31.03.2020 Aufrufe

McCulley: Ungeküsst und doch Prinzessin

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Kapitel 2 · Die Gabe wertschätzen<br />

Paulus geht also nicht nur auf die unmittelbaren Sorgen ein, sondern<br />

auch auf die kulturell bedingt sehr unterschiedlichen Auffassungen<br />

von Sexualität <strong>und</strong> Ehe, die in dieser jungen Gemeinde aufeinanderprallten.<br />

Seine Antwort dürfte für das damalige Denken<br />

sowohl seiner jüdischen als auch der griechisch-römischen Leser eine<br />

echte Herausforderung gewesen sein. Im jüdischen Weltbild war<br />

die Ehe die obligatorische Norm. Ein Ehepartner <strong>und</strong> Kinder sicherten<br />

den Fortbestand der Familie <strong>und</strong> die Versorgung im Alter;<br />

Unfruchtbarkeit galt als Schande. Die griechische Kultur hingegen<br />

war zunehmend von der Vorstellung geprägt, die Ehe sei nachteilhaft<br />

<strong>und</strong> Sex außerhalb der Ehe sei akzeptabel, solange die sexuellen<br />

Wünsche nicht über die Emotionen herrschten. Außerdem<br />

erlaubte das damalige römische Gesetz die Prostitution <strong>und</strong> untersagte<br />

vor- oder außerehelichen Sex nur dann, wenn beide Partner<br />

von Geburt adelig waren. 2<br />

Es überrascht also nicht, dass die junge korinthische Gemeinde<br />

Anleitung brauchte.<br />

Paulus’ Antwort zeigt, wie gut er seine Leser kannte <strong>und</strong> wie<br />

geschickt er biblische Wahrheiten so erklärte, dass sie ganz praktisch<br />

auf die konkrete Situation angewendet werden konnten. In<br />

dieser Passage bestätigt er die Ehe, stellt die Vorteile des Ledigseins<br />

heraus, räumt ein, dass nicht jeder für die Ehelosigkeit geeignet ist,<br />

bestätigt die Realität sexueller Spannungen <strong>und</strong> menschlicher Leidenschaften<br />

<strong>und</strong> empfiehlt zwei Möglichkeiten: Ehelosigkeit unter<br />

sehr guter Selbstbeherrschung oder eine monogame Ehe mit nur<br />

kurzen Phasen der Enthaltsamkeit im gegenseitigen Einvernehmen.<br />

Seine größte Sorge in Bezug auf Ehe <strong>und</strong> Ehelosigkeit findet<br />

sich in Vers 35: »Dies aber sage ich zu eurem eigenen Nutzen, nicht,<br />

um euch eine Schlinge überzuwerfen, sondern damit ihr ehrbar <strong>und</strong><br />

beständig ohne Ablenkung beim Herrn bleibt.«<br />

Die Kraft einer Gabe<br />

Vor diesem kulturellen Hintergr<strong>und</strong> nennt Paulus sowohl die Ehe<br />

als auch die Ehelosigkeit eine Gabe Gottes. Er spricht nicht von<br />

einem Zustand oder einer Aufgabe, sondern von einer Gabe. Das<br />

27

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!