Handwerk21
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Pan Pawlakudis<br />
Interimsmanager digitale Transformation
Herausgeber<br />
Pan Pawlakudis<br />
2019<br />
pan@pawlakudis.de
Koalition statt Wettbewerb<br />
Arbeit 4.0<br />
Das Handwerk<br />
der Zukunft
Handwerk hat goldenen Boden. Auch in der Zukunft?<br />
„Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit“ (Friedrich Schiller)<br />
Vom gefühlten Klassenbesten zum Versetzungsgefährdeten. Progressivere Länder<br />
entwickeln weltumspannende Digitalsysteme. Auffällig ist der stetige Bodenverlust<br />
deutschen know-hows und der Bodengewinn dynamischer Newcomer aus Asien<br />
und big player aus den USA. Deutschland verliert konstant Anteile. Der brake-point<br />
innovativer Systeme und Produkte zwischen deutschen, asiatischen und US-<br />
Amerikanischen Unternehmen steht nicht erst bevor. Er liegt schon 9 Jahre zurück.<br />
Digitalisierung wird in Deutschland noch als Vision behandelt, denn mehr als zwei<br />
Drittel der deutschen Führungskräfte beschreiben den Digitalisierungsprozess in<br />
ihrem Unternehmen eher als durch aufeinanderfolgende Schritte geprägt. Weniger<br />
als ein Drittel spricht von Disruption, der schlagartigen Abkehr von bisherigen<br />
Geschäftsmodellen, Produkten und Verfahren. Die digitale Transformation ist kein<br />
Ungeheuer, das zu bekämpfen, Pflicht des ehrbaren Kaufmanns ist. Technischer<br />
Fortschritt kann weder behindern, geschweige verhindern werden. Aber, wie viel<br />
Risiko kann akzeptabel sein, um es auf den Gipfel zu schaffen und wie viel Sicherheit<br />
ist nötig, um nicht in den Abgrund zu stürzen, wenn in Deutschland unisono die<br />
voreilige Meinung vertreten wird, dass es allein IT-Spezialisten bedarf, die digitale<br />
Transformation im Land zu managen. Aber besonders Kundenakquise,<br />
Steuererklärung, HR-Management, Ausbildung, Marketing, Verwaltung, Logistik,<br />
Einkauf, Rechnungswesen u.a. sind Skills, die beherrscht werden müssen, will jedes<br />
einzelne Unternehmen produktiv UND effizient sein, um sich am Markt zu<br />
behaupten. Jedes einzelne Unternehmen, egal welcher Größe. Die Realität sieht<br />
meist so aus, wie eine Studie der TU-München nachweist:<br />
veraltete Konzepte<br />
zu kleines Budget<br />
kaum Integration neu in alt<br />
mangelhafte Qualifikation des Teams<br />
schleppende Produktentwicklung<br />
kulturell bedingte Schwierigkeiten<br />
kaum Generierung von Innovationen<br />
22%<br />
20%<br />
19%<br />
16%<br />
16%<br />
12%<br />
31%<br />
10% 20% 30% 40%<br />
Dieses Konzept wirft einen optimistischen, plausiblen und dennoch strengen Blick<br />
auf die Zukunft des Handwerks und befasst sich allein mit der wirtschaftlichen<br />
Funktion der HWK und nicht mit der HWK, als funktionale Dialogplattform, resp.<br />
Interessenvertretung, zwischen Politik und Wirtschaft. Es liegt im existentiellen<br />
Interesse der HWK und ihrer Mitglieder, sich für die Herausforderungen der<br />
Zukunft zu wappnen.<br />
4
Allianz statt Konkurrenz
War und ist der Wettbewerb um Marktanteile Ansporn und treibende Kraft für die eigene<br />
Unternehmenskreativität und -dynamik, wird in Zukunft seine Rolle verblassen und letztlich als<br />
Gradmesser verschwinden. Dieser Gedanke mag geradezu Widerspruch und Opposition provozieren; er<br />
ist aber logisch und Logik braucht keine Mehrheitsfähigkeit, oder gar den Konsens. Jeder<br />
Handwerksbetrieb ist angehalten immer zeit- und kostenintensivere Akte vorzuhalten:<br />
HR-Entwicklung und -Verwaltung, Buchhaltung, Einkauf und Vertrieb, Marketing...<br />
Übrigens: an genau dieser Administrationsbelastung scheitern 88% aller Start-up Neugründungen in den<br />
ersten 5 Jahren. Es liegt nahe, die Frage nach einer praktikablen Entflechtung zu stellen: Die Trennung<br />
harter von weichen Skills. Die Bündelung des Handwerklichen und die Delegation des Administrativen.<br />
Hierbei wird der HWK eine besondere Rolle zuteil, wenn sie ihre Innungsmitglieder dabei unterstützt, sich<br />
auf das Wesentliche ihrer Gewerke zu konzentrieren.<br />
