Improvisationen_Unservater_Leseprobe
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GELEITWORT<br />
Das <strong>Unservater</strong> ist das grosse Gebet Jesu, unser grösstes Gebet – und:<br />
eines der kürzesten und konzentriertesten der Christenheit. Das hat<br />
Xandi Bischoff und Nadine Seeger, welche sich aufs Konzentrieren verstehen,<br />
welche zusammen in Wort und Bild schon alle 150 Gebete des<br />
Psalmenbuches «destilliert» haben, dazu inspiriert, in einem neuen,<br />
schönen Buch auch hier Essenzen zu suchen.<br />
Während bei den Psalmendestillaten zum Teil lange, hin und her<br />
schwingende hebräische Gebete und Lieder zu hochprozentig geistlichen<br />
«Getränken», zu Konzentraten von jeweils nur 5 bis 20 Wörtern<br />
mit je einer bildnerischen Interpretation verdichtet wurden (allerdings<br />
mit zum Teil ausführlichen Erklärungen im zweiten Teil, die zum Studium<br />
und Genuss dieser Gebets-Destillate einladen), so gehen die vorliegenden<br />
<strong>Improvisationen</strong> zum Herrengebet den umgekehrten Weg: Hier<br />
wird Konzentriertes «ausgepackt».<br />
Es sind Variationen, welche dieses nur 63 Worte lange Gebet meditieren,<br />
umspielen, bedenken, fortspinnen und so in seiner Bedeutung und seinen<br />
Perspektiven ausloten – dies mit den Mitteln poetischer Worte und<br />
bildnerischer Farben: gut vorbereitete, und dennoch persönlich und<br />
spontane <strong>Improvisationen</strong> eben. Auch hier fehlen Annotationen nicht,<br />
d. h. kurze Erklärungen und weiterführende Zitate, sie sind jetzt am<br />
Fusse der Seite platziert, so wie man ja in den Weinkeller hinuntersteigt<br />
und dies und jenes heraufholt. Der Gang ins Kleingedruckte des Untergeschosses<br />
lohnt sich auch hier.<br />
Xandi Bischoff und Nadine Seeger entwickeln ihre <strong>Improvisationen</strong>, indem<br />
sie das Konzentrat dieses so dichten und klaren Gebetes mit sieben<br />
Bitten und der abschliessenden Doxologie in acht Kapiteln einer genauen<br />
Wahrnehmung und persönlichen Interpretation unterziehen, diese<br />
gewissermassen zu «kauen» versuchen, wie eine alte rabbinische, auch<br />
klösterliche Weisheit der Textaneignung empfiehlt (= ruminatio), eine<br />
Metaphorik der Einverleibung, der Aneignung, die sich übrigens auch<br />
bei Luther und Zwingli findet.<br />
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