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Schreck mehrere Glasflaschen fallen und brachte sich mit einem<br />
„kräftigen Seitensprung“ vor der unbekannten Gefahr in<br />
Sicherheit. In der Palmaille, der damaligen Haupteinkaufsstraße<br />
Altonas, befand sich wohl nicht ganz zufällig auch das<br />
Eisenwarengeschäft von Harro Feddersen, der zu diesem Zeitpunkt<br />
dort bereits die Schlüter-Velozipeden verkaufte.<br />
Feddersen versuchte ebenfalls von der Werbefahrt der Schlüters<br />
in die Palmaille zu profitieren und schaltete nur einen Tag<br />
danach eine Werbeanzeige für die Velozipeden. 10 Um einen<br />
zusätzlichen Anreiz zu schaffen, bot er „Unterricht für Käufer<br />
gratis“ an und wollte damit potentiellen Novizen die Angst vor<br />
dem Velozipeden-Reiten nehmen.<br />
Wilhelm, August und Ernst Schlüter konnten mit der Öffentlichkeitswirkung<br />
ihrer Auftritte in Hamburg und Altona mehr<br />
als zufrieden sein, sie suchten aber nach weiteren Möglichkeiten,<br />
um für ihre Produkte zu werben. Wieso nicht einen Verein<br />
gründen, wie es in Frankreich bereits im Vorjahr einige Velozipeden-Reiter<br />
vorgemacht und wovon die vereinzelten<br />
Fahrradpioniere in und um Hamburg vielleicht Kenntnis erhalten<br />
hatten? Die Institution des Vereins war ihnen zumindest<br />
mehr als vertraut, schlossen sich in Deutschland doch<br />
besonders gerne und oft Gleichgesinnte mit einem gemeinsamen<br />
Anliegen zusammen, wie Turner, Sänger und andere.<br />
Die Idee eines Velozipeden-Clubs hatten vor den Schlüter-<br />
Brüdern bereits drei Herren aus Altona und Hamburg ersonnen:<br />
Harro Feddersen, der als Kaufmann und angehender<br />
Fahrradhändler ebenfalls ein handfestes kommerzielles Interesse<br />
an einem größtmöglichen Erfolg des Velozipeds hatte;<br />
der Rechtsanwalt Wilhelm Gelübcke, der über gute Kontakte<br />
zur lokalen Presse verfügte, und W. O. A. Gülich. Die drei Schlüter-Brüder<br />
stießen wie eine kleine Schar weiterer Velozipedisten<br />
zu den drei Genannten und liebäugelten mit der Vorstellung<br />
eines eigenen Clubs.<br />
Am 17. April 1869 versammelten sich die Genannten mit zusammen<br />
rund 20 Personen in Eimsbüttel, um den Verein offiziell<br />
zu gründen, worüber auch die Presse berichtete: „In<br />
Eimsbüttel ist ein sogen. Velocipeden-Club gegründet, welcher<br />
im Local des Hrn. Sottorf daselbst seine Zusammenkünfte,<br />
Uebungen und, wo die Nothwendigkeit vorliegt, seine Berathungen<br />
über Neuerungen bei Velocipeden halten wird.“ 11<br />
Der genaue Name des Vereins lautete „Eimsbütteler Velocipèden-Reit-Club“,<br />
schließlich existierte das Wort „Fahrrad“<br />
noch längst nicht und Velozipede wurden wie Pferde „geritten“.<br />
Doch wieso verortete sich der Club in Eimsbüttel, einer<br />
damals unbedeutenden Landgemeinde vor den Toren Hamburgs?<br />
12 „Da nun Altonaer und Hamburger Herren anwesend<br />
waren“, verrät dazu die offizielle Vereinsgeschichte von 1894,<br />
„so war die standesamtliche Einregistrierung (zwar gab es damals<br />
noch kein Standesamt) des Kindes eine schwierige Frage.“<br />
13 Angesichts der Rivalität zwischen Altona und Hamburg<br />
einigten sich beide Fraktionen im Club schließlich als Kom-<br />
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