Kids Power 1/2019: Zusammen viel bewegen

Frau Schlenzke zieht sich die Schuhe aus. Jannis
guckt sich noch mal um. Aufgeräumt ist es. Eingekauft
hat Papa erst heute. Nur im Strumpf hat Jannis ein
Loch, aber im Flur ist es dunkel, und gleich kann er den
Strumpf unter den Wohnzimmertisch stecken.
„Ist dein Papa gar nicht da?“ Frau
Schlenzke guckt sich suchend um,
als könnte sich Papa irgendwo in
der Ecke verkrochen haben.
„Leider nicht“, sagte
Jannis.
„Wollen Sie sich setzen?“
„Okay.“ Frau Schlenzke
setzt sich neben ihn.
„Wolltest du gerade Eis
essen?“
Jannis wird rot. „Nur eine Schüssel“, sagt er schnell.
Frau Schlenzke lacht. „Das ist doch in Ordnung“,
sagte sie. „Aber warum ist denn dein Papa nicht da?
Habt ihr mich etwa vergessen?“
Zur Verlässlichkeit gehört vermutlich auch, denkt
Jannis, dass man keinen Quatsch erzählt, wenn was
schiefgegangen ist.
„Leider ja“, sagt er. „Tut mir leid.“
Frau Schlenzke legt die Stirn in Falten. „Kann mal
passieren“, sagt sie. „Wo ist denn dein Papa?“
„Weg wegen amtlicher Ehre“, sagt Jannis.
„Du meinst Ehrenamt“, berichtigt Frau Schlenzke.
„Ja, aber Papa sagt immer amtliche Ehre“,
sagt Jannis.
„Und was ist das für ein Ehrenamt?“
Jetzt muss Jannis noch mal nachdenken. „Sie
haben ein Loch im Strumpf“, sagt er schnell, um Zeit
zu gewinnen. Frau Schlenzke wird ein bisschen rot und
schiebt den Fuß unter den Wohnzimmertisch. „Du aber
auch“, sagt sie.
„Stimmt“, sagt Jannis, und ist mit Nachdenken
fertig.
„Umweltschutz“, sagt er. Verlässlich ist, wenn man
die Wahrheit sagt, findet er, aber vielleicht nicht die
ganze Wahrheit. Es stimmt zwar, dass Papa und Frank
zu einer Klimaschutzdemo gegangen sind, aber die
Demo soll auf der Straßenkreuzung sitzen und da nicht
mehr weggehen, auch, wenn die Polizei kommt, und
Jannis hat das Gefühl, das ist vielleicht zu viel Wahrheit
für ein Jugendamt.
„Das finde ich ja wirklich ein sehr ehrenhaftes
Ehrenamt“, sagt Frau Schlenzke. „Aber es gefällt
mir nicht, dass dein Papa dich deswegen hier in der
Wohnung alleine lässt.“
„Ich bin ja kein Baby mehr“, sagt Jannis ein bisschen
beleidigt. „Außerdem geht es doch da um die
Zukunft für uns alle. Mir ist es lieber, mein Papa
kümmert sich um das Klima, als dass er mir hier
Händchen hält. Wenn was ist, rufe ich meine
Freundin Kumiko an“, fällt ihm noch ein.
„Hm.“ Frau Schlenzke guckt schon fast
überzeugt.
„Wollen sie vielleicht auch ein Eis?“,
fragt Jannis. „Ich darf zwei Portionen essen.
Wenn die zweite so klein ist, dass Papa
nichts merkt, hat er gesagt.“
Frau Schlenzke guckt hungrig auf die
Schüssel. „Da würde ich vielleicht nicht nein
sagen“, sagt sie. „Wenn du mir versprichst, dass du
das keinem weitersagst.“
„Amtliches Ehrenwort“, sagt Jannis.
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