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<strong>Fachartikel</strong>


PRAXISWISSEN<br />

Besser mit Impuls spülen<br />

Fachgerechtes Reinigen von Trinkwasser-Installationen<br />

Verunreinigungen verschiedener Art können die Wasserbeschaffenheit in Trinkwasser-Installationen beeinträchtigen. So dienen<br />

organische Stoffe als Nährsubstrat für Mikroorganismen. Ablagerungen aus anorganischen Stoffen verengen den Querschnitt, was<br />

besonders bei Zirkulationsleitungen kritisch ist, wenn die erforderliche Rücklauftemperatur nicht mehr erreicht wird. Die Reinigung<br />

von Trinkwasser-Installationen hat das Ziel, Verunreinigungen, Ablagerungen und andere unerwünschte Substanzen auszutragen.<br />

Im ersten Schritt sind diese Stoffe zu mobilisieren<br />

und im Weiteren vollständig aus<br />

dem System auszutragen. Sie dürfen sich<br />

auf keinen Fall an anderer Stelle wieder<br />

ablagern und dadurch erneut das Trinkwasser<br />

oder die Trinkwasser-Installation<br />

beeinträchtigen. Das Comprex genannte<br />

Impulsspülverfahren der Hammann<br />

GmbH hat sich gerade bei kritischen Kontaminationen<br />

bewährt. Bei der Reinigung<br />

ist zwischen neu gebauten und bestehenden<br />

Rohrleitungen zu unterscheiden.<br />

Drucklufteinspeisung<br />

an Verteiler.<br />

Spülen von Neuanlagen<br />

Neu installierte Rohrleitungen enthalten<br />

Montagehilfsstoffe und unbeabsichtigte<br />

Verunreinigungen. Bei sachgerechter<br />

Handhabung der Bauteile und Montage<br />

genügt in vielen Fällen das Spülen mit<br />

Wasser oder Spülkompressoren, wie es in<br />

DVGW W 557 (A) beschrieben ist, um diese<br />

Stoffe auszutragen. Im Falle von „Unfällen“,<br />

wie z. B. bei Verunreinigung infolge<br />

fehlender Kappen auf Bauteilen oder<br />

bei Verwenden von zu viel Montagehilfsstoffen,<br />

ist eine intensive Spülung notwendig.<br />

Hier kommt das Impulsspülverfahren<br />

zum Einsatz. Es mobilisiert diese<br />

Stoffe infolge der erhöhten Schleppkräfte<br />

an den Innenoberflächen der Rohrleitungen<br />

und trägt sie zuverlässig aus.<br />

Ziel ist, Mikroorganismen und vor allem<br />

aber Nährsubstrate für Mikroorganismen<br />

aus den Rohrleitungen zu entfernen.<br />

Je gründlicher die Reinigung, desto<br />

wirksamer und Erfolg versprechender<br />

ist eine nachfolgende Desinfektionsmaßnahme.<br />

Spülen von Bestandsanlagen<br />

In bestehenden Rohrleitungen bilden sich<br />

während der Betriebszeit Ablagerungen<br />

und Biofilme. In ungeschützten Stahlleitungen<br />

können aus Korrosionsprodukten<br />

Inkrustationen entstehen. Ablagerungen<br />

wie auch Inkrustationen reduzieren<br />

den Querschnitt der Rohrleitungen<br />

und beeinträchtigen dadurch den Durchfluss.<br />

In Zirkulationsleitungen wird deshalb<br />

die Rücklauftemperatur häufig nicht<br />

mehr erreicht. Locker anhaftende Ablagerungen<br />

und Biofilme können sich teilweise<br />

ablösen und dadurch Trübung sowie<br />

Braunfärbung des Wassers verursachen.<br />

Größere Partikel verstopfen Filter. Mobilisierte<br />

Biofilme führen zur mikrobiellen<br />

Beeinträchtigung des Trinkwassers, was<br />

sich bei Trinkwasseranalysen vor allem<br />

Relevante Regelwerke<br />

• DIN EN ISO 19458, Wasserbeschaffenheit<br />

– Probenahme für<br />

mikrobio logische Untersuchungen<br />

• DVGW W 270 (A), Vermehrung von<br />

Mikroorganismen auf Werkstoffen<br />

für den Trinkwasserbereich – Prüfung<br />

und Bewertung<br />

• DVGW W 551 (A), Trinkwassererwärmungs-<br />

und Trinkwasserleitungsanlagen<br />

– Technische Maßnahmen<br />

zur Verminderung des<br />

Legionellenwachstums – Planung,<br />

Errichtung, Betrieb und Sanierung<br />

von Trinkwasser-Installationen<br />

• DVGW W 556 (A), Hygienisch-mikrobielle<br />

Auffälligkeiten in Trinkwasser-Installationen;<br />

Methodik<br />

und Maßnahmen zu deren Behebung<br />

in erhöhten Koloniezahlen zeigt. Die Reinigung<br />

bestehender Rohrleitungen hat<br />

also einerseits das Ziel, diese wieder in einen<br />

hygienisch einwandfreien Zustand zu<br />

bringen und andererseits den ursprünglich<br />

geplanten Durchfluss wieder herzustellen.<br />

Zudem sollen bestehende korrosionsschützende<br />

Deckschichten möglichst<br />

intakt bleiben.<br />

Desinfektion<br />

erst nach erfolgter Reinigung<br />

In kontaminierten Rohrleitungen ist häufig<br />

eine Desinfektion vorgesehen. Diese ist<br />

nur dann zielführend, wenn Verunreinigungen<br />

und Ablagerungen beseitigt sind.<br />

Dann genügt üblicherweise eine Desinfektion<br />

mit der minimal empfohlenen Desinfektionsmittelkonzentration<br />

und Einwirkzeit.<br />

Zum Verringern der Eisenmigration<br />

(Wiedervereisenung) in Stahlleitungen<br />

nach der Reinigung hilft das Zusetzen<br />

von Inhibitoren.<br />

60 IKZ-HAUSTECHNIK Sonderheft Trinkwasserhygiene 2017


PRAXISWISSEN<br />

Nachgefragt<br />

IKZ-HAUSTECHNIK: Wo genau liegt der<br />

Unterschied zwischen dem Comprex-<br />

Verfahren und dem Spülen mit Wasser/<br />

Luft-Gemisch?<br />

Dr. Norbert Klein: Das Spülen mit einem<br />

Wasser/Luft-Gemisch ist im DVGW-Arbeitsblatt<br />

W 557, Abschnitt 6.3.2.2, beschrieben.<br />

Dort wird zwischen der manuellen<br />

Betätigung der Luft- und Wasserzufuhr<br />

und der automatischen<br />

Druckimpulserzeugung unterschieden.<br />

Eine Variante ist das Impulsspülverfahren.<br />

Dabei wird die Zugabe der Luft so<br />

geregelt, dass getrennte Luft- und Wasserpakete<br />

entstehen, die alternierend<br />

durch die Trinkwasser-Installationen<br />

geschickt werden.<br />

Das Comprex-Verfahren ist ein weiter<br />

entwickeltes Impulsspülverfahren.<br />

In Versuchen und in der Praxis hat sich<br />

gezeigt, dass zum Ablösen und zum Austragen<br />

von Ablagerungen unterschiedliche<br />

Einstellungen optimal sind. Das<br />

Comprex-Verfahren berücksichtigt diese<br />

Erkenntnisse zur Regelung der Druckluftimpulse.<br />

Auf Basis der inzwischen<br />

patentierten Fahrweise reinigt das Verfahren<br />

Rohrleitungen und Wärmeübertrager<br />

optimal.<br />

IKZ-HAUSTECHNIK: Wie aufwendig ist die<br />

Reinigung einer Trinkwasser-Installation?<br />

Gibt es Überschlags-/Erfahrungswerte<br />

für Wohneinheiten oder Gebäude?<br />

Dr. Norbert Klein: In der Trinkwasser-Installation<br />

kommt das Comprex-Verfahren<br />

vorwiegend dann zum Einsatz, wenn<br />

Trübungen des Wassers oder Kontaminationen<br />

beispielsweise durch Krankheitserreger<br />

oder erhöhte Konzentrationen<br />

an Legionellen vorliegen. Je nach<br />

Ausführung der Trinkwasser-Installation<br />

und Ablagerung oder Verunreini-<br />

Fingertest zum Prüfen, ob Ablagerungen<br />

mobilisierbar sind.<br />

gung ist die Reinigung mehr oder weniger<br />

aufwendig. Besonders zeitintensiv ist<br />

die Reinigung alter Stahlleitungen mit<br />

viel Ablagerungen.<br />

Drei Beispiele sollen den Aufwand<br />

verdeutlichen. Dabei führten jeweils drei<br />

Mitarbeiter die Reinigung aus.<br />

• Wohngebäude, 50 Wohneinheiten,<br />

viel Ablagerungen<br />

Arbeitszeit: 15 Tage<br />

• Schule, 50 Zapfstellen, Ablagerungen<br />

mäßig Arbeitszeit: 2,5 Tage<br />

• Bürogebäude, 100 Zapfstellen, wenig<br />

Ablagerungen<br />

Arbeitszeit: 4 Tage<br />

(je 2 Tage an 2 Wochenenden)<br />

IKZ-HAUSTECHNIK: Wo liegen die Einsatzbereiche<br />

des Verfahrens?<br />

Dr. Norbert Klein: Das Verfahren hat seinen<br />

Haupteinsatzbereich bei Drucksystemen,<br />

vorwiegend um Druckleitungen<br />

und Wärmeüberträger (Wärmetauscher)<br />

zu reinigen. Empfindliche Bauteile sind<br />

zuvor auszubauen und manuell zu reinigen<br />

(DVGW-Arbeitsblatt W 557, Tabelle<br />

2). Mobilisierte Ablagerungen werden<br />

zuverlässig ausgetragen. Dabei ist darauf<br />

zu achten, Toträume beispielsweise in<br />

Abzweigen mitzuspülen.<br />

Dem Verfahren sind bei sehr harten<br />

Ablagerungen Grenzen gesetzt. Dazu<br />

gehören harte Kalkablagerungen in<br />

Warmwasserleitungen oder gealterte<br />

Rostschichten und Rostpusteln. Zum<br />

Abschätzen, ob Ablagerungen mobilisierbar<br />

sind, dient der Fingertest: Was<br />

mit dem Finger von der Oberfläche abschiebbar<br />

ist, lässt sich mit der Comprex-<br />

Reinigung auch entfernen.<br />

IKZ-HAUSTECHNIK: Gehört zur Spülung<br />

in jedem Fall eine Desinfektion der Rohrleitungen?<br />

Dr. Norbert Klein: Hierzu gibt DVGW<br />

W 557 (A) Auskunft. Die Spülung oder<br />

Reinigung ist in jedem Fall erforderlich,<br />

während die Anlagendesinfektion eine<br />

zusätzliche Sicherheitsmaßnahme darstellt.<br />

Bei Kontaminationen nisten sich<br />

Mikroorganismen häufig in Partikel ein.<br />

Sie lassen sich dort mithilfe von Desinfektionsmitteln<br />

so gut wie nicht abtöten.<br />

Deshalb ist eine Reinigung mit einem Verfahren<br />

erforderlich, das große Kräfte zum<br />

Mobilisieren der Ablagerungen besitzt.<br />

Reinigungs- und Desinfektionsmaßnahmen<br />

sind aber nur dann nachhaltig<br />

wirksam,<br />

wenn die<br />

Ursachen<br />

für die Kontamination<br />

erkannt<br />

und beseitigt<br />

worden<br />

sind. Deshalb<br />

ist eine<br />

Vorplanung Dr. Norbert Klein,<br />

oder gar Hammann GmbH.<br />

eine Gefährdungsanalyse<br />

nach DVGW W 556 (A) notwendig.<br />

Typische Ursachen für Kontaminationen<br />

sind Totleitungen oder ungeeignete<br />

Werkstoffe, vor allem Dichtungen<br />

oder Membranen ohne Zeugnis nach<br />

DVGW W 270 (A). Einen Überblick über<br />

technische Auffälligkeiten und deren<br />

mögliche Auswirkung auf die hygienische<br />

Beschaffenheit des Trinkwassers<br />

gibt DVGW W 556 (A), Tabelle 3.<br />

IKZ-HAUSTECHNIK: Wie ist der Erfolg der<br />

Maßnahme nachzuweisen und zu dokumentieren?<br />

Dr. Norbert Klein: Nach Reinigungs- und<br />

Desinfektionsmaßnahmen sind Probennahmen<br />

und Untersuchungen erforderlich,<br />

um die einwandfreie mikrobiologische<br />

Beschaffenheit des Trinkwassers<br />

zu dokumentieren. Die Probennahme erfolgt<br />

nach DIN EN ISO 19458, Tabelle 1<br />

Zweck b. Vor der Erstinbetriebnahme einer<br />

Trinkwasser-Installation sind die in<br />

DVGW W 557 (A), Tabelle 4 dargestellten<br />

mikrobiologischen Untersuchungen<br />

durchzuführen. Für die Wiederinbetriebnahme<br />

kann sich die Auswahl der<br />

mikrobiologischen Parameter nach der<br />

vorher festgestellten mikrobiellen Kontamination<br />

richten. Die Nachhaltigkeit<br />

der Maßnahme ist durch eine weitere<br />

mikrobiologische Untersuchung nachzuweisen.<br />

Beim Vorkommen von Legionellen<br />

in einer Trinkwasser-Installation<br />

richten sich sowohl für die Erstinbetriebnahme<br />

als auch für die Wiederinbetriebnahme<br />

die Untersuchungen nach den<br />

Vorgaben der Trinkwasserverordnung,<br />

des Gesundheitsamtes und DVGW W<br />

551 (A). Beispiele zur Dokumentation<br />

der Reinigungs- und Desinfektionsmaßnahmen<br />

von Trinkwasser-Installationen<br />

finden sich in Anhang von DVGW<br />

W 557 (A).<br />

Sonderheft Trinkwasserhygiene 2017 www.ikz.de 61


PRAXISWISSEN<br />

Drucklufteinspeisung über Adapter.<br />

Zapfstellen mit Fliehkraftabscheidern.<br />

Fliehkraftabscheider in Aktion.<br />

Reinigen<br />

mit dem Comprex-Verfahren<br />

Bei der systematischen Reinigung mit<br />

dem Comprex-Verfahren werden Kalt- und<br />

Warmwasserstränge einzeln gespült. Normalerweise<br />

erfolgt die Drucklufteinspeisung<br />

an Verteiler nach dem Wasserzähler.<br />

Manchmal ist es erforderlich, Bauteile<br />

auszubauen und die Druckschläuche über<br />

Adapter anzuschließen. An den Zapfstellen<br />

befinden sich spezielle Zyklonabscheider<br />

oder Fliehkraftabscheider. Sie haben<br />

die Aufgabe, die ausgeleitete Luft von Wasser<br />

und Ablagerungen zu trennen. Die entspannte<br />

Luft wird, falls notwendig, über<br />

Filter abgeleitet. Beim Reinigen bleibt der<br />

Impulsdruck immer unterhalb des Betriebsdrucks,<br />

um Beschädigungen, insbesondere<br />

bei älteren Rohrsystemen im<br />

Bestand, zu vermeiden.<br />

Reinigung von Wärmeübertragern<br />

In jüngster Zeit zeigen sich neue Aufgabenfelder<br />

für die Reinigung. Bei der<br />

Nutzung der Erdwärme beispielsweise<br />

führen eisen- oder manganhaltige<br />

Grundwässer zu Ablagerungen in Wärmeübertragern<br />

und beeinträchtigen den<br />

Wärme übergang. Das Comprex-Verfahren<br />

ermöglicht hier eine Reinigung ohne Demontage<br />

der Wärmeübertrager und ohne<br />

Einsatz von Chemikalien.<br />

Reinigung von Ringleitungen<br />

Ein anderes Anwendungsbeispiel sind<br />

Ringleitungen mit dynamischen Strömungsteilern<br />

oder Venturi-Düsen. Sie<br />

haben den Zweck, die Verweilzeiten in<br />

Ringleitungen von Trinkwasser-Installationen<br />

zu verringern. Auch in diesen<br />

Systemen können sich während der Betriebszeit<br />

Ablagerungen und Biofilme bilden,<br />

sodass eine Reinigung erforderlich<br />

wird. Die Reinigungsmöglichkeiten wurden<br />

an einer Versuchsanlage mit dem von<br />

der Hammann GmbH entwickelten Magnetmodell<br />

untersucht. Die Versuchsanlage<br />

enthielt verschiedene Ringleitungsvarianten<br />

sowohl für die Stockwerks- als<br />

auch für die Flurverteilung. Bei den Untersuchungen<br />

an der Versuchsanlage zeigte<br />

sich, dass weder die Wasserspülung noch<br />

das klassische Spülen mit Wasser-/Luft-<br />

Gemischen ausreichend sind. Lediglich<br />

das Comprex-Verfahren ist geeignet, die<br />

Modellverunreinigungen zu mobilisieren<br />

und auszutragen. Grundsätzlich bestätigte<br />

sich die bisherige Spülreihenfolge stockwerksweise<br />

von unten nach oben. Allerdings<br />

ist es bei Ringleitungen im Stockwerk<br />

notwendig, immer nur einen Ring zu<br />

reinigen, während die anderen Ringe geschlossen<br />

sind. Dabei ist immer in Fließrichtung<br />

zu spülen und das Zirkulieren<br />

des Wassers in den Ringleitungen zu unterbinden.<br />

Diese Maßnahmen sind nötig,<br />

um das Rückspülen von Partikeln in bereits<br />

gereinigte Abschnitte zu verhindern.<br />

Hydrozyklon mit Filter für WC.<br />

Reinigung großer Rohrleitungen<br />

Interessant war auch die Anfrage von Installateuren<br />

zur Reinigung großer Rohrleitungen<br />

(DN > 80) in Gebäuden, die mit den<br />

üblichen Möglichkeiten nicht zu reinigen<br />

sind. Genau diese Anforderungen erfüllt<br />

das Comprex-Verfahren durch seine Skalierbarkeit.<br />

Es ist sowohl für Rohrleitungen<br />

der Trinkwasser-Installation (DVGW W<br />

557) als auch für solche in Wasserverteilungsanlagen<br />

(DVGW W 291) geeignet.<br />

Literatur:<br />

[1] Hammann, H.-G. und Birnbaum, K.; Alte<br />

Trinkwasser-Installationen ohne Rostwasser<br />

betreiben: energie | wasser-praxis 4/2010 S.<br />

12 – 15<br />

[2] http://comprex.de/trinkwasser-installation<br />

[3] http://comprex.de/grosse-leitungen-solltenexperten-spuelen<br />

[4] DVGW W 557 (A): Reinigung und Desinfektion<br />

von Trinkwasser-Installationen<br />

[5] DVGW W 291 (A): Reinigung und Desinfektion<br />

von Wasserverteilungsanlagen<br />

Autor: Dr. Norbert Klein, Hammann GmbH<br />

Bilder: Hammann GmbH, Annweiler am Trifels<br />

http://comprex.de/<br />

www.hammann-gmbh.de<br />

Hydrozyklon mit Filter für Duschtasse.<br />

62 IKZ-HAUSTECHNIK Sonderheft Trinkwasserhygiene 2017


64<br />

SANITÄR - - - Trinkwasserhygiene<br />

Fachgerecht sanieren<br />

Bekämpfung von Legionellen-Kontamination ▪ Ist eine Kontamination in einer Trinkwasser-<br />

Installation vorhanden, soll eine Gefährdungsanalyse alle Mängel aufdecken und bewerten,<br />

Möglichkeiten für eine sinnvolle Sanierung aufzeigen und als Grundlage für einen Instandhaltungsplan<br />

dienen. In der Praxis werden – wenn es um die Sanierung von Trinkwasser-Installationen<br />

geht – vielfach jedoch nur unkoordinierte Einzel-Maßnahmen ergriffen, die mit einem<br />

sach- und fachgerechten Sanierungsplan nichts zu tun haben und die unter Umständen die<br />

Schäden und Risiken für die Nutzer sogar noch vergrößern können. → Arnd Bürschgens<br />

