2019_090_Breyer_Wandern_NWS
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<strong>Wandern</strong><br />
in der Nordwestschweiz<br />
Die beliebtesten<br />
Touren von<br />
Karin <strong>Breyer</strong>
<strong>Wandern</strong> in der<br />
Nordwestschweiz<br />
Die beliebtesten Touren von Karin <strong>Breyer</strong><br />
Friedrich Reinhardt Verlag
Alle Rechte vorbehalten<br />
© 2020 Friedrich Reinhardt Verlag, Basel<br />
Projektleitung: Claudia Leuppi<br />
Gestaltung: Franziska Scheibler<br />
ISBN 978-3-7245-2424-3<br />
www.reinhardt.ch<br />
Der Friedrich Reinhardt Verlag wird vom<br />
Bundesamt für Kultur mit einem Strukturbeitrag<br />
für die Jahre 2016–2020 unterstützt.
Vorwort<br />
Dieses Büchlein möchte Sie inspirieren, die Wanderschuhe zu schnüren<br />
und sich auf den Weg zu machen in die prachtvolle Natur in der<br />
Nordwestschweiz und im Jura. Ob im Frühling, Sommer, Herbst oder<br />
Winter – zu jeder Jahreszeit können Sie eintauchen in eine faszinierende<br />
Welt der Sinnesfreuden. Da ist eine Symphonie der Düfte und Töne,<br />
der Wind weht um Nase und Ohren, die Sonne blinzelt ins Gesicht, da<br />
ist die Schönheit der Blumen und die Poesie der Landschaft oder eine<br />
Stille, die insbesondere der Schnee so herrlich choreografiert. <strong>Wandern</strong><br />
ist eine unerschöpfliche Quelle der Kraft, Schönheit und Zufriedenheit.<br />
Ein Erlebnis, das viele als Glück empfinden.<br />
Die hier vorgestellten Touren sind bereits im Rahmen der Reihe «<strong>Wandern</strong><br />
mit dem GA und dem Halbtaxabonnement» zwischen 2011 und<br />
2013 erschienen. Drei Wanderungen stammen aus dem Wanderbuch<br />
«<strong>Wandern</strong> in der Schweiz. Aargau» und eine aus dem beliebten Band<br />
«Orte der Stille, Wege der Kraft». Die Wanderungen sind leicht bis mittelschwer,<br />
die reine Wanderzeit beträgt 2,5 bis maximal 4,5 Stunden.<br />
Im Frühling lässt sich die neu erwachende Natur herrlich in den Freibergen,<br />
auf dem Sunnenberg oberhalb Zeiningens oder bei den goldgelben<br />
Sternen in Oberwil entdecken. Wenn es im Sommer recht warm<br />
ist, locken die eher Schatten spendenden Wege wie der Fricktaler Höhenweg<br />
oder der zauberhafte Pfad entlang des geheimnisvollen Doubs<br />
im Jura. Goldene Herbsttage warten auf dem wildromantischen Burgengratweg<br />
bei Aesch, auf dem wundersamen Buschberg bei Gipf, tolle<br />
Wy-Erläbnisse gibts rund um Maisprach. Und wenn die ersten Schneeflocken<br />
fallen und sich die Landschaft allmählich in eine glitzernde<br />
Schneepracht verwandelt, ist es besonders schön im Gilgenbergland,<br />
Fünflibertal oder in den Freibergen.<br />
<strong>Wandern</strong> hinterlässt zweifelsohne eine Glücksspur! In diesem Sinne,<br />
viel Freude, Erholung und Inspiration auf den Wegen.
