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Manifest der Neuen Zeit. Weckruf für die "sanften Verschwörer"

Leseprobe des Buches "Manifest der Neuen Zeit. Weckruf für die ,sanften Verschwörer'" von André Buchheim. Weitere Infos: www.verlag-zeitenwende.de/Manifest-der-Neuen-Zeit

Leseprobe des Buches "Manifest der Neuen Zeit. Weckruf für die ,sanften Verschwörer'" von André Buchheim.
Weitere Infos: www.verlag-zeitenwende.de/Manifest-der-Neuen-Zeit

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André Buchheim

Manifest der

Neuen Zeit

Weckruf für die

„sanften Verschwörer“

Theorie und Praxis

der Zeitenwende


André Buchheim: Manifest der Neuen Zeit

Weckruf für die „sanften Verschwörer“

© Verlag Zeitenwende

Steigerstraße 64

01705 Freital OT Kleinnaundorf

www.verlag-zeitenwende.de

buecher@verlag-zeitenwende.de

Umschlaggestaltung: Verlag Zeitenwende

Satz: Verlag Zeitenwende

Illustrationen: André Buchheim

Zeichnung auf Seite 155: Ida Minkmar

1. Auflage 2019

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme

Ein Titelsatz für diese Publikation ist bei der Deutschen Bibliothek erhältlich.

ISBN 978-3-945701-25-6

Alle Rechte, auch die des auszugsweisen Nachdrucks, der fotomechanischen

und multimedialen Wiedergabe sowie der Übersetzung in andere Sprachen,

vorbehalten.

* * *

Haftungsausschluss: Alle Angaben und Ratschläge in diesem Buch, vor allem die

vorgestellten Übungen und Meditationen, erfolgten nach bestem Wissen und Gewissen.

Sie wurden vom Autor und vom Verlag sorgfältig erwogen und geprüft,

dennoch kann eine Garantie nicht übernommen werden. Eine Haftung des Autors

beziehungsweise des Verlages und seiner Beauftragten für Personen-, Sach- und

Vermögensschäden ist ausgeschlossen.


André Buchheim wurde 1973 in

Leipzig geboren. Seine frühe Kindheit

war geprägt von Gewalt. Diese

traumatisierende Erfahrung warfen

schon in der Kindheit Fragen nach

dem Warum auf und ließen den

Wunsch nach anderen, von Liebe

geprägten Gesellschafts- und Umgangsformen

aufkommen. Bereits

mit 13 Jahren kam er in Berührung

mit Entspannungs- und Atemtechniken

und erlernte die Hintergründe

von Autogenem Training, Hypnose

und dem katathymen Bilderlebens. Nach der Schule studierte er

Geschichte und Archivwissenschaften in Potsdam und hatte ein Praktikum

im Staatsarchiv Leipzig. Hernach durchlief er Ausbildungen bei

verschiedenen spirituellen Kapazitäten, zum Beispiel K. Spiesberger,

Z. Kolnikova, Dr. Wei. Es folgten umfassende beratende Tätigkeiten,

heute arbeitet André Buchheim als spiritueller Meister und Lehrer für

den Bewusstseinswandel der Menschheit und die Neue Zeit.

Vernetzung und weitere Informationen unter www.welterwachen.de.


Inhaltsverzeichnis

Weg-Weiser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7

Begeisterung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11

Konflikt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47

Besinnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100

Vision . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131

Geburt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166

Verschwörung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193

Ordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214

Verzauberung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241

Welterwachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269

Zeitenwende . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 295

Heiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 318

Einheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 342

Weckruf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 373

Nach-Lese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 379

Quellennachweise/Bibliographie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 383


Gewidmet dem Frieden

der Völker der Welt!


11

Begeisterung

„Nur durch einen neuen Geist kann sich die Menschheit erneuern, und das

Potential für einen neuen Geist dieser Art ist naturbedingt.“

Marilyn Ferguson in „Die sanfte Verschwörung“ 1

Ein Geist geht um in der Welt – der Geist einer Neuen Zeit. Wie feiner

Nebel, Tropfen an Tropfen, breitet er sich aus und umhüllt die Erde.

Und gerade weil dieser Geist, dieser Nebel feinstofflich, leicht und

durchlässig ist, sehen ihn die meisten nicht, sie durchschreiten ihn, ohne

etwas zu merken, und doch legt sich ein Film feiner Feuchtigkeit um

jedes Wesen, das mit ihm in Berührung kommt, die Lust auf Lebendigkeit

weckend, es nährend und erhaltend. Dieses Nähren und Halten als

Wesenseigenschaften des neuen Geistes machen ihn so attraktiv für viele

Menschen und wecken ein unbewusstes Sehnen nach Heimat, Ankommen

und Paradies.

Niemand kann diesem Geist entgehen, und jeder, der ernsthaft von

ihm berührt wird, wird aus seiner eigenen Bahn gelenkt und gelockt.

Denn ein leises Wispern und Flüstern ist in uns: Eine bessere Welt ist

zu erschaffen. Dies ist keine ferne Utopie, sondern jetzt umsetzbar. Und

sie entsteht, sobald Du die Neue Zeit verkörperst, wenn Du es zulässt,

Dein Bewusstsein mit Inhalten des Lichtes und der Liebe zu fluten.

Denn wahrlich, ich sage Dir: Alles ist Liebe, sobald uns die Liebe alles

ist!

Wasser drängt zu Wasser, der Fluss fließt ins Meer und eines kommt

zum anderen. Die Entwicklung in ihrem Lauf hält weder Ochs’ noch

Esel auf. Denn hier soll sich zielgerichtet Evolution entfalten, und wir


12

alle sind Teil dieses Prozesses. Alle Sinne, alle Wahrnehmung und schöpferische

Kraft des Einzelnen sollten daran und darauf ausgerichtet sein.

Und je mehr Individuen bei diesem großen Werk mit anpacken, umso

eher wird sich der Geist als kollektive Kraft der Massen zeigen, alles

transmutierend, was lebensfeindlich, weltfeindlich, geistfeindlich ist oder

überhaupt sich feindlich gebärdet. Denn das Wesen der Neuen Zeit ist

lebensbejahend, weltbejahend und geistbejahend. Es stellt den Geist,

den Spirit, ins Zentrum, fördert das Lebendige und segnet damit die

Welt. Es ist also das Wesen der Neuen Zeit, vollkommen zu dem konträr

zu sein, was die alte, heutige Zeit für wichtig und richtig hält. Diese Zeit

ist insoweit von der Umwertung aller Werte gekennzeichnet, dass die

verdrehten und verzerrten (Un-)Werte zugunsten echter, innerer Werte

aufzugeben sind. Statt des materiellen Gewinns zählen die inneren

Werte mehr. Damit erscheint diese Umwertung nicht als Umsturz, sondern

als Rückkehr zu den wahren Werten des Lebens, die nunmal in

Geld und Gold nicht aufzuwiegen sind.

Die großen Gewalten der Alten Zeit haben sich derzeit allesamt versammelt,

der Welt diesen Geist auszutreiben; Wirtschaft, politische Parteien

(links wie rechts), Kirchen und Wissenschaft, Gläubige und Atheisten,

überall dort, wo neues Denken, Fühlen und Handeln sich zu entwickeln

drohen, sind dieselben Reaktionen zu erwarten: sie schreien

„Esoterik“, „Okkultismus“, „Sekte“. Und sicher ist die Neue Zeit etwas

von alldem und doch nichts davon. Genauso ist sie etwas von dem Alten

und doch nichts davon. Und dies sorgt für Rat- und Orientierungslosigkeit

unter den Mächtigen.

Was also ist die Neue Zeit? Sie bietet tausend Alternativen, doch

selbst ist sie alternativlos. Sie ist das Potential zu allem, zur Tugend

ebenso wie zum Verbrechen, und doch wählt sie die Tugend und meidet

das Verbrechen. Sie ist zutiefst irrational und damit Grundlage alles

Rationellen. Sie ist unberechenbar, unkorrumpierbar, unbestechlich. Sie

ist unbeweglich und beinhaltet doch alle Möglichkeit zur Bewegung. Sie

ist die Einheit der Vielfalt, ein Abbild des Paradieses auf Erden. Sie un-


terscheidet sich nicht von der alten Zeit, sie ist ganz anders als diese. So

dürfen wir uns auch als Neue Menschen nicht von den Menschen der

alten Zeit unterscheiden, ja, es ist gar kein Vergleich möglich zwischen

ihnen und uns, denn wir leben in einer anderen Welt, hier gelten andere

Gesetze. Diese Gesetze sind es, denen es sich zu unterwerfen gilt, die

es uns Heutigen zum Teil so schwer machen, den Wechsel zu vollziehen.

Zu verrückt, irrational und komisch scheinen die Forderungen zu sein,

die die Neue Zeit an den Menschen stellt.

Dennoch, die Aussicht auf das Neue, der verlockende Geruch eines

Goldenen Zeitalters der Zukunft, die Versprechen von Frieden und

Gerechtigkeit, die nur die Neue Zeit wirklich erfüllen kann, versetzen

Menschen nun schon lange, von Generation zu Generation, seit Jahrtausenden

in einen Taumel der Begeisterung. Unbewusst irren wir zwar

durch die Zeit, doch innerlich sind wir getrieben von einem unbekannten

Land, welches wir gern in ferne Zeiten rückprojizieren. Und doch,

alle Weltzeitalter liegen in uns als Muster vor, als eine Schablone, ein inneres

Wissen, das es zu vollziehen und auszufüllen gilt. Daher lässt sich

die Sehnsucht nach der Neuen Zeit nicht abstellen, denn sie ist dem

Menschen inhärent. Daher ist das einzige Mittel, welches sie verhindern

könnte, die Vernichtung der Menschheit, und einige haben sich diesem

Plan verschrieben. Und jeder, der angesichts der Fakten weder aufsteht

noch handelt, macht sich zum Mittäter an der Zerstörung unserer schönen

Erde.

Die Neue Zeit zu unterdrücken, diesen impliziten Willen solange es

geht aufzuhalten, haben sich die Reichen und Mächtigen zusammengeschlossen.

Ihre Arbeit, dies zu bewerkstelligen, umfasst seit Jahrhunderten

eine Doppelstrategie. Erstens: Not, Leid und Elend für die

Menschen erschaffen, irgendein Schreckensszenario heraufbeschwören,

bei dem jeder ums eigene Überleben kämpft und des Anderen nicht

mehr gedenkt, mit dem Ziel der Teilung (alá „teile und herrsche“) im

Innen wie vom Außen. Zweitens: Um die inhärente Sehnsucht, die man

äußerlich nicht bekämpfen kann, zu neutralisieren, gilt es, einerseits die

13


14

Weisheitslehren und die Liebe zu Gott lächerlich zu machen und andererseits

jedwede Ablenkung durch materiellen Sinngenuss wie auch egobezogene

„Spiritualität“ und Verschwörungstheorien zu fördern. So

wird jede mögliche Maßnahme eingeleitet, die den Einzelnen davon abhält,

sich mit sich, seiner Seele und der Wahrheit zu befassen. Und echte

Spiritualität ist Wahrheitssuche.

