2020_02_impuls
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Oldtimer, Maschinen, Bügeleisen und mehr<br />
Peter Grissemann aus Strengen verwandelte sein Haus in ein privates Museum<br />
8 4. Februar <strong>2<strong>02</strong>0</strong><br />
Peter Grissemann mit Frau Renate und seinem Vater Erich in der alten Stube.<br />
Ein Flair vergangener Zeiten ist<br />
im Privatmuseum von Peter<br />
Grissemann in Strengen zu spüren.<br />
Im Haus, das auf das Jahr<br />
1779 zurückgeht, finden sich<br />
alte Gegenstände, die im Leben<br />
der Menschen eine besondere<br />
Rolle spielten.<br />
„Wir haben die Räume hergerichtet,<br />
aber alles im Originalzustand<br />
gelassen“, zeigt Peter Grissemann<br />
die wunderschöne Stube. „Vor<br />
kurzem erhielt ich eine Gitarre, sie<br />
stammt aus der Zeit der Schwabenkinder“,<br />
erzählt Grissemann,<br />
der immer wieder Gegenstände bekommt,<br />
die er dann ausstellt. Alte<br />
Plattenspieler oder Radios, die hervorragend<br />
funktionieren, ergänzen<br />
die Ausstellung in der alten Stube,<br />
in der noch Spinnräder, Nähmaschinen,<br />
Schreibmaschinen, eine<br />
Rechenmaschine aus den 1920er-<br />
Jahren oder Bügeleisen aufbewahrt<br />
werden. Man hat das Gefühl, man<br />
könnte sofort einziehen.<br />
Wenn etwas nicht mehr geht, repariert<br />
es der 48-jährige gelernte<br />
Mechaniker, der als Buschauffeur<br />
arbeitet. „Fast alles funktioniert<br />
bei uns“, freut sich Peter Grissemann,<br />
der gemeinsam mit seiner<br />
Frau Renate (49), die seine Leidenschaft<br />
teilt, auch auf Flohmärkten<br />
seine Sammlung erweitert.<br />
Etwas ganz Besonderes ist der<br />
Raum, in dem Werkzeuge aller Art<br />
ausgestellt sind. Es ist ein Gewölbe,<br />
das anders als der Rest des<br />
Hauses aussieht. Die Vermutung<br />
liegt nahe, dass es sich hier einmal<br />
um eine Kapelle in früheren Zeiten<br />
gehandelt haben könnte. Es<br />
finden sich auch geschmiedete Raritäten,<br />
vielfach von Peters Urgroßvater<br />
Augustin, der eine<br />
Schmiede und Mühle betrieben<br />
hat. „Mein Vater hat vieles aufgehoben,<br />
sonst wäre das meiste nicht<br />
mehr erhalten“, ist Peter dankbar<br />
und zeigt stolz eine Pfeife aus Porzellan<br />
aus dem Jahr 1894, in der<br />
der Schriftzug seines Urgroßvaters<br />
eingraviert ist.<br />
Wie zu Omas Zeiten<br />
„Die Küche ist hergerichtet wie zu<br />
Omas Zeiten.“ Altes Geschirr, eine<br />
Balkenwaage oder ein Buttertreibkübel<br />
stehen da, jederzeit für eine<br />
Benützung bereit. Die Kastenfenster<br />
wurden im Winter als Kühlschrank<br />
genutzt. „Milch oder Butter<br />
standen immer zwischen den<br />
Scheiben, um Strom zu sparen“,<br />
erinnert sich Peter. Eine der ersten<br />
Einheitsbierflaschen von 1881 ist<br />
ebenfalls zu sehen. Erich Grissemann<br />
(80) erzählt, dass diese beim<br />
Bahnbau durchs Stanzertal erstmals<br />
verwendet wurden. Er weiß<br />
viele Geschichten zu den unterschiedlichsten<br />
Sammelobjekten zu<br />
erzählen, unter anderem auch wie<br />
ein Gleichstromgerät zur Behandlung<br />
von Rheuma verwendet wurde.<br />
„Es hat aber nicht so viel genützt,<br />
eine Wärmflasche aus Kupfer<br />
war auch für diesen Zweck vorgesehen“,<br />
so Erich Grissemann,<br />
der sich über die Sammelleidenschaft<br />
seines Sohnes freut. Bilder<br />
aus Jerusalem oder alte Bücher lassen<br />
den Besucher in eine andere<br />
Welt abtauchen. „Die Bilder aus<br />
Jerusalem stammen von Leuten<br />
aus Strengen, die 1898 im Heiligen<br />
Land waren“, erklärt Peter.<br />
Für die damalige Zeit war das mit<br />
Sicherheit eine Besonderheit.<br />
Fasziniert ist Peter auch von einem<br />
Fahrrad aus dem Jahr 1936, es<br />
funktioniert noch mit Karbidlicht.<br />
Drei Besonderheiten gibt es noch<br />
in der Garage zu bewundern. Oldtimer<br />
begeistern nicht nur Peter,<br />
sondern inzwischen auch seinen<br />
Sohn Marco (20), der in Graz Maschinenbau<br />
studiert und einen 30<br />
Jahre alten Corrado fährt. Einen<br />
VW Käfer (Baujahr 1965) und<br />
VW Karmann Ghia (Baujahr<br />
1972) hat sich Peter selber hergerichtet.<br />
Familienausflüge im Sommer<br />
begeistern nicht nur seine<br />
Frau, sondern auch die beiden<br />
Töchter Nadine (22) und Leonie<br />
(11). Messen in Deutschland oder<br />
Österreich besucht er mit Oldtimer-Freunden,<br />
Fachsimpeln oder<br />
Erfahrungsaustausch gehören<br />
dazu.<br />
Suche nach Besonderem<br />
Zu Weihnachten werden die Tore<br />
zum Museum geöffnet. Auch die<br />
Volksschule Strengen ist regelmäßig<br />
zu Gast „Wir freuen uns, wenn<br />
viele Leute kommen und altes<br />
Handwerk bewundern oder Geschichten<br />
aus längst vergangenen<br />
Zeiten hören möchten“, betont<br />
Peter, der Interessierten jederzeit<br />
gerne seine Schätze zeigt. „Wir<br />
sind immer auf der Suche nach etwas<br />
Besonderem“, erklärt Peter,<br />
der gerne Raritäten für sein Museum<br />
aufnimmt und mit seiner Leidenschaft<br />
einen wichtigen geschichtlichen<br />
Teil für die Nachwelt<br />
erhält. (jota)<br />
Der Sammler mit einer Rechenmaschine aus den 1920er-Jahren.<br />
Fotos: Tamerl