Inhalt<br />
Übersichtskarte8<br />
Frühling<br />
Arlesheim (BL)<br />
Im Land der Burgen und Kirschen 10<br />
Les Reussilles–Saulcy (JU)<br />
Frühlingserwachen in den Freibergen 18<br />
Oberwil–Basel (BL/BS)<br />
Goldgelbe Sterne am Rebhang 26<br />
Liesberg–Roggenburg (BL)<br />
Eintauchen ins Grenzland 32<br />
Zeiningen–Rheinfelden (AG)<br />
Frühlingslockruf Sunnenberg 38<br />
Sommer<br />
Flüh (SO)<br />
Stippvisite ins Elsass 44<br />
Mariastein–Dornach (SO)<br />
Auf kraftvollen Wegen nach Dornach 50<br />
Stilli–Hottwil (AG)<br />
Auf den Spuren der Aargauer Flösser 56<br />
St-Ursanne–Soubey (JU)<br />
Geheimnisvoller Doubs 62<br />
Zeiningen–Schupfart (AG)<br />
Naturperlen auf dem Fricktaler Höhenweg 72
Herbst<br />
Aesch (BL)<br />
Wildromantischer Burgengratweg 80<br />
Maisprach–Wintersingen (BL)<br />
Schönste «Wy-Erläbnisse» im Baselbiet 86<br />
Saignelégier (JU)<br />
Sanft und wild zugleich: der Jura 94<br />
Gipf-Oberfrick–Wegenstetten (AG)<br />
Zum wundersamen Buschberg 102<br />
Frick–Laufenburg (AG)<br />
Streifzug durchs liebliche Fricktal 110<br />
Winter<br />
Montfaucon (JU)<br />
Winterstille in den Freibergen 118<br />
Nunningen–Erschwil (SO)<br />
Durch das idyllische Gilgenbergland 124<br />
Reigoldswil–Bubendorf (BL)<br />
Wildromantisches Fünflibertal 130<br />
Sissach–Läufelfingen (BL)<br />
150 Jahre Bahngeschichte zu Fuss erkunden 138<br />
Stein–Laufenburg (AG)<br />
Grenzgang entlang des Rheins 146<br />
Autorin 154<br />
Fotonachweis 154
BASEL-STA<br />
Aes<br />
8<br />
Übersichtskarte<br />
Flüh (SO)<br />
Mariastein–Dornach (SO)<br />
Oberwil–Base<br />
St-Ursanne–Soubey (JU)<br />
Liesberg–Roggenburg (BL)<br />
Montfaucon (JU)<br />
Nunningen–Erschwil (SO)<br />
Saignelégier (JU)<br />
Les Reussilles–Saulcy (JU)
Übersichtskarte<br />
9<br />
DT<br />
l (BL/BS)<br />
Arlesheim (BL)<br />
Zeiningen–Rheinfelden (AG)<br />
Maisprach–<br />
Wintersingen (BL)<br />
Zeiningen–Schupfart (AG)<br />
Frick–Laufenburg (AG)<br />
Stein–Laufenburg (AG)<br />
Gipf-Oberfrick–Wegenstetten (AG)<br />
Stilli–Hottwil (AG)<br />
Sissach–Läufelfingen (BL)<br />
ch (BL)<br />
Reigoldswil–Bubendorf (BL)
50<br />
Sommer<br />
Auf kraftvollen Wegen<br />
nach Dornach<br />
Abwechslungsreiche Genusstour nach Dornach:<br />
durchs liebliche Leimental, die wildromantische<br />
Chälenschlucht hinauf und weiter zum Blattepass.<br />
Die leuchtenden Weinberge von Aesch verzaubern<br />
genauso wie das Wasserspektakel an der Birs.<br />
Kloster<br />
MariaStein<br />
Dornach<br />
Ermitage<br />
Chälengraben<br />
rotberg<br />
Bergmatten<br />
BlauePass Chremer<br />
Untere Chlus<br />
BlAttepass<br />
aesch
Route: Kloster Mariastein (512 m ü. M.) –<br />
Rotberg (545 m ü. M.) – Chälengraben<br />
(527 m ü. M.) – Bergmatten (699 m<br />
ü. M.) – Blauepass (820 m ü. M.) – Chremer<br />
(720 m ü. M.) – Blattepass (577 m ü. M.) –<br />
Untere Chlus (380 m ü. M.) – Aesch<br />
(315 m ü. M.) – Dornach (338 m ü. M.)<br />
Wanderzeit: 4,5 Std.<br />
Wegstrecke: 16 km<br />
Anreise: Mit dem Tram nach Flüh, von<br />
dort mit dem Postauto nach Mariastein<br />
Rückreise: Mit dem Zug von Dornach<br />
nach Basel<br />
Der Besuch der imposanten<br />
Klosterkirche lohnt sich.<br />
Mariastein–Dornach (SO) 51<br />
Ein starker Ort<br />
