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Robert Gernhardt – Die Texte des Abends Was weiß das ...

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Auch so ein Satz, der <strong>das</strong> Nicken hervorruft<br />

Der Köpfe der Ernsten, welche <strong>das</strong> Leben ja kennen.<br />

<strong>Was</strong> aber wissen die Ernsten<br />

Vom Leben? Wissen doch nur, <strong>das</strong>s ihr Feuer<br />

Erloschen. Wissen doch nur, <strong>das</strong>s ihr Fluss<br />

Versiegt ist. Wissen doch nicht, <strong>das</strong>s ihr<br />

Wissen nur Lust macht, endlos zu lachen.<br />

Ein Sonntagnachmittag bei Strindbergs<br />

Wahnsinn, Schreie, wil<strong>des</strong> Fluchen:<br />

"August, da ist Gift im Kuchen!"<br />

Irrsinn, Funkeln, Widerworte:<br />

"Harriet, iss jetzt deine Torte!"<br />

Keuchen, Stöhnen, hartes Zischen:<br />

"August, dich wirds auch erwischen!"<br />

Schrecken, Schwanken, grelles Lachen:<br />

"Harriet, halt! Sonst sinkt der Nachen!"<br />

Wellen, Spritzen, wirre Stimmen:<br />

"August, tritt mich nicht beim Schwimmen!"<br />

Gurgeln, Schnappen, heisres Beten:<br />

"Harriet, du hast mich getreten!"<br />

Aufschaun, Aufstehn, bleiche Rufer:<br />

"Schaut, da ringt ein Paar am Ufer!"<br />

Stutzen, Setzen, leises Lachen:<br />

"Ach, die Strindbergs! Weitermachen!"<br />

Er nun wieder<br />

Dann wieder hört man<br />

Der Brecht habe zwar viel ge .. aber nicht gut.<br />

Sei doch ein reichlich einfallsloser Hacker gewesen.<br />

Typ Hahn, so rasch runter wie rauf.<br />

Aber diese ganzen Frauen dann,<br />

Alle so schön und so klug und so viele.<br />

Ja, ja immer gleich drei auf ein Mal,<br />

Während ers der dritten noch besorgte,<br />

Tippte die zweite die Handschriften<br />

Schon, Manuskripte, Gedichte <strong>des</strong> Tages,<br />

Welche die Erste jubelnden Saal gleich vortrug.<br />

Ja, in welchem schon warteten die vierte, die fünfte,<br />

die sechste!<br />

So liest man es doch dauernd.<br />

Dann wieder hört man,<br />

Wo ist da nun Wahrheit?<br />

Ich meine, <strong>das</strong> muss sich doch feststellen lassen!<br />

Ja, man hat doch ein Recht darauf zu erfahren,<br />

Womit und wodurch und weshalb ihm die Frauen<br />

Derart <strong>–</strong> man soll doch von den Klassikern lernen,<br />

oder?<br />

Neujahrsballade<br />

Dort in <strong>des</strong> Wal<strong>des</strong> tiefsten Grund<br />

Lebt Friedolin der Schweinehund.<br />

Ein Jahr lang treibt ers fürchterlich<br />

Doch Neujahr da besinnt er sich.<br />

Früh Morgens wenn die Hähne krähn<br />

Sieht man ihn stracks zur Beichte gehen.<br />

Doch nach so sechs bis sieben Wochen<br />

Kommt er geknickt nach Haus gekrochen.<br />

Dann freilich geht es wieder rund<br />

Dort in <strong>des</strong> Wal<strong>des</strong> tiefstem Grund<br />

<strong>Die</strong> großen Monologe<br />

Wie?<br />

Dürft ich nicht mehr, wie ich wollte?<br />

Ich wollt <strong>–</strong> und dürft es nicht?<br />

Dürfts nicht, obwohl <strong>–</strong><br />

Ihr Götter!<br />

Ich es wollte?<br />

Ich dürfte nicht mehr? Wie ich wollte?<br />

Ich wollt <strong>–</strong> ein Beispiel nur,<br />

Eins unter vielen:<br />

Ich wollte beispielsweise dürfen <strong>–</strong><br />

Und dürft es nicht?<br />

Dürft <strong>–</strong> Himmel! <strong>–</strong> dürfte nicht mehr dürfen?<br />

Wo doch der Hamster darf? Der Bilch?<br />

Der Wombat?<br />

Jedwede Kreatur?<br />

Ja, selbst die Haselmaus? Sie darf!<br />

Darf, wenn der Sinn ihr danach steht, zu wollen,<br />

Sich rücklings von der Hügel höchstem rollen,<br />

Darf wachen, lesen, lange Briefe schreiben<br />

Und hin und her durch die Alleen<br />

Unruhig huschen, wenn die Blätter treiben <strong>–</strong><br />

Sie darf. Und ich dürft nicht?<br />

Dürfts nicht <strong>–</strong> und wollte ichs gleich wollen<br />

Mich von der Hügel höchstem <strong>–</strong><br />

Dürft mich nicht?<br />

Dürft auch nicht von der Hügel kleinstem?<br />

Nicht mal mit den Augen?<br />

Ich dürfte nicht mehr rollen?<br />

Ach, einstmals rollte ich so ungestüm,<br />

So ausgelassen durch <strong>des</strong> Schlosses Hof,<br />

Der Mutter nicht, <strong>des</strong> Schlosskaplans nicht achtend<br />

Und ihrer Warnung: Treib es nicht zu roll!<br />

Ich trieb es roll und immer roller<br />

Und rollte <strong>–</strong> doch was ted ich?<br />

Hat schon <strong>des</strong> Kurfürsts Machtwort<br />

Meinen Sinn verfenstert?<br />

Bin ich schon nicht mehr in der Liege,<br />

Das, was die Brust mir sprengt,<br />

In Worten auszusägen?<br />

Kann ich schon nicht mehr,<br />

Wie ich woll?<br />

Doch stoll!<br />

Sei stoll, mein Mond!<br />

5

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