Natürlich müssen wir uns von dem Gedanken verabschieden, dass

allein das System dafür verantwortlich ist, denn zur Ablenkung von der

Wahrheit gehören immer zwei: einer, der Zerstreuung anbietet, und

einer, der sie konsumiert. Zum ewigen Konsum als einzigem Sinn ist

kein Mensch geboren, es sei denn, er bringt sich selbst in diese Zwangslage,

doch dazu im nächsten Kapitel mehr. Dennoch, die „Reichen und

Mächtigen“ sind eine Realität. Es sind jedoch keine Familien, Rassen

oder Geheimbünde, die hier die Strippen ziehen. Denn ob man will oder

nicht, das Rad des Schicksals sorgt immer für einen gewissen Umlauf,

und irgendwann endet jede Ära oder Dynastie, das ist der Lauf der

Dinge. Daher bezieht sich das nicht auf eine bestimmte Personengruppe,

sondern konkret auf die, die jetzt das Geld ergo die Macht

haben und bemüht sind, Bestehendes zu erhalten, den Status Quo. An

ihnen scheitert jeder realistische Verstand, sie treiben die Geschichte

immer weiter vorwärts (in ihrem Sinne und nur nach ihrer Vorstellung),

auf dass die Macht sich mehre und nie wieder aufhöre. Unsterbliche

wollen sie werden – und bleiben doch arme Würstchen, die von der Anhaftung

an die vergänglichen Phänomene in den Wahnsinn getrieben

werden. Sie versuchen, die Zeit anzuhalten, sagen zum Augenblick, dass

er doch verweilen, immer so bleiben soll, da es so schön ist, wie dieser

Gedanke schon ähnlich in Goethes „Faust“ manifest ist. Und Faust weiß,

dass das nicht geht, denn alles fließt, und niemand bringt das Rad der

Zeit zum Stillstand, außer Gott.

Daher wird weiters von dieser Seite versucht, alle wahren Werte in

den Dreck zu ziehen und dafür eine gesellschaftliche „Normalität“ zu


propagieren, die wahrhaft satanisch ist. Und genau dies, was schon über

6.000 Jahre vollzogen wird, macht die Umwertung, die Rückkehr zu den

wahren Werten, notwendig.

Aus all dem ergibt sich, dass die Neue Zeit als Machtfaktor von allen

Mächten der alten Welt nicht nur anerkannt, sondern sogar leidenschaftlich

bekämpft wird. Bekämpfen muss man aber nur den Gegner, den

man wirklich fürchtet. Bekämpfen muss man nur das, was den Wandel

beinhaltet, den man ablehnt. Und auch darin sind alle Mächtigen sich

einig: Es soll keinen Wandel geben, wir machen weiter wie bisher, irgendwie

kommen wir gestärkt aus der Krise hervor, hat ja bisher auch

immer geklappt. Diesen „Wesen“ möchte man den Spruch der Alten

entgegenschleudern, wonach der Krug immer nur so lange zum Brunnen

geht, bis er bricht. Und doch werden sie, getrieben von Gier und

Angst, nicht klug und sehen nicht, wie ihre Macht ihre Ohnmacht begründet.

Der Systembruch wäre eine Katastrophe, ebenso das sture Weitermachen,

da genau dies zum Bruch führen wird. Jedoch wissen die Mächtigen

auch, dass der Bruch, der als nächstes kommt, auch das Ende der

menschlichen Zivilisation wie des Lebens auf diesem Planeten bedeuten

kann. Also rafft man, solange man kann, um etwas zu haben für die

Zeit nach dem Zusammenbruch, welchen man in teuren, atombombensicheren

Bunkern zu überleben hofft.

Doch das, was sich da zusammenbraut, wird alle betreffen, arm wie

reich, und das Hamstern von Besitz und Lebensmitteln erscheint unter

der Perspektive der Wirklichkeit wie ein sinnloser Versuch, nicht nur

sein Leben, sondern dann besonders sein Leiden zu verlängern. Jedenfalls

können wir spirituellen Menschen ausschließen, dass darin die

Lösung läge. Ganz im Gegenteil, diese Haltung beschleunigt den Untergang

nur, und man möchte mit Nietzsche sagen, dass es besser wäre,

wenn man schon die Zerstörung forciert, den eigenen Untergang auch

zu wollen. Dies ist aber nicht der Fall.

15


16

Und so ist der moderne Mensch hin und her geworfen zwischen den

Weltmächten, den realen wie den eingebildeten, den drohenden kollektiven

Tod vor Augen. So „modern“ wir uns auch wähnen, wir teilen

doch all die Urängste unserer Ahnen, wenn sie zum Beispiel in einem

Segelschiff den Atlantik überquerend neues Terrain betraten. Wie sie

haben wir im Sturm das Sinken des Schiffes immer vor Augen und den

Impuls in uns, uns an dem Mast festzuklammern, der soeben samt

Schiff vom tosenden Ozean zu Grunde gezogen wird.

!

So muss uns eines klar sein: Entweder wir schaffen es, dass das

Schiff oben bleibt, sprich die Erde überlebt, oder wir sterben allesamt

mit Mann und Maus. Nichts ist dann überlebensfähig, geht

die Welt unter, wird niemand vereinzelt überleben können. Nur

gemeinsam haben wir eine Chance.

Es ist sicher dem einen oder anderen Kenner bereits aufgefallen, dass

ich strukturell immer wieder auf Karl Marx’ „Manifest der kommunistischen

Partei“ zurückgreife, denn auf die Gedanken dieses Mannes und die

daraus entstandene Ideologie ist in diesem Zusammenhang gesondert

einzugehen, weil, betrachtet man es mal genauer, die Lehre vom Kommunismus

nichts anderes ist als das Versprechen der Neuen Zeit. Nur

hat er es neu formuliert und seines spirituellen Gewandes entkleidet,

wodurch es fahl und nackt wirkt. Und Marxens Kommunismus war

wirklich als Schreckgespenst gezeichnet, während die Neue Zeit eher

mit paradiesischen Zuständen für alle lockt. Die rein materialistische

Weltanschauung hat schließlich den Versuch eines realen Kommunismus

zu Fall gebracht; jedoch nicht nur dies, sondern auch die Tatsache,

dass Marx zwar ein hervorragender Analytiker des Systems war, aber

ein lausiger Menschenkenner. Doch darauf werden wir im nächsten

Kapitel eingehen. Es genügt uns hier, schon einmal festzustellen, dass

der Materialismus als Weltanschauung, Glaubensersatz und Ideologie

insgesamt gescheitert ist.


17

Daher entwickelt sich auch der wissenschaftliche Paradigmenwechsel

rasant, worauf später im Kapitel „Zeitenwende“ noch näher eingegangen

werden soll. Darüber schrieb der Eingeweihte Sir George Trevelyan

bereits im Jahre 1977:

„Bisher haben die meisten Menschen stillschweigend angenommen,

daß die Materie die primäre Realität sei, das Universum ein toter

Mechanismus. Jetzt wird unser kollektives Bewußtsein mit einer

alternativen Vorstellung durchflutet – nämlich daß der Geist primär

ist und daß die große Einheit die Erscheinungswelt in all ihrer Mannigfaltigkeit

durchdringt.“ 2

Und dieses neue Wissen begeistert mehr und mehr Menschen. Indes,

so neu ist es nicht, diese Ansicht der Welt kann in fernste Zeiten zurückverfolgt

werden. Doch bleiben wir erst noch in der Zeit des Karl

Marx. Damals stand dem Materialismus der Idealismus gegenüber, die

„deutsche Philosophie“ genannt, die Marx aber verkehrt herum fand,

wie er es selbst ausdrückte, und sie deshalb „vom Kopf auf die Beine“

stellte. In Wirklichkeit hatte er das, was recht gerichtet war, auf den

Kopf gestellt. Sein zentraler Ansatzpunkt war die Frage, ob das Sein

das Bewusstsein bestimmt oder ob Bewusstsein das Sein bestimmt,

kurz: ob Bewusstsein ein Produkt der Materie ist oder die Materie ein

Produkt des Bewusstseins, des Geistes. Denn diese Frage bestimmt darüber,

was das Primäre ist: Wonach sollten wir uns ausrichten, worauf

sollte der Blick gerichtet sein, auf das Außen, auf die vergängliche Materie,

die wir haben, besitzen, konsumieren möchten, oder umgekehrt

auf das Innen, das unvergängliche Ideal, welches in uns angelegt ist und

entfaltet werden möchte?

Nun, man mag darüber spekulieren oder philosophieren, aber Ideologien

nutzen uns hier nichts, denn sie sind immer eine Art künstliche

Anschauung von Welt und Wirklichkeit, eher ein Meinen und Wünschen,

dass es so wäre, als die nüchterne Feststellung, wie es ist. Und

zwischen diesen beiden Ideologien Materialismus und Idealismus steht,


18

quasi als Bindeglied aus Geist schöpfend und damit die Materie formend

und segnend, die Spiritualität als lebendige Haltung. Spekuliere und operiere,

heißt es in den okkulten Wissenschaften, denke nach und probiere

aus.

Spiritualität strebt nach der Unmittelbarkeit der Anschauung aus der

Ganzheit, etwas, das den Geist öffnet, das Bewusstsein erweitert und

Begeisterung wachruft. Wahrhaft in-spiriert kann nur sein, wer sein

Leben in-Spirit gründet. Und Inspiration brauchen wir, gerade in der

heutigen Zeit würde uns etwas mehr Ausrichtung auf Spirit und Ideal

gut tun.

Sicher, der Mensch ist müde geworden, sowohl gegenüber apokalyptischen

Vorstellungen als auch Errettungsideologien. Was aber, wenn

dann doch plötzlich eine Apokalypse vor der Türe steht? Und wenn die

eigene Errettung der einzige Ausweg ist, die ganze Welt zu retten? Wir

alle sind dazu aufgerufen, jetzt die Helden der Menschheitsgeschichte

zu sein. Lang genug ward es vorbereitet und dieses Wissen im Welt-

Weisheitserbe kodiert, von den Eingeweihten als Heiligstes erachtet, behütet

und immer weiter – selbst unter Lebensbedrohung durch die

Mächtigen – durch die Zeiten getragen.

Was nun genau ist jenes Geheimnis, das die Mächtigen so bedrohlich

finden? Es ist das Geheimnis der Transmutation, einer nachhaltigen und

dauerhaften Veränderung im Kern jedes Menschen und Dinges, die

Verwandlung unseres Bleis in Gold für alle. Es sind Geschichten vom

Goldenen Zeitalter, von einer gerechten Gesellschaft, die aus den goldenen

Kernen der geeinten Menschheit erschaffen wird – ein Reich tausendjährigen

Friedens, wie es die Bibel beschreibt. Und es handelt von

der Wahrheit, dass wir alle ein Saatkorn des neuen Reiches in uns tragen.

Ein Senfkorn, womit es Jesus vergleicht, das durch die Schärfe der

Vernunft genauso zum Keimen gebracht werden kann wie von der

Weisheit des Herzens oder dem Feuer der Leidenschaft, der Begeisterung

für und der Inspiration durch Liebe und Wahrheit.