der Stille<br />
In der prächtigen Landschaft des<br />
Leimentals liegt Mariastein, ein<br />
1000-Seelen-Dorf an der Grenze<br />
zum Elsass, zur Gemeinde Metzerlen<br />
gehörend. Weithin bekannt gemacht<br />
hat diesen idyllischen Flecken<br />
Erde das gleichnamige Kloster,<br />
ist es doch neben dem Kloster Einsiedeln<br />
der grösste Wallfahrtsort<br />
der Schweiz. Seit Jahrhunderten<br />
strömen Pilger hierher … Und wer<br />
schon mal da war, kann es bestätigen:<br />
Mariastein ist ein ungewöhnlich<br />
starker Ort der Stille und des<br />
Friedens. Imposant liegt die quadratische<br />
Klosteranlage an einer<br />
steilen Felskante. Werfen Sie einen<br />
Blick in die barocke Klosterkirche<br />
und die weithin bekannte Gnadenkapelle.<br />
Sie starten an der westlichen Klostermauer,<br />
in der Nähe des Hotels<br />
Kreuz, und folgen zunächst dem<br />
Interregio-Weg Richtung Aesch,<br />
Hofstetten.<br />
Auf schmalem Weg, entlang von Hecken<br />
und Weiden, gehts durch ländliche<br />
Idylle, in 25 Minuten ist Rotberg<br />
erreicht – darüber erhebt sich<br />
die Burg mit Jugendherberge. Immer<br />
der gelben Raute nach, vagabundieren<br />
Sie auf weich federndem<br />
Waldboden bergauf, an lichten
52<br />
Sommer<br />
Buchen vorbei (Richtung Aesch,<br />
Hofstetten), schon bald zeigt sich<br />
auf panoramareichem Höhenzug<br />
das malerische Flühtal, Mariastein<br />
in voller Grösse und ganz weit hinten,<br />
an der Grenze zum Elsass, die<br />
imposante Ruine Landskron. Körper<br />
und Geist werden nochmal von<br />
Baumkraft durchflutet, als da stehen<br />
prächtige Tannen, Ahorn, Buchen,<br />
bis Sie den Parkplatz Radmer/<br />
Chälengraben erreichen.<br />
Einmalige Natur<br />
Eindrückliche Chälenschlucht<br />
Hier beginnt der Schluchtweg, ein<br />
einmaliges Naturkunstwerk. Von<br />
leisem Gurgeln und Plätschern begleitet,<br />
schlängelt sich der Pfad<br />
mal links, mal rechts des mit skurrilen<br />
Formen ausgewaschenen<br />
Bachbettes nach oben. Schroffe<br />
Felswände ragen in die Höhe, es<br />
geht über Brücken, Treppen, Steine,<br />
Wurzeln. Auf Schritt und Tritt beflügeln<br />
Höhlen, Felsspalten und kreisrunde<br />
Löcher in den Wänden die<br />
Fantasie. Hirschzungen zieren die<br />
Felsen, im Ju ni verströmt die Mondviole<br />
verschwenderisch ihren betörenden<br />
Duft. Seit dem Ende der<br />
Jurafaltung vor zwei Millionen Jahren<br />
hat das von der Blauenhöhe<br />
abfliessende Wasser nach dem Prinzip:<br />
steter Tropfen höhlt den Stein,<br />
das Naturwunder Chälenschlucht<br />
geschaffen. Ein schützendes Felsdach<br />
lockt gar zu einer gemütlichen<br />
Pause. Unvermittelt endet die<br />
Schlucht in einem lichten Buchenwald,<br />
dann ist da die Spielwiese<br />
Bergmatte, mit Spielgeräten für<br />
Kinder, ein paar Feuerstellen und<br />
rustikalen Bänken, die Sonne blinzelt<br />
durchs Blattwerk. Ein guter<br />
Platz zum Picknicken, bevor es<br />
rechts der Wiese über Treppenstufen<br />
durch ein kurzes Waldstück<br />
hinauf geht zum Bergrestaurant<br />
Bergmatten. Die gemütliche Wohlfühloase<br />
bietet eine Sonnenterrasse,<br />
ein Beizli und die «Berg699<br />
Loft» mit imposantem Dreiländerblick,<br />
bei klarem Wetter gar bis<br />