Ein Mangel in einer Trinkwasser-Installation<br />

kann auf verschiedenen Wegen erkannt<br />

werden. Beispielsweise durch einen<br />

positiven Untersuchungsbefund oder durch<br />

eine systemorientierte Inspektion der Anlage.<br />

Aber auch Beschwerden der Nutzer oder im<br />

schlimmsten Fall Erkrankungsfälle, die mit<br />

dem Gebrauch von Trinkwasser im Zusammenhang<br />

stehen könnten, bringen die Mängel<br />

ans Licht. Unabhängig von rechtlichen<br />

Verpflichtungen zur Gefährdungsanalyse, besteht<br />

grundsätzlich die Möglichkeit, durch eine<br />

präventiv veranlasste („systemorientierte“)<br />

Gefährdungsanalyse, bestehende<br />

Schwachstellen einer Trinkwasser-Installation<br />

frühzeitig zu erkennen. Insbesondere bei der<br />

Übernahme oder der Bewertung von Immobilien<br />

kann eine systemorientierte Gefährdungsanalyse<br />

sinnvoll sein. Dabei hilft eine<br />

Gefährdungsanalyse nicht nur, Gesundheitsgefährdungen<br />

und unnötige Haftungsrisiken<br />

zu vermeiden, sondern trägt zu kalkulierbaren<br />

Budgets zum Betrieb und zur Instandhaltung<br />

einer Anlage bei, damit Mängel frühzeitig<br />

behoben werden können oder gar nicht<br />

erst entstehen. In diesem Sinne sollte jede<br />

Anlage über einen vollständigen Instandhaltungsplan<br />

nach VDI/DVGW 6023 verfügen.<br />

Ein Mangel kann in der Nichteinhaltung<br />

der Anforderungen der Trinkwasserverordnung<br />

bestehen, kann aber auch eine ästhetische<br />

Veränderung des Trinkwassers sein (z. B.<br />

schwarze Biofilme, Änderungen in Geruch<br />

und Geschmack, Rost, Kleinlebewesen etc.<br />

(Bild 1). In bestehenden Trinkwasser-Installationen<br />

mit verzinkten Stahlleitungen im<br />

Schwarze, schleimige Beläge an<br />

Entnahmestellen stammen oft von<br />

harmlosen Hefepilzen, stellen jedoch<br />

einen ästhetischen Mangel dar.<br />

1<br />

SBZ 06/17


65<br />

Warmwasserbereich kann es beispielsweise<br />

durch Korrosion bereits nach kurzen Stagnationszeiten<br />

zu einer Verfärbung des Trinkwassers<br />

kommen (Bild 2).<br />

Regelwerke als<br />

Handlungs leitfaden<br />

Wie eine mikrobiologische Kontamination<br />

durch z. B. Legionellen oder Pseudomonas<br />

aeruginosa, beseitigt werden kann, wird im<br />

DVGW-Arbeitsblatt W 556 beschrieben.<br />

Wichtige Hinweise zur Sanierung einer Anlage<br />

bei einer Kontamination mit Legionellen<br />

sind aber auch dem DVGW-Arbeitsblatt<br />

W 551 zu entnehmen. Zur Instandsetzung<br />

von Trinkwasser-Installationen, die durch<br />

Korrosion oder Steinbildung geschädigt sind,<br />

liegt aktuell der Entwurf des neuen DVGW-<br />

Arbeitsblatts W 558 vor und generelle Vorgaben<br />

zu Reinigung und Desinfektion von<br />

Trinkwasser-Installationen bei mikrobiologischen<br />

oder chemischen Verunreinigungen<br />

sind dem DVGW-Arbeitsblatt W 557 zu entnehmen.<br />

Diese Regelwerke zeigen praxistauglich<br />

auf, welche Maßnahmen jeweils geeignet<br />

sind, um die Mängel zu beseitigen,<br />

welche Voraussetzungen hierfür vorliegen<br />

müssen und welche Maßnahmen entsprechend<br />

nicht geeignet sind. So wird im DVGW<br />

W 556 (A) klar definiert, dass z. B. eine Ozon-<br />

Desinfektion in Trinkwasser-Installationen<br />

nicht geeignet ist.<br />

Allerdings sind diese Regelwerke nicht immer<br />

ganz widerspruchsfrei: Im DVGW W 551<br />

(A) wird beispielsweise unter den Sofortmaßnahmen<br />

bei einer Legionellen-Kontamination<br />

von > 10 000 KBE/100 ml noch immer<br />

die thermische Desinfektion aufgeführt.<br />

W 556 und W 557 machen jedoch andere<br />

Aussagen: Desinfektionsmaßnahmen – egal<br />

ob chemisch oder thermisch – zählen laut<br />

W 556 (A) nicht zu den möglichen Sofortmaßnahmen,<br />

da eine Desinfektion immer gewisse<br />

Informationen voraussetzt, wie detaillierte<br />

Kenntnisse über die verbauten Materialien,<br />

über das Vorhandensein von Stagnationsbereichen<br />

und über Vorschädigungen. In<br />

der Regel kann eine Desinfektion nur mit einigem<br />

technischem und organisatorischem<br />

Aufwand durchgeführt werden, der eine gewisse<br />

Zeit an Vorplanung nötig macht und<br />

einen sofort greifenden Schutz der Verbraucher<br />

ausschließt. Bei einer solchen Desinfektionsmaßnahme<br />

kann es sich also, wenn<br />

überhaupt, nur um eine „betriebserhaltende“<br />

Maßnahme im Rahmen einer Sanierung<br />

handeln. Maßnahmen, die einen sofortigen<br />

Schutz der Nutzer gewährleisten, sind ausschließlich<br />

Nutzungseinschränkungen<br />

(Duschverbot) und die Absicherung von Entnahmestellen<br />

durch endständige Sterilfilter.<br />

Keine Einzelmaßnahmen<br />

2<br />

Korrosion in<br />

Leitungen aus<br />

schmelztauchverzinkten<br />

Stahlleitungen<br />

führt oft nach<br />

thermischen<br />

Desinfektionen<br />

zu erheblicher<br />

Braunfärbung<br />

des Trinkwassers.<br />

Im DVGW-Arbeitsblatt W 556 heißt es einleitend:<br />

„Auf der Grundlage der Gefährdungsanalyse<br />

hat der Betreiber Maßnahmen zur<br />

hygienisch-technischen Sanierung der Trinkwasser-Installation<br />

einzuleiten. Dabei sind sowohl<br />

technische Aspekte der Trinkwasser-Installation<br />

als auch gesundheitliche Aspekte<br />

der Nutzer sowie mögliche Übertragungswege<br />

zu berücksichtigen.“ Der Begriff der Sanierung<br />

ist jedoch nach W 557 klar definiert als<br />

die Gesamtheit der „Betriebs- und bautechnischen<br />

Maßnahmen zur Wiederherstellung<br />

des bestimmungsgemäßen Betriebs einer<br />

Trinkwasser-Installation im Sinne der Trinkwasserverordnung,<br />

die über eine Reinigung<br />

und/oder Desinfektion hinausgehen, wobei<br />

Reinigung und Desinfektion Bestandteile einer<br />

Sanierung sein können“.<br />

Bereits durch diese Definition ist klargestellt,<br />

dass eine „Heißspülung“, die Installation<br />

einer Desinfektionsanlage, eine thermische<br />

oder ein chemische Trinkwasser-Desinfektion<br />

keine Sanierung einer kontaminierten<br />

Trinkwasser-Installation darstellen.<br />

Bestimmungsgemäßen Betrieb<br />

wiederherstellen<br />

Das Ziel eines Sanierungsplans, basierend auf<br />

einer fundierten Ursachenermittlung, muss<br />

immer die dauerhafte Wiederherstellung der<br />

Gebrauchstauglichkeit sein, das heißt eine<br />

Trinkwasser-Installation so instand zu setzen,<br />

dass hinterher ein bestimmungsgemäßer Betrieb<br />

nach den Anforderungen der Trinkwasserverordnung<br />

möglich ist.<br />

Eine regelmäßige, fachgerechte Instandhaltung<br />

ist dabei die Voraussetzung für einen<br />

hygienisch unbedenklichen, bestimmungsgemäßen<br />

Betrieb einer Trinkwasser-Installation.<br />

Ein bestimmungsgemäßer Betrieb liegt<br />

nach W 557 (A) dann vor, wenn<br />

▪ die Trinkwasser-Installation, wie bei der<br />

Planung zugrunde gelegt, betrieben wird,<br />

▪ bedenkliche Stagnation in der gesamten<br />

Trinkwasser-Installation vermieden wird<br />

(u. a. regelmäßige Wasserentnahme),<br />

▪ die Temperaturen für kaltes und erwärmtes<br />

Trinkwasser eingehalten werden<br />

▪ die Maßnahmen zum Schutz des Trinkwassers<br />

nach DIN EN 806-5, DIN EN<br />

1717 und DIN 1988-100<br />

▪ sowie die Instandhaltungsintervalle, insbesondere<br />

die Wartungsintervalle, eingehalten<br />

werden.<br />

Unabhängig von der Größe der Trinkwasser-<br />

Installation sollte vor Beginn einer Sanierung<br />

geprüft werden, ob tatsächlich eine umfangreiche<br />

Sanierung oder vielleicht doch eher eine<br />

Neuinstallation sinnvoll ist. In jedem Fall<br />

sind jedoch die Meldepflichten nach TrinkwV<br />

2001 zu beachten! Bei einer lokalen Kontamination<br />

durch Stagnation, weil vielleicht ein<br />

Mieter nicht alle seine Entnahmestellen in der<br />

Wohnung nutzt, ist allerdings keine umfangreiche<br />

Sanierung oder Neuinstallation nötig<br />

(Bild 3).<br />

Bei jeder beabsichtigten Maßnahme sollte<br />

vorher immer die Auswirkung auf das Gesamtsystem<br />

bedacht werden. Wird z. B. als<br />

betriebstechnische Maßnahme die bisherige<br />

„Energiespar“-Temperatur des Trinkwassererwärmers<br />

von bislang 48 °C auf die notwendigen<br />

60 °C angehoben, könnte das zum einen<br />

zu einer unbeabsichtigten Erwärmung<br />

des Kaltwassers in den Schächten der Steigleitungen<br />

führen, beispielsweise durch unzureichende<br />

Dämmung oder mangelnden Wasseraustausch.<br />

Zum anderen könnte die Erhöhung<br />

der Temperatur im Speicher auch zu<br />

einem reduzierten Wasserwechsel führen, da<br />

die Bewohner immer mit der gleichen Temperatur<br />

duschen. Höhere Temperaturen im<br />

Speicher führen dann dazu, dass zur Tempe-<br />

www.sbz-online.de


66<br />

SANITÄR - - - Trinkwasserhygiene<br />

Bild: Fa. Otto Kamp GmbH<br />

3<br />

Bei einer lokalen Kontamination als Ursache für einen Mangel hilft es auch manchmal,<br />

wenn man dem Nutzer die Verantwortung durch automatische Armaturen abnimmt.<br />