Wie sehe möglicherweise dieser Support aus? Alle Innungsmitglieder gleichen, artverwandten oder<br />
ergänzenden Gewerks vereinen sich in einer Holding in Form einer Kapitalgesellschaft und outsourcen<br />
das HR-Management, den Einkauf, den Vertrieb, das Marketing, die Buchhaltung usw. an ihre Bezirks-<br />
HWK, gegen Gebühr. Die HWK administriert die Auftragsanfragen, den gemeinsamen Mitarbeiterpool,<br />
die Auftragsvergabe, das Lastenheft, das Marketing, den Einkauf und die Abrechnung. Die HWK<br />
übernimmt alle Verwaltungsaufgaben der Betriebe. Der Wegfall des Wettbewerbs setzt Zeit frei,<br />
mobilisiert die eigene und fremde Kreativität, erzeugt neue Dynamiken, treibt gemeinsame<br />
Entwicklungen und Ideen voran und nutzt freigewordene Ressourcen zur Weiterentwicklung ihrer<br />
Profession.<br />
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Warum die HWK?<br />
Weil sie die Voraussetzungen, zur Beherrschung dieser Aufgabe, nicht erst<br />
erfüllen muss. Die HWKs bietet bereits passende Beratungen und<br />
Dienstleistungen an, „[…] begleiten Unternehmensgründer, geben Auskunft bei<br />
Recht- oder Steuerfragen und beraten bei der Expansion. Gleichzeitig haben die<br />
HWKs Trends und neue Themen im Blick. (Selbstdarstellung)<br />
Das Konzept „<br />
„ offeriert Betrieben derart attraktive Möglichkeiten,<br />
dass, gemessen an der „Barriere“, HWK-Mitglied werden zu müssen, eine<br />
Beitrittsentscheidung leichtfallen würde.<br />
Holding GmbH<br />
Innungsmitglied Gewerk Mitarbeiterpool<br />
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Wie sähe die praktische Umsetzung aus? Welche workflows, BI, responsibilities, Prozessabläufe, adaptive<br />
Assistenzen…kurz um, wie vertikal greift das change management und wie tief wird die Anpassungen?<br />
Genauso wichtig ist die Frage: „Welche Complienceharmonisierung wird nötig?“. Das sind berechtigte,<br />
wichtige Fragen und lassen sich präzise beantworten, wenn die Faktenlage bekannt ist.<br />
Handwerksbetriebe sind weitestgehend in traditionellen Prozeduren zuhause, sowohl in der<br />
Unternehmensführung als auch in der Auftragsabwicklung. Das digitale Zeitalter kann lediglich rudimentär<br />
traditionelle Prozesse in Algorithmen implementieren ohne Sinn und Zweck der Digitalisierung zu<br />
verwässern. Eine plausible Antwort auf Prozesse, die in ihrer Denksubstanz deshalb keine Zukunftsfragen<br />
beantworten können, weil sie verfahrens- und nicht nutzerorientiert sind, ist das design thinking; ein<br />
Prozess zur Förderung kreativer Ideen. Im Fokus steht dabei Innovationen hervorzubringen, die sich am<br />
Nutzer orientieren und dessen Bedürfnisse befriedigen, d.h. aus Anwendersicht überzeugen. Design<br />
thinking wird nicht als Methode oder Prozess, sondern als Ansatz beschrieben, der aus dem 3-fach<br />
Fundament Team, Raum und Prozess besteht. Je nach Anwendungsbereich kommen Methoden zum<br />
Einsatz, die sich meist durch benutzerorientierte Visualisierung und Simulation sowie durch iteratives<br />
Vorgehen auszeichnen. Design thinking bedingt Forschung und Entwicklung. Lt. TU München ist in<br />
Deutschland genau diese Philosophie stark unterrepräsentiert (8,2%).<br />
Beauftragung F&E Eigene F&E Zusammenarbeit mit<br />
Wettbewerbern<br />
Mitgliedschaft in einem Beteiligung/Kauf an/von Beteiligung an<br />
Innovationsnetzwerk<br />
Wettbewerbern<br />
Accelerator/Start-up<br />
Design thinking basiert auf der Annahme, dass Probleme besser gelöst werden können wenn<br />
Menschen unterschiedlicher Disziplinen in einem, die Kreativität fördernden, Umfeld<br />
zusammenarbeiten, gemeinsam eine Fragestellung entwickeln, die Bedürfnisse und<br />
Motivationen von Menschen berücksichtigen und dann Konzepte entwickeln, die mehrfach<br />
geprüft werden.<br />
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Design thinking kann mit Techniken des agilen Arbeitens kombiniert werden. Dadurch erhält<br />
das Modell eine höhere Flexibilität und Kreativität und hat somit die Aussicht auf bessere<br />
Ergebnisse in kürzerer Zeit.