in die Vogesen. Etwas erstaunt ist<br />
man, wenn man zwei genüsslich
Es geht über Stege, Bächlein und<br />
Wurzeln …<br />
weidende mongolische Kamele entdeckt,<br />
sie sind seit 1993 die<br />
Restaurant-Maskottchen.<br />
Ein kurzer, markanter Aufstieg führt<br />
vom Restaurant hoch zum Blauepass.<br />
Waldherrlichkeit pur dann auf<br />
der Krete unterwegs zum Blattepass,<br />
es ist ein entspanntes Vagabundieren<br />
auf weichem Boden, hier<br />
und dort Brätelplätze. Die vielen<br />
Grenzsteine erinnern daran, dass<br />
Sie sich auf der Grenze bewegen,<br />
zwischen dem Kanton Solothurn<br />
und Baselland. Auf gut halbem Weg,<br />
wenn der Himmel plötzlich frei ist,<br />
erreichen Sie den Chremerpass, der<br />
seinen Namen einem tragischen Ereignis<br />
verdankt. In grauer Vorzeit<br />
Mariastein–Dornach (SO) 53<br />
wurde hier, an der Grenze zwischen<br />
Blauen und Ettingen, ein Krämer<br />
von Wegelagerern kaltblütig ermordet.<br />
Zum Gedenken errichtete man<br />
ein Kreuz am Tatort und bezeichnete<br />
es nach dem Beruf des Getöte -<br />
ten «Chremerkreuz». Durch lichten<br />
Blätterwald, dahinter schimmern<br />
liebliche Hügelketten, gehts auf<br />
dem Blauenkammweg in rund<br />
25 Minuten runter zum Blattepass.<br />
Viel Rückenwind ist Ihnen gewiss<br />
beim Wandeln durch die hohen Buchenhallen,<br />
die mit Beständen alter<br />
Eichen abwechseln und viel<br />
Waldkraft schenken. Zur Römerzeit<br />
galt die Route über den Blattepass<br />
als wichtigste Verbindung zwischen<br />
Augusta Raurica (Kaiseraugst) und<br />
Aventicum (Avenches).<br />
Üppig wachsendes<br />
Weinland<br />
Verschiedene Wege führen vom<br />
Blattepass nach Aesch, vielleicht<br />
der schönste führt über die Untere<br />
Chlus (35 Minuten): Auf romantischen<br />
Pfaden lotst die gelbe Raute<br />
abwärts und durch die sonnendurchfluteten<br />
Rebhänge, an Rebhüsli<br />
vorbei und quer durch den<br />
Klusberg.<br />
Die Kluserreben liegen inmitten<br />
von prähistorischen Zeugnissen,
54<br />
Sommer<br />
Spuren des Neandertalers wurden in<br />
der nahen Schalberghöhle ausgemacht,<br />
ein Dolmengrab existiert<br />
heute noch oberhalb der Ruine<br />
«Tschäpperli» (Frohberg). Am Rande<br />
der Klus entstanden im 13. Jahrhundert<br />
die Burgen Pfeffingen,<br />
Münchsberg, Engenstein, Schalberg<br />
und Frohberg, die grösstenteils<br />
1356 beim Erdbeben von Basel<br />
zerstört wurden. An der Unteren<br />
Chlus angekommen, sind es noch<br />
40 Minuten nach Aesch: Ein Strässlein<br />
führt weiter durchs üppig<br />
wachsende Weinland, am Weinbau<br />
Klushof vorbei und zur Vorderen<br />
Chlus. Neben der Domaine Nussbaumer,<br />
ein Weingut mit Produkten der<br />
Region, lockt der Landgasthof Klus<br />
mit der gemütlichen Gartenlaube.<br />
Der Klusberg ist bekannt für den<br />
guten Wein, jenes älteste Kulturgetränk,<br />
das bereits in der Antike geschätzt<br />
wurde und von dem griechischen<br />
Arzt Hippokrates (460–377<br />
v. Chr.) als «Arznei für die Genesung<br />
von Körper und Geist» verschrie -<br />
ben wurde. An den weiten Hängen<br />
wachsen insbesondere die Traubensorten<br />
Blauburgunder, Riesling-Sylvaner<br />
und Gutedel; um 1600 bestellte<br />
der Fürstbischof von Basel<br />