ratureinstellung eben weniger Warmwasser<br />

genutzt wird und damit plötzlich der Speicher<br />

überdimensioniert ist.<br />

Mikrobiologische Kontamination<br />

Der Einsatz bakteriendichter Filter („Hygienefilter“,<br />

Ultrafilter, „Sterilfilter“ u.ä.) kann nach<br />

W 556 nur übergangsweise den Weiterbetrieb<br />

an ausgewählten endständigen Entnahmestellen<br />

während des Sanierungszeitraumes<br />

ermöglichen. Mit Ausnahme von Hochrisikobereichen<br />

in Krankenhäusern sollten<br />

bakteriendichte Filter nur vorübergehend bis<br />

zur Wiederherstellung mikrobiell einwandfreier<br />

Verhältnisse installiert werden (Bild 4).<br />

Aus Gründen des unmittelbaren Gesundheitsschutzes,<br />

wenn beispielsweise eine Anlage<br />

weiter betrieben werden muss, ein teilweises<br />

Duschverbot nicht möglich ist und Entnahmestellen<br />

auch nicht mit Sterilfiltern gesichert<br />

werden können, kann es notwendig<br />

sein, vor und/oder während einer technischen<br />

Sanierung eine zeitlich befristete kontinuierliche<br />

Desinfektion des Trinkwassers<br />

vorzunehmen. Es ist dabei aber nicht auszuschließen,<br />

dass es durch eine Trinkwasserdesinfektion<br />

zu potenziellen Schädigungen<br />

der nachgeschalteten Rohrleitungen und<br />

Bauteile kommen kann. In keinem Fall ersetzt<br />

jedoch eine Desinfektion die Sanierung einer<br />

Trinkwasser-Installation. Auch ist der Einsatz<br />

einer permanenten Trinkwasser-Desinfektion<br />

zur Energieeinsparung (Absenkung der Temperatur<br />

im Warmwasser aufgrund vermeintlicher<br />

Sicherheit durch Desinfektionsmittel)<br />

nach den allgemein anerkannten Regeln der<br />

Technik nicht zulässig und damit ein klarer<br />

Verstoß gegen die TrinkwV 2001.<br />

Ablauf der Sanierung<br />

Der Ablauf einer Sanierung gliedert sich sinnvoller<br />

Weise wie folgt:<br />

4<br />

Bakteriendichte Filter<br />

dürfen (außer<br />

in Hochrisikobereichen<br />

von Krankenhäusern)<br />

niemals<br />

präventiv oder dauerhaft<br />

eingesetzt<br />

werden, sondern<br />

ausschließlich zeitlich<br />

befristet für die<br />

Dauer der Sanierung.<br />

1. Identifizierung von Kontaminationsquellen<br />

und -ursachen, z. B. im Rahmen der<br />

weitergehenden Untersuchung und der<br />

Gefährdungsanalyse<br />

2. Erforderliche bauliche Maßnahmen<br />

(Rückbau von Tot- und Stagnationsstrecken,<br />

Austausch oder Instandsetzung von<br />

Bauteilen oder Apparaten)<br />

3. Reinigung des Systems und Austrag aller<br />

mobilisierbarer Ablagerungen (Sediment,<br />

Biofilm) und gegebenenfalls einmalige<br />

Anlagen-Desinfektion des Systems/der<br />

betroffenen Bereiche<br />

4. Nachhaltige Beseitigung der Kontaminationsursachen<br />

(systemisch/lokal) durch<br />

die Umsetzung eines Sanierungskonzepts<br />

auf Grundlage der Gefährdungsanalyse<br />

5. Sicherstellung eines dauerhaft bestimmungsgemäßen<br />

Betriebs<br />

6. Wiederkehrende Überprüfung der Wirksamkeit<br />

der ergriffenen Maßnahmen<br />

(Nachuntersuchungen nach DVGW<br />

W 551 (A)) (Bild 5).<br />

Eine Reinigung zu Beginn einer Sanierung<br />

durchzuführen, kann bei höheren Kontaminationen<br />

auch eine kurzfristige Verbesserung<br />

der Beprobungsergebnisse bringen, was für<br />

die eigentliche Sanierung ein Zeitgewinn sein<br />

kann. Reinigung und/oder Desinfektion sind<br />

aber als eigentliche Maßnahme im Rahmen<br />

der Sanierung nur nachhaltig wirksam, wenn<br />

die Maßnahmen jeden Bereich und Abschnitt<br />

einer Trinkwasser-Installation erreichen können.<br />

Bevor Maßnahmen zur Reinigung und<br />

Desinfektion in Angriff genommen werden<br />

können, müssen also sämtliche Stagnationsund<br />

Totleitungen entfernt werden.<br />

DVGW W 551 (A) unterscheidet bei den<br />

Maßnahmen zur Sanierung die betriebstechnischen,<br />

bautechnischen und verfahrenstechnischen<br />

Maßnahmen, wobei heute auch<br />

noch die organisatorischen Maßnahmen<br />

(Probenahmeschema, Spül-, Instandhaltungs-<br />

oder Hygienepläne) dazugehören.<br />

Unter den betriebstechnischen Maßnahmen<br />

werden alle Stell-, Steuer- und Regelvorgänge<br />

an Komponenten und Einrichtungen<br />

des Systems mit dem Ziel der Anlagenoptimierung<br />

zusammengefasst. Hierzu zählen<br />

u. a. die Erhöhung der Sollwert-Einstellung an<br />

Trinkwassererwärmungsanlagen oder die<br />

Optimierung von Pumpenlaufzeiten in der<br />

Zirkulation). Die betriebstechnischen Maßnahmen<br />

können am einfachsten und schnellsten<br />

durchgeführt werden, da hierzu gewöhnlich<br />

keine Eingriffe in das System notwendig<br />

sind.<br />

Mit bautechnischen Maßnahmen sind alle<br />

technischen Eingriffe in das gesamte System<br />

oder einzelne Anlagenteile bezeichnet, um<br />

die Trinkwasser-Installation den aktuell geltenden<br />

allgemein anerkannten Regeln der<br />

SBZ 06/17


67<br />

5<br />

Grundsätzliches Vorgehen beim Auftreten von Auffälligkeiten<br />

in einer Trinkwasser-Installation.<br />

Technik anzupassen. Zu den bautechnischen<br />

Maßnahmen kann die Reduzierung des Speicherwasser-Volumens<br />

gehören, die Erhöhung<br />

der Dämmstärke, die Nachrüstung<br />

geeigneter Regelventile zum hydraulischen<br />

Abgleich in der Zirkulation, Rückbau stagnierender<br />

Leitungen (und die entsprechende<br />

Neuberechnung der verbleibenden Verteilleitungen)<br />

usw.<br />

Nach DVGW W 551 müssen Altanlagen<br />

im Bestand nach der Optimierung durch<br />

bau- und betriebstechnische Maßnahmen<br />

hinsichtlich der Betriebsbedingungen wie eine<br />

Neuanlage betrieben werden (Mindesttemperatur<br />

am Austritt des Trinkwassererwärmers<br />

60 °C, maximal 5 K Auskühlung bis<br />

zum Wiedereintritt der Zirkulation, das heißt<br />

Mindesttemperatur von 55 °C an jeder Stelle<br />

des Trinkwassersystems, Pumpenlaufzeiten,…).<br />

Das kann in den meisten Fällen nur<br />

erreicht werden, wenn auch in Bestandsgebäuden<br />

ein korrekter hydraulischer Abgleich<br />

gewährleistet und gegebenenfalls nachträglich<br />

realisiert ist.<br />

Als verfahrenstechnische Maßnahme ist<br />

die Anlagendesinfektion eine einmalige Maßnahme,<br />

die eine Trinkwasser-Installation insgesamt<br />

bis zur Entnahmestelle des Verbrauchers<br />

erfasst. Eine wesentliche Voraussetzung<br />

für die Wirkung eines Desinfektionsmittels ist,<br />

dass es in ausreichender Konzentration in<br />

ausnahmslos alle kontaminierten Bereiche<br />

der Trinkwasser-Installation gelangt. Vor Beginn<br />

einer Desinfektion sollte deshalb geprüft<br />

werden, ob oder gegebenenfalls durch welche<br />

Maßnahmen dies gesichert werden<br />

kann. Eine Dosierung bestimmter Desinfektionsmittel,<br />

wie Natriumhypochlorit, ist beispielsweise<br />

nur dann überhaupt sinnvoll,<br />

wenn die Temperatur im Trinkwasser (warm)<br />

nicht den allgemein anerkannten Regeln der<br />

Technik entspricht und auch kurzfristig nicht<br />

erhöht werden kann (z. B. bei unzureichender<br />

Leistung des Trinkwassererwärmers oder<br />

bei unzureichender Dämmung). Bei einer<br />

Temperatur von > 30 °C muss mit einem täglichen<br />

Verlust an wirksamem Chlor einer Natriumhypochloritlösung<br />

von bis zu 5,6 g/l<br />

freiem Chlor gerechnet werden. Zu den verfahrenstechnischen<br />

Maßnahmen gehört jedoch<br />

auch die Reinigung eines Systems oder<br />

die thermische Desinfektion.<br />

Tatsache ist, dass niemals eine einzelne<br />

Maßnahme alleine zielführend sein kann. Ein<br />

Sanierungserfolg benötigt immer die sinnvolle,<br />

individuelle Kombination verschiedener<br />

Sanierungsmaßnahmen.<br />

Reinigung des Systems<br />

Nachdem Stagnationsbereiche entfernt wurden,<br />

soll nach W 556 und [E] W 558 ein erster<br />

vorbereitender Schritt bei Sanierungen<br />

die Reinigung, insbesondere die Spülung der<br />

auffälligen Bereiche einer Trinkwasser-Installation<br />

sein. Eine thermische oder chemische<br />

Anlagendesinfektion kann als abschließende<br />

Maßnahme erforderlich werden. Hierbei ist<br />

nach DVGW-Arbeitsblatt W 557 vorzugehen.<br />

Die Reinigung ist nur eine vorbereitende<br />

Maßnahme, um die Wirksamkeit von thermischer<br />

oder chemischer Desinfektion zu erhöhen<br />

bzw. sicherzustellen. Ohne Ablagerungen<br />

oder Biofilm zu entfernen, würde bei einer<br />

thermischen Desinfektion ein idealer<br />

Nährboden für nachströmende Bakterien in<br />

der Rohrleitung verbleiben, was schnell zu einem<br />

erneuten Aufkeimen führen kann. Ein<br />

chemisches Desinfektions- oder Oxidationsmittel<br />

würde sich zunächst an der Oberfläche<br />

des Biofilms abreagieren; die Desinfektionsmittel<br />

würden aufgezehrt, Konzentration an<br />

Reaktionsstoffen würde ansteigen und in<br />

endständigen Bereichen der Installation wäre<br />

eventuell gar kein wirksames Desinfektionsmittel<br />

mehr verfügbar.<br />

Reinigungsverfahren werden nach [E]<br />

W 558 auch zur Instandsetzung von Trinkwasser-Installationen<br />

eingesetzt, die durch<br />

Beläge verengt und/oder durch Innenkorrosion<br />

angegriffen sind. Die Korrosionsprodukte<br />

und Beläge in den betroffenen Rohrleitungen<br />

werden mechanisch und/oder chemisch entfernt.<br />

Doch jedes Verfahren hat seine spezifischen<br />

Vor- und Nachteile: An vorgeschädigten<br />

Bereichen können durch eine Reinigung<br />

Durchbrüche der Rohrwandung freigelegt<br />

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68<br />

SANITÄR - - - Trinkwasserhygiene<br />

Die Abbildung zeigt die<br />

möglichen mechanischen<br />

Reinigungsverfahren nach<br />

DVGW W 557 (A), deren Anwendungsbereich<br />

und die<br />

jeweiligen Anforderungen.<br />

6<br />

Bild: Fa. Hamann GmbH<br />

7<br />

oder erst hervorgerufen werden und je nach<br />

Werkstoff können ohne weitere Korrosionsschutzmaßnahmen<br />

nach Entfernen der Beläge<br />

Korrosionsschäden auftreten, da schützende<br />

Deckschichten je nach Verfahren<br />

ebenfalls entfernt werden (Bild 6).<br />

Bei einer chemischen Reinigung der Rohrleitungen<br />

sollten niemals organische Säuren<br />

(z. B. Zitronen-, Peressig- oder Essigsäure) für<br />

die Reinigung eingesetzt werden, da in der<br />

Trinkwasser-Installation verbleibende Reste<br />

zu einer Aufkeimung führen können.<br />

Um in bestehenden Rohrleitungen Inkrustationen,<br />

Ablagerungen oder Biofilme zu<br />

entfernen, ist ein Spülen mit Wasser und Luft<br />

erforderlich, damit eine erhöhte Reinigungsleistung<br />

erzielt wird. Die raumdeckende turbulente<br />

Strömung bewirkt örtlich hohe, abrasive<br />

Kräfte zum Mobilisieren von Ablagerungen.<br />

Gegenüber dem einfachen Spülen<br />

mit Wasser reduziert sich der Wasserbedarf<br />

erheblich. Das Verfahren basiert dabei auf einer<br />

kontrollierten, impulsartigen Zugabe<br />

komprimierter, technisch reiner Luft innerhalb<br />

eines definierten Reinigungsabschnitts,<br />

um über Scher- und Schleppkräfte mit hohen<br />

Geschwindigkeiten von 10–20 m/s auch<br />

anhaftende Verunreinigungen und Biofilm<br />

zu mobilisieren und auszutragen. Im Gegensatz<br />

zum Spülen mit Wasser stellen diese Arbeiten<br />

hohe verfahrens- und sicherheitstechnische<br />

Anforderungen und müssen daher<br />

von geschulten Fachfirmen ausgeführt werden<br />

(Bild 7).<br />

Die Anforderungen an Vorbereitung und spezielles Equipment erfordern,<br />

dass mechanische Reinigungen nur von geschulten Fachunternehmen<br />

durchgeführt werden sollten.<br />

Verfahrenstechnische<br />

Maßnahmen<br />

Nach den betriebs- und bautechnischen<br />

Maßnahmen und nachdem die Installation<br />

durch eine geeignete Reinigung vorbereitet<br />

wurde, kann gegebenenfalls eine einmalige<br />

Anlagendesinfektion die abschließende Maßnahme<br />

einer Sanierung bilden. Ziel einer Anlagendesinfektion<br />

ist es, die Trinkwasser-Installation<br />

nach einer technischen Sanierung in<br />

einen hygienisch einwandfreien Zustand zu<br />

versetzen, der dann einen bestimmungsgemäßen<br />

Gebrauch ermöglicht.<br />

Prinzipiell ist bei der Desinfektion aber zu<br />

unterscheiden zwischen der Anlagendesinfektion<br />

und der Trinkwasserdesinfektion: Die<br />

Anlagendesinfektion ist im Gegensatz zur<br />

Trinkwasserdesinfektion eine diskontinuierliche<br />

(einmalige) Maßnahme, die eine Trinkwasser-Installation<br />

insgesamt oder einen<br />

kontaminierten Bereich bis zur Entnahmestelle<br />

des Verbrauchers erfasst. Eine Trinkwasserdesinfektion<br />

ist dagegen eine kontinuierliche<br />

(länger andauernde) Maßnahme, bei der lediglich<br />

die im Trinkwasser vorhandenen Mikroorganismen<br />

reduziert werden sollen und<br />

hat kaum bis gar keine Auswirkungen auf die<br />

Installation selbst. Eine Anlagendesinfektion<br />

ist nur nachhaltig, wenn die Ursachen der<br />

Kontamination beseitigt sind. Eine Anlagendesinfektion<br />

kann sowohl chemisch als auch<br />

thermisch erfolgen, abhängig vom jeweiligen<br />

System, der Art der Kontamination, den<br />

verbauten Materialien usw. Die UV-Desinfektion<br />

ist zwar ebenfalls ein zugelassenes Desinfektionsverfahren,<br />

da es der Reduzierung<br />

bzw. Abtötung und Inaktivierung von Mikro-<br />

SBZ 06/17


69<br />

Übersicht über Anwendungsbereiche<br />

sowie Anwendungskonzentrationen<br />

und Einwirkzeiten geeigneter<br />

Desinfektionsmittel.<br />

8<br />

organismen dient, jedoch kann eine UV-Desinfektion<br />

alleine nicht als Sanierungsmaßnahme<br />

angewandt werden, sondern ist im Sanierungsfall<br />

nur in Kombination mit einem weiteren<br />

Desinfektionsverfahren geeignet<br />

(„Aachener Konzept“). Nach einer thermischen<br />

bzw. chemischen Desinfektion kann eine<br />

z. B. permanente UV-Bestrahlung zur Legionellenverminderung<br />

bzw. zur Verlängerung<br />

notwendiger Desinfektionsintervalle eingesetzt<br />

werden.<br />

Thermische Desinfektion<br />

Sobald nach der Aufheizphase eine Temperatur<br />

von ≥ 70 °C am Wiedereintritt der Zirkulation<br />

am Trinkwassererwärmer erreicht ist,<br />

muss aus jeder einzelnen Entnahmestelle<br />

mindestens 70 °C heißes Wasser über länger<br />

als drei Minuten auslaufen. Gegebenenfalls<br />

müssen zur Temperaturhaltung die Entnahmestellen<br />

nacheinander geöffnet und einzeln<br />

thermisch desinfiziert werden. Dabei sind die<br />

Wassertemperaturen während der Entnahme<br />

zu überwachen. Temperatur und Zeitdauer<br />

sind unbedingt einzuhalten. Wird die Temperatur<br />

von 70 °C an einer Entnahmestelle unterschritten,<br />

ist die Maßnahme an dieser Stelle<br />

abzubrechen. Nach dem erneuten Aufheizen<br />

des gesamten Systems und Wiedererreichen<br />

der geforderten Temperatur ist die<br />

Maßnahme für den betreffenden Abschnitt<br />

insgesamt zu wiederholen.<br />

Häufig ist leider festzustellen, dass durchgeführte<br />

„thermische Desinfektionen“ gar<br />

nicht erst den Vorgaben der einschlägigen<br />

Regelwerke entsprechen. Sie haben eher den<br />

Charakter einer „Heißspülung“, da oftmals<br />

lediglich die Solltemperatur des Trinkwassererwärmers<br />

erhöht wird und die Zapfstellen<br />

gespült werden. Werden dann diese erhöhten<br />

Temperaturen über einen längeren Zeitraum<br />

beibehalten, kann das beispielsweise in<br />

Installationen aus verzinkten Eisenwerkstoffen<br />

zu erheblichen Korrosionsschäden und<br />

damit zu einem wirtschaftlichen Totalschaden<br />

der gesamten Trinkwasseranlage führen.<br />

Bei einer periodischen, temporären Temperaturerhöhung<br />

im Trinkwassererwärmer<br />

mit oder ohne Zirkulationssystem (z. B. „Legionellenschaltung“<br />

oder „Legionellenschleuse“)<br />

handelt es sich gemäß DVGW W 551<br />

und W 557 (A) nicht um eine thermische Desinfektion,<br />

da nicht alle Anlagenteile erfasst<br />

werden (z. B. Entnahmearmaturen). Werden<br />

nicht alle Anlagenteile für mindestens drei Minuten<br />

mit 70 °C beaufschlagt, kann es nach<br />

Abschluss der Maßnahme sehr schnell zu einer<br />

Wiederverkeimung aus den nicht-desinfizierten<br />

Bereichen kommen. Eine solche Maßnahme<br />

ist daher nicht zielführend.<br />

Voraussetzungen für eine<br />

erfolgreiche Desinfektion<br />

Während einer Desinfektion der Anlage steht<br />

dem Verbraucher kein Trinkwasser aus der<br />

Trinkwasser-Installation zur Verfügung, da<br />

das durchfließende Wasser entweder mit<br />

Desinfektionschemikalien versetzt ist oder eine<br />

extrem hohe Temperatur mit dem Risiko<br />

von Verbrühungen aufweist. Durch geeignete<br />

Vorkehrungen (organisatorisch oder technisch)<br />

muss sichergestellt sein, dass aus der<br />

behandelten Anlage kein Wasser als Trinkwasser<br />

entnommen werden kann. Gegebenenfalls<br />

muss Trinkwasser anderweitig bereitgestellt<br />

werden.<br />

Bei der chemischen Anlagendesinfektion<br />

ist zudem eine geeignete Sicherungseinrichtung<br />

nach DIN EN 1717 und DIN 1988-100<br />

gegenüber der öffentlichen Trinkwasserversorgung<br />

einzubauen. Für die Durchführung<br />

einer Anlagendesinfektion muss zudem ausreichend<br />

Personal eingeplant werden, das<br />

entsprechend einzuweisen ist und für das gegebenenfalls<br />

geeignete Arbeitsschutzmittel<br />

bereitzustellen sind.<br />

Jede Anlagendesinfektion belastet dabei<br />

die Werkstoffe und Bauteile der Trinkwasser-<br />

Installation, sodass es zu einer vorzeitigen Alterung<br />

der Materialien oder unmittelbaren<br />

Schädigungen der Trinkwasser-Installation<br />

kommen kann. Eine regelmäßige, präventive<br />

Wiederholung der Anlagendesinfektion zur<br />

Verhinderung von Kontaminationen ist daher<br />

auf keinen Fall zu empfehlen.<br />

Die jeweilige Reinigungs- oder Desinfektionsmaßnahme<br />

ist mit allen relevanten Begleitumständen<br />

vollständig zu dokumentieren.<br />

Entsprechende Formblätter sind im Anhang<br />

zum DVGW W 557 (A) verfügbar und<br />

sollten – vollständig ausgefüllt und durch den<br />

Fachbetrieb unterschrieben – dem Auftraggeber<br />

nach Abschluss der Arbeiten übergeben<br />

werden. Nach einer Anlagendesinfektion<br />

ist die mikrobiologische Beschaffenheit des<br />

Wassers durch eine Untersuchungsstelle nach<br />

Trinkwasserverordnung zu überprüfen. Auch<br />

diese Untersuchungsergebnisse zur Dokumentation<br />

des Erfolgs der Maßnahme sind<br />

dem Auftraggeber zur Ablage im Betriebsbuch<br />

zu übergeben.<br />

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70<br />

SANITÄR - - - Trinkwasserhygiene<br />

Chemische Desinfektion<br />

Die für eine Desinfektion des Trinkwassers zugelassenen<br />

Desinfektionsmittel und -verfahren<br />

sind in der Liste der Aufbereitungsstoffe<br />

und Desinfektionsverfahren gemäß § 11<br />

TrinkwV 2001 aufgeführt. Die in dieser Liste<br />

aufgeführten Bedingungen (u. a. zulässige<br />

minimale und maximale Konzentrationen<br />

von Desinfektionsmitteln, Untersuchungsumfang,<br />

Untersuchungshäufigkeit, Nebenproduktkonzentrationen)<br />

müssen entsprechend<br />

der Trinkwasserverordnung an jeder<br />

Entnahmestelle der Trinkwasser-Installation<br />

eingehalten werden. Die Messungen hierzu<br />

müssen mindestens täglich erfolgen; die Ergebnisse<br />

sind zu protokollieren. Ein Verstoß<br />

gegen die Vorgaben des § 11 und der damit<br />

verbundenen Liste des Umweltbundesamts<br />

ist einer der wenigen unmittelbaren Straftatbestände<br />

nach Trinkwasserverordnung<br />

(Bild 8). Am Ende der Einwirkzeit muss die<br />

eingesetzte Desinfektionschemikalie noch<br />

nachweisbar sein.<br />

Unzulässige Maßnahmen<br />

Einige technische Maßnahmen gehören entschieden<br />

nicht zu den Sanierungsmaßnahmen,<br />

da die Anwendung verschiedener Bauteile<br />

und Verfahren, die mitunter aggressiv<br />

am Markt beworben werden, nach den allgemein<br />

anerkannten Regeln der Technik gar<br />

nicht zulässig ist. Ein solches Verfahren, das<br />

teilweise kontrovers diskutiert wird, ist die<br />

9<br />

Austrag einer abgelösten Epoxidharz-Schicht<br />

aus einer Trinkwasser-Installation:<br />

Die vollständige<br />

Neuinstallation des Leitungssystems<br />

ist hier alternativlos.<br />

Rohrinnenbeschichtung in Trinkwasser-Installationen.<br />

Dass die Innenbeschichtung von<br />

Trinkwasser-Rohrleitungen mit Epoxidharz<br />

oder mit keramischen Stoffen auf Epoxidharz-Basis<br />

weder eine regelkonforme Lösung<br />

zur Sanierung, noch zur Schadensprävention<br />

darstellt, darin herrscht in Sachverständigenkreisen<br />

Übereinstimmung. Gleichwohl rühren<br />

die Hersteller dieser Verfahren weiterhin<br />

kräftig die Werbetrommel. So argumentieren<br />

die Hersteller dieser Beschichtungsverfahren<br />

nicht nur mit Sanierungskosten „weit über<br />

50 % günstiger“. Auch sei das „alte Rohr wie<br />

von einem Metallpanzer geschützt“. Das Beschichtungsmaterial<br />

sei „gesundheitlich vollkommen<br />

unbedenklich, die meisten Konservendosen<br />

seien mit diesem Material beschichtet“.<br />

Nicht zuletzt seien die sanierten<br />

Rohrleitungen angeblich „so dauerhaft wie<br />

die heutigen Kunststoff-Rohre“ (Bild 9).<br />

Mehrere aktuelle Gerichtsurteile kommen<br />

allerdings zu dem Schluss, dass die Innenbeschichtung<br />

mit Epoxidharz im Trinkwasserbereich<br />

nicht den anerkannten Regeln der Technik<br />

entspricht. So heißt es unter anderem in<br />

der Urteilsbegründung des Landgerichts<br />

Mannheim (Urteil vom 23.10.2014 Az.: 3 O<br />

17/14): „In den vergangenen Jahren ist es zu<br />

einer intensiven Diskussion über die Eignung<br />

des Harzes aus hygienischer Sicht gekommen.<br />

Im Rahmen der Diskussion wurde geltend gemacht,<br />

dass Epoxidharz-Komponenten, wie<br />

die Stoffe Bisphenol A (BPA) und Epichlorhydrin,<br />

gesundheitsschädlich sind und bei der Benutzung<br />

von Trinkwasserleitungen freigesetzt<br />

werden können“. Nicht nur das bei dieser Methode<br />

eingesetzte Material ist kritisch zu betrachten.<br />

Auch das Verfahren an sich ist fragwürdig,<br />

da gültige Richtlinien zur Umsetzung,<br />

Prüfung und Qualifizierung fehlen.<br />

Zum Abschluss<br />

LITERATUR<br />

▪ Verordnung über die Qualität von<br />

Wasser für den menschlichen Gebrauch<br />

(Trinkwasserverordnung –<br />

TrinkwV 2001) in der Neufassung<br />

der Trinkwasserverordnung vom<br />

10. März 2016<br />

▪ Arnd Bürschgens: Legionellen in<br />

Trinkwasser-Installationen, Gefährdungsanalyse<br />

und Sanierung,<br />

Beuth Verlag, Januar 2016<br />

▪ DVGW-Arbeitsblatt W 551 Trinkwassererwärmungs-<br />

und Trinkwasserleitungsanlagen;<br />

Technische<br />

Maßnahmen zur Verminderung<br />

des Legionellenwachstums; Planung,<br />

Errichtung, Betrieb und Sanierung<br />

von Trinkwasser-Installationen<br />

▪ DVGW-Arbeitsblatt W 556 Hygienisch-mikrobielle<br />

Auffälligkeiten in<br />

Trinkwasser-Installationen; Methodik<br />

und Maßnahmen zu deren Behebung<br />

▪ DVGW-Arbeitsblatt W 557 Reinigung<br />

und Desinfektion von Trinkwasser-Installationen<br />

▪ DVGW-Arbeitsblatt W 558 (Entwurf)<br />

Instandsetzung von Trinkwasser-Installationen<br />

Sowohl nach Reinigungs- als auch nach Desinfektionsmaßnahmen<br />

sind zum Nachweis<br />

des Erfolgs der Maßnahme und entsprechend<br />

zur Dokumentation einer mikrobiologisch<br />

einwandfreien Trinkwasserbeschaffenheit<br />

an repräsentativen Entnahmestellen Untersuchungen<br />

erforderlich. Wurde eine chemische<br />

Anlagendesinfektion durchgeführt,<br />

ist durch Messungen vor der mikrobiologischen<br />

Probennahme zu belegen, dass die<br />

Desinfektionslösung aus der Trinkwasser-Installation<br />

vollständig ausgespült wurde und<br />

die Beprobung unter „realen Bedingungen“<br />

erfolgt. Nach einer thermischen Desinfektion<br />

ist die Betriebstemperatur durch Messung an<br />

repräsentativen Entnahmestellen nachzuweisen<br />

und zu dokumentieren (auch im Trinkwasser<br />

(kalt)!).<br />

Werden bei den drei notwendigen Nachuntersuchungen<br />

nach 1 Woche, nach 3 Monaten<br />

und nach 6 Monaten die Grenzwerte,<br />

Anforderungen und der technische Maßnahmenwert<br />

der Trinkwasserverordnung eingehalten,<br />

kann die sanierte Trinkwasser-Installation<br />

wieder in bestimmungsgemäßen Betrieb<br />

genommen werden. Ein Sanierungserfolg<br />

kann also erst nach Vorlage der einwandfreien<br />

Nachuntersuchungsergebnisse festgestellt<br />

werden.<br />

AUTOR<br />

Arnd Bürschgens<br />

ist Sachverständiger<br />

für Trinkwasserhygiene,<br />

Referent nach<br />

VDI/DVGW 6023/D<br />

und beteiligt sich aktiv an der Regelwerksarbeit<br />

des DIN, VDI und DVGW.<br />

Zudem ist er Vorsitzender im Richtlinien-Ausschuss<br />

VDI 3810 Blatt 2 und<br />

Mitglied im DIN-Normenausschuss<br />

Trinkwasser-Installation.<br />

E-Mail: buerschgens@wissen-fuerwasser.de<br />

SBZ 06/17


Produktbericht Sanitärtechnik<br />

Verfahren zur inneren Rohrreinigung bei<br />

biologischen Kontaminationen<br />

Ablagerungen einschließlich Biofilmen<br />

in den Trinkwasserinstallationen<br />

sind neben Nährboden<br />

und Rückzugsgebiet von Legionellen<br />

und anderen trinkwasserrelevanten<br />

Bakterien auch oft<br />

Ursache von Trübungserscheinungen<br />

im Trinkwasser. Das im<br />

Folgenden vorgestellte Comprex-<br />

Verfahren ermöglicht deren Beseitigung.<br />

Weiterhin ist es eine<br />

gute Methode, neuinstallierte<br />

Leitungen vor deren Inbetriebnahme<br />

zu reinigen.<br />

Wie jedes Lebensmittel bleibt Wasser<br />

nur eine begrenzte Zeit frisch<br />

und genießbar. Bei längerer Stagnation,<br />

z. B. aufgrund geringeren Wasserverbrauchs,<br />

zu groß dimensionierten<br />

Rohrleitungen und Warmwasserbereitern,<br />

stillgelegter Zapfstellen, Totleitungen<br />

etc. kann die Wasserqualität durch<br />

die Vermehrung von Bakterien beeinträchtigt<br />

werden. Gerade bei Verwendung<br />

verzinkter Stahlleitungen entstehen<br />

durch Korrosionsvorgänge zudem<br />

Trübungen und rotbraune Verfärbungen<br />

des Trinkwassers.<br />

Autor<br />

Bild 1<br />

Austrag von Ablagerungen während des Reinigungsprozesses aus einer Spültischarmatur<br />

