatverdächtige strafrechtlich verfolgt<br />

wird, ist die Polizei selbst gar nicht durch den<br />

Verstoß gegen die Aufenthaltsvorgabe benachteiligt.<br />

Der Nachteil tritt bei der Bevölkerung ein, die dadurch<br />

einer höheren Gefährdung ausgesetzt wird. Um den<br />

Vorgaben des Art. 3 Abs. 1 GG zu genügen, muss die<br />

Polizei daher darauf achten, die Strafanträge im ge-<br />

27) Vgl. z.B. BVerfG v. 20.04.2016, 1 BvR 966/09, juris, Rn. 118.<br />

28) In diese Richtung BVerfG v. 10.02.2004, 2 BvR 834/02, juris, Rn. 111;<br />

a.A. z.B. Pieroth, GSZ 2018, S. 133 ff., 136 f.<br />

29) Vgl. auch BayVGH v. 02.08.1990, Vf. 3-VII-89, NVwZ 1991, S. 664 ff.,<br />

670; SächsVerfGH v. 14.05.1996, Vf. 44-II-94, NVwZ 1996, 784 f.<br />

30) So auch Schenke, Polizei- u. Ordnungsrecht, 2018, Rn. 146; Rachor/<br />

Graulich in Lisken/Denninger, Hdb. d. PolR, 2018, Kap. E Rn. 551<br />

31) Rachor/Graulich in Lisken/Denninger, Hdb. d. PolR, 2018, Kap. E Rn.<br />

552.<br />

samten Land Brandenburg sachlich begründet und<br />

aufgrund einheitlicher Kriterien zu stellen.<br />

VII. Verlängerte Speicherung bei Bildaufzeichnungen<br />

auf öffentlichen Plätzen<br />

Unverändert darf die Polizei nach § 31 Abs. 2<br />

<strong>BbgPolG</strong> unter den dort genannten Voraussetzungen<br />

öffentlich zugängliche Straßen und Plätze mittels<br />

Bildübertragung offen beobachten und dabei Aufzeichnungen<br />

anfertigen. Neu ist aber, dass die Aufnahmen<br />

nach § 31 Abs. 2 S. 3 <strong>BbgPolG</strong> nicht mehr<br />

schon nach 48 Stunden, sondern erst zwei Wochen<br />

nach der Datenerhebung zu löschen sind.<br />

VIII. Datenerhebung zur Eigensicherung und<br />

Dokumentation<br />

1. Aufzeichnungsgeräte in Polizeifahrzeugen<br />

Die Regelung des § 31a Abs. 1 <strong>BbgPolG</strong>, die zur Eigensicherung<br />

bei Personen- und Fahrzeugkontrollen<br />

Bild- und Tonaufzeichnungen aus Polizeifahrzeugen<br />

heraus zulässt, wurde ebenfalls verändert: Der Wortlaut<br />

nennt als Zweck jetzt auch die Dokumentation.<br />

Die Maßnahme muss seit April in jedem Fall erkennbar<br />

gemacht oder der betroffenen Person mitgeteilt<br />

werden. Dies war vorher nur erforderlich, sofern der<br />

Einsatz der technischen Mittel nicht offenkundig war.<br />

Während die Aufzeichnungen früher am Tage<br />

nach dem Anfertigen zu löschen waren, muss dies<br />

nun erst nach zwei Wochen geschehen. Sie müssen<br />

auch nach Ablauf dieser Frist nicht gelöscht werden,<br />

wenn sie zur Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten<br />

von erheblicher Bedeutung (vorher: alle Ordnungswidrigkeiten)<br />

oder Straftaten gebraucht werden.<br />

Neu ist aber auch, dass sie nicht gelöscht werden<br />

müssen, wenn sie für die Überprüfung der Rechtmäßigkeit<br />

von aufgezeichneten polizeilichen Maßnahmen,<br />

insbesondere nach einem Verlangen des<br />

Betroffenen benötigt werden. Eben deshalb ist in<br />

der Vorschrift als Zweck der Datenerhebung auch<br />

die Dokumentation genannt. 32) Steht ein polizeiliches<br />

Fehlverhalten im Raum ergibt sich hieraus, dass die<br />

Polizei die Daten nicht vor Ablauf von zwei Wochen<br />

löschen darf! Bis dahin hat der Betroffene die Möglichkeit,<br />

deren Speicherung für die Überprüfung der<br />

Rechtmäßigkeit der Maßnahme zu verlangen. Sind<br />

die Daten bereits gelöscht, wird ein Strafverfahren<br />

wegen Strafvereitelung im Amt einzuleiten sein, sofern<br />

ein polizeiliches Fehlverhalten tatsächlich gegeben<br />

ist und es zugleich eine Straftat darstellt.<br />

32) LT-Drs. 6/10824, Anl. 2, S. 12.<br />

7

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