beim «Chlusmeier» ein Fuder Wein,<br />
da er fand, dass der Kluser «zaffräss»<br />
(bukettreich) und auch milder und<br />
bekömmlicher als der Therwiler sei.<br />
Am sonnendurchfluteten Klusberg
Mariastein–Dornach (SO)<br />
55<br />
Entlang der Birs schwungvoll<br />
nach Dornach<br />
Das Gebiet um die Aescher Klus<br />
wurde von der bekannten Kraftortforscherin<br />
und Geobiologin Blanche<br />
Merz als Ort mit besonders hoch<br />
schwingender Energie gemutet. In<br />
der Tat hat man auf Schritt und Tritt<br />
das Gefühl, starke Kraftfelder zu<br />
betreten, die einen immer wieder<br />
verzaubern und federleicht sein<br />
lassen. Entlang des Chlusbachs, ein<br />
idyllischer, leicht mäandernder<br />
Bachlauf, von alten Weiden, Erlen,<br />
Haseln und Weissdornsträuchern<br />
gesäumt, gehts den Häusern von<br />
Aesch entgegen, in der Ferne erhebt<br />
sich majestätisch das Goetheanum<br />
in Dornach.<br />
Die gelbe Raute lotst durch Wohnquartiere<br />
hindurch zum Bahnhof<br />
Aesch, dort ist der Einstieg zum<br />
Birsuferweg. Hand in Hand mit dem<br />
rauschenden Fluss spazieren Sie<br />
entspannt in einer knappen Stunde<br />
Dornach entgegen. An der vom heiligen<br />
Nepomuk bewachten Dornachbrugg<br />
verlassen Sie die Birs, in<br />
unmittelbarer Nähe ist der Bahnhof<br />
Dornach-Arlesheim. Wenige Schritte<br />
vom Bahnhofsplatz befindet sich<br />
das Kloster Dornach. Der einstige<br />
Sitz der Kapuziner im Birseck beherbergt<br />
heute ein Restaurant mit<br />
wunderbarem Garten. Zwei weitere<br />
Highlights im nahen Arlesheim: der<br />
Dom und die Ermi tage. Letztere ist<br />
ein romantischer Landschaftsgarten<br />
nach englischem Vorbild mit<br />
sich schlängelnden, verspielten<br />
Wegen, Weihern, kleinen Höhlen.<br />
Eine herrliche Oase der Stille und<br />
Besinnung, für viele ein Ort der<br />
Kraft.
80<br />
Herbst<br />
Wildromantischer<br />
Burgengratweg<br />
Entlang des Klusbachs und sonnendurchleuchteter<br />
Rebhänge auf schmalen Graten und Naturpfaden<br />
zu drei Ruinen: Burgruine Schalberg, Münchsberg,<br />
Pfeffingen – auf den Spuren von Steinzeitmenschen<br />
und Mammut.<br />
Vordere Klus<br />
Aesch (BL)<br />
Burgruine<br />
Schalberg<br />
Burgruine<br />
Münchsberg<br />
Kleinfegg<br />
Eichberg<br />
Muggenberg<br />
Burgruine<br />
Pfeffingen<br />
Schlossgut
Aesch (BL)<br />
81<br />
Route: Aesch (315 m ü. M.) – Vordere<br />
Klus (359 m ü. M.) – Untere Klus (380 m<br />
ü. M.) – Burgruine Schalberg – Burgruine<br />
Münchsberg – Kleinfegg (461 m ü. M.) –<br />
Burgruine Pfeffingen (480 m ü. M.) –<br />
Muggenberg (440 m ü. M.) – Aesch<br />
Wanderzeit: 3 Std.<br />
Länge: 9 km<br />
Anreise: Mit dem Tram bis Aesch Dorf<br />
Rückreise: Von Aesch Dorf mit dem<br />
Tram bis Basel<br />
Hoher Kraftpegel in<br />
der Klus<br />
An der Tramhaltestelle Aesch Dorf<br />
gehen Sie nach rechts, etwa 100 Meter<br />
auf der Hauptstrasse, biegen<br />
dann rechts ab in die Klusstrasse<br />
(Richtung Untere Klus). Dem Wanderweg/Kulturweg<br />
folgend, gehts<br />
dann links in die Kirschgartenstrasse,<br />
Sie werden durch ein Wohngebiet<br />
aus dem Dorf hinausgelotst.<br />
Nach den feinen Schrebergärten<br />
nehmen Sie geradeaus den schmalen<br />