19

Wenn dieses Korn aber in uns ist, so werden wir es nur finden, indem

wir uns entschlossen und begeistert mit unserer Innenwelt verbünden.

Vom euphorischen Strohfeuer ist diese Art der Leidenschaft unterschieden

durch die Art und Dauer des Brennens. Denn dieses Licht, das es

hier zu entdecken gilt, brennt milde wie eine Öllampe und gleichzeitig

gleißender als 1000 Sonnen, ja all das Licht der Myriaden von Sternen

reicht nicht an den hellen Glanz dieses Lichtes heran, und doch liegt es

häufig eingefaltet im Dunkel eines versteinerten Herzens. Es ist das

ewige Licht des Geistes, welches uns unsere tiefsten Tiefen und Abgründe

erhellt und erschauen lässt. Es ist das Licht der Seele in der geheimen

Kammer des Herzens. Und es ist das Licht unter unserer

Wurzel, unsere Kern-Energie, die unsere Grundhaltung prägt und alle

Resonanz dominiert und die uns unsere Schritte und Wege erhellt.

!

Dieses innere Licht zu entzünden, zu pflegen und zum Strahlen

zu bringen, ist die heilige Pflicht eines jeden spirituellen Menschen.

Indem wir uns lichtvoll gestalten, erhellen wir die Welt.

Wir sehen, dass – im Gegensatz zu den Ideologien, welche meist auf

-ismus zu enden pflegen – die Spiritualität im Kern Lebenspraxis ist.

Während Ideologien meist ein theoretisches Sammelsurium von Ideen

sind, welche in der Praxis erst noch ihre Tauglichkeit erweisen müssen,

zielt die Spiritualität im Grunde auf den individuellen Entschluss, der

Wahrheit die Ehre zu geben. Danach zu suchen, ist Sinn jeder spirituellen

Übung. Wer spirituell praktiziert, aber die Wahrheit nicht verehrt,

geht irre. Der alte Wahlspruch „Erkenne dich selbst“ gilt noch immer,

also sollten wir bestrebt sein, die Wahrheit über unser Selbst zu erringen,

und diese entspricht meist nicht dem, was wir über uns glauben, woran

wir festhalten, womit wir uns identifizieren. In der Tat haben die meisten

Menschen kein realistisches Selbstbild. Dies hat mehrere Ursachen.

Die meisten Menschen machen sich besser oder schlechter als sie

sind. Warum sie das tun, diese Ursachenforschung betreiben wir dann


20

im nächsten Kapitel. Für unsere Betrachtung jetzt genügt festzustellen,

dass sie es tun. Sie entwickeln ein verzerrtes Bild der Wirklichkeit. Dies

kann in dem Moment, wo es geschieht, durchaus sinnvoll sein, doch ist

er vorbei, dann nicht mehr. Behalten wir die Verzerrung dennoch bei,

entsteht ein „Sehschaden“ – und dann ist es unmöglich, die Realität

neutral zu betrachten oder sich nach ihr zu richten, sondern ab dann

richten wir uns stets nach dem inneren Eindruck inklusive der Verzerrungen.

Das ist so, wie sich die Frontscheibe des Autos mit Bildtapete

zu bekleben, sich reinzusetzen, loszufahren und sich an dem Bild zu

orientieren, was wir sehen. Weit kommen wir so nicht, und irgendwann

stehen wir lieber still, als den nächsten Unfall zu provozieren.

Denn das Problem ist, dass diese Verzerrungen wie ein Filter wirken

– oder vielmehr wechselwirken, der Blick, der eigentlich unsere

Realität verzerren soll, beginnt, auch die äußere Realität zu verzerren.

Je mehr wir dieser Perspektive trauen und folgen, umso mehr baut sie

sich auf, bis sie sich wie ein Ring um uns schließt. Da wir in diesem

Zustand keinen unmittelbaren Zugang zur Wahrheit mehr haben, sind

wir gezwungen, unserer Interpretation zu folgen. Damit entfernen wir

uns mehr und mehr von unserem Selbst, welches sich mehr und mehr

einfaltet, was zu Einfalt führt.

Verfolgen wir diese Verzerrungen, die unterschiedlicher Natur sein

können, zurück, betrachten sie sozusagen von der Metaebene aus,

werden wir eine Gemeinsamkeit, einen kleinsten gemeinsamen Nenner

finden: Sie alle beruhen auf der Identifikation mit der Materie, mit etwas

Vergänglichem. Der Buddhismus nennt dies Anhaftung an das Leid.

Denn allen materiellen Erscheinungen ruht das Leid eigener Vergänglichkeit

inne.

Es wird also klar, dass eine Entzerrung der Wirklichkeit nötig ist,

was dazu führt, dass wir alles, was wir für wirklich halten, kritisch hinterfragen

sollten. Und wenn die Verzerrung zu einer Entfremdung vom

Selbst führt, so können wir die Entzerrung daran messen, inwieweit ein

Mensch bereits zu sich gekommen ist. Da fast alle Menschen unter


Formen der Entfremdung leiden, ist also das Zu-Sich-Kommen unsere

primäre Pflicht.

Ein Mensch, der eins ist in seinem Selbst, entfesselt das Seelenlicht

und seine Schöpferkraft. Um das Selbst zu entfalten, braucht es eine

Kraft, die wir das ewige Licht oder den kreativen Funken der Begeisterung

nennen. Diesen gilt es zu befreien. Der kreative Funke sorgt dafür,

dass unsere Routine unterbrochen wird, um Neues zu lernen, er hilft,

die Gewohnheiten zu ändern und den Wohlstand zu erschaffen, der

allen zugute kommt.

Wir können also sagen: Um die alte Welt zu erhalten, gilt es, den

Menschen sinnlos zu beschäftigen, ihn in irgendeine Routine zu zwingen,

die nicht zu ihm passt, wodurch er sich entfremdet und die Verbindung

zum kreativen Funken verliert oder dieser ganz erlischt. Ein

solcher Mensch funktioniert für fremde Einzelinteressen. Um die Neue

Welt aus der Wiege zu heben, sollten wir unseren kreativen Funken entfachen

und ihn mit unseren besten Fähigkeiten und Talenten verbinden,

um in freiwilligem und natürlichem Tätig-Sein Nutzen für die Welt zu

erschaffen. Somit kreieren wir frei und im Interesse der Menschheit und

damit auch im eigenen.

Die Reichen und Mächtigen versuchen, diesen kreativen Funken unbedingt

und mit allen Mitteln zu unterdrücken. Dieser Unterdrückung

wirkt unser eigenster, innerer Wunsch, unserer Bestimmung zu folgen

und zum Wohle der Welt jenes Licht-Paket zu entfalten, welches in der

Seelenkammer eingefaltet liegt, entgegen. Dieses Entbrennen im eigenen

Interesse wollen sie verhindern.

Ich wage jetzt mal die These, dass, würde jeder Mensch seiner Bestimmung

nachgehen und seine Talente und Fähigkeiten entfalten, für

alles in optimaler und überreichlicher Weise auf diesem Planeten gesorgt

wäre. In gemeinschaftlicher Kraftanstrengung wird getan, was hierzu

notwendig ist. Somit entsteht eine Welt vielfältigster, glücklicher und

vervollkommneter Individuen, die dem Weltgeist verpflichtet sich zu

einer liebenden Einheit als Menschheit verbinden. Niemand wird aus-

21


22

geschlossen, alle sind aufgehoben, jeder bringt sich zum Wohl und Gelingen

des Ganzen ein. Eine solche Welt würde die Tat nicht mehr nach

dem zu erwartenden Gewinn, sondern nach dem zu erzielenden Nutzen

für die Gemeinschaft entscheiden. Es würde über kurz oder lang ein

hochtechnologisches, friedliches und nachhaltiges weltweites Utopia

entstehen. Und dieses wurzelt nicht in irgendeiner Ideologie oder Überzeugung,

sondern in der täglichen persönlichen Lebenspraxis.

Es ist klar, dass es Menschen gibt, die eine solche freie, grenzenlose

Welt des Geistes ablehnen oder die auch keinen Zugang zu dieser Vorstellung

haben. Da es aber um Praxis geht, hat jeder Mensch die Möglichkeit,

Erfahrungen damit zu machen. Und aus Erfahrung wächst

Erkenntnis.

Die Beschäftigung mit den eigenen geistigen Inhalten und Überzeugungen,

Gedanken und Gefühlen, Instinkten und Intuitionen führt uns

tief in unsere Innenwelt und in Verbindung mit uns selbst. Hier können

wir unsere inneren Instanzen kontaktieren, wir können uns aus der

Matrix unserer oberflächlichen Identifizierung in die Tiefe unseres inneren

Funktionierens abgleiten lassen. Schließlich beginnen wir, uns

selbst zu verstehen, Muster und Programme zu erkennen und zu nutzen,

wenn sie hilfreich sind, oder zu korrigieren, wenn sie es nicht sind.

Interessanterweise ist es so: Je tiefer wir in uns selbst hinabtauchen,

umso weniger sind die Inhalte und Instanzen individuell, denn ganz

unten, in der tiefsten Schicht, finden wir unseren Zugang zu den archaischen

Kollektivkräften. Hier liegt die Kraft des Mythos begründet,

hier fließt der Strom kosmischen Schicksals durch den Menschen hindurch

und schafft sich Bahn als kollektive Schöpfung der Welt. Auch

diese Ebenen werden nur von der Begeisterung angesprochen. Sie verhalten

sich nicht rational und kennen die Kategorien Gut und Böse,

Schöpferisch und Zerstörerisch nicht.

Von diesen Kräften Gebrauch zu machen, kann gefährlich sein, wie

die Vergangenheit immer wieder bewiesen hat. Da hier aber auch die

Kraft der Weltenschöpfung verborgen liegt, kommen wir um die


23

Weckung dieses Ungeheuers nicht drum herum. Ausgenutzt kann diese

Kraft werden, wenn sie von außen gereizt wird. In diesem Fall ist das

Bewusstsein nicht klar genug, um zu erkennen, was passiert, es ist in

seiner Urteilskraft getrübt. Da es sich um Kollektivkräfte handelt, ist

der vermasste Mensch besonders anfällig dafür und könnte so Handlungen

begehen, die er bei wachem Verstand nie tun würde.

Anders sieht es aus, wenn man sich individuell auf den Weg macht,

diese Kräfte in sich zu beschwören. Denn dadurch sind sie gezwungen,

individuelle Form anzunehmen, wodurch sie fassbar und verstehbar,

aber auch bezwingbar werden. Und man wird dann weniger anfällig für

die Verführungskünste der Massenverführer, egal ob im politischen, im

religiösen oder wissenschaftlichen Bereich oder bei der Werbung.

Es ist wie ein Meer, auf welchem unser Sein ruht, welches aufgerührt

oder beruhigt werden kann, je nachdem, ob etwas in Bewegung versetzt

oder zum Stillstand gebracht werden soll. Wir können jedoch nicht alles

aus diesem Urmeer der Kreativität schöpfen, sondern nur das, was in

uns auch angelegt ist. Daher gilt es, unsere innere Veranlagung zu erforschen.