Mikrobiologische Kontamination<br />

Positive Ergebnisse von mikrobiologischen<br />

Beprobungen der Trinkwasserinstallation<br />

treffen die Betreiber von<br />

haustechnischen Anlagen in der Regel<br />

vollkommen unerwartet und zum falschen<br />

Zeitpunkt. Sie sind mit der Situation<br />

überfordert, wollen aber eine<br />

schnelle Lösung, damit die Trinkwasseranlage<br />

weiter betrieben werden kann<br />

und nicht gesperrt werden muss.<br />

Die Ursachen der mikrobiologischen<br />

Kontamination sind zumeist in bau-,<br />

betriebs- und verfahrenstechnischen<br />

Mängeln zu suchen. Es kommt darauf<br />

an, diese zu erkennen und zu beheben.<br />

Das erfordert jedoch viel Zeit. Zeit, in<br />

der die Anlage, bei Sperrung durch das<br />

Gesundheitsamt, nicht genutzt werden<br />

kann. Für Eigentümer von z. B. Hotels,<br />

Produktionsbetrieben, Altenheimen,<br />

Krankenhäusern, Schwimmbädern ein<br />

inakzeptabler Zustand.<br />

Die Konzentration an Mikroorganismen<br />

des vom Wasserwerk kommenden<br />

Wassers ist zwar absolut unbedenklich,<br />

jedoch ist das Wasser natürlich nicht<br />

steril. Die enthaltenen Bakterien können<br />

sich durch die für sie günstigen<br />

Umgebungsbedingungen vermehren<br />

und werden sich an geeigneten Oberflächen<br />

anhaften. Ablagerungen, z. B.<br />

durch Korrosion begünstigen diesen<br />

Vorgang. Die Anhaftungen wachsen<br />

und bilden Biofilme, die sich wiederum<br />

aufbauen und durch den Wasserstrom<br />

teilweise angerissen werden. Somit können<br />

hohen Konzentrationen an Bakterien<br />

direkt in das Trinkwasser gelangen.<br />

Zu bedenken gilt immer, dass sich ca.<br />

95 % der im Trinkwassersystem vorkommenden<br />

Bakterien im Biofilm befinden.<br />

Viele Betreiber vertrauen im Problemfall<br />

auf die thermische oder chemische<br />

Desinfektion. Die Bakterien werden<br />

durch diese Maßnahmen zwar größtenteils<br />

abgetötet, aber nicht entfernt. Der<br />

Biofilm selbst wird nur unzureichend<br />

angegriffen und, was sehr entscheidend<br />

ist, nicht herausgespült. Mit diesen Methoden<br />

wird daher das Problem nur<br />

temporär gelöst. Eine schnelle Wiederverkeimung<br />

ist zu erwarten.<br />

Dipl.-Ing. Hans-Gerd Hammann, Jahrgang<br />

1962, ist geschäftsführender Gesellschafter<br />

der Hammann GmbH, Annweiler am Trifels.<br />

Dipl.-Ing. (FH), Dipl.-Bw. (FH) Kai Birnbaum,<br />

Jahrgang 1971, ist Bereichsleiter Trinkwasserinstallation<br />

bei der Hammann GmbH.<br />

Trübungen in der Trinkwasserinstallation<br />

Unter dem Gesichtspunkt der Wasserqualität<br />

ist Korrosion das Problem, mit<br />

welchem Nutzer und Betreiber von<br />

Trinkwasserinstallationen in der Hausinstallation<br />

am häufigsten konfrontiert<br />

werden. Dies liegt daran, dass die Trink-<br />

HLH Bd. 66 (2015) Nr. 9-September 33


Sanitärtechnik Produktbericht<br />

wasserleitungen in Altbauten im hohen<br />

Maße aus feuerverzinkten Rohren bestehen.<br />

Das sichtbare Ergebnis sind Trübungen<br />

und rotbraune Verfärbungen<br />

des Trinkwassers (Bild 1). Weitere Probleme<br />

zeigen sich dadurch, dass sich<br />

Filter, Siebe, Strahlregler oder Eckventile<br />

zusetzen und dadurch der Durchfluss<br />

verringert wird.<br />

Auch der Querschnitt von Zirkulationsleitungen<br />

nimmt ab, es kommt zu<br />

Stagnation und letztlich bilden sich in<br />

diesen Leitungsabschnitten ideale Bedingungen<br />

für die Vermehrung von<br />

Bakterien wie z. B. die legionella pneumophila.<br />

Durch die Verbindung Zirkulationsleitung,<br />

Warmwasserbereiter,<br />

Warmwassersystem verbreitet sich die<br />

Kontamination zügig über das gesamte<br />

System.<br />

Saubere Neuinstallationen<br />

vor Inbetriebnahme<br />

Nach DIN EN 806–4 [1] müssen Trinkwasserinstallationen<br />

zeitnah nach der<br />

Installation und Druckprüfung sowie<br />

unmittelbar vor der Inbetriebnahme gespült<br />

werden, um sämtlich Fremdstoffe<br />

auszutragen. Auch Heizungs-, Kälteund<br />

Feuerlöschsystem sollen gereinigt<br />

werden.<br />

Zweck der Reinigung ist die<br />

? Sicherung der Trinkwassergüte<br />

? Sicherstellung der Funktion, besonders<br />

bei Feuerlöschsystemen<br />

? Vermeidung von Korrosionsschäden<br />

? Vermeidung von Funktionsstörungen<br />

an Apparaten und Armaturen<br />

Während Leitungen mit geringen<br />

Durchmessern durchaus mit dem althergebrachten<br />

Luft/Wasser-Gemisch<br />

gespült werden können, gestaltet sich<br />

die Reinigung größerer DN als schwieriger.<br />

Der Reinigungseffekt der klassi-<br />

schen Luft/Wasser-Spülung reicht hier<br />

nicht mehr aus, um den Zweck dieser<br />

Spülungen zu erreichen.<br />

Bild 3<br />

Prinzip des Comprex-Verfahrens<br />

Bild 2<br />

Anschluss der<br />

Impuls-Spülbox<br />

an eine<br />

Steigleitung<br />

Mechanische Reinigung als<br />

wichtiges Lösungskonzept<br />

Biofilme und Ablagerungen im Trinkwasser-<br />

bzw. Nichttrinkwassersystem<br />

lassen sich nur auf mechanische Art ablösen<br />

und aus dem System austragen.<br />

Normale Wasserspülungen oder Luft-<br />

Wasser-Spülungen erreichen allerdings<br />

nur eine sehr geringe Reinigungsleistung.<br />

Seit 1998 steht mit dem Impuls-<br />

Spül-Verfahren Comprex der Hammann<br />

GmbH ein mechanisches Reinigungsverfahren<br />

zur Verfügung, welches<br />

eine außerordentlich hohe Reinigungsleistung<br />

auch bei sehr großen Nennweiten<br />

(bis DN 1200) aufweist. Es wird seit<br />

2005 auch in der Hausinstallation eingesetzt<br />

(Bild 2).<br />

Beschreibung und Weiterentwicklung<br />

zum patentierten Verfahren<br />

Das Reinigungsverfahren ist eine Weiterentwicklung<br />

der klassischen Luft-<br />

Wasser-Spülung. Luftblöcke, welche in<br />

den Wasserstrom eingebracht werden,<br />

füllen den gesamten Querschnitt der<br />

Rohrleitung aus uns wandern abwechselnd<br />

mit Wasser durch die Leitungen<br />

und erzeugen so an den Grenzflächen<br />

zur Rohrwand Kavitationserscheinungen<br />

und Verwirbelungen bis zu einer<br />

Geschwindigkeit von 20 m/s (Bild 3).<br />

Die hohen Fließgeschwindigkeiten liegen<br />

also genau da an, wo sie notwendig<br />

sind: an der Rohrinnenwand.<br />

Alle mobilisierbaren Ablagerungen<br />

werden, ohne die Zerstörung der harten<br />

Deckschicht, abrasiert und ausgespült.<br />

Da die Zugabe der Luft innerhalb eines<br />

druckreduzierten Spülabschnittes impulsartig<br />

erfolgt, spricht man vom Impuls-Spül-Verfahren.<br />

34<br />

HLH Bd. 66 (2015) Nr. 9-September


Produktbericht Sanitärtechnik<br />

© Springer-VDI-Verlag GmbH & Co. KG, Düsseldorf 2015<br />

Bild 4<br />

Austräge aus Trinkwasserinstallationen in Gebäuden<br />

Das Impuls-Spül-Verfahren Comprex<br />

wurde inzwischen weiterentwickelt.<br />

Die Luftimpulse und die Impulssequenzen<br />

werden nun computergesteuert<br />

moduliert und an die jeweilige Rohrcharakteristik<br />

optimal angepasst. Auf<br />

diese Verbesserungen wurde der Hammann<br />

GmbH im Sommer 2014 ein Patent<br />

erteilt. Dadurch änderte sich auch<br />

der Verfahrensname von „Impuls-Spül-<br />

Verfahren Comprex“ zu „patentiertes<br />

Comprex-Verfahren“.<br />

Mechanische Reinigung als anerkannte<br />

Regel der Technik<br />

Im Oktober 2012 ist das neue DVGW-<br />

Arbeitsblatt W 557 [2] „Reinigung und<br />

Desinfektion von Trinkwasser-Installationen“<br />

erschienen. Unter „Grundlagen“<br />

wird auf Seite 12 nun explizit darauf<br />

hingewiesen: „Der erste Schritt zur<br />

Beseitigung einer Verunreinigung ist in<br />

jedem Fall die Reinigung. Dies gilt auch<br />

bei mikrobiellen Kontaminationen.“<br />

Weiter heißt es: „ Zudem begünstigen<br />

Ablagerungen die Vermehrung von Mikroorganismen,<br />

wodurch es zu mikrobiellen<br />

Beeinträchtigungen kommen<br />

kann. Um dies zu verhindern, ist bei<br />

dem Vorhandensein von Ablagerungen<br />

eine Reinigung erforderlich.“<br />

Vorteile des patentierten<br />

Comprex-Verfahrens<br />

1. Schnelle Wiederinbetriebnahme nach<br />

Duschverbot:<br />

Durch den schnellen Einsatz der Reinigung<br />

mit optionaler Desinfektion<br />

werden die Ablagerungen/Biofilme beseitigt.<br />

Im Anschluss an die Nachbeprobung<br />

stehen dann die Zapfstellen in<br />

den allermeisten Fällen wieder zur Verfügung.<br />

Die Basis der Hygiene ist gelegt.<br />

Die nachhaltige Beseitigung der Systemmängel<br />

sollte zeitnah erfolgen.<br />

2. Höherer Komfort:<br />

Das Beseitigen der Ablagerungen führt<br />

im Allgemeinen, je nach Stärke dieser<br />

Ablagerungen, zu erhöhtem Volumenstrom<br />

und zu höheren Temperaturen<br />

im Warm- und Zirkulationssystem.<br />

Durch die bessere Durchströmung<br />

der Zirkulationsleitungen liegt auch<br />

schneller warmes Wasser an den Zapfstellen<br />

an.<br />

3. Hygienischer Nutzen:<br />

Die Trübungsprobleme sind beseitigt.<br />

Um dies langfristig zu gewährleisten<br />

wird der anschließende Einbau einer<br />

Phosphatier-/Silikatanlage empfohlen.<br />

Durch den Austrag von Ablagerungen<br />

und Biofilme (Bild 4) wurden auch die<br />

Rückzugsgebiete und Nahrungsquellen<br />

für Bakterien beseitigt. Im Falle einer<br />

eingebauten permanenten Desinfektionsanlage<br />

wird deren Wirkung vergrößert,<br />

da es nach der Reinigung zu einer<br />

geringeren Zehrung des Desinfektionsmittels<br />

kommt.<br />

4. Qualitativ höherwertiges System:<br />

Während der Reinigung werden sämtliche<br />

Absperrventile im System betätigt,<br />

deren Funktion überprüft und, soweit<br />

möglich, wieder gängig gemacht, oder<br />

die Oberteile werden ausgetauscht. Dadurch<br />

ist eine ordnungsgemäße Funktion<br />

und sichere Absperrung von Teilbereichen<br />

im Bedarfsfall gewährleistet.<br />

5. Ökonomischer Nutzen:<br />

Durch die Reinigung der Anlage kann<br />

sich die Laufzeit der Anlage erhöhen<br />

bzw. das Zeitfenster zu einer umfangreichend<br />

Sanierung kann sich erweitern.<br />

Durch die Verringerung der Strömungswiderstände<br />

in den Leitungen nach der<br />

Reinigung kann auf den Einsatz einer<br />

sonst möglicherweise stärkeren Zirkulationspumpe<br />

verzichtet werden.<br />

Fazit<br />

Eine mechanische Reinigung von<br />

Hausinstallationen ist mittlerweile<br />

Stand der Technik. Das hier vorgestellte<br />

patentierte Comprex-Verfahren beseitigt<br />

die mobilisierbaren Ablagerungen<br />

und Biofilme. Nutzt man dieses Potential<br />

zusammen mit einer chemischen<br />

Desinfektion, sind die besten Voraussetzungen<br />

dafür geschaffen, dass es nach<br />

einer Kontamination nicht zu einer<br />

schnellen Wiederverkeimung kommt.<br />

Bautechnische, betriebstechnische und<br />

verfahrenstechnische Maßnahmen<br />

dürfen jedoch nicht außer Acht gelassen<br />

werden, damit das Ergebnis auch<br />

nachhaltig ist. Insgesamt betrachtet ist<br />

die Reinigung mit dem patentierten<br />

Comprex-Verfahren ein entscheidender<br />

Baustein für einen zielführenden Sanierungserfolg.<br />

Literatur<br />

[1] DIN 806–4: Beuth-Verlag GmbH, 2012.<br />

[2] DVGW W 557, Technische Regeln, 2012.<br />

HLH Bd. 66 (2015) Nr. 9-September


Dem Biofilm an den Kragen gehen – Verfahren zur inneren Rohrreinigung<br />

14.05.2012<br />

Vorfälle von Legionellen oder anderen biologischen Erregern in der Trinkwasserinstallation können mitunter durch Ablagerungen in den<br />

Rohren, durch Totleitungen oder Fehleinstellungen in einer Anlage verursacht werden. Doch wie kann ein System effektiv und nachhaltig<br />

gereinigt und saniert werden?<br />

Mithilfe einer Computersteuerung erfolgen<br />

die einzelnen Impuls-Spülungen, um den<br />

Biofilm zu entfernen.<br />

Die Wirkungsweise des Verfahrens:<br />

Luftblöcke, die den gesamten<br />

Querschnitt der Leitung ausfüllen,<br />

und Wasser durchströmen<br />

abwechselnd die Leitungen.<br />

Aus Sicht der Trinkwasserhygiene ist die Verkeimung eines Systems ein schwerwiegendes Problem. Die Erfahrungen in diesem Bereich zeigen, dass vor allem<br />

nachhaltige Lösungen vonseiten der Betreiber notwendig sind, um langfristig vorzubeugen und einer erneuten Kontamination entgegenzuwirken. Kommt es<br />

zu Vorfällen nachweislicher Verunreinigungen, so ist vonseiten der Betreiber die thermische oder chemische Desinfektion der Anlage meist der erste Schritt.<br />

Die chemische Desinfektion wie z.B. Chlorung tötet die Bakterien und Erreger zwar ab, beseitigt diese jedoch nicht. Daher bietet diese Vorgehensweise nur<br />

eine temporäre Lösung des Problems. Zudem ist der Einsatz von Chlor oder Chlordioxid nachweislich mit Risiken belegt. Aus diesem Grund ist es dem<br />

Deutschen Fachverband für Luft- und Wasserhygiene e.V. (DFLW) ein besonderes Anliegen, in seinen Foren und Schulungen über Alternativen aufzuklären und<br />

die Wirkungsweise der Methoden anschaulich dar- bzw. vorzustellen. So auch das Impuls-Spül-Verfahren der Hammann GmbH.<br />

Neue Technik mit altem Prinzip<br />

Bereits seit 13 Jahren reinigt das Unternehmen Rohrnetzleitungen und hat sein Verfahren weiterentwickelt, sodass es ihnen seit 2005 möglich ist, auch<br />

Hausinstallationen zu reinigen. Das Spülverfahren ist eine Weiterentwicklung des klassischen Luft-Wasser-Spülverfahrens. Luftblöcke – die den gesamten<br />

Querschnitt der Leitung ausfüllen – und Wasser wandern im Wechsel durch die Leitungen und erzeugen so an den Grenzflächen zur Rohrwand<br />

Kavitationserscheinungen und Verwirbelungen, welche eine Geschwindigkeit von bis zu 15?m/s haben. So werden die mobilisierbaren Ablagerungen ohne<br />

Angriff der schützenden Deckschichten abgelöst. Da die Zugabe der Luft innerhalb eines druckreduzierten Spülabschnitts impulsartig mithilfe einer<br />

Computersteuerung erfolgt, spricht man vom Impuls-Spül-Verfahren. Dass dabei der Biofilm fast vollständig entfernt wird, wurde durch Prof. Dr. med. Martin<br />

Exner von der Universität in Bonn gutachterlich belegt.<br />

„Das Gutachten belegt unsere eigenen Erfahrungen“, erklärt Dipl.-Ing. (FH) Kai Birnbaum, Bereichsleiter Gebäudetechnik der Hammann GmbH. „Die<br />

Ergebnisse, die wir mit unserem Impuls-Spül-Verfahren erzeugen, lassen unsere Kunden immer wieder staunen. Vor allem sind sie überrascht und häufig<br />

sogar erschrocken über die Trübung des ausgespülten Wassers und der darin enthaltenen Feststoffe.“ Doch das Reinigen der Leitungen ist nur einer von vielen<br />

Mosaiksteinen, um die Trinkwasserqualität in einer Anlage dauerhaft zu gewährleisten. Daher ist es wichtig, dass der Betreiber weitere Maßnahmen einleitet,<br />

um eventuelle Mängel zu beseitigen. Hierüber wird der Kunde von dem Annweiler Unternehmen informiert und auf Wunsch an sachkundige Ingenieurbüros<br />

verwiesen.<br />

Kundenberatung ist hier ein wichtiges Thema<br />

„Uns ist es wichtig, die Kunden umfassend zu beraten, auf Schwachstellen aufmerksam zu machen und über die Risiken der bestehenden Mängel zu<br />

informieren. Eigentlich sollten die Betreiber regelmäßig Reinigungen in ihren Trinkwassersystemen vornehmen. Doch die Erfahrung zeigt, dass prophylaktische<br />

Maßnahmen viel zu selten durchgeführt werden“, erklärt der Bereichsleiter. In der Regel besteht bereits eine Kontamination, bevor sich die Kunden über die<br />

Möglichkeiten einer fachgerechten Spülung informieren. Die Verantwortlichen beginnen meist umgehend mit Umbaumaßnahmen oder spülen die Leitungen<br />

eigenständig. Doch mit herkömmlichen Spülverfahren oder durch reine Desinfektionen können solche Ablagerungen nicht entfernt werden. Eine gute<br />

Recherche und umfassende Beratung kann daher hilfreich sein, um die Kontamination in den Griff zu bekommen. Nach einer gemeinsamen Begehung vor Ort,<br />

in der auch auf bestehende Schwachstellen in der Anlage hingewiesen wird, und einem Beratungsgespräch durch die Hammann GmbH erfolgt die<br />

Angebotserstellung. Gemeinsam mit dem Kunden wird ein Projektplan erstellt. „Dabei achten wir genau auf die Nutzungszeiten der Anlage“, merkt Birnbaum<br />

an. „Handelt es sich beispielsweise um eine öffentliche Einrichtung wie eine Schule, dann nehmen wir die Spülungen am Wochenende oder während der Ferien<br />

vor. Bei einem Krankenhaus oder einem Altenzentrum ist dies natürlich nicht möglich. Hier legen wir dann gemeinsam mit dem Kunden die Spül-Abschnitte<br />

und Zeiträume fest, um einen sicheren und reibungslosen Betrieb der Anlage zu gewährleisten.“<br />

Säuberung der Trinkwasserleitung<br />

Bei der Reinigung wird dann, je nach Grad der Verschmutzung, eine reine Impuls-Spülung oder die Kombination mit einer kurzfristig stagnierenden<br />

Desinfektion durchgeführt. Durch die Kombination mit verschiedenen Desinfektionsmitteln wie beispielsweise Chlordioxid und Wasserstoffperoxid kann die<br />

Reinigungswirkung verbessert werden. Dies belegen wissenschaftliche Studien des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten<br />

Verbundprojektes „Vermeidung und Sanierung von Trinkwasser-Kontaminationen durch hygienisch relevante Mikroorganismen aus Biofilmen der<br />

Hausinstallation“. Im Verlauf der Spülung werden dann alle weichen und mobilisierbaren Ablagerungen mitsamt ihrem Bewuchs ausgetragen, so wird den<br />

Mikroorganismen der Nährboden entzogen. Dies kann über die Armaturen erfolgen, an denen spezielle Hand-Zyklonabscheider befestigt sind. Ist dies nicht<br />

möglich, wird das Wasser über Schläuche von der Zapfstelle an einen WC-Zyklonabscheider abgeleitet.<br />

Die Nachhaltigkeit der Reinigung hängt jedoch stark von den installationstechnischen Gegebenheiten ab. Darauf weist auch Kai Birnbaum innerhalb seiner<br />

Vorträge ausdrücklich hin. Nur durch die Beseitigung der Mängel und unter Berücksichtigung der anerkannten Regeln der Technik kann eine dauerhafte<br />

Problemlösung geboten werden. Eine mechanische Reinigung ist ein wesentlicher Schritt, jedoch nur einer von vielen Bausteinen in einem


Gesamtsanierungskonzept. Denn nur aus sauberen Leitungen kann auch sauberes Wasser kommen.<br />

Nachgefragt<br />

IKZ-Haustechnik: Herr Birnbaum, es wird beschrieben, dass Ihr System mittels Kavitationserscheinungen und Verwirbelungen an der Rohrwand den Biofilm<br />

abträgt, ohne die schützenden Deckschichten zu verletzen. Was macht Sie so sicher, dass dies nicht der Fall ist?<br />

Kai Birnbaum: Unser Impuls-Spül-Verfahren arbeitet mithilfe von sogenannten Luftmolchen, die aufgrund ihrer fluiden Beschaffenheit gar keine festen<br />

Ablagerungen lösen können. Deckschichten sind jedoch immer harte Ablagerungen, sonst wären es keine Deckschichten. Zudem arbeiten wir immer unter<br />

dem normalen Netzbetriebsdruck, sodass das Rohrsystem nicht zusätzlich belastet wird.<br />

IKZ-Haustechnik: Gerade große Trinkwasseranlagen weisen eine Vielzahl von selten bis gar nicht genutzten Rohrabschnitten auf. Mitunter sogar Totstränge<br />

aufgrund von baulichen Veränderungen. Macht eine Spülung hier Sinn, müsste nicht erst die Wurzel des Übels saniert werden?<br />

Kai Birnbaum: Sie haben recht: Das macht wenig Sinn. Deswegen weise ich den Betreiber der Anlage auch immer auf solche Mängel hin und empfehle<br />

dringend, die bestehenden Totleitungen zurückzubauen. Selten bis gar nicht genutzte Rohrabschnitte sollten nach Absprache mit den Nutzern eventuell auch<br />

zurückgebaut werden, oder es muss regelmäßig, z.B. durch den Hausmeister, eine Spülung erfolgen. Auch die Installation einer selbsttätig arbeitenden<br />

Spülarmatur ist möglich.<br />

IKZ-Haustechnik: Betreiber sollten eine regelmäßige Reinigung der Trinkwasserleitungen vornehmen, so Ihre Empfehlung. Gibt es Ihrerseits bestimmte<br />

Vorgaben oder Erfahrungswerte, in welchen Abständen eine solche Reinigung erfolgen sollte?<br />

