Improvisationen_Unservater_Leseprobe
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
GELEITWORT<br />
Und wenn einmal zu Recht gesagt worden ist, die Hauptwortsorte des<br />
christlichen Glaubens sei das Verbum, so haben sie für ihre Erkundungsgänge<br />
acht Tätigkeitswörter als Titel gewählt, nämlich: heiligen, kommen,<br />
geschehen, geben, vergeben, führen, erlösen und sein. Und das ist ein überzeugender<br />
Ansatz: Gebet geht nicht nur nach innen, es bereitet jene Aktionen<br />
und Tätigkeiten im Leben vor, die dann auch folgen sollten.<br />
Was bei ihren Erkundungsgängen und Tiefenbohrungen so schön ist:<br />
Man kommt dem biblischen <strong>Unservater</strong> näher, man fliegt nicht über<br />
wichtige Worte, Essenzen und Akzente hinweg, man hält inne und lässt<br />
diese auf sich wirken: Es sind wirklich Einweisungen und Anwendungsformen<br />
für eine Einmittung, für Meditationen.<br />
Und wenn der Basler und Wiesentaler Dichter Johann Peter Hebel, der ja<br />
schliesslich sogar so etwas wie ein Badischer Landesbischof wurde, in<br />
seinen «Ideen zur Gebetstheorie» sagt, man müsse Gebete nicht nur von<br />
falscher Dogmatik und theologisch-abstrakten Theorien reinigen, sondern<br />
auch «von allem Schlendrian des Ausdrucks, von allem Hinüberdrehen<br />
ins Homiletische», so trifft er genau das, was die dichterischen<br />
Versuche von Xandi Bischoff anstreben: «Tausche der liebe Gott uns gegen<br />
diese fremde Zunftsprache unsere natürliche Sprache wieder ein, die<br />
wir verloren haben, damit wir beten können, wie die lieben Kinder zu<br />
ihrem lieben Vater, nicht wie steife Handwerksgenossen und Altgesellen<br />
im geschworenen Gruss.»<br />
Es ist diese Nähe, diese Innigkeit, diese Sprache der Frömmigkeit, die<br />
keine Angst hat, Emotionen zu zeigen, Gedanken und überraschend saloppe<br />
Worte zu wagen, welche mich anspricht.<br />
So wünsche ich diesem Buch viele Leser und Leserinnen, viele Betrachter<br />
und Betrachterinnen, viele meditationsfreudige Zeitgenossen, die sich<br />
auf diese Konzentration, auf diese Einmittung, aber eben auch auf diese<br />
Angebote zur Entfaltung, zur Aneignung, zum eigenen Gebet einlassen.<br />
Niklaus Peter<br />
Pfarrer am Fraumünster Zürich und Dekan des Pfarrkapitels Stadt Zürich.<br />
1. Januar 2020, dem Geburtstag Huldrych Zwinglis<br />
12