Verlassen wir erst einmal die archetypische Ebene und tauchen auf,

bis wir die erste individuelle in uns erreichen. Dies ist ein kleiner Punkt

unterhalb der Wurzel unseres Seins. Hier ist die innere Schnittstelle zwischen

dem kollektiven und dem individuellen Bereich. Hier ist der tiefste

Grund unseres individuellen Seins angelegt, und je nach Einstellung bestimmt

dieser Punkt das grundsätzliche Erleben der Welt und die Art

unseres Beitrags zur Schöpfung (siehe Abbildung 1, Seite 154).

Dieser Kern ist wie ein Filter und Übergangstor; aus der kollektiven

Ebene kann nur Einfluss haben, was zur Grundenergie dieses Kerns

passt. Der Prophet David Spangler schreibt hierzu:

„Ihr habt jetzt Energien in eure Welt gebracht, die jenseits von Form,

die im Herzen der Form sind, Kernenergien, und zum ersten Mal

könnt ihr Energien subtiler Art auslösen und mit ihnen direkt auf die

Formen einwirken. Ich [das Wesen von Liebe und Wahrheit, Anm.


24

André Buchheim] habe mich selbst in diesen Energien verkündet und

offenbart. Sie gehören mir an. Ich bilde die Substanz eurer Welt; ich

kann nicht wider mich selbst handeln. Wenn diese Energien frei werden,

müssen sie das zum Ausdruck bringen, was ich bin, und ich bin

Liebe. Ich bin Wahrheit. Ich bin Licht. Ich bin Schönheit. Ich bin

Freude, aber ich bin Leben, immer mehr Leben in wachsender

Fülle.“ 3

Ich möchte anmerken, dass diese Beschreibung, was den Kern ausmacht,

bereits dem Ideal der Neuen Zeit entspricht. Der Kern kann,

bevor er entsprechend transformiert wurde, jedoch auch ganz anders

aussehen, gegenteilig, auf Zerstörung, Schmerz und Leid gerichtet

(siehe Abbildung 2, Seite 155). Es ist klar, die Polung prägt uns, dies

macht uns im Kern aus, hier liegt der Grund unseres konkreten Schaffens

und Erlebens. Je nachdem, wie unsere Grundeinstellung ist, wird

hier sozusagen das Schicksal gekiest, denn wir können nur erleben, was

diese Einstellung zulässt, und was sie ausschließt, bleibt uns im Leben

verwehrt und verborgen, wünschen wir es uns auch noch so sehr.

Dieser zentrale Kern bestimmt unser persönliches Lebensfundament.

Es ist das Feld, welches wir wahrnehmen und bestätigen, auf welchem

unsere Schöpfung ruht. Als Grundresonanz wirkt dieser Punkt

und bestimmt, ob wir einen Schmerzkörper oder einen Seligkeitskörper

ausbilden. Es ist das Feld, auf welchem wir unsere Saat ausbringen, die

dereinst Früchte tragen, also Ertrag bringen soll. Und je nach Einstellung

ist dies ein fruchtbarer Ackerboden, welcher reiche Frucht hervorbringt,

oder Fels, auf dem der Same verdorrt.

Unseren innersten Persönlichkeitskern können wir auch analog zum

Erdmittelpunkt betrachten. So wie der Erdkern für das Entstehen der

Pole und des Erdmagnetfeldes zuständig ist, so ist auch unser innerster

Kern ein magnetisches Energiefeld mit einer entsprechenden Polung.

Dieses bildet die Grundlage unseres erschaffenen und uns umgebenden

Lebensfeldes und bestimmt die Grundresonanz, auf welcher wir anziehen

und abstoßen, aufbauen und niederreißen, uns entfalten oder zusammenziehen.

Diese gegensätzliche Grundbewegung wird dann auch


von unserer Seele übernommen. Nur wenn der Kern gut ausgerichtet

ist, kann sich die Seele öffnen.

Der Kern bestimmt über alles: unsere Energieausrichtung und

Polung, unsere Persönlichkeit und Charakterbildung, unsere Ausstrahlung,

unsere Wahrnehmung von der Welt und selbst darüber, wie wir

von der Welt wahrgenommen werden, denn aus dieser Grundhaltung

und ihr entsprechend wachsen all unsere Einzelhaltungen zu uns und

den Dingen. Wie wir grundsätzlich all unsere Beziehung gestalten, darüber

bestimmt der Kern.

Eine sehr klare und deutliche Gegenüberstellung der unterschiedlichen

Ausrichtung im Kern zeigt uns das Märchen „Frau Holle“ der

Brüder Grimm in den Persönlichkeiten der Goldmarie und der Pechmarie.

In Märchen und Mythen haben die Altvorderen die Wahrheit der

Welt kodiert. In diesem Märchen steckt so viel Wahrheit über den Kern,

dass es sich einer näheren Betrachtung lohnt.

Eine Stiefmutter hatte zwei Töchter. In der Erstfassung war sie nur

Mutter. Die Grimms spielen hier auf ein in ihrer Zeit typisches Problem

an: Da Frauen häufig im Kindbett starben, kam es nicht selten vor, dass

der betroffene Mann nach gegebener Zeit erneut heiratete und weitere

Kinder zeugte. So sind die Geschwister eigentlich nur Halbgeschwister,

wobei der neuen Mutter und dem Prototyp der bösen Stiefmutter im

Märchen die eigene Tochter lieber ist als die der Vorgängerin. Nur so

lässt sich erklären, wie das Märchen weitergeht, denn die eine Tochter

war hässlich wie die Nacht, die andere jedoch schön wie der helle Tag,

und dennoch liebte die Mutter die hässliche, eigene Tochter mehr und

verdammte den Sonnenschein zur Sklavenarbeit. Ich bin mir sicher, so

wie es beschrieben steht, meinten die Grimms mehr die inneren, die

Kernqualitäten der Mädchen, die sich zwar auch im Außen zeigen können,

jedoch häufig von oberflächlicher Erscheinung überdeckt werden.

Schon hier zeigt sich eine Kernentscheidung: die für Höhe, Tiefe und

ein klares Profil oder für die Oberflächlichkeiten der materiellen Welt

und die Profilierung. Klar ist: Etwas mag oberflächlich schön in Er-

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26

scheinung treten, kann aber innerlich morsch, hohl und finster sein,

etwas kann vielleicht nicht so attraktiv erscheinen an der Oberfläche,

ist aber innerlich stark, glänzend und lichtvoll. Und je nachdem wie wir

agieren oder reagieren, verraten wir unsere Kernorientierung: Sind wir

auf Oberflächlichkeit eingestellt oder suchen wir die innere Wahrheit?

Deutlich wird dies in der Wahl unserer Partner und Freunde. Umgeben

wir uns lieber mit hübschen oder mit tiefgründigen Menschen (wobei

das eine das andere nicht ausschließen muss)?

Ich habe schon Menschen kennengelernt, die aufgrund bloßer

körperlicher Attraktivität bei ihrem Partner respektive ihrer Partnerin

blieben, auch wenn der Inhalt der Persönlichkeit ihnen immer wieder

Leid und Schmerz zufügte. „Aber er ist doch so niedlich…“, „Sie ist

doch so süß…“, „Sie sehen doch so gut aus…“ Wer so lebt, kann entweder

bei dieser oberflächlichen Einstellung bleiben und weiter leiden

oder dem Leiden auf den Grund gehen und sich von der Oberfläche

lösen. Es ist die Entscheidung eines jeden Einzelnen… Doch zurück

zu Frau Holle.

In der Urfassung beugt sich Goldmarie, die mit dem goldenen Kern,

zu tief über einen Brunnenrand und fällt hinein. Der Brunnen symbolisiert

den Übergang zur Innenwelt und Anderswelt. Er führt in die

Tiefe, ins Außergewöhnliche, ins innerste Wesen der Dinge. Das Motiv

ist bekannt, wir folgen mit „Alice im Wunderland“ dem weißen Kaninchen

durch seinen Bau in die unterirdische, verborgene Welt, die von

der Herz-Königin regiert wird, einer allerdings im Kern eher zweifelhaften

Persönlichkeit, wodurch Alice herausgefordert wird, zur eigenen

Heldin der Geschichte zu reifen. Oder wir werden in die Lüfte gehoben

wie Dorothy durch den Wirbelsturm und ins geheimnisvolle Land des

„Wizard of Oz“ geführt, wo auch ihre Aufgabe es ist, zur Heldin zu

reifen und die Wahrheit im Kern zu entdecken, um zurückkehren zu

können. In den neueren okkulten Wissenschaften nennt man dies eine

Erfahrung mit einer nicht-alltäglichen Realität. Diese wird häufig beschrieben,

bevor es zu einer grundlegenden Veränderung der Persön-


lichkeit kommt, einer Transmutation des Kerns. Doch dazu gleich mehr.

Wir können uns frei entscheiden, ob wir abwarten, bis so eine Erfahrung

von selbst kommt – vielleicht kommt sie auch nie – oder ob

wir uns auf die Suche begeben und freiwillig in den Brunnen zur eigenen

Tiefe springen. Wer es wagt, gewinnt eine wesentliche Erkenntnis

über sein Selbst und kann sogar sein Schicksal in eine grundsätzlich andere

Bahn lenken.

Apropos Schicksal: In den späteren Fassungen von „Frau Holle“

wird die Arbeit spezifiziert, die Stieftochter sitzt am Brunnenrand und

spinnt Fäden. Dabei verletzt sie sich an der Spindel und lässt diese vor

Schreck in den Brunnen fallen. Nachdem sie dies der Stiefmutter gebeichtet

hat, zwingt diese sie, hinterherzuspringen. Die Spindel, die in

gleicher Symbolik in verschiedenen Märchen vorkommt, ist das Symbol

der Norne Urda. Ihr Name ist der Ursprung des heutigen deutschen

Begriffs „Erde“. Sie symbolisiert den geistigen Urstoff, der ur-da, also

immer vorhanden war, und verdichtet die geistige Information zu einzelnen

Fäden, Schicksalen. Ihre Wohnstatt ist unter der Wurzel des Lebensbaumes,

im Kern. Urda ist ein nordgermanischer Name, dort wird

er auch „Ürd“ gesprochen (vergleiche das englische „Earth“).

Im südgermanischen Raum nannte man diese Schicksalsgöttin

Holda. Man findet den Zugang zu ihrem Reich an Hollunderbäumen.

Der Name ist hier noch durch und durch positiv besetzt: die Holde, die

Freundliche, die Fülle Schenkende. In dieser Form wird sie körperlich

üppig gedacht: die runde Erde, die gute Ernte bringt. In der Dreiteilung

der Nornen ist sie das Gesetz der Aussaat: ich ernte, was ich sähe; das

Gesetz der Resonanz: wie ich in den Wald rufe, so schallt es zurück;

sowie die Freude des Anfanges, des Beginns, dem laut Hermann Hesses

Dichterwort ein Zauber innewohnt. Und um genau jene Magie des

Ur-Anfanges, jenen zentralen Kern, dem alles erwächst, geht es hier.