Kai Birnbaum: Bestimmte Vorgaben gibt es nicht. Das hängt immer vom Einzelfall ab. Ich kann nur bestimmte Empfehlungen aussprechen, je nachdem, um<br />

welchen Werkstoff es sich handelt. Da verzinkte Stahlleitungen zu erhöhter Korrosionsbildung neigen, sollte hier eine Reinigung generell öfter erfolgen als z.B.<br />

bei Edelstahlleitungen. Das hängt natürlich auch immer von der Wasserbeschaffenheit und dem Nutzungsverhalten ab. Zwischen 5 Jahren und 10 Jahren ist ein<br />

mittlerer Richtwert.<br />

IKZ-Haustechnik: Ist eine Anlage erst einmal kontaminiert, so ist die Spülung nur ein erster Schritt in einem Sanierungs-Gesamtkonzept. In wieweit<br />

begleiten Sie Ihre Kunden bei weiteren erforderlichen Schritten?<br />

Kai Birnbaum: Wir arbeiten mit sachkundigen Ingenieurbüros zusammen, die das installationstechnische System dokumentieren, Mängel aufzeigen,<br />

Lösungen unterbreiten und auch den Erfolg der Maßnahmen kontrollieren. Sind installationstechnische Mängel vorhanden, müssen diese in jedem Fall<br />

abgestellt werden. Auch die bestimmungsgemäße Nutzung muss gewährleistet sein, d.h. Wasser muss fließen. In jedem Fall ist die Reinigung des<br />

Trinkwassersystems notwendig, um die Leitungen von Biofilm und Ablagerungen zu befreien.<br />

Autor: Deutscher Fachverband für Luft- und Wasserhygiene e.V. (DFLW)<br />

Bilder: Hammann GmbH<br />

www.dflw.info<br />

An den Armaturen werden<br />

Hand-Zyklonabscheider befestigt,<br />

über die die Luft und die im Wasser<br />

gelösten Ablagerungen austreten<br />

können.<br />

Kai Birnbaum


| TECHNIK<br />

Quelle: © Ingo Wiederoder – Fotolia.com<br />

Alte Trinkwasser-Installationen ohne<br />

Rostwasser betreiben<br />

Obwohl heute nicht mehr Stand der Technik, bestehen viele alte Warmwasserleitungen noch aus<br />

Stahl. Das Austauschen der alten Stahlrohrleitungen ist in vielen Gebäuden häufig nicht zeitnah<br />

realisierbar. Um die Probleme dennoch in den Griff zu bekommen, empfiehlt sich eine Kombination<br />

aus mechanischer Reinigung mittels Comprex-Verfahren und nachträglicher Dosierung von<br />

Korrosionsinhibitoren. Damit kann die Nutzungsdauer der Trinkwasser-Installation bis zu einem<br />

späteren Austausch entscheidend verlängert werden.<br />

In der Trinkwasser-Installation vieler Altbauten<br />

sind verzinkte Stahlrohre eingebaut.<br />

Dies entsprach in der damaligen Bauzeit<br />

den allgemein anerkannten Regeln der<br />

Technik. Rohre und Formstücke waren in<br />

den benötigten Größen verfügbar. Fachbetriebe<br />

verarbeiteten und bauten die Bauteile<br />

dem Regelwerk entsprechend ein. Probleme<br />

traten allerdings häufig nach einer<br />

gewissen Betriebszeit vor allem in Warmwasserleitungen<br />

auf. Sichtbar waren Trübungen<br />

und rotbraune Verfärbungen des<br />

Wassers. Weitere Probleme zeigten sich,<br />

wenn sich Filter, Siebe, Armaturen oder Eckventile<br />

zusetzten und Inkrustationen den<br />

Durchfluss beeinträchtigten. Schließlich wiesen<br />

Durchbrüche auf die Dringlichkeit einer<br />

Sanierung hin.<br />

12<br />

Heute ist bekannt, dass jeder Werkstoff seine<br />

Anwendungsbereiche hat. Werkstoffe für<br />

neue Installationssysteme müssen grundsätzlich<br />

so ausgewählt werden, dass<br />

Schutzmaßnahmen nicht erforderlich sind.<br />

Sind als Folge einer nicht normgerechten<br />

Werkstoffauswahl Schäden zu erwarten,<br />

können Schutzmaßnahmen jedoch dazu<br />

beitragen, diese zu vermeiden. Die Information<br />

des DVGW zur Trinkwasser-Installation<br />

– TWIN „Werkstoffe in der Trinkwasserinstallation“<br />

– gibt Auskunft über die technischen<br />

Regeln für Rohre und Rohrverbindungen<br />

der infrage kommenden Werkstofenergie<br />

| wasser-praxis 4/2010


fe und die Auswahl der Werkstoffe basierend<br />

auf DIN 50 930-6. Danach ist von der<br />

Verwendung schmelztauchverzinkter Eisenwerkstoffe<br />

im Warmwasserbereich abzuraten.<br />

Der DVGW empfiehlt für neue Trinkwasser-Installationen<br />

nur Werkstoffe, die<br />

den anerkannten Regeln der Technik wie<br />

DIN 1988-7 entsprechen und keine zusätzlichen<br />

Korrosionsschutzmaßnahmen benötigen.<br />

Der Einsatz im Kaltwasserbereich erfordert<br />

über die Trinkwasserverordnung hinaus<br />

folgende Bedingungen: K B8,2 0,5<br />

mol/m 3 und K S4,3 1,0 mol/m 3 . Diese Bedingungen<br />

lassen sich bei neuen Installation<br />

berücksichtigen, nicht aber bei bestehenden<br />

Installationen. Das Austauschen der alten<br />

Stahlrohrleitungen ist in vielen Gebäuden<br />

nicht möglich oder finanziell nicht realisierbar.<br />

Andere Lösungen sind erforderlich.<br />

Hier setzen die Überlegungen an, alte Stahlrohrleitungen<br />

zu ertüchtigen.<br />

1. kurative Maßnahme: störende Korrosionsprodukte<br />

durch möglichst wenig<br />

Aufwand aus Rohrleitungen entfernen<br />

2. präventive Maßnahme: Korrosion durch<br />

Wasserbehandlung bis zu einer vertretbaren<br />

Geschwindigkeit verlangsamen<br />

Beide Maßnahmen sollen die Funktion der<br />

Trinkwasser-Installation für die erweiterte<br />

Nutzungsdauer sicherstellen.<br />

3 2 1<br />

Wasser und Luft arbeiten zusammen: turbulent, aber kontrolliert<br />

Abb. 1: Funktionsprinzip des Impuls-Spül-Verfahrens Comprex<br />

Tabelle 1: Ursachen für Korrosion<br />

ungünstige<br />

Wasserbeschaffenheit<br />

falsche Betriebsbedingungen<br />

fehlerhafte Installationen<br />

Reinigung mittels Comprex-<br />

Verfahren<br />

Das Impulsspülverfahren Comprex bietet<br />

sich zunächst an, um lose und wenig haftende<br />

Ablagerungen auszutragen und damit<br />

das Trübungs- und Verstopfungsproblem<br />

zu beseitigen. Nach Austrag dieser<br />

Ablagerungen lässt sich die Wirksamkeit<br />

so weit steigern, dass in Inkrustationen anhaftende<br />

Korrosionsprodukte mobilisiert<br />

und ausgetragen werden können. Auf<br />

Grund des wiederhergestellten Durchflusses<br />

lässt sich die Installation hydraulisch<br />

abgleichen, was vor allem bei Zirkulationsleitungen<br />

unabdingbar ist.<br />

Das Impulsspülverfahren eignet sich vor allem<br />

zur Reinigung bestehender Installationen.<br />

Es beruht auf einer kontrollierten, impulsartigen<br />

Zugabe komprimierter, reiner<br />

Luft innerhalb eines definierten Spülabschnitts<br />

(Abb. 1 + 2). Wichtig hierbei ist,<br />

dass genau dosierte Luftblöcke in den abgedrosselten<br />

Wasserstrom gesetzt werden.<br />

Sie durchströmen, dem Durchmesser<br />

• freie Kohlensäure<br />

• Leitfähigkeit<br />

• Salze<br />

• Karbonathärte<br />

• pH-Wert<br />

• geringer Wasserverbrauch<br />

• Stagnation<br />

• fehlende Wartung<br />

• verbrauchte Wasserfilter<br />

• falsche Leitungsdimensionierung<br />

• falsche Temperaturen<br />

• kein Trinkwasserfilter vorhanden<br />

• kein Spülen des Leitungssystems nach der<br />

Installation (dadurch verbleiben Sande, Schmutz,<br />

Hanfreste, welche die Korrosion fördern)<br />

• Stagnation des Trinkwassers im Zeitraum zwischen<br />

Druckprüfung der Anlage und Inbetriebnahme<br />

angepasst, die Rohrleitung wie Luftmolche.<br />

Um sie herum entstehen sehr starke<br />

turbulente Strömungen von ca. 10 bis 15<br />

m/s, welche in der Lage sind, die laminare<br />

Unterschicht der Wasserströmung zu zerstören.<br />

Im Zusammenspiel mit Kavitationserscheinungen,<br />

Scher- und Schleppkräften<br />

bewirken sie eine Ablösung aller mobilisierbaren<br />

Ablagerungen von den Rohrinnenwänden.<br />

An den Zapfstellen trennen<br />

Zyklonabscheider die ausgeleiteten Luftmolche<br />

von Wasser und Ablagerungen.<br />

Die entspannte Luft wird, falls notwen-<br />

Quelle: Hammann GmbH<br />

Quelle: Hammann GmbH<br />

3<br />

Die SHT, Sanitär- und Heizungstechnik, Ausgabe 3 enthält Beiträge zu den Themen<br />

Photovoltaik, Lüftung, und Kraft-Wärme-Kopplung. Lesen Sie darüber hinaus u.a. mehr<br />