Naturpfad, queren die Brücke –<br />
und schon sind Sie inmitten ländlicher<br />
Idylle. Schnell fühlt man sich<br />
fern des Alltags, wenn man entlang<br />
des friedlichen Klusbachs zur Vorderen<br />
Klus spaziert, vorbei an Obstbäumen,<br />
Maisfeldern, den Reben<br />
entgegen. An der ehemaligen Domaine<br />
Nussbaumer, jetzt neu Weingut<br />
Klus 177, sind Sie inmitten sonnendurchfluteter<br />
Rebhänge. Der<br />
Klusberg ist bekannt für den guten<br />
Wein, jenes älteste Kulturgetränk,<br />
das bereits in der Antike geschätzt<br />
wurde und von dem griechischen<br />
Arzt Hippokrates (460–377 v. u. Z)<br />
als «Arznei für die Genesung von<br />
Körper und Geist» verschrieben<br />
wurde. Dass hier an den Hängen<br />
insbesondere die Traubensorten<br />
Blauburgunder, Riesling-Sylvaner<br />
und Gutedel wachsen; um 1600 der<br />
Beschaulichkeit am Klusberg
82<br />
Herbst<br />
Fürstbischof von Basel beim «Chlusmeier»<br />
ein Fuder Wein bestellte, da<br />
er fand, dass der Kluser «zaffräss»<br />
(bukettreich) und auch milder und<br />
bekömmlicher als der Therwiler sei;<br />
oder bereits zur Römerzeit in der<br />
Klus Rebbau erfolgte, wie Bruchstücke<br />
römischer Weinamorphen belegen,<br />
erfahren Sie auf dem Wein-<br />
WanderWeg. Quer durch den<br />
Klusberg führt dieser Weg (der hier<br />
nur gestreift wird und ein nächstes<br />
Wanderziel sein könnte) und informiert<br />
in 23 Tafeln über das abwechslungsreiche<br />
Rebjahr, die Kelterung,<br />
den Regiowein und weitere<br />
örtliche Besonderheiten.<br />
Weiter gehts zur Unteren Klus.<br />
Die vielen Pferde, Erkennungsbild<br />
jurassischer Landschaft schlechthin,<br />
kündigen den Reiterhof Klushof<br />
an.<br />
links hoch auf den schmalen wurzeligen<br />
Burgengratweg.<br />
Und bald holt Sie die Urzeit ein: vor<br />
Ihnen die Schalberghöhle, eine erstaunlich<br />
grosse Höhle, dunkel und<br />
teils von Licht durchflutet, da sie<br />
Öffnungen nach oben aufweist.<br />
Mit etwas Fantasie kann man sich<br />
gut vorstellen, dass an diesem<br />
archaischen Ort einst ein Drache<br />
gehaust hat. Wie Ausgrabungen aus<br />
dem Jahre 1926 belegen, nutzten<br />
Neandertaler sie als Unterschlupf<br />
oder Raststätte während der Jagdzüge.<br />
Möglicherweise diente sie<br />
auch als Kultplatz. Entdeckt wur -<br />
den Feuersteingeräte (50 000 v. u. Z.)<br />
und Reste einer Tierwelt (Mammut,<br />
Panther, Höhlenbär), ebenso Kera-<br />
Romantischer Burgengratweg<br />
Auf den Spuren von<br />
Neandertalern und<br />
Adligen<br />
Mit Eintreten in den Wald ändert<br />
sich augenblicklich die Stimmung,<br />
es wird wilder, gleich durchschreiten<br />
Sie eine magische Pforte: rechts<br />
ein mächtiger Felsen, links eine<br />
verwunschene kleine Quelle, die<br />
sich am efeuumrankten Fels in ein<br />
Becken ergiesst. Kurz drauf gehts
Aesch (BL)<br />
83<br />
Besonders: Schalberghöhle<br />
mikscherben, Beilfassungen aus<br />
Hirschgeweih (ca. 3500 v. u. Z.)<br />
und Bronzenadeln und Keramikreste<br />
(um 1000 v. u. Z.) – wunderbare<br />
Indizien unserer Evolutionsgeschichte!<br />
Der schmale Pfad schlängelt sich<br />
unter Blattwerk hoch zur Ruine<br />
Schalberg, einer einstigen Stadtadelsburg.<br />
Gerne verweilt man<br />