Und unsere Holda, die holde Erde, ist nicht trotz, sondern wegen ihrer

Fülle der Vielfalt eine Schönheit. Sie ist auch in ihrer Darstellung ur-da,

schon immer vorhanden, denn solche üppigen Figuren wie die be-

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rühmte „Venus von Willendorf“ symbolisieren die Erdgöttin mit ihren

runden, fruchtbaren Hügeln, an deren üppigen Brüsten alles Volk und

alle Welt Nahrung finde. Mit diesen Attributen wurde die große Erdgöttin

nahezu weltweit bereits von den Ur-Kulturen der Menschheit

verehrt. Ein Schönheitsideal!

Dass die Grimms sie im Märchen trotzdem von nicht so schöner

Gestalt schildern, zeigt ihre andere Seite, den zweiten Teil des Kerns.

Dabei ist das Wort „Holle“, mit welchem Holda hier ersetzt wird,

etymologisch verwandt mit den Wörtern „Höhle“, einem Zugang zu

einem inneren, unterirdischen Reich in der Tiefe, und „Hölle“, was die

Tiefe des Abgrundes meint. Und in der Tat wurde diese Göttin oft

unterirdisch in Höhlen verehrt. Im süddeutschen und österreichischem

Raum wurden schmale, unterirdische, labyrinthartige Gänge entdeckt,

Erdställe genannt, durch die man, ähnlich wie bei Alices Kaninchenbau,

in die Unterwelt schlüpfen konnte. Diese Erdställe sind jedoch auch gut

zum eigenen Schutz und der Verteidigung geeignet, man kann sich darin

verschanzen, ein angreifender Gegner wäre in einer ungünstigen, leicht

zu tötenden oder verletzenden Lage, wobei der Tote oder Verletzte den

Durchgang für weitere Angreifer verstopfen würde. Diese Höhlen sind

auch symbolische Grablegen, in die der Myste sich begibt, um die höchsten

Weihen zu erlangen in inneres Wissen und tiefste Weisheit. Auch

die vor uns Gewesenen, die Geister der Ahnen, die Toten ruhen hier.

Und doch ist der Tod auch Garant des Lebens, denn wenn man von

drinnen wieder nach draußen kommt, so kommt man wie durch einen

Geburtskanal der Erde aus der Dunkelheit ans Licht ins neue, ewige

Leben. Sie symbolisieren also Tod und Wiedergeburt, das Ende der alten

Existenz und den schöpferischen Beginn eines neuen Lebens sowie die

Auferstehung zum ewigen Leben. Gerade letztere Tatsache hat dieser

ursprünglichen Göttinnen-Tradition das Überleben bis ins christliche

Mittelalter hinein gerettet.

In diesen Gegenden Bayerns und Österreichs entsteigen zu bestimmten

Zeiten auch die Perchten solchen Erdhöhlen, und zwar die teuf-


lischen, bocksartigen Schirchperchten („schirch“ bedeutet übersetzt

hässlich) und die eher menschlich aussehenden Schönperchten. Auch

hier offenbart sich wieder die Ähnlichkeit zur hässlichen Pechmarie und

der schönen Goldmarie. Die Schirchperchten sind klar Geister der Unterwelt,

die der Tiefe der Erdställe, Höhlen und Brunnen entsteigen,

um diejenigen Menschen zu peinigen, die sündhaft, faul oder lüstern

sind und nur dem materiellen Sinngenuss hinterherjagen. Die Schönperchten

verteilen ihren Segen und fungieren bisweilen als Verteidiger

der Menschen, sollten die Dämonen übertreiben.

Das Wort „Percht“ bedeutet die Leuchtenden, die Hellen, auch hier

ein etymologischer Zusammenhang zwischen den Wörtern „Helle“,

„Höhle“, „Hölle“. Man könnte sie auch als Repräsentanten des dunklen

und des hellen Lichtes sehen. Interessant ist, dass das Dunkle, das Abgründige,

das Biest im Ursprung der Mann war, während die

Helle/Holle die Reinheit der Braut ist (vergleiche auch englisch „the

bright“ für „das Helle“ und „the bride“ für „die Braut“). Ich vermute,

dass daher die traditionelle Farbaufteilung bei deutschen beziehungsweise

mitteleuropäischen Hochzeiten kommt: die Braut in reinem,

hellen Weiß des Kleides, der Bräutigam in dunklem Schwarz seines Anzuges.

Wir haben hier auch eines der wenigen Beispiele weiblicher Herrschaft

in der deutschen Sprache. Sonst haben wir einen Kellner und eine

Kellnerin, einen Politiker und eine Politikerin, einen Partner und eine

Partnerin, doch hier eine Braut und einen Bräutigam. Interessant ist, dass

-in ursprünglich männliche Begriffe verweiblicht und das weit weniger

gebräuchliche -am dasselbe scheinbar umgekehrt macht. Die reine Braut

tritt als Beherrscherin und Züglerin dem Mann bei wie die Schönpercht

der Schirchen, sie ist also das Korrektiv des triebhaften Bockes Mann,

wie auch heute noch viele Männer sagen, dass sie „durch ihre Frau“ zu

besseren Menschen werden. Wir sehen auch vermengt Urmythen wie

die Wilde Jagd, wo Wotan mit dem Heer der Verstorbenen durch die

Lüfte zieht, wesentlich in der Zeit ab November, der mit dem Totenbrauch

am 31. Oktober, neudeutsch Halloween, beginnt und seinen

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Höhepunkt zu den Rauhnächten hat, welche auch mit einem Fest, dem

des Lichtes zur Wintersonnwende, anfangen. Die dunkle Zeit zieht die

dunklen Geister hinauf. Der nächste Höhepunkt ist dann die Faschingszeit

im Februar, und da es sich hierbei um einen speziell deutsch-österreichischen

Brauch handelt, geht es um den Mythos des Winterberges,

des Mitternachtsberges oder Unterberges.

Grob gesagt: In der realen Welt treiben im alpenländischen Raum

die Bauern das Vieh im Frühjahr zum Grasen auf die Alm, was Almauftrieb

genannt wird. Dort verbringt das Vieh dann den Sommer und

grast die Alm ab. Im Herbst beginnt dann die Rückkehr von der Alm in

die Ställe der Höfe, was Abtrieb genannt wird. Diesem halbjährlichen

Treiben können wir nun die geistige Seite im Winter entgegensetzen.

Hier ist es ein geistiger Berg, dessen Spitze bis an den Nordstern reicht.

An solchen heiligen Bergen als Repräsentanz des Weltberges finden wir

die Eingänge zu jenen Höhlen in die Unterwelt.

Aus den Erdställen wird nun das Vieh im November zum Auftrieb

auf den Berg getrieben. In luftiger Höhe verbringen sie den Winter auf

der Alm hinter den Wolken auf dem Mitternachtsberg und fliegen als

Wilde Jagd dahin. Und im Februar, zur Faschingszeit, ist der Abtrieb,

die Biester verlassen den Mitternachtsberg und kehren in ihre Höhlen

zurück, analog wurden die aufwendigen Verkleidungen der irdischen

Perchten in den Erdställen versteckt.

Dieses Brauchtum bildet einen der mythologischen Hintergründe

für die Vorstellungen des Hexenwesens in Deutschland: die Braut des

Teufels, die Dämonen zähmt und lenkt. Die oberste Braut ist die Göttin

Perchta. Sie bestraft die Faulen und jene, welche sich nicht an die

Speiseregeln halten, belohnt aber die fleißigen und hilfsbereiten Menschen.

Sie entspricht also ebenfalls dem Archetyp der Frau Holle. Insgesamt

gibt es, analog zu den Jahreszeiten, vier dieser Frauen, die sich

aber in ihrer Aufgabe ähneln, die anderen beiden sind Frau Wode und

Frau Fricke.


Es gibt also einen Zusammenhang zwischen dem Märchen „Frau

Holle“, den alten Göttinnen-Mysterien und dem Jahreskreis. Bis heute

halten es die meisten Orden und Gemeinschaften so, dass, wenn ein

Mensch Aufnahme begehrt in den Kreis der Eingeweihten, der Kandidat

oder die Kandidatin einer Prüfungszeit unterzogen wird, die traditionellerweise

meist mit „einem Jahr und einem Tag“ angegeben ist. Erst

dann wird – je nach Struktur vom Meister, den Oberen des Ordens oder

der gesamten Loge beziehungsweise Gemeinschaft – über Aufnahme

oder Ablehnung des Antrags entschieden. In dieser Zeit sollten die Bewerber

ihren Willen unter Beweis stellen, sich ethisch wohl zu verhalten

sowie hilfreich und fleißig beim Lernen zu sein. Und sie müssen ihre

Eignung besonders dadurch beweisen, ob ihr kreativer Funke geweckt

wird und sie bereit sind, ihm zu folgen. Kein kreatives Feuer – keine

Magie der Transmutation.

Jetzt haben wir einen wilden Ritt hinter uns durch Mythologie, Einweihung,

Hexenkult, Unterwelt und den Jahreskreis, kehren wir zum

Ausgangspunkt zurück, zu unserer lieben Frau Holle. Als die Goldmarie

am anderen Ende des Brunnens erwacht, findet sie sich inmitten einer

blühenden Frühjahrswiese wieder. Sie kommt dann an einem Backofen

vorbei und das Brot bittet sie, es aus dem Ofen zu holen. Dies symbolisiert

die sengende Hitze des Sommers, die Ernte des ersten Getreides,

das Backen des Brotes. Dann kommt sie zum Apfelbaum, da wollen die

herbstlichen Äpfel vom Baum geschüttelt werden. Schließlich kommt

sie zum Haus der Frau Holle, wo sie auf Bitten der Dame ihre Betten

schüttelt, worauf es auf Erden winterlich schneit. Sie durchwandert

einen Jahreskreis und wird geprüft, ob sie das Leben genießen, ob sie

hilfreich für Nahrung sorgen kann, ob sie bereit ist, zum Nutzen für

Andere ohne Eigennutz tätig zu sein, und ob sie die Natur schützt,

indem sie sie im Winter mit einer Schneedecke überzieht. All diesen

Aufgaben und Prüfungen stellt sie sich dank ihres goldenen Gemüts

und ihrer inneren Schönheit mit Bravur. Schließlich möchte sie heim,

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und Frau Holle bringt sie zu einem Tor. Dort gibt sie ihr die Spindel

zurück, legt also die Macht über ihr weiteres Schicksal wieder in ihre

Hand, und überschüttet sie mit Gold, so dass sie fürderhin reich sei,

leuchte und strahle.

Sie kehrt zurück, woraufhin die Stiefmutter teilbewusst und berechnend

nun die Schwester losschickt, nicht beachtend, dass ihr Kern anders

eingestellt ist. Es kommt, wie’s kommen muss, sie ist träge, faul,

das Schicksal ihrer Umwelt ist ihr egal, sie ist trotzdem immer fordernd,

will haben, haben, haben und bekommt – am End’ das Pech. Und, wenn

wir genau sind, sie bekommt dasselbe wie Goldmarie, auch bei ihr ist

fürderhin im Außen klar zu erkennen, was wirklich drin steckt.