zu den Themen:<br />

• Reportage<br />

Außen historisch – innen topmodern<br />

• Interview<br />

AlphaInnotec-Geschäftsführer Rainer Schild über die Zukunft der Wärmepumpe<br />

• Heizung<br />

Mit Osmose auf der sicheren Seite<br />

Weitere Nachrichten, Termine und Informationen unter www.sht-online.de<br />

Kostenloses Probeheft unter abo-service@krammerag.de<br />

energie | wasser-praxis 4/2010 13


| TECHNIK<br />

Abb. 2: Die<br />

Lufteinspeisung<br />

erfolgt<br />

über die<br />

Verteilbatterie<br />

Quelle: Hammann GmbH<br />

Abb. 3: Starker<br />

Austrag im<br />

Wohngebäude<br />

Bad Bergzabern<br />

Quelle: Hammann GmbH<br />

dig, über Filter abgeleitet. Feste Deckschichten<br />

werden nicht angegriffen und<br />

verbleiben im System. Um Beschädigungen<br />

an zum Teil recht alten Rohrsystemen<br />

zu vermeiden, bleibt der Impulsdruck immer<br />

unter dem Rohrnetzruhedruck.<br />

Das Comprex-Verfahren konnte bereits in<br />

zahlreichen Fällen der Legionellenkontamination<br />

in Trinkwasser-Installationen seine<br />

Wirksamkeit unter Beweis stellen. Denn es<br />

ist hervorragend geeignet, um Biofilme aus<br />

dem System zu entfernen. In Kombination<br />

mit weiteren, auf die jeweilige Installation<br />

abgestimmten Maßnahmen leistet es einen<br />

unverzichtbaren Beitrag, die Nutzungsdauer<br />

der Trinkwasser-Installation<br />

zuverlässig zu verlängern.<br />

Behandeln des Wassers<br />

mit Korrosionsinhibitoren<br />

Nach dem heutigen Regelwerk eignen sich<br />

Stahlrohre infolge der Wasserparameter einiger<br />

Versorgungsgebiete nicht zum Transport<br />

des Trinkwassers. Durch Behandlung<br />

des Wassers lassen sich die Wasserparameter<br />

allerdings anpassen. Weiterhin ermöglicht<br />

das Dosieren von Korrosionsinhibitoren,<br />

die Korrosion bis zu einer vertretbaren<br />

Geschwindigkeit zu verlangsamen. Fachfirmen<br />

liefern Produkte und Geräte für die Behandlung<br />

entsprechend den allgemein anerkannten<br />

Regeln der Technik. Eine Veränderung<br />

der Trinkwasserbeschaffenheit darf<br />

nur mit den in der Trinkwasserverordnung (§<br />

11-Liste) aufgeführten Zusatzstoffen erfolgen.<br />

Die in der Trinkwasserverordnung angegebenen<br />

Parameterwerte dürfen nicht<br />

überschritten werden.<br />

Die Dosierung von Korrosionsinhibitoren an<br />

der Übergabestation hat das Ziel, auf der<br />

gereinigten Rohrleitungsinnenfläche Deckschichten<br />

zu bilden. Zur Anwendung kommen<br />

Phosphate oder Silikatmischungen.<br />

Fachfirmen empfehlen der Wasserbeschaffenheit<br />

entsprechende Mittel und ihre Dosierung.<br />

Die anfangs benötigten Konzentrationen<br />

an Korrosionsinhibitoren lassen sich<br />

normalerweise mit der Zeit zurückfahren,<br />

sodass nach Bildung der Deckschichten<br />

nur noch geringe Konzentrationen notwendig<br />

sind. Voraussetzung dafür sind geeignete<br />

Betriebsbedingungen, d. h. ausreichende<br />

Strömungsgeschwindigkeit und Vermeiden<br />

von langen Stagnationsphasen. Kontrollen<br />

auf Wasserparameter wie Wirkstoffgehalt<br />

und Konzentration an Korrosionsprodukten<br />

sind erforderlich, um die Zehrung und die<br />

Deckschichtbildung zu überwachen.<br />

Beispielfall: Wohngebäude<br />

in Bad Bergzabern<br />

In einem Wohngebäude mit zwölf Wohnungen<br />

in Bad Bergzabern kam es seitens<br />

der Bewohner immer wieder zu Beschwerden<br />

auf Grund von Trinkwassertrübungen<br />

im Kaltwasserbereich. Das Warmwasser-<br />

/Zirkulationssystem war nicht betroffen, da<br />

es kürzlich komplett mit Kupferrohren saniert<br />

worden war. Die zuständige Hausverwaltung<br />

wandte sich an Hammann. Es<br />

wurde ein Ortstermin organisiert, bei dem<br />

eine Bestandsaufnahme der Kaltwasserinstallation<br />

inklusive aller dazugehörigen<br />

Zapfstellen vorgenommen wurde. Diese<br />

Angaben sind für eine Abschätzung der<br />

Reinigungsdauer und ein entsprechendes<br />

Kostenangebot unverzichtbar.<br />

In den einzelnen Wohnungen waren Wasserzähler<br />

installiert. Da die Reinigung der<br />

Trinkwasserleitungen bei eingebauten Zählern<br />

zu deren Zerstörung führen würde,<br />

wurden diese vor der Reinigung ausgebaut<br />

und später wieder eingebaut. Während der<br />

Reinigung waren die Zählergehäuse mit<br />

Blindkappen verschlossen. Das Gebäude<br />

war in zwei Blöcke untergliedert. Diese<br />

wurden nacheinander gereinigt. Es galt mit<br />

einem 3-Mann-Team innerhalb von zwei<br />

Arbeitstagen 71 Zapfstellen mit den dazugehörigen<br />

Leitungen zu reinigen. Diese Zeit<br />

war notwendig, da es bei der Reinigung zu<br />

sehr starken Austrägen an Korrosionsprodukten<br />

von bis zu 3 Millimeter über mehrere<br />

Stunden einhergehend mit starken, sehr<br />

lang anhaltenden Trübungen kam (Abb. 3<br />

+ 4). Um eine möglichst hohe Reinigungsleistung<br />

zu erzielen, wurden alle Zapfstellen<br />

mit einem Abstand von mehreren Stunden<br />

mehrmals gereinigt.<br />

Nach Abschluss der Arbeiten veranlasste<br />

die zuständige Hausverwaltung den Einbau<br />

einer Anlage für die Dosierung von Silikaten/Phosphaten.<br />

Dieser Schritt soll den<br />

langfristigen Erfolg der Reinigungsmaßnahme<br />

garantieren. Viele Menschen haben<br />

Bedenken in Bezug auf die Zudosierung<br />

von Mineralien. Doch der Genuss des behandelten<br />

Wassers ist gesundheitlich vollkommen<br />

unbedenklich. Laut Trinkwasserverordnung<br />

dürfen maximal 5 mg Phosphat<br />

pro Liter Trinkwasser zudosiert werden.<br />

Zum Vergleich: Der durchschnittliche<br />

Mensch nimmt pro Tag ca. 6.000 mg<br />

Phosphate zu sich. Für eine exakte Dosierung<br />

sorgt die elektronisch gesteuerte Do-<br />

14<br />

energie | wasser-praxis 4/2010


Abb. 5: Wegen massiver Austräge<br />

mussten viele Badewannenarmaturen<br />

abgebaut und durch Spülarmaturen<br />

ersetzt werden.<br />

Abb. 4: Mit Korrosionsprodukten<br />

zugesetztes Eckventil<br />

Quelle: Hammann GmbH<br />

Quelle: Hammann GmbH<br />

sieranlage, welche mit eigenem Wasserzähler<br />

den genauen Wasserdurchfluss<br />

misst und somit exakt die benötigte Menge<br />

an Mineralstoffen zugeben kann.<br />

Durch die Reinigung mittels Impuls-Spül-<br />

Verfahren Comprex und dem Einsatz der<br />

Dosieranlage treten seitdem (mittlerweile<br />

mehr als 1 Jahr) keinerlei Trübungsprobleme<br />

mehr auf. Erst das gründliche Entfernen<br />

der weichen, leicht bis mittelstark anhaftenden<br />

Rostschicht machte eine<br />

schnelle Wirkung der Phosphatinhibitation<br />

möglich.<br />

Beispielfall: Wohnblock<br />

in Friedrichsdorf<br />

Bei diesem Objekt handelte es sich um ein<br />

mehrgeschossiges Wohnhaus mit 32<br />

Wohnungen. Die Installation aus verzinktem<br />

Stahl wurde 1976 errichtet. Auch hier<br />

kam es zu Trübungen. Neben den Kaltwasserleitungen<br />

waren auch die Warmwasser-<br />

und Zirkulationsleitungen betroffen.<br />

Die Rohre sind auf Grund der Korrosion<br />

in den letzten Jahren immer weiter<br />

zugewachsen. Bis zum Zeitpunkt der Reinigung<br />

gab es aber noch genügend Durchfluss.<br />

Wären keine Gegenmaßnahmen getroffen<br />

worden, hätte sich die Lage verschärft<br />

und es wäre zu deutlichen Wasserdurchflussverringerungen<br />

gekommen.<br />

Die Eigentümergemeinschaft suchte nach<br />

einer Lösung, die Korrosion möglichst zu<br />

stoppen. Ziel war es, die Leitungen weitere<br />

zehn Jahre zu betreiben, ohne dass es<br />

zu merklichem Durchsatzverlust bzw.<br />

Rohrbrüchen kommt. Die Ortsbesichtigung<br />

ergab einen Arbeitsaufwand mit einem<br />

3-Mann-Team von ca. zwei Arbeitswochen.<br />

Dies folgerte aus der Anzahl der<br />

Sanitärgegenstände mit insgesamt 217<br />

Kaltwasser-/120 Warmwasserzapfstellen<br />

und dem zu erwartenden hohen Austrag<br />

an Korrosionsprodukten und Trübungen.<br />

Die Reinigung stellte sich auf Grund der<br />

bereits stark fortgeschrittenen Korrosion<br />

als äußerst aufwändig dar. Es kam zu massiven<br />

Austrägen von Rost bis zu einer Größe<br />

von 8 Millimeter. Es mussten viele Armaturen<br />

abgebaut und durch Spülarmaturen<br />

ersetzt werden (Abb. 5).<br />

Den Erfolg der Reinigungsmaßnahme konnten<br />

die Bewohner sofort im Anschluss bestätigen:<br />

keine Trübungen mehr und merklich<br />

verbesserter Wasserdurchsatz in allen<br />

Rohrsystemen. Um den Erfolg langfristig<br />

sicherzustellen, wurde auch hier eine Anlage<br />

zur Dosierung von Korrosionsinhibitoren<br />

installiert.<br />

Fazit<br />

Korrosion an verzinkten Stahlleitungen<br />

und deren negative Wirkungen sind heute<br />

in den meisten älteren Gebäuden in<br />

Deutschland ein Problem. Doch der Austausch<br />

der Leitungen ist aus unterschiedlichen<br />

Gründen oft nicht zeitnah realisierbar.<br />

Eine mechanische Reinigung mit dem<br />

Impuls-Spül-Verfahren Comprex ist eine<br />

effiziente Möglichkeit, die losen, leicht bis<br />

mittel anhaftenden Korrosionsprodukte<br />

abzulösen und aus dem System auszutragen.<br />

Dies schafft die entscheidende<br />

Voraussetzung für den Einsatz und die<br />

Wirksamkeit einer Wasseraufbereitungsanlage<br />

zur Dosierung von Korrosionsinhibitoren.<br />

Das Zeitfenster bis zu einem späteren<br />

Austausch der Trinkwasserinstallation<br />

lässt sich dadurch entscheidend erweitern.<br />

Autoren:<br />

Dipl.-Ing. Hans-Gerd Hammann<br />

Hammann GmbH<br />

Zweibrücker Str. 13<br />

76855 Annweiler am Trifels<br />

Tel.: 06346 3004-0<br />

Fax: 06346 3004-56<br />

Email: info@hammann-gmbh.de<br />

Internet: www.hammann-gmbh.de<br />

Dipl.-Ing. (FH) Dipl.-Bw. (FH) Kai Birnbaum<br />

Hammann GmbH<br />

Zweibrücker Str. 13<br />

76855 Annweiler am Trifels<br />

Tel.: 06346 3004-0<br />

Fax: 06346 3004-56<br />

Email: info@hammann-gmbh.de<br />

Internet: www.hammann-gmbh.de n<br />

Trink-, Kühl- und<br />

Kesselwasserbehandlung<br />

Grasstraße 11 · 45356 Essen<br />

Telefon (0201) 861 48-0<br />

Telefax (0201) 861 48-48<br />

E-Mail info@aquametasil.de<br />

energie | wasser-praxis 4/2010 15


Sanitärtechnik<br />

Trinkwasserhygiene<br />

Reinigung der Hausinstallation<br />

optimiert permanente Desinfektion<br />

Hans-Gerd Hammann,<br />

Kai Birnbaum, Annweiler<br />

Wurde eine Trinkwasserinstallation<br />

nach den anerkannten<br />

Regeln der Technik errichtet<br />

und wird diese auch heute noch nach<br />

diesen Regeln betrieben, kann davon<br />

ausgegangen werden, dass keinerlei mikrobiologische<br />

Probleme auftreten. Ist<br />

dies nicht der Fall, und das ist eher die<br />

Regel als die Ausnahme, steigt das Risiko<br />

einer Legionellenkontamination. Die Ursachen<br />

sind vielfältig (siehe Kasten):<br />

Stagnation, falsche Betriebstemperaturen<br />

und fehlende Wartung sind allerdings<br />

an erster Stelle zu nennen. Ab<br />

20 °C Wassertemperatur steigt die Vermehrungsrate<br />

der Legionellen leicht an,<br />

erreicht im Bereich von 30 °C bis 45 °C<br />

ihren Höhepunkt und sinkt bis 55 °C<br />

wieder ab. Ab dieser Temperatur kommt<br />

es kaum noch zur Vermehrung. Eine sichere<br />

Abtötung findet erst weit oberhalb<br />

von 60 °C statt. Es ist daher dringend anzuraten,<br />

die Warmwassertemperatur<br />

des Boilers auf 60 °C einzustellen und<br />

diese nicht aus Gründen von vermeintlichen<br />

Energieeinspareffekten auf einen<br />

geringeren Wert zu regeln. Vermehrungsorte<br />

der Legionellen sind Biofilme<br />

und Korrosionsprodukte. Stagnation fördert<br />

noch die Zunahme der Bakterien.<br />

In der Praxis lassen sich die oben genannten<br />

bau- und betriebstechnischen<br />

Mängel oft nicht vollständig abstellen.<br />

Hier spielen bautechnische Beschränkungen<br />

und finanzielle Möglichkeiten<br />

eine wichtige Rolle. Um die mikrobiologische<br />

Kontamination zu beseitigen,<br />

werden daher oft zuerst schnelle und<br />

vermeintlich preiswerte Gegenmaßnahmen<br />

getroffen wie die chemische bzw.<br />

die thermische Desinfektion.<br />

Legionellen sind ein ernstzunehmendes Problem, mit dem die Betreiber<br />

von mittleren bis großen Trinkwasser-Hausinstallationen immer öfter<br />

konfrontiert werden. Besteht eine Legionellenkontamination, ist es häufig<br />

äußerst schwierig und finanziell aufwändig, diese wieder zu entfernen.<br />

Eine schnelle und eher preiswerte Möglichkeit der Problemlösung<br />

besteht in einer thermischen oder chemischen Desinfektion. Jedoch ist<br />

ein dauerhafter Erfolg oftmals nicht gesichert. In vielen Fällen führt erst<br />

eine gründliche mechanische Reinigung des Trinkwassersystems zum Erfolg<br />

einer permanenten chemischen Desinfektion.<br />

Ursachen von Legionellenkontaminationen<br />

? stagnierende Wässer durch zu groß<br />

dimensionierte Leitungen und/oder zu<br />

viele ungenutzte Zapfstellen, oft am<br />

Ende langer Endstränge<br />

? Totstränge<br />

? stagnierende Zirkulationsleitungen<br />

durch nicht vorhandenen hydraulischen<br />

Abgleich<br />

? kein Erreichen der nach DVGW 551<br />

geforderten 55 °C am Eintritt der<br />

Zirkulationsleitung in den Warmwasserbereiter<br />

? < 60 °C eingestellte Warmwassertemperatur<br />

Bakterien abgetötet werden. Doch in der<br />

Praxis gelingt dies aus mehreren Gründen<br />

oft nicht: Als erstes kann besonders<br />

in weit verzweigten Leitungen nicht sichergestellt<br />

werden, dass alle Zapfstellen<br />

auf 70 °C erwärmt werden, da das<br />

Autoren<br />

? Mischeinrichtung (Verbrühungsschutz),<br />

die aber nur 42 °C an das<br />

Warmwasserverteilsystem abgibt<br />

? kein ausreichender Durchfluss<br />

des Trinkwassermembranausdehnungsgefäßes<br />

? zeitlicher Abstand der Reinigung<br />

von Warmwasserbereitern und Filtern<br />

zu groß<br />

? kein regelmäßiger Austausch (alle 2–3<br />

Jahre) der Brauseschläuche und Duschköpfe<br />

Wasser auf seinem Weg zu stark abkühlt<br />

und der Warmwasserbereiter nicht für<br />

die Erwärmung der notwendigen Wassermenge<br />

ausgelegt ist. Zweitens befindet<br />

sich bei einem hohen Legionellenbefall<br />

auch immer Biofilm im System. Das<br />

Thermische und chemische<br />

Desinfektionen sind oft keine<br />

optimale Lösung<br />

Ziel der thermischen Desinfektion ist<br />

es, mit ca. 70 °C heißem Wasser alle Leitungen<br />

und Armaturen mindestens<br />

3 min so zu beaufschlagen, dass alle<br />

Dipl.-Ing. Hans-Gerd Hammann,<br />

ist Geschäftsführer der Hamann<br />

GmbH, Annweiler.<br />

Dipl.-Ing. (FH) Dipl.-Bw. (FH)<br />

Kai Birnbaum, ist Bereichsleiter<br />

Gebäudetechnik bei der Hammann<br />

GmbH, Annweiler.<br />

HLH Bd. 61 (2010) Nr. 1 - Januar<br />

57


Sanitärtechnik<br />

Bild 1<br />

Funktionsprinzip des Impuls-<br />

Spül-Verfahrens Comprex<br />

heiße Wasser kann jedoch nur obere<br />

Schichten dieser Schleimschicht schädigen,<br />

aber niemals diesen komplett beseitigen.<br />

Nach der Erwärmung wird der<br />

Biofilm wieder Legionellen ausstoßen.<br />

Die thermische Desinfektion vermag nur<br />

die Legionellen abzutöten, welche unmittelbar<br />

im Leitungssystem mit dem<br />

heißen Wasser lange genug in Berührung<br />

kommen. Doch dies ist für einen<br />

langfristigen Erfolg zu wenig. Ein oft vergessener<br />

Nachteil dieser Desinfektionsart<br />

ist der beschleunigte Korrosionsvorgang<br />

in verzinkten Leitungen und das<br />

mögliche Erwärmen der nahe liegenden<br />

Kaltwasserleitungen. Auch die hohen<br />

Betriebskosten sollten nicht unberücksichtigt<br />

bleiben.<br />

Bei der chemischen Desinfektion wird<br />

zwischen der permanenten und der<br />

Stoßdesinfektion unterschieden. Bei der<br />

permanenten Desinfektion, also der ununterbrochenen<br />

Hinzugabe von Desinfektionsmittel<br />

(z.B. Chlordioxid) mittels<br />

stationärer Dosieranlage, wird eine<br />

max. Konzentration von 0,2 mg ClO 2 /l in<br />

den Wasserstrom eingeimpft. Diese<br />

Menge ist ausreichend, um freie Legionellen<br />

im Wasser abzutöten, vorausgesetzt,<br />

das Dosiermittel wird auf dem<br />

Weg zu den Zapfstellen nicht aufgezehrt.<br />

Ursache der Zehrung sind Biofilme<br />

und Ablagerungen aus Korrosionsprodukten.<br />

Sind diese entsprechend<br />

ausgebildet, wird kein Chlordioxid an<br />

den mittel- bis weitentfernten Entnahmearmaturen<br />

feststellbar sein. Jedoch<br />

befinden sich ca. 95 % der im Wasserverteilnetz<br />

befindlichen Bakterien im Biofilm.<br />

Darin sind sie weitgehend vor dem<br />

Angriff der schwach dosierten Desinfektionslösung<br />

geschützt. So können die Legionellen<br />

wieder in das vorbeiströmende<br />

Wasser übertreten und es immer wieder<br />

infizieren. Weiter sollte bedacht werden,<br />

dass Legionellen sich bevorzugt in Amöben<br />

vermehren. Diese Einzeller haben<br />

eine ausgeprägt starke Hülle. Erst Chlordioxid<br />

mit einer Konzentration von mindestens<br />

3 mg/l wird diese Wechseltierchen<br />

abtöten. Eine Stoßdesinfektion ist<br />

zwar aufgrund der höheren Konzentration<br />

in der Lage, dies zu bewerkstelligen,<br />

den Biofilm kann aber auch sie nicht<br />

komplett beseitigen.<br />

Weder die chemische noch die thermische<br />

Desinfektion sind in der Lage, auch<br />

bei längerer Einwirkzeit, den Biofilm<br />

Vorschau 2/2010<br />

Lüftung und Brandschutz<br />

Lüftungskanäle trotzen Feuer und Feuchte<br />

Bedarfsgerechte Lüftung von Klassenräumen<br />

Brandschutz in der Befestigungstechnik<br />

Heiztechnik<br />

Lüftungsleitungen müssen oft nicht nur hohe Brandschutzanforderungen<br />

erfüllen, sondern auch spezifischen<br />

Materialansprüchen wie Feuchte- und Frostbeständigkeit<br />

genügen. Ein Beispiel für besonders<br />

wasser- und frostresistente Leitungen ist die Be- und<br />

Entlüftung des wieder aufgebauten Neuen Museum<br />

in Berlin.<br />

Energieeffizientes Flächenheizsystem für<br />

Schulgebäude<br />

Biomasse-Verbrennung - Einflüsse auf die<br />

Partikelbildung und Abscheideleistung der<br />

Wäscher<br />

Sanitärtechnik<br />

Anschluss von Sprinkleranlagen an das<br />

öffentliche Trinkwassernetz<br />

Abwasser und Fett: Wir lassen uns scheiden!<br />

58 HLH Bd. 61 (2010) Nr. 1 - Januar


Sanitärtechnik<br />

Bild 2<br />

Die Luftimpulse werden über<br />

die Verteilbatterie in die Hausinstallation<br />

eingespeist<br />

vollständig abzulösen. Resultat ist die<br />

schnelle Wiederverkeimung, da sich der<br />

Biofilm wieder aufbauen (regenerieren)<br />

wird.<br />

Biofilm ist demnach die direkte Ursache<br />

des Legionellenproblems. Das Biofilmwachstum<br />

wird wiederum durch eine<br />

fehlerhafte Installation bzw. eine falsche<br />

Betriebsweise gefördert. Priorität<br />

sollte somit immer die Beseitigung aller<br />

Mängel sein. Im Sanierungsplan wird<br />

aber allzu oft eine wichtige Maßnahme<br />

vergessen. Die Installation wird zwar geändert,<br />

die Betriebsweise verbessert, es<br />

wird für ausreichend Wasserdurchfluss<br />

gesorgt, Zirkulationsleitungen werden<br />

so gut es geht wieder hydraulisch eingeregelt,<br />

Warmwassertemperaturen werden<br />

korrekt eingestellt usw., aber an das<br />

Innere der Leitungen denkt kaum jemand.<br />

Es ist außerordentlich wichtig,<br />

dass die Trinkwasserleitungen von allen<br />

Biofilmen und Korrosionsrückständen<br />

mechanisch befreit werden.<br />

Oft lassen sich nur Teile der aufgeführten<br />

Mängel beheben. Es ist daher<br />

durchaus legitim, die verbleibenden Unzugänglichkeiten<br />

mittels stationärer<br />

Desinfektionsanlage zu kompensieren.<br />

Grundvoraussetzung für deren Erfolg ist<br />

die mechanische Reinigung des Trinkwassersystems.<br />

Hierzu bietet sich das<br />

Impuls-Spül-Verfahren Comprex an.<br />

Gründliche mechanische<br />

Reinigung mittels Comprex<br />

Das Impuls-Spül-Verfahren Comprex<br />

beruht auf einer kontrollierten, impulsartigen<br />

Zugabe komprimierter, reiner<br />

Luft innerhalb eines definierten Spülabschnitts<br />

(Bild 1). Wichtig hierbei ist,<br />

dass genau dosierte Luftblöcke in den<br />

abgedrosselten Wasserstrom gepresst<br />

werden. Diese entsprechen dem Durchmesser<br />

der Rohrleitung. Um sie herum<br />

entstehen sehr starke turbulente Strömungen<br />

von ca. 10–15 m/s, welche in<br />

der Lage sind, die laminare Unterschicht<br />

der Wasserströmung zu zerstören. Im<br />

Zusammenspiel mit Kavitationserscheinungen,<br />

Scher- und Schleppkräften bewirken<br />

sie eine Ablösung aller mobilisierbarer<br />

Ablagerungen von den Rohrinnenwänden.<br />

Die durch die Zapfstellen<br />

ausgeleiteten Luftmolche, das Wasser<br />

und die Ablagerungen werden durch Zyklonabscheider<br />

entspannt und abgeleitet.<br />

Feste Deckschichten werden nicht<br />

angegriffen und verbleiben im System.<br />

Um Beschädigungen an zum Teil recht<br />

alten Rohrsystemen zu vermeiden,<br />

bleibt der Impulsdruck immer unter<br />

dem Rohrnetzruhedruck.<br />

Ein Praxisfall soll verdeutlichen, dass<br />

erst die Reinigung der Installation den<br />

gewünschten Erfolg der stationären<br />

Desinfektionsanlage ermöglichte.<br />

Hotel im Großraum<br />

Frankfurt/Main<br />

In einem 4-Sterne Hotel im Großraum<br />

Frankfurt/Main stellte das örtliche Gesundheitsamt<br />

bei einer Routineuntersuchung<br />

Legionellen in der Größenordnung<br />

von 5 000 KBE/100 ml fest. Diese<br />

sind auf schon länger bekannte Mängel<br />

zurückzuführen. Hierzu zählen die allgemein<br />

weitverzweigte Installation, ein<br />

nicht korrekt funktionierendes Zirkulationssystem,<br />

aufgrund von jahreszeitlich<br />

bedingter schwacher Bettenauslastung<br />

auftretende Stagnation, im Kaltwassersystem<br />

eingebundene Feuerlöschleitung,<br />

eine abgeschaltete, aber<br />

weiter im System eingebundene Druckerhöhungsanlage<br />

u.a. Es wurde bereits<br />

vor geraumer Zeit ein Ingenieurbüro beauftragt,<br />

die Trinkwasserinstallation auf<br />

den neuesten Stand der Technik zu bringen.<br />

Im Zuge des Sanierungsplanes sind<br />

so z.B. die Warmwasserbereitung und<br />

die direkte Anbindung an das Netz erneuert<br />

worden. Das Ingenieurbüro empfahl<br />

den Verantwortlichen des Hotels als<br />

weitere wichtige Maßnahme eine gründliche<br />

Reinigung mittels Comprex.<br />

Eine Ortsbesichtigung durch einen Ingenieur<br />

von Hammann ergab einen Arbeitsaufwand<br />

von ca. 70 Stunden einschließlich<br />

einer Stoßdesinfektion. Das<br />

HLH Bd. 61 (2010) Nr. 1 - Januar<br />

59


Sanitärtechnik<br />

Bild 3<br />

Beim Spülen konnte eine lang<br />

anhaltende Trübung beobachtet<br />

werden<br />

Hotel verfügt über rund 80 Zimmer, eine<br />

Küche mit eigener Warmwasserversorgung,<br />

ein Restaurant mit Sanitärräumen,<br />

Büroräume und ein Schwimmbad<br />

mit entsprechenden Zapfstellen. Es<br />

mussten insgesamt 374 Kaltwasser- und<br />

224 Warmwasserzapfstellen einschließlich<br />

aller Leitungen, auch die Feuerlöschleitung,<br />

gereinigt und desinfiziert<br />

werden. Die sanitärtechnische Installation<br />

ermöglichte es nicht, abschnittsweise<br />

zu reinigen. Das aber hätte bedeutet,<br />

dass an keiner Zapfstelle Wasser entnommen<br />

werden darf. Dies ist natürlich<br />

gerade in einem Hotelbetrieb kaum zu<br />

realisieren. Als Ausführungstermin für<br />

die Reinigungs- und Desinfizierungsarbeiten<br />

boten sich aber die Betriebsferien<br />

zum Jahreswechsel an. Um den Hotelbetrieb<br />

bis zu diesem Zeitpunkt aufrechtzuerhalten,<br />

wurde eine permanente<br />

Desinfektionsanlage eingebaut, um die<br />

Legionellenkonzentration im Trinkwasser<br />

deutlich zu reduzieren. Beprobungen<br />

ergaben, dass die Legionellenwerte zwar<br />

leicht gesunken sind, von einer Keimfreiheit<br />

aber keine Rede sein konnte. Gerade<br />

an weit entfernten Zapfstellen wurden<br />

hohe Werte beprobt. Dies ließ auf eine<br />

hohe Zehrung des Desinfektionsmittels<br />

schließen. Eine gründliche Reinigung<br />

war umso notwendiger.<br />

Die Arbeiten zum Reinigen des Trinkwassersystems<br />

begannen planmäßig<br />

nach Weihnachten. Vor der eigentlichen<br />

Spülmaßnahme war es notwendig, verschiedene<br />

Umbaumaßnahmen durchzuführen,<br />

vor allem aber die beiden<br />

Kaltwasserverteiler zum Einspeisen der<br />

Luft vorzubereiten (Bild 2). Zudem<br />

musste am Küchenstrang der vorhande-<br />

Bild 4<br />

Zugesetzte Hahnverlängerung. Die<br />

Partikel, die ausgetragen wurden,<br />

waren bis zu 2 mm groß<br />

ne Druckminderer und der Wasserzähler<br />

ausgebaut werden. Für die Reinigung<br />

der Zirkulationsleitungen ist es immer<br />

erforderlich, die Zirkulationspumpe(n)<br />

auszubauen und an deren Stelle Ablaufschläuche<br />

zu installieren. Diese leiten<br />

das Spülwasser zunächst in ein Schauglas,<br />

mit dem es möglich ist, die Trübung<br />

zu kontrollieren, weiter, um es dann im<br />

Zyklonabscheider zu entspannen. Die<br />

Wasserverteilung des Hotels ist in sehr<br />

viele Stränge unterteilt, von denen jeder<br />

einen Strangbelüfter besaß. Um eine<br />

hervorragende Spülhydraulik zu erzielen,<br />

wurden alle 36 Belüfter durch Spülarmaturen<br />

ersetzt.<br />

Nach Beendigung der Vorbereitungsarbeiten<br />

konnte mit der eigentlichen<br />

Reinigung begonnen werden. Es wird immer<br />

systematisch vorgegangen. Im vorliegenden<br />

Beispiel wurden die Zapfstellen<br />

und Leitungen von der oberen Etage<br />

zum Untergeschoss hin gereinigt. Die<br />

Spülarmaturen an den Endsträngen<br />

dienten jetzt dazu, alle Ablagerungen<br />

und Biofilme der Kellerverteilungen und<br />

Steigstränge, welche durch das Comprex-Verfahren<br />

entfernt wurden, aus<br />

dem System zu leiten. Dies wurde sowohl<br />

im Kaltwasser- wie auch im Warmwassersystem<br />

durchgeführt. Beim Spülen<br />

konnte eine lang anhaltende Trübung<br />

in Verbindung mit dem Austrag<br />

von bis zu 2 mm großen Partikeln beobachtet<br />

werden (Bild 3 und 4).<br />

Ist das Hauptwasserverteilsystem<br />

sauber, kann mit dem Reinigen der Einzelzuleitungen<br />

zu den jeweiligen Zapfstellen<br />

begonnen werden. Hierzu werden<br />

Handzyklonabscheider an jede Auslaufstelle<br />

installiert. Auch hier kam es<br />

zu starken Trübungen. Eine anschließende<br />

Stoßdesinfektion der gesamten<br />

Trinkwasseranlage schloss die Reinigungsarbeiten<br />

ab. Während der Durchführung<br />

des Projektes wurde besonders<br />

großer Wert auf absolute Hygiene gelegt.<br />

Die Trinkwasserinstallation, alle sanitären<br />

Einrichtungen und die Hotelzimmer<br />

wurden dem Hotel wieder in einwandfreien<br />

Zustand übergeben. Schon am Tag<br />

nach Beendigung der Reinigungsarbeiten<br />

konnte der normale Hotelbetrieb<br />

wieder aufgenommen werden.<br />

Nachfolgende Untersuchungen ergaben<br />

an den meisten Beprobungsstellen<br />

Legionellenwerte von 0 KBE/100 ml. An<br />

sehr wenigen Zapfstellen Werte unter 50<br />

KBE/100 ml. Gerade an den weit entfernten<br />

Zapfstellen (obere Etagen) trat eine<br />

erhebliche Verbesserung ein. Hier kann<br />

von Keimfreiheit gesprochen werden.<br />

Dies zeigt deutlich, dass es dem Comprex-Verfahren<br />

gelungen ist, die Leitungen<br />

von Ablagerungen zu befreien.<br />

Chlormessungen haben ergeben, dass<br />

dieses jetzt ohne aufgezehrt zu werden,<br />

auch an den letzten Zapfstellen nachgewiesen<br />

wird.<br />

Wichtig ist nun die weitere Sanierung<br />

der Trinkwasserinstallation. So kann in<br />

deren Zuge die Konzentration des Chlordioxids<br />

gedrosselt werden.<br />

Fazit: Reinigung für<br />

Hygiene unverzichtbar<br />

Hygienisch einwandfreies Wasser<br />

kann nur aus sauberen Leitungen kommen.<br />

Dies setzt jedoch ein den Regeln<br />

der Technik erstelltes und betriebenes<br />

Trinkwassernetz voraus. In der Praxis ist<br />

dieser Idealfall leider viel zu selten anzutreffen.<br />

Ergebnis sind in vielen Fällen<br />

Legionellenwerte weit jenseits der 100<br />

KBE/100 ml. Übereilte, vermeintlich<br />

preiswerte Lösungen führen nur in den<br />

seltensten Fällen zu Erfolg, und wenn<br />

dann nur kurzfristig. Eine Sanierung der<br />

Trinkwasseranlage ist bei Kenntnis von<br />

Mängeln immer anzuraten. Lässt sich<br />

diese nicht zeitnah durchführen, ist der<br />

Einsatz einer permanenten Desinfektionsanlage<br />

durchaus sinnvoll. Oben angeführtes<br />

Beispiel zeigt allerdings, dass<br />

der alleinige Einsatz solch einer Dosierung<br />

nicht 100 %ig zum Erfolg führt. Da<br />

in mangelhaften Leitungen immer Ablagerungen<br />

und auch Biofilme zu finden<br />

sind, ist die Zehrung des Desinfektionsmittels<br />

zu hoch. Hier schafft nur eine<br />

konsequente und gründliche Reinigung<br />

des Systems mittels Comprex Abhilfe.<br />

60 HLH Bd. 61 (2010) Nr. 1 - Januar


ISSN 0172-3790 D 4535 42.Jahrgang<br />

3<br />

2017<br />

HYGIENE&MEDIZIN<br />

Infection Control and Healthcare<br />

Jürgen Gebel*, Anja Jacobshagen, Hans-Gerd<br />

Hammann, Norbert Klein, Marléne Steichen, Sylvia<br />

Koch, Stefanie Gemein, Martin Exner<br />

Aufbereitung von Endoskopkanälen<br />

– Substitution der<br />

manuellen Vorreinigung durch<br />

das Impuls-Spülverfahren<br />

Comprex®<br />

HygMed 2017; 42 [3]: D48–D54<br />

Offizielles Mitteilungsorgan<br />

Arbeitskreis Krankenhaus- und Praxishygiene der AWMF<br />

Deutsche Gesellschaft für Krankenhaushygiene e.V. (DGKH)<br />

Verbund für Angewandte Hygiene e.V. (VAH)<br />

Ständige Arbeitsgemeinschaft Allgemeine und Krankenhaushygiene und<br />

Fachgruppe Infektionsprävention und Antibiotikaresistenz in der Krankenhaushygiene<br />

