Robert Gernhardt – Die Texte des Abends Was weiß das ...
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Stets zufrieden zu durchmessen,<br />
Dich, sowie <strong>das</strong> Ich <strong>des</strong> Andern<br />
Muntern Sinnes zu durchwandern <strong>–</strong>:<br />
Und du strahlst ne Ruhe aus,<br />
<strong>Die</strong> zieht dir die Schuhe aus.<br />
Wenn der Ernstbold uns fragt: Immer spielt ihr<br />
und scherzet?<br />
Und er fortfährt: Ihr müsset! O Freunde! Mir gehet<br />
dies<br />
In die Seele, denn dies <strong>–</strong> und so schließt er gewaltig:<br />
Müssen Verzweifelte nur! <strong>–</strong> Wer wollte<br />
Da widersprechen? <strong>Die</strong> Frage gar an den<br />
Ernstbold richten: Du, der du niemals<br />
Scherztest noch spieltest <strong>–</strong> warst du denn je glücklich?<br />
<strong>Die</strong> Verzweiflung ist groß. Sie hat Platz für uns alle.<br />
Alltag<br />
Ich erhebe mich<br />
Ich kratze mich<br />
Ich wasche mich<br />
Ich ziehe mich an<br />
Ich stärke mich<br />
Ich begebe mich zur Arbeit<br />
Ich wundere mich<br />
Ich ärgerer mich<br />
Ich beschwere mich<br />
Ich rechtfertige mich<br />
Ich reiße mich am Riemen<br />
Ich entschuldige mich<br />
Ich beeile mich<br />
Ich verabschiede mich<br />
Ich setzte mich in ein Lokal<br />
Ich sättige mich<br />
Ich betrinke mich<br />
Ich amüsiere mich etwas<br />
Ich mache mich auf den Heimweg<br />
Ich wasche mich<br />
Ich ziehe mich aus<br />
Ich fühle mich sehr müde<br />
Ich lege mich schnell hin<br />
<strong>Was</strong> soll aus mir mal werden?<br />
Wenn ich mal nicht mehr bin.<br />
Siebenmal mein Körper<br />
1.<br />
Mein Körper ist ein schutzlos Ding,<br />
Wie gut, <strong>das</strong>s er mich hat.<br />
Ich hülle ihn in Tuch und Garn<br />
Und mach ihn täglich satt.<br />
2.<br />
Mein Körper hat es gut bei mir,<br />
Ich geb ihm Brot und Wein.<br />
Er kriegt von beidem nie genug,<br />
Und nachher muss er spein.<br />
3.<br />
Mein Körper hält sich nicht an mich,<br />
Er tut, was ich nicht darf.<br />
Ich wärme mich an Bild, Wort, Klang,<br />
Ihn machen Körper scharf.<br />
4.<br />
Mein Körper macht nur, was er will,<br />
Macht Schmutz, Sch<strong>weiß</strong>, Haar und Horn.<br />
Ich wasche und beschneide ihn<br />
Von hinten und von vorn.<br />
5.<br />
Mein Körper ist voll Unvernunft,<br />
Ist gierig, faul und geil.<br />
Tagtäglich geht er mehr kaputt,<br />
Ich mach ihn wieder heil.<br />
6.<br />
Mein Körper kennt nicht Maß noch Dank,<br />
Er tut mir manchmal weh.<br />
Ich bring ihn trotzdem übern Berg<br />
Und fahr ihn an die See.<br />
7.<br />
Mein Körper ist so unsozial.<br />
Ich rede, er bleibt stumm.<br />
Ich leb ein Leben lang für ihn.<br />
Er bringt mich langsam um.<br />
Noch einmal mein Körper<br />
Mein Körper rät mir:<br />
Ruh dich aus.<br />
Ich sage: Mach ich altes Haus.<br />
Denk aber: ach der merkts ja nicht<br />
Und schreibe heimlich dies Gedicht.<br />
Da sagt mein Körper: Na, na, na …<br />
Mein guter Freund, was tun wir da?<br />
Och, gar nichts, sag ich aufgeschreckt.<br />
Und denk, wie hat der <strong>das</strong> entdeckt?<br />
<strong>Die</strong> Frage scheint recht schlicht zu sein,<br />
Doch ihre Schlichtheit ist nur Schein.<br />
Sie lässt mir seither keine Ruh,<br />
Wie <strong>weiß</strong> mein Körper, was ich tu?<br />
Zum letzten Mal: Mein Körper<br />
Ich horche in mich rein <strong>–</strong><br />
In mir, da muss was sein.<br />
Ich hör nur Gax und Gix.<br />
In mir, da ist wohl nix.<br />
Lachen ist Lust. Jede Lust aber endet.<br />
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