Der kreative Funke zeigt sich nur in der Goldmarie, weil sie die

Aufgaben nicht einfach widerwillig macht, weil’s halt getan werden

muss – wie viele Menschen gehen heutzutage so an ihren Alltag und

ihre Arbeit heran –, nein, aus tiefster Freude des Herzens und mit viel

Liebe versucht sie, es bestmöglich für die Anderen zu tun. Indisch gesprochen:

Sie versorgt sich mit gutem Karma, zahlt auf ihr kosmisches

Konto ein, und das macht sich am Ende bezahlt. Aber eben nur dann,

wenn man es nicht um der Belohnung willen tut, sondern aus Liebe.

Hier verbirgt sich ein Hinweis auf das Wesen des Neuen Menschen. Er

gibt sein vorwiegend reaktives Verhalten auf zugunsten der Proaktion

der Liebe zum Nutzen für alle. – Den reaktionären Kräften keinen

Boden und voran bis zum Kern!

Es gilt, sich im Kern zu kennen, zu erkennen, zu wissen, wer wir sind

und was wir können. Und egal, was im Kern bei uns sichtbar wird,

wagen wir es, der Wahrheit über uns ins Gesicht zu schauen. Erst, wenn

wir uns im Kern begegnet sind, uns erkannt haben, dann können wir

beginnen, den Kern zu erhellen und lichtvoller von innen her zu werden.

!

Die Lektion daraus: Dein Kern bestimmt Deine Inhalte, diese

Deine Schöpfung und diese das universelle Zutun. Und am Kern

vorbei geht nichts, er ist Dein Grundfilter zu den chthonischen


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Kräften, dein Zugang zur Welt. Im Kern zeigt sich immer Deine

wahre Natur. Daher spricht Faust zu Mephisto, als er dessen

wahre Natur erkennt: „Das also war des Pudels Kern.“ Es ist also

Dein Kern, Dein wesentlichster Punkt. Er läuft recht stabil, daher

bildet er einen festen Grund.

Wir handeln mit Grund, also auf einem guten Fundament, oder Ab-

Grund, was korrekt Nicht-Grund, Ohne-Grund oder Grund-Los bedeutet.

Das Fundament bietet einen festen Standpunkt und klare

Orientierung, der Ab-Grund jedoch keinen Halt. Daher kann meist

nicht halt machen, wer am Abgrund wandelt, sein Leben verläuft alternativlos

in der unendlichen Wiederkehr des immer Gleichen. Er befindet

sich im Hamsterrad der Illusion. Ein kleines Pechmariechen!

Die Berührung mit der anderen Realität in der Tiefe, der Wirklichkeit

hinter dem Schleier der Isis, dem eigenen Kern, kann transformierend,

aber auch zerstörerisch sein. Trotzdem sollten wir uns hier nichts vormachen,

es gilt zu ergründen, wie wir im Kern geladen sind und welche

Polung – positiv-konstruktiv oder negativ-destruktiv – er hat. Und wir

sind dazu aufgerufen, uns auf die Reise zu machen, uns im Kern wieder

zu entdecken.

Jetzt kann man natürlich sagen: Nun gut, wir befinden uns im Bereich

von Mythen und Märchen, das ist doch nichts Realistisches? Oh

doch, denn diese Geschichten transportieren Wahrheit und Weisheit.

In Märchen siegt zumeist das Gute, die Wahrheit kommt zum Vorschein

und die Richtigen finden zusammen, das ist doch utopisch, oder? Nicht

ganz…

Im Wesentlichen führt die Kern-Einstellung zu Konflikt, Teilung

und Entfremdung, wenn man vom Kern her auf reinen materiellen

Sinngenuss aus ist, wenn also die Sinne die ganze Zeit mit vergänglichen

Gütern und Identifizierungen beschäftigt, in Äußerlichkeiten, Oberflächlichkeiten

und Lügen verstrickt sind. Im menschlichen Bereich ist

also das Böse vergänglich, weil es sich aus dem materiell-vergänglichen

Teil speist. Anders das Gute, denn der gute Mensch ist prinzipiell anders


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aufgestellt als der böse. Seine Sinne beschäftigen sich vorwiegend mit

dem Wohl und der Sorge um das Ganze und sind auf die Ewigkeit gerichtet.

Und da sich das Gute aus dem Licht der Ewigkeit speist, ist es

unvergänglich. Daher, würde man nicht den natürlichen Verlauf der

Dinge immer wieder eigenmächtig und eigennützig stören, sprich wenn

der Egoismus nicht permanent genährt würde, so würde es unbedingt

und ganz von selbst auf ein Goldenes Zeitalter hinauslaufen. Daran erinnern

uns die Märchen: Wenn wir nicht stören, entfaltet sich eine goldene

Zukunft.

Ein auf Trennung eingestellter Kern denkt immer nur in Kategorien

des Eigennutzes, des Gewinns, der eigenen Befriedigung. Gerade Letzteres

wird eifersüchtig gesucht. Doch stetige Befriedigung braucht, wer

keinen Frieden hat. Wer aber keinen Frieden hat, lebt im Konflikt mit

sich selbst. Er vergewaltigt sich selbst jeden Tag aufs Neue und schadet

damit der Umwelt.

Wenn ein Mensch seine Anlagen nicht entfalten kann, will oder darf,

hat er eigentlich nur zwei Möglichkeiten: Wegducken ins Ego, den Umständen

anpassen, Augen zu und durch, oder er entschließt sich, das

alte, vorgegebene System zu verlassen und seinen Anlagen gemäß sein

neues Leben zu gestalten. Auch hier gilt, um dies zielgerichtet zu können,

sich ehrlich im Kern zu kennen. Woher wüsste man sonst etwas

darüber, welche Anlagen zur Entfaltung konkret von drüben mitgebracht

wurden und welche Talente und Fähigkeiten vorhanden sind, um

die Bestimmung unseres Hierseins umzusetzen.

Dieser Ausstieg wiederum kann auf zwei Arten geschehen, entweder

durch friedlichen Ausstieg oder durch gewaltvollen Ausbruch, wobei

Letzteres, wird es von Mehreren praktiziert, häufig auf den Versuch

eines Umsturzes hinausläuft. Dennoch, in all diesen Fällen richtet sich

das Neue am Alten aus und ist damit wieder Teil des Alten. Deshalb

gelingen auf lange Sicht meistens weder Ausstieg noch Ausbruch.

Die Neue Zeit jedoch verlangt einen Einstieg! Sie ist das Neue, wozu

sich am Alten orientieren? Wir sollten aus der Geschichte lernen, aber


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nicht uns an ihr orientieren. Darum müssen wir mit unserem Werk

immer zweigleisig verfahren: Mit dem Hammer wie mit der Mörtelkelle

müssen wir philosophieren. Der Hammer kommt zum Einsatz, um

das Alte, Morsche, Schadhafte in uns zu zertrümmern, bis nichts mehr

übrig ist von unserem alten, falschen, verkehrten Leben. Und mit der

Mörtelkelle bauen wir den Tempel der Menschheit neu auf. – Ich weiß,

was ich da fordere, dies wird eine Revolution werden, wie sie radikaler

meiner Ansicht nach noch nicht da war, eine Revolution des Innen! Der

unleugbare Vorteil dieser Methode liegt darin begründet, dass sie keinen

äußeren Feind kennt, höchstens einen inneren. Wer sich selbst überwindet,

der erringt den Sieg über sich selbst!

Johann Wolfgang von Goethe schrieb in seinem „West-Östlicher

Divan“ jene berühmten Zeilen:

„Und so lang du das nicht hast,

dieses Stirb und Werde,

bist du nur ein trüber Gast

auf der dunklen Erde.“

Diese Trübnis liegt in einem Kern begründet, der sich mit Sterblichkeit

und Vergänglichem identifiziert, damit bleibt er erdgebunden,

schwer, wie mit Eisen und Blei behängt. Ein Ballon, der nicht starten

kann, weil die Gewichte seiner Identifikationen ihn am Boden halten.

Trübnis meint auch Unklarheit nach innen und außen, wir sind eben

jenen illusorischen Verzerrungen erlegen, die wir uns als Vorstellung

von uns und der Welt zurechtgelegt haben. Und am Ende sind wir betrübt.

Wir sprechen auch vom Eisernen Zeitalter, welches unsere Welt zurzeit

im Griff hat. Eisen ist in den okkulten Wissenschaften ein Synonym

für den Mars, für Krieg, Ausbeutermentalität und das Recht des Stärkeren.

Auch Frau Perchta, von der wir ja schon hörten, wird mit Eisen

assoziiert, besonders mit einer Streitaxt und rasselnden schweren

Eisenketten. In ihrer fürchterlichsten Erscheinung schneidet sie mit der

Axt ihren Opfern die Bäuche auf, füllt diese mit Steinen, näht sie mit


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dem Schicksalsfaden zu und lässt sie dann in ihren Brunnen fallen, man

könnte sagen, sie erschlägt sie mit ihrer eigenen Tiefe. Es trifft aber nur

die Faulen, die Gefräßigen, die Trägen. Und die Ketten erinnern daran,

dass demjenigen dieses Schicksal erspart bleibt, der seine Ketten, seine

Identifikationen, im Eisen löst, sein Gefängnis also verlässt, indem er

den Konflikt mit sich erkennt und beendet.

Doch nicht nur der kriegerische Mars spielt hier eine Rolle. Nein, er

ist es nur, mit dem die Entsiegelung beginnt. Über Öffnung und Schließung,

Leben und Tod, Aufstieg und Abstieg hingegen herrscht der Saturn.

In diesem Sinne ist der Konflikt die Folge einer Knechtung,

Kettung, Fixierung. Das System, es macht Druck, es überhitzt, blockiert,

bremst sich selbst und bricht am Ende zusammen. Der Mars treibt an,

doch Saturn ist letztlich der Herrscher über die Ketten.

Saturn wird häufiger mit dem Satan assoziiert und auch als Gehörnter

dargestellt. In dieser Form fesselt er uns mit List an die Lust. Er ist

der Maibock der Anbetung, dem zu Ehren in Deutschland ein Starkbier

gebraut wird. Das ist der Saturn der Saturnalien, der alles auf den Kopf

stellt und wo die Herren die Sklaven bedienen. Er zwingt uns zur rechtmäßigen

Ordnung oder hebelt diese nach Belieben aus, je nach Prüfung,

mit der er uns konfrontiert. Er erscheint hier als der große Versucher.

Im Tarot entspricht er dem Teufel.

Er ist aber nicht nur der Bock der Lust, sondern auch der berühmte

Sündenbock, denn im Gegenzug ist er von eigener Schuld beladen;

mythologisch überwältigte und kastrierte er seinen Vater, fraß die eigenen

Kinder, bis auf Zeus, der ihn schließlich entmachtete. Er galt als

Gott des Ackerbaues, was seine Nähe zur Erdgöttin logisch erscheinen

lässt, er ist also das männliche Pendant zu Perchta. Und wie diese wird

seine Frau Lua auch mit Eisen identifiziert. Ihr werden die eroberten

Waffen feindlicher Krieger geopfert.

Doch von Saturn wird auch berichtet, er habe die Schlüssel zu einem

Goldenen Zeitalter, der Saturnia regna. Das ergibt Sinn, denn der Saturn

ist, neben dem Steinbock, auch dem Tierkreiszeichen Wassermann


zugeordnet, und die Neue Zeit nennt man auch das „Wasserman-Zeitalter“.