der Deutschen Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie e.V. (DGHM)


| Manuskripte<br />

*Korrespondierender Autor<br />

Dr. Jürgen Gebel<br />

Universitätsklinikum Bonn<br />

Institut für Hygiene und Öffentliche<br />

Gesundheit<br />

Sigmund-Freud-Straße 25<br />

53105 Bonn<br />

E-Mail:<br />

juergen.gebel@ukb.uni-bonn.de<br />

Interessenkonflikt<br />

Die Studie wurde im Rahmen einer<br />

Dissertation von Frau Marléne<br />

Steichen durchgeführt. Die Firma<br />

Hammann GmbH, Zweibrücker<br />

Straße 13, 76855 Annweiler am<br />

Trifels, hat hierfür einen Technischen<br />

Versuchsstand zur Verfügung<br />

gestellt und war beim Betrieb<br />

behilflich.<br />

In die Interpretation der Studienergebnisse<br />

hat die Hammann GmbH<br />

keinen Einfluss genommen.<br />

Zitierweise<br />

Gebel J., Jacobshagen A., Hammann<br />

H.-G., Klein N., Steichen<br />

M., Koch S., Gemein S., Exner M.<br />

Aufbereitung von Endoskopkanälen<br />

– Substitution der manuellen<br />

Vorreinigung durch das<br />

Impuls-Spülverfahren Comprex ® .<br />

Hyg Med 2017; 42(3): D48–D54.<br />

*Korrespondierender Autor:<br />

Manuskriptdaten<br />

Eingereicht: 25.11.2016<br />

x<br />

revidierte Fassung<br />

angenommen: 03.03.2017<br />

x<br />

Originalarbeit<br />

Jürgen Gebel 1 , Anja Jacobshagen 1 , Hans-Gerd Hammann 2 , Norbert<br />

Klein 2 , Marléne Steichen 1 , Sylvia Koch 1 , Stefanie Gemein 1 , Martin<br />

Exner 1<br />

1<br />

Institut für Hygiene und Öffentliche Gesundheit, Universitätskliniken Bonn, Deutschland<br />

2<br />

Hammann GmbH, Zweibrücker Straße 13, 76855 Annweiler am Trifels<br />

Aufbereitung von Endoskopkanälen<br />

– Substitution der<br />

manuellen Vorreinigung<br />

durch das Impuls-Spülverfahren<br />

Comprex ®<br />

Zusammenfassung<br />

Einleitung<br />

Die manuelle Vorreinigung von Endoskopen birgt für das Personal und die Umgebung erhebliche<br />

Kontaminationsrisiken. Im Rahmen dieser Studie wurde das Impuls-Spülverfahren<br />

Comprex ® als alternative Methode zum manuellen Vorreinigungsschritt für Endoskope untersucht.<br />

Material und Methode<br />

Für die Untersuchungen stellte die Firma Hammann dem Institut für Hygiene und Öffentliche<br />

Gesundheit der Universität Bonn einen Prototypen zur Testung des Comprex ® -Verfahrens<br />

an Endoskopschläuchen zur Verfügung. Als Testorganismus wurde Enterococcus faecium<br />

(ATCC 6057) verwendet. Die Prüfkörper wurden in Anlehnung an die Leitlinie zur Validierung<br />

maschineller Reinigungs-Desinfektionsprozesse zur Aufbereitung thermolabiler Endoskope<br />

(DGKH, DEGEA, DGSV, DGVS, AKI 2011) mit E. faecium kontaminiert. Um den Einfluss von<br />

Wasser, Reinigungsmittel und Desinfektionsmittel zu untersuchen, wurden verschiedene<br />

Versuchsdurchläufe durchgeführt.<br />

Ergebnisse<br />

Die Ergebnisse zeigen, dass das Impuls-Spülverfahren in isolierter Anwendung mit Wasser<br />

und in verschiedenen Kombinationen mit Reinigungsmittel und Desinfektionsmittel zu einer<br />

deutlichen Reduktion des Testkeimes führen kann.<br />

Diskussion<br />

Das Impuls-Spülverfahren Comprex ® kann als alternatives Verfahren zur manuellen Vorreinigung<br />

von Endoskopen in Betracht gezogen werden.<br />

Schlüsselwörter: Comprex ® · Endoskope · RDG-E · Reinigung<br />

Summary<br />

Introduction<br />

The manual pre-cleaning step of endoscopes involves considerable contamination risks for<br />

the staff and the environment. In this study, the Comprex ® impulse-flushing method was<br />

tested as an alternative method to the manual pre-cleaning step for endoscopes.<br />

Material and method<br />

For the examinations, the company Hammann provided the Institute for Hygiene and Public<br />

Health of the university Bonn with a prototype for the testing of the Comprex ® process on<br />

endoscope tubes. The test organism used was Enterococcus faecium (ATCC 6057). The test<br />

D 48<br />

Hyg Med 2015; 2017; 40 42 – 1/2 3


Manuskripte |<br />

specimens were contaminated with E. faecium in accordance with the guideline for the validation<br />

of machine cleaning and disinfection processes for the preparation of thermolabile<br />

endoscopes (DGKH, DEGEA, DGSV, DGVS, AKI 2011). In order to investigate the influence of<br />

water, detergents and disinfectants, various test runs were carried out.<br />

Results<br />

The results show that the impulse-flushing-method in isolated application with water and<br />

in various combinations with detergent and disinfectant can lead to a clear reduction of the<br />

test organism.<br />

Discussion<br />

The Comprex ® impulse-flushing-procedure can be considered as an alternative method for<br />

the manual pre-cleaning-step of endoscopes.<br />

Keywords: Comprex ® · endoscopes · endoscope WD · cleaning<br />

Einleitung<br />

puls-Spülverfahren COMPREX ® in Frage<br />

kommen [8]. Dieses Verfahren wurde ursprünglich<br />

entwickelt, um Rohrleitungssysteme<br />

in der kommunalen Wasserversorgung<br />

oder häuslichen Trinkwasserinstallation<br />

zu reinigen.<br />

Prinzip dieser Methode ist es, den<br />

Druck im Reinigungsabschnitt abzusenken<br />

und dem langsam einfließenden Wasser<br />

impulsartig Druckluft zuzugeben. Es entstehen<br />

Luft- und Wasserblöcke definierter<br />

Größe, die sich mit hoher Geschwindigkeit<br />

durch verschmutzte oder kontaminierte<br />

Rohrleitungsabschnitte bewegen. Dadurch<br />

werden Ablagerungen abgelöst. Hinter jedem<br />

Luftblock sorgt ein Wasserblock für<br />

den Abtransport des abgelösten Schmutzes<br />

(Abb. 1). Zum Reinigen von Anlagen<br />

werden die Drücke von Wasser und Luft<br />

der Anwendung entsprechend eingestellt<br />

und kontrolliert. Sie liegen immer unterhalb<br />

des zulässigen Betriebsdruckes der zu<br />

reinigenden Anlagen.<br />

Der für diese Untersuchungen vorgegebene<br />

Druck im Comprex-Verfahren lag<br />

bei 2 bar. Dies lag innerhalb des zulässigen<br />

Höchstdrucks für Endoskop-Kanäle, die bei<br />

Abb. 1: Das Impuls-Spülverfahren COMPREX ® . Mobilisierung von Rückständen (braun) an<br />

der Grenzfläche von Luft (weiß), Wasser (blau) und Leitungswand (schwarz). Der Pfeil zeigt<br />