Blick in die Zukunft
In der mittel- und langfristigen Unternehmensausrichtung entscheidet die rationale und klare Sicht auf<br />
eine Bewegung, eine Tendenz, einem Trend letztendlich über Erfolg oder Misserfolg. In der Evolution<br />
der Wirtschaft bestehen überwiegend jene, die sich weitsichtig und früh genug auf Trends einlassen und<br />
sich organisch den Veränderungen anpassen. Technischer Fortschritt kann nicht verhindern werden.<br />
Sich aber einen Trend zunutze machen, birgt Chancen und birgt Risiken. Und mehrere können<br />
gemeinsam Gelegenheiten anvisieren, an die sich einzelne Unternehmer nicht heranwagen würden und<br />
Risiken breit verteilen, um das Verlustrisiko zu entschärfen. <strong>Handwerk21</strong> ist in seinem Selbstverständnis<br />
eine Holding, die aus unabhängigen Einzelunternehmen besteht. Es ist kein lockeres, unverbindliches<br />
Netzwerk, oder eine Initiative, sondern eine juristische Person mit allen Rechten und Pflichten, aber<br />
auch mit einem beachtlichen wirtschaftlichen standing. Die Einzelunternehmen gründen die Holding zu<br />
gleichen Teilen. Zu gleichen Teilen tragen sie das Risiko und zu gleichen Teilen verteilen sie Kosten,<br />
Verluste und Gewinne. Substanz der Holding sind Unternehmen desgleichen und artverwandten<br />
Gewerks: bspw. Elektro, Heizung, Sanitär, Akkustikbau u.a. Alle Leistungen werden aus einer Hand und<br />
zentral angeboten, haben eine zentrale Verwaltung, einen gemeinsamen Mitarbeiterpool, eine<br />
zentralgeführte Logistik, zentralen Einkauf, zentralen Vertrieb und Marketing und…einen eigenen,<br />
gemeinsam getragenen Inkubator/Accelerator. 20, 50, 100 oder 1.000 Einzelunternehmer können in<br />
einer Holding anders performen, produktiver wirtschaften, besser steuern, sich effektiver angleichen<br />
und Prozesse anpassen. Neue Systeme verlangen nach neuen Philosophien. In der Wissensökonomie<br />
sind neue Ansätze gefragt. Hierarchische Konzepte des Industriezeitalters entsprechen weder den<br />
gestiegenen Erwartungen der Menschen noch den Marktanforderungen an innovative Unternehmen.<br />
Zwar soll nicht bestritten werden, dass grundsätzliches, Ideen und Innovationen Ausdruck der<br />
Individualität und Kreativität einzelner Personen sind; die kollektive Intelligenz einer Gruppe darf<br />
dennoch nicht unterschätzt werden, auch wenn Gustave le Bons Zitat „In der Masse sinkt der Verstand<br />
mit der Anzahl der Versammelten“ den Widerspruch sucht. Eine moderne Infrastruktur ist die<br />
unbedingte Grundlage erfolgreicher Organisationen und Unternehmen, denn am Ende eines<br />
Denkprozesses wird die Formulierung einer Idee, einer Innovation oder die Lösung eines Problems<br />
erwartet. Am Anfang eines Denkprozesses steht jedoch die Begabung eine Sache zu identifizieren und<br />
die Fähigkeit ihr einen Namen zu geben.<br />
Accelerator / Inkubator<br />
Idee/Vorhaben<br />
Entwicklung<br />
Anpassung<br />
Finanzierung<br />
Abstimmung<br />
Einführung<br />
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Sprechen wir darüber?