Dieser Schlüssel ist ein Weg der Reinigung, der Läuterung des

saturnischen Bleies in sonnenhaftes Gold. Diese Kunst der Transmutation

ist eines der zentralen Geheimnisse der Eingeweihten, und es ist

das Wissen, dessen wir am dringendsten bedürfen, um die beginnende

Transmutation innerhalb unseres hermetischen Gefäßes, der Erde, genannt

Klimawandel, wieder auszugleichen. Denn der erste Schritt ist die

Calcination, das Ausbrennen. Das würden wir systemisch nicht überleben,

das wäre eine selbst eingeleitete Apokalypse.

Nur ein neuer Geist kann das noch aufhalten, welchen wir nur auf

die Erde bekommen, wenn wir innerlich umkehren. Dies gilt natürlich

nur bei negativer Polung, und es trifft mittlerweile auf die meisten Menschen

zu, dass sie vollkommen verkehrte Lebensprioritäten setzen, die

der Realität Hohn sprechen, ergo falsch gepolt sind. Eine Umpolung

im innersten Kern kann das heilen, sie löst die Ketten, die unsere Neigung

zum Abgrund halten, und lässt uns zum Licht geneigt sein.

Da wir bei gebeugter, rückgratloser Haltung klein werden, besser uns

klein machen, grobstofflich gebunden sind und uns von uns selbst entfernen,

produzieren wir umso mehr Blei. Nähern wir uns aber uns selbst

liebevoll an, wachsen wir zu einem aufrechten Leben, entfesseln unser

Potential und befreien unser Licht. Man könnte hieraus folgende Regel

ableiten: Je mehr unsere innere Feinabstimmung vom Kern her über

Identifikationen erfolgt, umso bleierner ist er. Hier sind wir im Ego, in

der Entfremdung, der inneren Ferne, denn hier nehmen wir den von

unserem Selbst aus betrachtet gegensätzlichsten Standpunkt ein. Und

auch wenn einige der Identifikationen wahr sein mögen, ist das Gesamtkonstrukt

eine Farce, ein Haus der Lüge. Und wo die Lüge herrscht,

kann das Wesen von Liebe und Wahrheit nicht wirken. Hier herrscht

„Bleivergiftung“.

Umgekehrt gilt, je näher unsere innere Feinabstimmung im Kern

dem Selbst ist, also in Übereinstimmung steht mit unserer Identität (statt

mit unseren Identifikationen), je mehr richten wir uns neu auf und nach

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dem Licht des Spirit aus, wie eine Pflanze, die sich aus der Saat im Licht

immer mehr entfaltet, diesem zustrebend, an ihm sich orientierend. Unsere

wahre Identität haben wir also gefunden, wenn wir mit unserem

Selbst in vollkommener Übereinstimmung stehen, dann ist Frieden in

uns. Dann produzieren wir mit unserer Schöpfung optimale Bausteine

für die Neue Zeit, wir haben einen reinen, geläuterten, goldenen Kern,

der Gold, also Wohlstand und Wohlsein für alle produziert.

Diese Läuterung und innere Transmutation im Kern geschieht, wenn

wir uns innerlich aufrichten und unser kreatives Feuer auf den Kern

konzentrieren. Deshalb ist es so wichtig, den eingangs erwähnten kreativen

Funken zu entfachen. Dieses Feuer wird noch angefacht durch

den Hauch des Heiligen Geistes, den wir durch die neue Ausrichtung

zu uns ziehen, und mit aller Kraft und Begeisterung, derer wir fähig

sind, müssen wir den Kern tränken. So erfüllen wir die erste Regel der

Alchymie: Trenne das Feste vom Flüchtigen. Zurück bleibt vom bleiernen

oder eisernen Ego ein Häufchen Asche, während die goldenen Bestandteile

geläutert und gelöst aufsteigen und den Verstand mit Weisheit

erhellen.

Es gibt von den Gold- und Pechmarien sicher vielfältigste, unterschiedliche

Arten, und wie sie im Leben agieren, ob schädlich oder nützlich,

welche Früchte sie bringen, würde Jesus sagen; es verrät im Kern,

wes Geistes Kind sie sind, welcher Spirit durch sie wirkt. Die wichtigste

Botschaft jedoch ist: Wir sind unserer Grundeinstellung nicht hilflos

ausgeliefert. Mit etwas Mut und Leidenschaft kann es gelingen, sich umzupolen,

vorausgesetzt, wir wollen das wirklich und brennen richtig für

die Veränderung. Je heißer diese innere Flamme, je gleißender ihr ewiges

Licht, umso vollkommener ist die Transmutation und umso mehr stoppen

wir die verschiedenen Überhitzungen des inneren Systems, der erste

Schritt zum Rück-Wandel des Klimawandels. Denn wenn wir uns innerlich

verbrennen und so vollständig lösen, werden wir ruhiger und

kommen mehr bei uns an. Irgendwann ist das Feuer verbraucht, alle

Identifikation ist gelöst und was bleibt, ist das Ich-Bin, das Sein. Dann


wird klar, dass jede Identifikation eine Verletzung darstellt, eine gewaltvolle

Teilung des ungeteilten Ganzen. Denn erst durch diese unbewusste

Tat der Trennung können wir uns gegenüber etwas sehen, das wir begehren

können, das wir haben wollen, was wir besitzen müssen. Man

spricht daher beim Ego von einem einseitigen und berechnenden Teil-

Bewusstsein oder von innerer Halbwüchsigkeit. Wer aber nicht erwachsen

wird, wird auch kein Wachstum erfahren. Erwachsen werden meint

hier die innere Aufrichtung, ein Rückgrat gewinnen, klare Kante zeigen,

kurz, sich verantwortungsvoll benehmen. Denn ein halber, geteilter

Geist ist nicht zur vollen Verantwortung fähig, er ist wie ein Kleinkind,

welches der Fütterung bedarf, um zu überleben. Verantwortung meint

hier, seine Handlungen und Äußerungen so zu steuern, dass sie eine

positive Resonanz in der Umwelt auslösen, damit die Antwort des Universums

unterstützend ausfällt und nicht ablehnend. Mit dem Märchen

„Frau Holle“ haben wir hierfür ein gutes Beispiel: Goldmarie verhält

sich verantwortungsvoll gegenüber der Umwelt, dementsprechend fällt

die Antwort am Ende aus; Pechmarie verhält sich verantwortungslos

gegenüber der Umwelt, und auch hier fällt das Ergebnis entsprechend

aus. Und immer ist es der wahre Kern, der am Ende über Glück und

Unglück, Freude und Leid, Schöpfung und Zerstörung bestimmt.

Wir müssen also eins werden mit unserem Selbst und dem geistigen

Fundament, auf welchem unsere Schöpfung ruht. Von diesem neuen

Grund und Boden in uns aus und genährt mit Liebe und Aufmerksamkeit

wachsen wir erstmals in das Leben hinein, wir erlösen uns von inneren

Grenzen und Beschränkungen und befreien radikal den Geist.

Dies öffnet den Raum in uns, in den nun Begeisterung einziehen darf,

um als Reservoir der Kraft zu dienen, das begonnene Werk zu vollenden.

Dies bringt das Seelenlicht dazu, sich zu entfalten, wodurch unsere

Talente und Fähigkeiten, aber auch unsere Bestimmung im Leben sich

zeigen darf.

Der Friede entfaltet unser Potential ganz von selbst. Die Verletzung,

der Konflikt, sorgt für Einfaltung bis zur Einfältigkeit unseres inneren

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Lichtes. Jeder negative Gedanke, jedes negative Gefühl und jede eigennützige

Tat erzeugen Schmerz und Verletzung, nicht nur bei der Umwelt,

sondern letztlich bei uns selbst. Jeder Egoismus ist Selbst-Zerstörung,

also Zerstörung des Selbst, der Identität. Und was aus Rebellion

gegründet wird, geht auch in Rebellion unter.

Das aber, was aus Frieden im Kern und innerer Verbundenheit entsteht,

ist gesegnet und besitzt Dauer! Letztlich setzt sich dies durch, es

sei denn, das System vernichtet sich vorher selbst. Und das tut es, solange

wir unser Selbst zerstören, indem wir Egoismus und Materialismus

den Vorrang geben und so dem Teufel dienen. Und zerstören können

wir uns nur, wenn das Ich sich vom Selbst geteilt hat und nun seinen

Besitz, seine Anhaftung an die Vergänglichkeit, seine Identifikation mit

Tod und Abgrund verteidigt.

!

Hier im Kern findest Du Dich selbst wieder, er spiegelt Deine innerste

Natur, Deine Art wider. Je nach Ausrichtung des Kerns

wirst Du zum Künstler, Artisten, Könner des Lebens, Beherrscher

der Lebenskunst. Deine Art aber, Deine innerste Natur, bestimmt

Deinen Wert. In der Ich-Identifikation bist Du wertlos,

also ohne Wert und Werte, im aufrechten Selbst wertvoll, also mit

viel Wert und Werten ausgestattet. Der innere Wert spiegelt sich

im Außen in Deinen Werken. Sind Deine Werke von Wert für die

Welt, gibt die Welt Wert zurück, es entsteht ein Austausch und

Wachstum der Werte. Mit wachsender Wertigkeit richtest Du Dich

mehr und mehr ganz auf, und damit wächst auch die Begeisterung.

Wir kommen nur durch die Umwertung aller bisherigen Werte dahin.

Denn die bisherigen Werte, nach denen die meisten im Kern ausgerichtet

sind, sind Unwerte, die Arten eher Unarten, die kultiviert werden

durch Aktivitäten des Trennens, Spaltens, Teilens. Dann, nachdem man

sich nun getrennt fühlt, kommt die Phase des Begehrens und in Besitz

nehmen Wollens, doch Besitzanspruch entwertet alle Dinge. Es ist beim


Egoismus im Kern nicht die Frage, ob wir letztlich oben oder unten

sind in diesem Spiel der halbwüchsigen Geister, ob Täter oder Opfer,

sondern ob wir uns in irgendeiner Weise an dem Spiel beteiligen.

Versuchen wir daher gar nicht erst, jemand anderes sein zu wollen,

als wir selbst es sind, bringen wir unsere lichtvollsten Eigenschaften

hervor und bedienen wir uns nicht unserer Dunkelheit. Um jedoch nicht

jeden Gedanken, jedes Gefühl, jede Veräußerung unseres Inhalts

kontrollieren und korrigieren zu müssen, sollten wir den Kern aufrecht

orientieren. Denn durch die Neigung zum Guten entstehen lichtvolle,

reine Gedanken, Gefühle und Handlungen von selbst, durch die Neigung

zum Bösen und zur Unaufrichtigkeit, also zur Lüge, entstehen düstere,

unreine Gedanken, Gefühle und Handlungen.

Ein aufrechtes Dasein, ein Leben nach der rechten Art und ein an

hohen Werten ausgerichteter Kern sorgen für ein automatisches inneres

Korrektiv im Sinne des Spirits und der inneren Evolution. Ein gebeugtes,

gebrochenes Dasein, ein Leben im Unrecht und ein an den niederen

Trieben ausgerichteter Kern erzeugen automatisch ein Korrektiv im

Sinne des Teufels und der inneren Involution. Kurz, je mehr wir das

Ego entfalten, umso mehr zieht der Geist sich zurück, wir sind entgeistert,

von allen guten Geistern verlassen, nicht ganz bei Sinnen, ohnmächtig

und alternativlos dem Schmerz und der Vergänglichkeit ausgeliefert.