die Strömungsrichtung.<br />

Endoskopische Untersuchungen werden<br />

in Körperöffnungen durchgeführt, die mit<br />

Mikroorganismen besiedelt sind. Somit<br />

können Endoskope während der Anwendung<br />

kontaminiert werden und ein Infektionsreservoir<br />

für Patienten darstellen [1].<br />

Berichte über Infektionen aufgrund des<br />

Einsatzes kontaminierter Endoskope sind<br />

in der Literatur ein immer wiederkehrendes<br />

Thema und seit über 50 Jahren bekannt<br />

[2–4]. Empfehlungen zur Aufbereitung von<br />

Endoskopen sind beschrieben und veröffentlicht<br />

[5]. Dabei kommt dem Vorreinigungsschritt<br />

sowie den dabei zu verwendenden<br />

Reinigern und Desinfektionsmitteln<br />

eine besondere Bedeutung zu [6]. Über die<br />

Frage, welches Reinigungsmittel zu verwenden<br />

ist, wird in der Literatur viel diskutiert<br />

[7].<br />

Die manuelle Vorreinigung von Endoskopen<br />

wird derzeit mit nichtschäumenden<br />

Reinigern und speziellen Bürsten durchgeführt.<br />

Als alternative Methode, die rein mechanisch<br />

funktioniert und ohne Detergenzien<br />

auskommt, könnte das patentierte Imhandelsüblichen<br />

Gastroskopen bei 5 bar<br />

und bei Bronchoskopen bei 2 bar liegen.<br />

Auch während des Reinigens bleibt der<br />

Druck im Endoskop immer unterhalb des<br />

eingestellten Wertes, weil die Ausspeisestelle<br />

einen freien Auslauf hat und die Luft<br />

in den Luftblöcken komprimierbar ist.<br />

Das Prinzip, bakterielle Kontamination<br />

von Oberflächen im Dentalbereich mittels<br />

Luftbläschen zu entfernen, ist in der Literatur<br />

schon länger beschrieben [9].<br />

Es ist grundsätzlich denkbar, das Comprex-Verfahren<br />

z.B. für den Teilprozess<br />

„Vorreinigung“ bei der Aufbereitung von<br />

Endoskopen einsetzen zu können [10]. Ziel<br />

der Untersuchungen war es daher festzustellen,<br />

ob das Comprex-Verfahren geeignet<br />

ist, vorherrschende Verunreinigungen<br />

effektiv aus Prüfkörpern für Endoskope zu<br />

entfernen – sowohl als alleiniges rein mechanisches<br />

Verfahren, als auch in Kombination<br />

mit einem Reinigungsmittel und einem<br />

Desinfektionsmittel. Als Prüfkörper<br />

wurden PTFE-Schläuche verwendet, die in<br />

Anlehnung der Leitlinie der Deutschen Gesellschaft<br />

für Krankenhaushygiene (DGKH)<br />

zur Validierung maschineller Reinigungsund<br />

Desinfektionsprozesse zur Aufbereitung<br />

thermolabiler Endoskope mit E. faecium<br />

kontaminiert worden waren [11]. In<br />

diesen Untersuchungen wurde als Prüfgröße<br />

nicht die Proteinreduktion, sondern die<br />

Anzahl der überlebenden Prüforganismen<br />

in Anlehnung der Anlage 9 der oben genannten<br />

Leitlinie ermittelt [12].<br />

Damit ist eine Aussage dahingehend<br />

möglich, wie viele Mikroorganismen während<br />

des Reinigungsschrittes entfernt werden<br />

können, um eine Kreuzkontamination<br />

des gereinigten Endoskopes mit der Umgebung<br />

zu reduzieren. Die reine Reinigungsleistung<br />

konnte jedoch nicht beurteilt<br />

werden, weil dazu der Grad der Proteinentfernung<br />

hätte ermittelt werden müssen<br />

(siehe Anlage 8 der Leitlinie) [13].<br />

Material und Methoden<br />

Wasser<br />

Zum Spülen wurde Trinkwasser aus dem<br />

Verteilungssystem des Institutes für Hygiene<br />

und Öffentliche Gesundheit der Universitätskliniken<br />

Bonn verwendet. Es handelt<br />

sich um ein Mischwasser aus Grundund<br />

Oberflächenwasser. Die Temperatur<br />

lag im Mittel bei 11,4 ± 1,3 °C, der pH (bei<br />

11 °C) bei 8,3 ± 0,1, die elektrische Leitfähigkeit<br />

(bei 25 °C) bei 29 ± 3,0 mS/m und<br />

die Wasserhärte bei 6,5 ± 0,9.<br />

Hyg Med 2017; 42 – 3 D 49


| Manuskripte<br />

Reiniger<br />

Bei dem verwendeten Reiniger handelte es<br />

sich um einen mildalkalischen Reiniger.<br />

Der Hersteller empfiehlt eine Konzentration<br />

in Abhängigkeit vom Verschmutzungsgrad<br />

und Wasserhärte von 2 – 3 ml/l ohne<br />

Angabe einer Einwirkzeit.<br />

Desinfektionsmittel<br />

Bei dem verwendeten Desinfektionsmittel<br />

handelte es sich um eine in der Desinfektionsmittelliste<br />

des VAH gelistete quaternäre<br />

Ammoniumverbindung [12]. In Gegenwart<br />

von hoher organischer Belastung<br />

empfiehlt der VAH eine Konzentration von<br />

2% und eine Einwirkzeit von 5 Minuten.<br />

Für diese Untersuchung wurden Konzentrationen<br />

von 1 und 2% sowie Einwirkzeiten<br />

von 5 und 15 Minuten gewählt.<br />

Neutralisationsmittel<br />

Die Neutralisation wurde mit folgender<br />

Kombination durchgeführt:<br />

– 3% Tween 80<br />

– 3% Saponin<br />

– 0,1% Histidin<br />

– 0,1% L-Cystein<br />

– 1 g Trypton (Pepton aus Casein, tryptisch<br />

verdaut)<br />

– 8,5 g NaCl<br />

ad 100 ml A. dest<br />

Testorganismus und Anreicherung<br />

des Testorganismus<br />

Für die Untersuchung wurde Enterococcus<br />

faecium (ATCC 6057) verwendet, der gemäß<br />

der Leitlinie der DGKH „Methode zur<br />

Überprüfung der Reinigungsleistung von<br />

Reinigungs-Desinfektionsgeräten für flexible<br />

Endoskope“ kultiviert wurde [11]. Die<br />

Ausgangskonzentration für E. faecium lag<br />

bei > 9 lg/Prüfkörper.<br />

Abb. 2: Vorbereitung der Prüfkörper<br />

(Quelle: Dissertation M. Steichen 2014)<br />

Herstellung der Prüfanschmutzung<br />

Die Prüfanschmutzung wurde in Anlehnung<br />

an die Leitlinie der DGKH „Methode<br />

zur Überprüfung der Reinigungsleistung<br />

von Reinigungs-Desinfektionsgeräten für<br />

flexible Endoskope“ durchgeführt [11].<br />

Für eine Probe wurden 0,7 ml E. faecium-Suspension,<br />

19,1 ml heparinisiertes<br />

Schafblut und 0,2 ml Protamin miteinander<br />

vermischt, wobei das Protamin erst kurz<br />

vor Versuchsbeginn dazugegeben wurde.<br />

Zur Ermittlung der Ausgangskonzentration<br />

des Prüfkeims wurde vor Zugabe des<br />

Protamins eine Verdünnungsreihe bis Verdünnungsstufe<br />

10 -5 hergestellt. Die Bakterienanzahl<br />

(Anzahl KBE/ml Zellsuspension)<br />

wurde mittels Ausplattierung auf<br />

Trypton-Sojabohnen-Agar quantifiziert und<br />

nach Inkubation für 48 Stunden bei 37 °C<br />

ausgezählt.<br />

Anschmutzung der Prüfkörper<br />

Als Prüfkörper dienten 800 mm lange<br />

PTFE-Schläuche (Polytetrafluorethylen) mit<br />

einem Innendurchmesser von 2 mm und<br />

einem Außendurchmesser von 3 mm. Die<br />

Anschmutzung erfolgte in Anlehnung an<br />

DIN EN ISO 15883-5 und in Anlehnung an<br />

die Leitlinie der DGKH „Methode zur Überprüfung<br />

der Reinigungsleistung von Reinigungs-Desinfektionsgeräten<br />

für flexible<br />

Endoskope“ [11, 15]. Zum Einbringen von<br />

10 ml Prüfanschmutzung wurde das Ende<br />

eines PTFE-Schlauches (Prüfkörper), der<br />

auf einem Tisch mit Klebstreifen fixiert war,<br />

mit der Spritze durch einen Silikonschlauch<br />

verbunden (Abb. 2 und 3). Nach der Injektion<br />

der Prüfanschmutzung wurden die<br />

Prüfkörper 30 Sekunden bei Raumtemperatur<br />

inkubiert. Danach wurden 2 × 5 ml<br />

Luft mit einer Spritze in die Prüfkörper injiziert,<br />

um die Kontamination zu verteilen<br />

Abb. 3: Beimpfung der Prüfkörper<br />

(Quelle: Dissertation M. Steichen 2014)<br />

Tab.1: Standardeinstellungen<br />

Impulsdruck<br />

Wasserdruck<br />

Impulsdauer<br />

Pausendauer<br />

2 bar<br />

1 bar<br />

5 s<br />

1 s<br />

und eine bessere Luftdurchgängigkeit der<br />

Schläuche zu erwirken. Die Prüfkörper<br />

wurden im Anschluss 1 Stunde lang bei<br />

Raumtemperatur inkubiert, um das Blut<br />

koagulieren zu lassen.<br />

Bestimmung der KBE/ml bei unbehandelten<br />

und behandelten Prüfkörpern<br />

Als behandelt galten diejenigen Prüfkörper,<br />

die eine oder mehrere Prozeduren (Wasser,<br />

Reinigungsmittel, Desinfektionsmittel in<br />

Kombination mit/oder nur Comprex-Verfahren)<br />

durchlaufen hatten – als unbehandelt<br />

solche ohne Prozedur. Zunächst ist es<br />

notwendig, die Ausgangsbelastung eines<br />

unbehandelten Prüfkörpers zu kennen.<br />

Deshalb wurde zuerst die Ausgangsbelastung<br />

von E. faecium nach Rückgewinnung<br />

der Prüfanschmutzung ermittelt.<br />

Der prozedural bedingte Verlust von<br />

E. faecium ergibt sich aus der Differenz der<br />

Anzahl der rückgewonnenen KBE der unbehandelten<br />

Prüfkörper und derjenigen der<br />

behandelten Prüfkörper.<br />

Um die Konzentration von E. faecium<br />

in den behandelten und unbehandelten<br />

PTFE-Prüfkörpern zu bestimmen, wurden<br />

die Anschmutzungen mit 20 ml einer<br />

0,9%igen NaCl-Lösung mittels einer Spritze<br />

ausgespült und in einem Becherglas<br />

aufgefangen. Bei den Prüfkörpern, die mit<br />

Desinfektions- und/oder Reinigungsmittel<br />

behandelt wurden, diente statt der reinen<br />

NaCl-Lösung eine 0,9%igen Trypton-<br />

NaCl-Lösung zur Rückgewinnung. Diese<br />

wurde anschließend mit TSHC versetzt.<br />

Die aufgefangenen Suspensionen wurden<br />

nach entsprechender Verdünnung in<br />

0,9%iger NaCl bzw. 0,9% Trypton-NaCl-<br />

TSHC auf TSA-Agar bei 37 °C für 48 Stunden<br />

bebrütet.<br />

Versuchsaufbau<br />

Für die Untersuchungen stellte die Firma<br />

Hammann dem Institut für Hygiene und Öffentliche<br />

Gesundheit einen Prototypen zur<br />

Testung des Comprex-Verfahrens an Endoskopschläuchen<br />

zur Verfügung (Abb. 4).<br />

D 50<br />

Hyg Med 2017; 42 – 3


Manuskripte |<br />

Die Einstellungen zu Impuls- und Wasserdruck,<br />

sowie Impuls- und Pausendauer sind<br />

der Tabelle 1 zu entnehmen:<br />

Alle Untersuchungen wurden bei<br />

Raumtemperatur durchgeführt. Jeder Versuchsansatz<br />

wurde dreimal mit je einem<br />

PTFE-Prüfkörper wiederholt. Die verschiedenen<br />

Versuchsansätze sind aus Tabelle 2<br />

zu entnehmen.<br />

Versuch 1: Comprex-Verfahren<br />

ohne Einfluss von Reinigungsoder<br />

Desinfektionsmittel<br />

In diesem Experiment wurden die Prüfkörper<br />

zunächst nur mit dem Comprex-Verfahren<br />

ohne Einfluss von chemischen Zusätzen<br />

behandelt. Um den Einfluss der Anzahl<br />

der Impulse auf den Reduktionserfolg<br />

der E. faecium-Testorganismen zu ermitteln,<br />

wurden vier verschiedene Versuchsdurchläufe<br />

durchgeführt (Durchgang A in<br />

Tabelle 3). Als Referenz dienen die entsprechenden<br />

Versuche ohne Impulse nur mit<br />

Wasserspülung (Durchgang B in Tabelle<br />

3).<br />

Versuch 2: Behandlung der Prüfkörper<br />

nur mit Desinfektionsmittel<br />

Um die alleinige Reduktionswirkung des<br />

Desinfektionsmittels auf den Testorganismus<br />

festzustellen, wurden die Prüfkörper<br />

mit dem Desinfektionsmittel gefüllt. Für<br />

diesen Versuch wurden folgende Konzentrations-Zeit-Relationen<br />

gewählt: Desinfektionsmittelkonzentration<br />

von 1% mit Einwirkzeiten<br />

von 5 und 15 Minuten, sowie<br />

Desinfektionsmittelkonzentration von 2%<br />

mit Einwirkzeiten von 5 und 15 Minuten.<br />

Versuch 3: Das Comprex-Verfahren<br />

in Kombination mit Desinfektionsmittel<br />

Für diesen Versuch wurden in die Prüfkörper<br />

nach Behandlung mit dem Comprex-<br />

Verfahren mit verschiedener Impulsanzahl<br />

eine 1%ige Desinfektionsmittellösung gegeben<br />

und für 5 oder 15 Minuten einwirken<br />

lassen. Ziel des Versuchs war es, zu untersuchen,<br />

ob die Kombination der Comprex-<br />

Reinigung mit dem Desinfektionsmittel die<br />

Wirksamkeit verbessert und zu höheren<br />

Reduktionsraten von E. faecium führt.<br />

Versuch 4: Das Comprex-Verfahren<br />

in Kombination mit Wasserspülung,<br />

Desinfektionsmittel und<br />

Reiniger<br />

In diesem Versuchsansatz wurden verschiedene<br />

Kombinationen aus Comprex-<br />

Behandlung, Spülung mit Wasser, Desinfektionsmittel<br />

und Reiniger gewählt. Die<br />

verschiedenen Versuchsdurchläufe sind in<br />

Tabelle 4 aufgelistet.<br />

Ergebnisse<br />

Die Abbildungen 5 bis 8 enthalten jeweils<br />

zwei Diagramme. Die Anzahl der vor oder<br />

nach der Behandlung gefundenen Bakterien<br />

E. faecium ist als Liniendiagramm dargestellt.<br />

Das Balkendiagramm gibt die Reduktion<br />

der Testorganismen nach der Behandlung<br />

wieder, um die Effizienz der Behandlung<br />

zu zeigen.<br />

Tabelle 2: Überblick der Versuchsansätze<br />

Nr.<br />

Comprex-<br />

Verfahren<br />

Spülung mit<br />

Wasser<br />

1 X X<br />

Abb. 4: Prototyp zur Testung des Comprex ® -<br />

Verfahrens an Endoskopschläuchen (Quelle:<br />

Dissertation M. Steichen 2014)<br />

Versuchsansatz<br />

Behandlung mit<br />

Desinfektionsmittel<br />

2 X<br />

3 X X<br />

Behandlung mit<br />

Reiniger<br />

4 X X X X<br />

Tabelle 3: Impulsanzahl und jeweils benötigte Zeit beim Comprex ® -Verfahren und entsprechender<br />

Wasserspülung<br />

lg Reduktion von E. faecium<br />

Durchgang<br />

A<br />

Impulse<br />

Zeit (min)<br />

Durchgang<br />

B<br />

Impulse<br />

Zeit (min)<br />

1 100 03:55 1 0 3:55<br />

2 200 07:10 2 0 7:20<br />

3 400 14:10 3 0 14:20<br />

4 600 21:30 4 0 21:30<br />

Comprex: Anzahl Impulse<br />

lg KBE/ml<br />

Abb. 5: Vergleich der Reduktion von E. faecium durch Comprex ® -Verfahren (A) und durch<br />

reine Wasserspülung (B) in PTFE-Schläuchen. Das Comprex ® -Verfahren ist effektiver als<br />

die reine Wasserspülung. Die aufgeführten Daten sind Mittelwerte aus drei getesteten<br />

PTFE-Schläuchen pro Versuchsansatz (± 1 x Standardabweichung).<br />

lg Reduktion von E. faecium<br />

Spüldauer [Minuten]<br />

lg KBE/ml<br />

Hyg Med 2017; 42 – 3 D 51


| Manuskripte<br />

lg Reduktion von E. faecium<br />

Abbildung 6: Einfluss des Desinfektionsmittels auf die Reduktion der Zellzahlen von E.<br />

faecium in PTFE-Schläuchen. Die Verwendung des Desinfektionsmittels allein führte nicht<br />

zu einer vollständigen Entfernung von E. faecium. Die gezeigten Daten sind Mittelwerte<br />

aus drei getesteten PTFE-Schläuchen bei einem Experiment (± 1x Standardabweichung).<br />

lg Reduktion von E. faecium<br />

Einwirkzeit [Minuten]<br />

Abbildung 7: Der Einfluss von Comprex ® -Verfahren in Kombination mit anschließender<br />

Desinfektionsmittelanwendung (1%) für 5 (A) und 15 (B) min auf die Reduktion der Zellzahlen<br />

von E. faecium in PTFE-Schläuchen. Die aufgeführten Daten sind Mittelwerte aus<br />

drei getesteten PTFE-Schläuchen bei einem Experiment (± 1x Standardabweichung).<br />

lg Reduktion von E. faecium<br />

Comprex / Impulse + Desinfektion (5 min)<br />

lg KBE/ml<br />

Abbildung 8: Der Einfluss von Comprex ® -Verfahren in Kombination mit Spülwasser,<br />

Desinfektionsmittel und Reiniger auf die Reduktion der Zellzahlen von E. faecium in<br />

PTFE-Schläuchen. Die Varianten der Testläufe A-G sowie die dazugehörigen Ergebnisse<br />

sind in Tabelle 3 zusammengefasst. Die aufgeführten Daten sind Mittelwerte aus drei<br />

Versuchsdurchgängen (± 1x Standardabweichung).<br />

lg Reduktion von E. faecium<br />

Impulse + Spülung oder Desinfektion oder Reinigung +<br />

Impulse + Spülung oder Desinfektion<br />

Comprex / Impulse + Desinfektion (15 min)<br />

lg KBE/ml<br />

lg KBE/ml<br />

lg KBE/ml<br />

Versuch 1: Comprex-Verfahren<br />

ohne Einfluss von Reinigungs- oder<br />

Desinfektionsmittel im Vergleich<br />

zur Spülung der Prüfkörper nur mit<br />

Wasser<br />

Die alleinige Anwendung des Comprex-<br />

Verfahrens ist ein rein mechanisches Verfahren.<br />

Abbildungen 5A und 5B zeigen die<br />

höhere Reinigungswirkung des Comprex-<br />

Verfahrens im Vergleich zur alleinigen Spülung<br />

mit Wasser. Wie aus Abb. 5A ersichtlich,<br />

führt eine höhere Anzahl von Impulsen<br />

auch zu einer erhöhten Reduktion von<br />

E. faecium. Bei 600 Impulsen erlangte die<br />

Reduktion des Prüfkeimes 3,55 lg-Stufen.<br />

Aus Abbildung 5B geht hervor, dass mit<br />

einer reinen Wasserspülung Reduktionen<br />

bis 2,06 lg-Stufen erreicht werden konnten.<br />

Dabei korrelierte die Dauer der Spülung<br />

nicht mit der Reduktion von E. faecium. Bei<br />

3:55 Minuten Wasserdurchfluss war die<br />

höchste Reinigungsleistung zu verzeichnen.<br />

Noch längere Spüldauern führten zu<br />

keiner weiteren Verbesserung.<br />

Versuch 2: Behandlung der Prüfkörper<br />

nur mit Desinfektionsmittel<br />

Der VAH empfiehlt für das eingesetzte Desinfektionsmittel<br />

eine Konzentration von 2%<br />

und eine Kontaktzeit von 15 Minuten bei<br />

hoher organischer Belastung [10]. Um den<br />

Einfluss von Desinfektionsmittelkonzentration<br />

und Einwirkungszeit zu ermitteln,<br />

wurde das Desinfektionsmittel auch bei einer<br />

geringeren Konzentration von 1% und<br />

einer verkürzten Einwirkzeit von 5 Minuten<br />

geprüft. Es zeigte sich, dass in diesem Szenario<br />

die Wirksamkeit von der Desinfektionsmittel-Konzentration,<br />

aber nicht von der<br />

Einwirkzeit abhängt.<br />

Versuch 3: Das Comprex-Verfahren<br />

in Kombination mit Desinfektionsmittel<br />

Die Desinfektion nach der Comprex-Behandlung<br />

steigert die Wirksamkeit (Abbildung<br />

7). Eine Erhöhung der Anzahl der Impulse<br />

bei gleichbleibender Einwirkzeit zeigte<br />

keine weitere Wirkung.<br />

Die Erhöhung der Einwirkzeit des Desinfektionsmittels<br />

auf 15 min nach Comprex-<br />

Behandlung hingegen führte zu einer zusätzlichen<br />

Reduktion von E. faecium. Bei<br />

100 Impulsen ließ sich die Reduktion von<br />

ca. 3 lg-Stufen auf 4,14 lg-Stufen steigern.<br />

Eine Erhöhung der Anzahl auf 400 Impulse<br />

führte jedoch nur noch zu einem<br />

leichten Anstieg der Reduktion auf 4,61 lg-<br />

Stufen.<br />

D 52<br />

Hyg Med 2017; 42 – 3


Manuskripte |<br />

Tab. 4: Einfluss von Comprex ® -Verfahren in Kombination mit Spülwasser, Reiniger und Desinfektionsmittel auf die Reduktion von<br />

E. faecium<br />

Lauf<br />

Comprex Spülung Reiniger Comprex Desinfektion Comprex Spülung<br />

Impulse<br />

(Anzahl)<br />

Dauer<br />

(min)<br />

Dauer<br />

(min)<br />

Impulse<br />

(Anzahl)<br />

Dauer<br />

(min)<br />

Impulse<br />

(Anzahl)<br />

Dauer<br />

(min)<br />

Reduktion<br />

E. faecium<br />

log Reduktion<br />

Standard-<br />

Abweichung<br />

A – – – – – – – 0 0<br />

B 100 15 – 100 – – 15 3,16 0,207<br />

C 100 – – – 15 100 15 4,37 0,336<br />

D 100 – 15 100 – – 15 3,99 0,049<br />

E 30 – 15 30 15 – – 5,44 0,522<br />

F 50 – 15 50 15 – – 6,07 0,352<br />

G 100 – 15 100 15 – – 8,89 0,000<br />

Versuch 4: Das Comprex-Verfahren<br />

in Kombination mit Spülwasser,<br />

Desinfektionsmittel und Reiniger<br />

Die Ergebnisse der Versuchsvarianten mit<br />

Lauf A – G aus Tabelle 4 sind in Abbildung<br />

8 dargestellt. Daraus geht hervor, dass eine<br />

rein mechanische Behandlung (15-minütige<br />

Spülung mit Wasser) zwischen zwei Impuls-Behandlungen<br />

von 100 Impulsen zu<br />

einer Reduktion des Prüfkeims von 3,16 lg-<br />

Stufen führte.<br />

Die Verwendung von Reiniger statt<br />

Wasser führte nur zu einer geringfügigen<br />

Verbesserung, d.h. einer Reduktion von<br />

3,99 lg-Stufen. Eine noch höhere Reduktion<br />

von 4,37 lg-Stufen konnte erreicht werden,<br />

indem die erste Wasserspülung durch<br />

eine Desinfektionsmittelbehandlung ersetzt<br />

wurde. Der Reiniger zeigte sich somit effektiver<br />

als Wasser, jedoch nicht so effektiv<br />

wie das Desinfektionsmittel.<br />

Die kombinierte Anwendung von Comprex<br />

mit Reiniger und Desinfektionsmittel<br />

verbessert das Ergebnis wesentlich. Es zeigte<br />

sich, dass sich die Wirksamkeit mit der<br />

Anzahl an Impulsen noch weiter steigern<br />

ließ: Reduktion von 5,44 lg-Stufen nach 20<br />

Impulsen auf 6,07 lg nach 50 Impulsen.<br />

Die Behandlung von 100 Impulsen mit<br />

anschließender Anwendung von Reiniger<br />

und Desinfektionsmittel führte schließlich<br />

zum vollständigen Austrag der Testorganismen<br />

(Reduktion von 8,89 lg-Stufen).<br />

Diskussion und Schlussfolgerung<br />

Flexible Endoskope stellen designbedingt<br />

sehr hohe Anforderungen an den Aufbereitungsprozess.<br />

Der Teilprozess „Manuelle<br />

Vorreinigung“ zählt dabei zu den problematischen<br />

Arbeitsgängen. Unzureichende<br />

Reinigung kann zur Rekontamination des<br />

Instrumentes führen [17]. Gleichzeitig ist<br />

eine effektive Reinigung des Instruments<br />

Voraussetzung für die anschließende Desinfektion<br />

[18]. Die manuelle Vorreinigung<br />

birgt ein hohes Kontaminationsrisiko für<br />

die Umgebung und das Personal, da dieser<br />

Schritt in einer separaten Wanne durchgeführt<br />

wird [3, 19]. Dies kann durch den Einsatz<br />

von persönlicher Schutzausrüstung<br />

und desinfizierenden Reinigern nur eingeschränkt<br />

reduziert werden.<br />

Ein weiterer kritischer Aspekt ist die<br />

Verwendung von Bürsten bei diesem Arbeitsschritt.<br />

Wenn die Bürste nicht intakt<br />

ist und dazu auch noch mehrfach verwendet<br />

wird, besteht die Gefahr der Beschädigung<br />

und Kontamination des Instruments.<br />

Dies hätte die Bildung von Infektionsreservoiren<br />

und Funktionsstörungen im Innern<br />

des Endoskops zur Folge.<br />

Schließlich handelt es sich um eine manuelle<br />

Arbeit, die in Bezug auf die Reproduzierbarkeit<br />

häufig als unsicher eingestuft<br />

wird und hinsichtlich der Validierung mit<br />

hohem Aufwand verbunden ist.<br />

Die Ergebnisse der vorliegenden Untersuchung<br />

zeigen neue Möglichkeiten für<br />

den Teilprozess „Manuelle Vorreinigung“<br />

auf, dem im Gesamtprozess der Aufbereitung<br />

von Endoskopen eine besondere Bedeutung<br />

zukommt [18].<br />

In der Leitlinie der Deutschen Gesellschaft<br />

für Krankenhaushygiene (DGKH) zur<br />

Validierung maschineller Reinigungs- und<br />

Desinfektionsprozesse zur Aufbereitung<br />

thermolabiler Endoskope wird als Richtwert<br />

eine Reduktion der Prüfkeime von<br />

≤ 9 lg/Prüfkörper Überprüfung der Gesamtprozessleistung<br />

angegeben [11]. Da sich<br />

dieser Wert auf den Gesamtprozess bezieht<br />

und in dieser Untersuchung nur ein Teilprozess<br />

betrachtet wurde, sind die Ergebnisse<br />

vor diesem Hintergrund zu betrachten.<br />

Für den Teilprozess Vorreinigung kann<br />

aufgrund von laborinternen Versuchen eine<br />

Reduktion von 3 lg-Stufen angenommen<br />

werden.<br />

Mit dem Comprex-Verfahren allein ist<br />

eine deutliche Reduktion der eingesetzten<br />

E. faecium-Kontaminationen in PTFE-Prüfschläuchen<br />

zu erreichen (3,16 lg-Stufen).<br />

Der Zusatz von Reinigern erhöht die<br />

Reduktion der Testorganismen auf 3,99 lg-<br />

Stufen.<br />

Mit der isolierten Anwendung eines<br />

Desinfektionsmittels kann eine Reduktion<br />

der Prüfkeime um 4,37 lg-Stufen erreicht<br />

werden.<br />

Die kombinierte Verwendung von Comprex,<br />

Reinigungs- und Desinfektionsmittel<br />

führt zu Reduktionsraten von über 5 lg-Stufen.<br />

Bei geeigneter Konzentration und Einwirkdauer<br />

können die Testorganismen sogar<br />

vollständig ausgetragen werden (Tabelle<br />

4 und Abbildung 8). Die vorliegenden<br />

Ergebnisse lassen jedoch keine Unterscheidung<br />

zu, ob es sich hierbei um eine Abreicherung<br />

oder im Falles des eingesetzten<br />

Desinfektionsmittels um eine Inaktivierung<br />

der Testorganismen handelt.<br />

Die Untersuchungen zeigen, dass die<br />

Kombination von Reinigung (mechanisch<br />

und chemisch) und Desinfektion zu einer<br />

wirkungsvollen Eliminierung von Mikroorganismen<br />

führt. Damit könnte das Risiko<br />

einer Kreuzkontamination verhindert und<br />

zugleich ein positiver Beitrag zum Personalschutz<br />

geleistet werden.<br />

Die alleinige Behandlung der Prüfkörper<br />

mit einem Desinfektionsmittel und anschließender<br />

Wasserspülung während 30<br />

Sekunden gemäß Herstellerempfehlung<br />

Hyg Med 2017; 42 – 3 D 53


| Manuskripte<br />

reichte hingegen nicht aus, um E. faecium<br />

wirkungsvoll zu reduzieren.<br />

Die Versuche bestätigen ferner, dass<br />

eine alleinige Spülung der Prüfkörper mit<br />

Wasser zur Keimreduktion von etwa 2 lg-<br />

Stufen führen kann.<br />

Als Mittel zur Reduktion von Kontaminationen<br />

wird die isolierte Spülung mit<br />

Wasser auch in anderen Bereichen angewendet.<br />

Beispielsweise sind in der Empfehlung<br />

des Robert Koch-Instituts zur Anforderung<br />

an die Hygiene in der Zahnheilkunde<br />

wasserführende Systeme zur Infektionsprävention<br />

an allen Entnahmestellen<br />

für etwa zwei Minuten mit Wasser zu<br />

durchspülen [16].<br />

Das neue Aufbereitungsverfahren wurde<br />

an einem Testmodell geprüft. Die Ergebnisse<br />

legen nahe, die Kombination von<br />

Comprex-Verfahren, Reinigungs- und Desinfektionsmittel<br />

für die Aufbereitung von<br />

flexiblen Endoskopen zu verwenden. Denkbar<br />

wäre es, mit diesem Verfahren den kritischen<br />

Bürstenreinigungsschritt während<br />

der manuellen Vorreinigung zu ersetzen.<br />

Mit einer derartigen halb-maschinellen<br />

bürstenlosen Reinigung der Endoskopkanäle<br />

ließen sich die Forderungen „Reproduzierbarkeit<br />

des Aufbereitungsergebnisses,<br />

Personalschutz, Verminderung des Risikos<br />

einer Kreuzkontamination über die<br />

Flotte und Materialschonung“ weitgehend<br />

erfüllen.<br />

Das neue Aufbereitungsverfahren wäre<br />

anpassungsfähig. Das Comprex-Verfahren<br />

erlaubt die Parameter Impulsanzahl, Wasser-<br />

und Luftdruck optimal zu verändern.<br />

Somit wäre es möglich, die Einwirkzeiten<br />

von Reiniger und Desinfektionsmittel zu<br />

minimieren. Dies wäre sowohl für Patienten,<br />

professionelle Anwender und die Umwelt<br />

von Vorteil.<br />

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2005, Berlin: Beuth Verlag.<br />

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18. Martiny H. The importance of cleaning for the<br />

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19. Chu N.S., McAlister D., Antonoplos P.A. Natural<br />

bioburden levels detected on flexible<br />

gastrointestinal endoscopes after clinical use<br />

and manual cleaning. Gastrointest. Endosc 48:<br />

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Verlag und Copyright:<br />

© 2017 by<br />

mhp Verlag GmbH<br />

Kreuzberger Ring 46<br />

65205 Wiesbaden<br />

ISSN 0172-3790<br />

Nachdruck nur mit<br />

Genehmigung des Verlags.<br />

D 54<br />

Hyg Med 2017; 42 – 3


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