buchreport.express 49/2019
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<strong>buchreport</strong>.<strong>express</strong> Nr. <strong>49</strong> · 5. Dezember <strong>2019</strong><br />
Aufgefallen<br />
Das »Bestseller«-Magazin des SPIEGEL ist bei Sebastian Fitzek zu Gast.<br />
Der Thrillerautor erzählt, wie er mit seinem Debüt bei Verlagen abblitzte.<br />
Sebastian Fitzek ist einer der erfolgreichsten deutschsprachigen Autoren<br />
mit 12 Mio verkauften Büchern. Man glaubt ihm sofort, wenn er im Interview<br />
mit SPIEGEL-Redakteur Takis Würger antwortet, es berühre ihn nicht,<br />
dass der Literaturkritiker Denis Scheck seine Bücher im Bestsellerlisten-<br />
Check seiner Literatursendung „Druckfrisch“ jedes Mal in die Tonne befördert.<br />
Nicht egal scheint Fitzek jedoch die Platzierung seiner Bücher im Verkaufsranking<br />
zu sein, wie die ausgedruckten SPIEGEL-Bestsellerlisten an<br />
den Wänden verraten, von denen Würger berichtet.<br />
Dabei hatte Fitzek mit dem Manuskript zu seinem Debütroman „Die<br />
Therapie“, den er mit Mitte 30 geschrieben und an 15 Verlage verschickt<br />
hatte, nur Absagen kassiert.<br />
Erst nachdem er einen<br />
Literaturagenten engagierte,<br />
mit dem er den Text mehrfach<br />
überarbeitete, startete der<br />
Knaur Verlag einen Versuch<br />
mit einer Erstauflage von<br />
4000 Exemplaren. Das Buch<br />
landete auf Platz 1 der Amazon-Liste.<br />
„Die Verlage analysieren<br />
heute noch, wie wir das<br />
mit einem Marketingetat von<br />
null Euro gemacht haben“,<br />
sagt Fitzek. Die Erklärung: Die<br />
Buchhändlerin Andrea Kammann<br />
gab den Anstoß, als sie<br />
in ihrem Online-Bücherforum<br />
„Büchereule“ anderen Multi -<br />
plikatoren erzählte, dass sich<br />
Fitzeks Roman lohne.<br />
FUNDSTELLE<br />
Im Wirtschaftswürgegriff<br />
Die Indie-Verlage sorgen sich um die Sichtbarkeit<br />
ihrer Bücher, nachdem im Zwischenbuchhandel<br />
Lager verkleinert wurden. In „Der Freitag“<br />
(28.11.) äußert sich Else Laudan vom Argument<br />
Verlag zu den Auslistungen.<br />
„Für die Kunden sind manche<br />
Titel nicht mehr sichtbar – außer<br />
bei Amazon. Das macht es gerade<br />
den kleineren Verlagen künftig<br />
noch schwerer, im Buchmarkt zu<br />
bestehen. Auch hinterlässt es keinen<br />
guten Eindruck, wenn der stationäre<br />
Buchhändler dem Kunden<br />
sagt, ein Buch wäre nicht lieferbar,<br />
dieser aber feststellt, dass es bei<br />
Amazon vorrätig ist. Das Ausmaß<br />
der Auslistungen ist sehr unterschiedlich.<br />
Bei einigen wurde<br />
kaum ausgelistet, bei anderen bis<br />
zu 90 Prozent. Ebenso ist es mit<br />
den Remissionen: Teilweise bewegen<br />
sie sich im üblichen Rahmen,<br />
doch für einige Verleger ist die<br />
Höhe existenzbedrohend. Die Neustrukturierung<br />
bei Libri ist durchaus<br />
systemrelevant. [...] Der Kulturund<br />
Bildungsauftrag rund ums<br />
Buch wird von der Profitmaxime<br />
ausgehöhlt, er gehört aus dem<br />
Wirtschaftswürgegriff gelöst und<br />
als extrem relevante Ressource für<br />
die Gesellschaft erkannt.“<br />
RÜCKMELDUNG<br />
Den Knall nicht gehört<br />
Verleger Herbert Ullmann watscht in der „FAZ“<br />
den Börsenverein ab. Auslöser ist offenbar das<br />
Naserümpfen in der Branche angesichts der aktuellen<br />
Verkaufsaktion von Taschenbuch-Bestsellern<br />
bei Aldi Süd, die seine Edition Nova lanciert hat<br />
und die er als Leseförderung und Buchmarketing<br />
versteht (s. <strong>buchreport</strong> 48/<strong>2019</strong>).<br />
„Der Markt für Bücher schrumpft, die<br />
nachwachsenden Generationen scheinen<br />
fürs Lesen verlorenzugehen, und<br />
der Börsenverein des Deutschen<br />
Buchhandels geht seit Jahren schon<br />
tief schlafend über Sachverhalte und<br />
Zahlen hinweg. [...] Glaubt man in<br />
Frankfurt, es reicht, nur die Gegner<br />
und Probleme zu benennen? Amazon,<br />
das Internet, die digitale Welt allgemein<br />
und andere stationäre Nicht-<br />
Buchhändler zu verteufeln, die erfreulicherweise<br />
auch Bücher an anderen<br />
Orten verkaufen? Was macht eigentlich<br />
der Börsenverein mit dem vielen<br />
Geld, den Millionen Euro Mitgliederbeiträgen?<br />
Subventioniert er damit eine<br />
in die Jahre gekommene Verbandsund<br />
Werbezeitschrift? Oder helfen die<br />
Mitgliederbeiträge des Börsenvereins<br />
nur, geliebte Relikte und überholte<br />
Veranstaltungen am Leben zu erhalten?<br />
Was hat der einzelne Buchhändler<br />
vor Ort von alldem? Hat der Börsenverein<br />
den Online-Knall noch<br />
nicht gehört, während bei anderen<br />
schon das Echo angekommen ist? Der<br />
Verband macht intern zwar manches,<br />
aber die wirklichen Probleme werden<br />
leider nicht angegangen: der unaufhaltsame<br />
Leserschwund und die vergebenen<br />
Marketingchancen fürs Buch<br />
im Weihnachtsgeschäft zum Beispiel.<br />
Aktive Buch- und Leseförderung sieht<br />
anders aus. Denn dem Börsenverein<br />
stände es gut zu Gesicht, wenn er den<br />
größten Anteil seiner Mitgliederbeiträge<br />
in sichtbare Image-Werbung für<br />
das Buch einsetzte. [...] Anders als der<br />
Börsenverein, der nicht viel in Marktforschung<br />
investiert, gibt Amazon<br />
jährlich siebzehn Milliarden Dollar<br />
dafür aus. Das kommt Amazon auch<br />
beim Verkauf von Büchern zugute.“<br />
Foto: Gene Glover