Und je mehr wir das Höhere Selbst entfalten, umso mehr sind

wir begeistert, geistreich und gesegnet, kommen wir wieder zu uns mit

vielfältigen Alternativen, dem Heil verpflichtet und in der Ewigkeit aufgehoben.

Ich denke, der Unterschied ist hinreichend erklärt worden. Es ist in

der deutschen Sprache durchaus ein Kompliment, wenn man sagt, jemand

sei „kernig“. Ein anderer Begriff, der heutzutage allerdings überstrapaziert

wird, ist Authentizität. Dieser Begriff wird meist da gebraucht,

wenn man der Maske seines Egos am nächsten kommt, mit

welcher man sich am wohlsten fühlt. Aber das ist das Gegenteil von authentisch

sein. Authentisch sind wir in Wirklichkeit dann, wenn wir eins

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sind mit unserem Kern, wenn sich unser Selbst entfaltet und unser Sein

als heilende Präsenz in der Welt wirkt. Und nur mit der richtigen Einstellung

im Kern erlangen wir die Harmonie und das Gleichgewicht zu

unserem Selbst wie zum Kosmos wieder.

Lasst uns gemeinsam unsere Perspektive neu ausrichten, den Blickwinkel

ändern, vom Kern her fest auf das Ideal schauen, den Spirit fokussieren,

denn unser Sein bestimmt unser Dasein. Denn nur wenn der

Geist unsere primäre Anbindung ist, also die Priorität Nummer eins,

und zwar unverrückbar und permanent, wachsen und richten wir uns

auf. Spiritualität ist Liebe, sie richtet stets den Blick auf das Ganze und

das Ewige. Mehrt Spiritualität nicht die Liebe, bringt sie uns nicht in

Übereinstimmung mit dem Ganzen und söhnt uns nicht mit der Ewigkeit

aus, dann ist es keine Spiritualität. So soll dies auch unsere grundsätzliche

Definition sein, was Spiritualität ist: Eine innere Ausrichtung

auf den Geist und ein schöpferisches Tätigsein aus dem Geist.

Tat-Sache

Jede Sache wird durch Tat zur Tatsache. Hier klären wir, was zu tun ist,

was Deine Zu-Tat ist zur Initiierung der Neuen Zeit.

Der erste Schritt überhaupt ist das Abziehen der sinnlichen Wahrnehmung

von den äußeren Phänomen. Statt immer nur zu schauen, was

draußen um uns los ist, kehren wir den Blick um und nehmen uns selbst

in den Fokus. Wir blicken in die Innenwelt und gestalten das Außen aus

dem Inneren heraus.

Alles, was wir erschaffen können, muss als Saat in uns angelegt,

genährt und gepflegt werden, bis es aus uns heraus wächst. Und es

wächst aus uns heraus, was wir innen sind. Es gilt, uns selbst neutral zu

beobachten, eine Verbindung zu sich aufzunehmen und aus dieser heraus

dann das Leben zu gestalten. Ohne in sich selbst zu schauen, ohne


zu wissen, wer man ist und was man kann, wird es nicht gelingen, das

Leben und die Weltentwicklung positiv mitzugestalten.

Der Spirit, Geist oder Äther wird oft auch mit dem Hauch, dem

Lebensodem verglichen. In vielen Mythologien gibt Gott uns den

Lebensatem, das ist der Geist Gottes. Und solange der Hauch in uns

ist, so beschreiben es die altindischen Upanishaden, leben wir. Dem

Atem kommt in allen mystischen und esoterischen Traditionen eine

besondere Bedeutung zu. Er transportiert frische Lebensenergie in uns

hinein, abhängig von der Luftqualität selbstverständlich, und gibt

Verbrauchtes ab. Den Atem, also die Luft, teilen wir seit Millionen von

Jahren miteinander und mit allem Leben.

Vor allem kann uns aber der Atem als Barke dienen, auf welcher

unser Bewusstsein, vorausgesetzt, es ist vom Denken gelöst, tief in unsere

Innenwelt dringt. Der Atem ist der Tornado, der uns hineinträgt

ins Land des Zauberers und der Hexe, von wo Magie wirkt, wo Dämonen

locken und Gott mit seinen Engeln wirkt, hinunter bis zum tiefsten

Grund unseres Seins, damit wir uns im Kern kennenlernen.

Da Meditation eines der wertvollsten Hilfsmittel ist, beginnen wir

damit, uns eine tägliche Zeit festzulegen, zu welcher wir in uns gehen.

Dies sollte regelmäßig erfolgen, da unser System sich mit der Zeit daran

gewöhnt, wann Ruhezeit ist. Nach anfänglicher Widerwehr wird es dazu

übergehen, uns zu unterstützen. Hierfür ist es nur nötig, es durch stetige

Wiederholung zur selben Zeit für den Körper, für das System, zur

Gewohnheit werden zu lassen. Die Angaben zur Dauer des Übens richten

sich danach, wie weit fortgeschritten wir sind. Wir sollten immer

erst zum nächsten Schritt übergehen, wenn der vorherige erledigt wurde.

Die Übung selbst sollte 10 Minuten nicht unter- und zu Beginn 30 Minuten

nicht überschreiten. Die gewählte Dauer hängt ein wenig vom

Gemüt und vom Talent ab. Hier gilt die Regel: Fällt es Dir schwer, nimm

Dir viel Zeit, fällt es Dir leicht, reichen 10 Minuten aus.

Die erste Woche üben wir einfach, unseren Geist zu konzentrieren.

Hierzu nehmen wir den Atem in den Mittelpunkt unserer Aufmerksam-

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keit und stellen uns vor, wie Körper und Geist beim Einatmen genährt

und wie Verbrauchtes und Altes beim Ausatmen abgegeben werden.

Klappt das, gehen wir zur nächsten Stufe über.

In der zweiten Woche versuchen wir, den nun stabilen Geistfokus

im Körper mit dem Atem wandern zu lassen. Wir wandern beim Einatmen

hinunter, so tief es geht, und tauchen beim Ausatmen wieder

auf.

In der dritten Woche sollten wir versuchen, unseren tiefsten Grund

zu erreichen. Hierzu wandern wir hinunter bis wir einen Punkt erreichen,

wo klar ist, dass, wenn wir noch tiefer gehen, wir den persönlichen

Bereich verlassen. Hier unten, am tiefsten Grund, erreichen wir unser

Tiefen-Selbst, den Kern und Keimquell unserer Persönlichkeit, auch als

magisches Selbst oder der Doppelgänger bekannt.

In der vierten Woche nun lassen wir uns vom Atem wieder an den

tiefsten Grund tragen, steigen aber diesmal aus, sobald wir unten sind.

Wir lassen den Atem los und betrachten unsere Welt aus Sicht der Tiefe

in uns. Unabhängig vom Atem in der Tiefe gelassen verharren zu können,

ist nötig, um die Kerninformationen auslesen zu können und den

Kern im Zweifelsfall umzustellen: Und zwar vom Blick nach unten in

die materiellen Phänomene gilt es ihn nach oben hin aufzurichten, bis

das Licht des Geistes auch bis zu diesem dunkelsten Punkt scheint. Sind

diese beiden in Verbindung, lockt das unsere Tiefenweisheit hervor.

In unserem Alltag sollten wir den Prozess unterstützen, indem wir

auch hier den Blick fest auf uns, unsere Innenwelt, unser Agieren und

Reagieren gerichtet halten. „Erkenne dich selbst“ ist unser Motto, und

wir werden uns nur erkennen, wenn wir uns ehrlich betrachten.

Ein Brunnen spielt auch in der nordischen Mythologie eine besondere

Rolle, der Mimirsbrunnen. Mimir gilt als ein Riese an Wissen und

Weisheit. Der oberste Gott Wotan reiste zu diesem Brunnen, um ihm

eines seiner Augen zu opfern. Mit dem blickt er in die Tiefe und erforscht

das Verborgene, das, was unter der Oberfläche passiert. Wotans


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Weisheit kommt also daher, dass er den Bewusstseinsfokus, sein „Auge“,

das sehende und wahrnehmende Element, in die Tiefe versetzt. Und

indem er nun auf die Tiefe, das Unterbewusstsein, einen Einfluss erlangt,

wirkt er große Magie. Tun wir es ihm also gleich, und steigen in

unseren eigenen Born der Weisheit hinab und errichten dort die Ausrichtung

auf den Geist. So können wir auf die Ebenen ererbten Wissens

ebenso zugreifen, wie wir neues Tiefenwissen erlangen und verankern

können.

TransMUTation

Unter diesem Stichpunkt möchte ich zusätzliche Impulse geben, die

manchmal etwas Mut verlangen und uns häufig außerhalb der gewohnten

Bahnen agieren lassen. Diesmal geht es darum, seine Selbstbeobachtung

zu nutzen, und zwar in der Tiefenwahrnehmung wie im

Alltag, um herauszufinden, was uns begeistert, was uns leicht fällt und

wir gern tun, welche Talente und Fähigkeiten wir mitbringen.

Bitte mache Dir zu den Übungen Notizen. Diese Niederschriften

sind tatsächlich nötig und sinnvoll. Das Schreiben ist nämlich nicht nur

eine zusätzliche Form des Lernens und Verarbeitens. Vor allem ist es

eine ganz einfache Möglichkeit, etwas zu manifestieren, etwas, was

vorher rein geistiger Inhalt war, nach außen zu bringen und „festzuschreiben“.

Praktisch funktioniert jeder kreative Akt so, vollkommen

unabhängig, was wir erschaffen wollen und was wir dann tatsächlich

manifestieren. Solange das Ego wirkt und wir in Diskrepanz gefangen

sind, kann sich dies hier zeigen, nämlich wenn wir offiziell das Eine wollen,

dann aber das Andere erschaffen. Goethe beschreibt diesen Zustand

im „Faust“, wenn er Mephistopheles sagen lässt, er sei ein Teil

jener Kraft, die stets das Böse will, doch stets das Gute schafft, und das

gilt für alle Dämonen, da sie trotz ihrer Abwendung vom Lebendigen


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doch seinen Willen tun müssen. Anders wir Menschen mit unserer

Willensfreiheit, bei uns gilt: Solange wir im Ego sind, sind wir Teil jener

Kraft, die stets das Gute will, doch stets das Böse schafft.

Diese Diskrepanz sich selbst gegenüber ehrlich herauszuarbeiten, ja

allein dies vor sich zugeben zu können, ist schon ein großer Schritt.

Hierzu brauchen wir auch unsere analytischen Fähigkeiten, jedoch sollten

wir darauf verzichten, das Bild, was sich ergibt, zu unseren Gunsten

schön zu reden. Es ist, was es ist, und wir brauchen einen realistischen,

daher neutralen Blick, wollen wir das Gute fördern und das Böse lassen.

Genau das ist unsere Aufgabe für die Neue Zeit.

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