unsere brücke 11 2019
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Es ist schön solche Freunde zu haben!<br />
„Ich will dir danken, mein Herr und mein Gott, für alle Freunde,<br />
die ich hab‘!“, so beginnt das Lied, das am Kaleidio in Schwaz, einem<br />
österreichweiten Jungschar- und MinistrantInnenlager, eine Woche<br />
lang an allen Enden zu hören war. Und Recht hat der Texter: Es gibt<br />
wohl kaum ein größeres Geschenk als einen echten Freund. Gleichzeitig<br />
sind <strong>unsere</strong> Möglichkeiten, eine Freundschaft aktiv zu befördern,<br />
sehr eingeschränkt. Natürlich können wir Zeit und Anstrengung<br />
investieren, und dies ist auch notwendig, damit eine Freundschaft<br />
entstehen kann. Doch letztlich kann einem ein Freund nur „geschehen“,<br />
durch (scheinbar) zufällige Begegnung in unerwarteter Sympathie<br />
und Ähnlichkeit. In der Sprache der Theologie heißt das Gnade,<br />
ein unverdientes Beschenkt-Werden, dessen Ursprung wir ehrfürchtig<br />
„Gott“ nennen.<br />
Aber zurück zum Jungscharlager. Dort gilt für die Kinder (und Betreuer):<br />
eine Woche volles Programm, Halligalli rund um die Uhr und<br />
kaum Schlaf. Es ist beeindruckend, welche Energie die Kinder auch<br />
noch am letzten Tag einer solchen Woche auf Vollgas mitbringen.<br />
Bevor einer müde wird, hat schon wieder ein anderer eine neue Idee,<br />
und der eben noch Erschöpfte läuft in der Gruppe mit, wie wenn nie<br />
etwas gewesen wäre. Diese Bereitschaft, sich mitreißen zu lassen,<br />
brachten sie sich aber nicht nur untereinander entgegen, sondern<br />
auch den Helfern, die das Programm gestalteten. Als König David war<br />
ich immer wieder überrascht, wie bereitwillig<br />
und offen sich die Kinder auf das Spiel mit den<br />
Rollen eingelassen haben, wie sie dann bei der<br />
Beschäftigung mit den Psalmen aber völlig<br />
ernsthaft an diese alten Gebetstexte herangingen<br />
und kluge, tiefe Gedanken dazu äußerten. Dazu<br />
ist es nötig, sie zu gewinnen, sich also genauso<br />
wie sie fröhlich auf das Spiel einzulassen,<br />
gleichzeitig aber geradeheraus und offen mit ihnen<br />
umzugehen.<br />
„Wenn ihr nicht umkehrt und werdet wie die<br />
Kinder, werdet ihr nicht in das Himmelreich<br />
hineinkommen.“ (Mt 18,3) Jesus meint mit diesem<br />
Wort sicher nicht, dass wir so brav oder<br />
naiv sein sollen wie Kinder – denn das sind sie nicht. Ich glaube, es<br />
geht ihm um die Voraussetzungen für Freundschaft mit Gott und den<br />
Mitmenschen: Einerseits die Freude am „Spiel“, an der Dynamik des<br />
Sich-Aufeinander-Einlassens, andererseits tiefe Offenheit und Klarheit<br />
im Zugehen aufeinander. So können wir uns beschenken lassen –<br />
mit dem Geschenk, das der Andere für uns ist.<br />
Florian Sachsenhofer<br />
Seminarist<br />
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