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Die Palmaille in Altona um 1900. Harro Feddersen betrieb in der Hausnummer 20 sein Eisenwarengeschäft<br />
und verkaufte dort ab März 1869 Velozipeden des Herstellers Wilhelm Schlüter aus Pinneberg.<br />
Die Eimsbütteler Velozipedisten sollten nicht nur äußerste<br />
Rücksicht auf Menschen, sondern auch auf Pferde nehmen,<br />
da diese auf die unbekannten und beweglichen Velozipeden<br />
seinerzeit häufig ängstlich reagierten. Der Velozipeden-Reiter<br />
solle deshalb laut Reitreglement wie folgt vorgehen: „Er muss<br />
dieselben daher schon aus möglichster Entfernung beobachten,<br />
ob dieselben zum Scheuwerden geneigt sind oder nicht.<br />
Er muss, sobald er Pferde, in deren Nähe er kommen wird, bemerkt,<br />
sofort langsam reiten; sieht er nun, dass ein Pferd die<br />
Ohren spitzt und unruhig wird, muss er so rasch wie möglich<br />
halten und absteigen, jedoch so, das er jedes Geräusch und<br />
jede heftige Bewegung, namentlich ein Umfallen des Velocipède<br />
vermeidet.“ Die in Auszügen vorgestellte Satzung und<br />
das Reitreglement wirken aus heutiger Sicht unterhaltsam;<br />
bereits ein Vierteljahrhundert nach ihrer Niederschrift erschienen<br />
die „humoristische[n] Vorschriften“ als wären sie in<br />
einer fernen Zeit formuliert worden. 15 Aus den Regelungen<br />
sprach aber eine unbedingte Rücksichtnahme, um den neuen<br />
Sport in der öffentlichen Meinung nicht in Misskredit zu bringen.<br />
Die Eimsbütteler waren mit ihrer Vereinsgründung in Hamburg<br />
und Umgebung keineswegs allein. Wohl noch vor dem Eimsbütteler<br />
Velocipeden-Reit-Club gründete sich im Frühjahr<br />
1869 der Verein „Quickrun“ in Hamburg. Die Altonaer Nachrichten<br />
schrieben am 21. April 1869, dass der Club „vor kurzer<br />
Zeit in’s Leben“ gerufen worden sei. 16 Ansonsten ist kaum etwas<br />
über diesen frühen Verein bekannt, bis auf die Tatsache,<br />
dass die Mitglieder der Namensgebung nach zu urteilen der<br />
erhöhten Geschwindigkeit der Velozipede huldigten und aus<br />
dem anglophilen Bürgertum der Hansestadt stammten. Zwischen<br />
Quickrun und den Eimsbüttelern existierten freundschaftliche<br />
Bande, wie „die erste gemeinschaftliche Morgenlusttour<br />
nach Blankenese“ Anfang Juni 1869 dokumentiert, bei<br />
der die Hamburger am Dammtorbahnhof starteten und die<br />
Eimsbütteler Mitglieder am Holstentor (am heutigen Holstenglacis)<br />
trafen, um dann zusammen weiter über Altona die Elbe<br />
stromabwärts entlang zu „reiten“. 17 Harro Feddersen schaltete<br />
sogleich eine Werbeanzeige für die in seinem Geschäft erhältlichen<br />
Schlüter-Velozipeden, die sich auf dieser Tour „als besonders<br />
vorzüglich bewährt“ hätten, „da sämmtliche Herren,<br />
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