auf dem romantischen Ruinenhügel.<br />
Der Rundturm, die efeuumrankte<br />
Ringmauer und Laubbäume<br />
verströmen wohltuende Stille und<br />
Beschaulichkeit. Zeit zum Picknicken<br />
und Geniessen – am Feuerplatz,<br />
auf der Bank mit Blick nach<br />
Aesch und die Rebhänge; oder auf<br />
einem der vielen verstreut herumliegenden<br />
Steine.<br />
Nach der Rast schlendern Sie entlang<br />
der moosbewachsenen Mauer<br />
(immer der gelben Raute nach).<br />
Achtung, gleich wirds abenteuerlich.<br />
Auf dem schmalen kurzen Grat – ein<br />
bezauberndes Naturkunstwerk, das<br />
links und rechts steil abfällt –, sollten<br />
Sie achtsam sein und den Blick<br />
auf den Boden richten. Dann können<br />
Sie wieder leichtfüssig weiterziehen<br />
und sich an dem ausgesprochen<br />
abwechslungsreichen Weg<br />
durch den Laubwald erfreuen: Immer<br />
wieder überrascht er mit schönen<br />
Kulissen, mal lieblich, mal wild,<br />
mal lichtdurchflutet.<br />
Linker Hand erscheinen bald die<br />
spärlichen Mauerreste der Ruine<br />
Münchsberg. Hier, am Fusse der<br />
einst weitläufigen Burganlage,<br />
können Sie nur erahnen, wie herrlich<br />
es war, hier zu wohnen: Mehrere<br />
Gebäude und Türme, auf zwei<br />
Felsköpfe verteilt, und eine grosse<br />
Ringmauer ragten gen Himmel.<br />
Einige Trampelpfade lotsen hoch<br />
zum alten Gemäuer.<br />
Weiter gehts durch den dichten Gratwald,<br />
der vor allem im Herbst eine<br />
zauberhafte Stimmung entfaltet,<br />
wenn die bunten Blätter im Wind<br />
wogen; viele Stufen führen bergab,<br />
entlang von Wiesenhängen – und<br />
plötzlich sind Sie an einer Lichtung,<br />
die von einer gewaltigen Linde beherrscht<br />
wird. Wie lange wohl das<br />
dreistämmige Prachtstück seine<br />
Fühler ausstreckt, beschützt und<br />
einfach Leben ausstrahlt? Jedenfalls<br />
lädt sie ein, unter ihrem weiten<br />
Blätterdach sich niederzulas-
84<br />
Herbst<br />
sen und der feinen Atmosphäre<br />
nachzuspüren.<br />
Den weiteren Pfad säumen moosbewachsene<br />
Felsbrocken und urige<br />
Bäume, bis Sie in Kleinfegg sind.<br />
Hier gehen Sie nach rechts, die<br />
breite Strasse hoch, und erreichen<br />
in 10 Min. Bergmattten. Dann folgen<br />
Sie dem Wegweiser nach links<br />
zur Ruine Pfeffingen. Angenehm ist<br />
es zu laufen, auf dem Höhenweg,<br />
durch grüne Matten und Wald, vorbei<br />
an Obstbäumen und Kühen, und<br />
immer wieder darf der Blick in die<br />
Ferne schweifen: ins Birstal oder<br />
nach Dornach und den typischen<br />
Betonklotz des Goetheanums (nach<br />
den Plänen des Gründers der Anthroposophie,<br />
Rudolf Steiner, errichtet),<br />
zum Gempenstollen, zu<br />
den Burgen Birs eck und Reichenstein.<br />
Nach einer Weile erreichen<br />
Sie, in aller Abgeschiedenheit und<br />
versteckt, einen reizenden kleinen<br />
Rebhang, dessen Trauben – Riesling-Sylvaner,<br />
Blauburgunder – die<br />
edelsten Weine erzeugen (an Kunden<br />
wird jeweils nur eine begrenzte<br />
Menge verkauft).<br />
Von hier sind es gerade mal 5 Min.,<br />
bis Sie die wohl eindrücklichste<br />
Ruine auf dieser Wanderung erreichen:<br />
die Ruine Pfeffingen mit ihrer<br />
malerischen Silhoutte. Über eine<br />
Brücke gelangen Sie ins Innere. Es<br />
macht ungeheuer Laune, in der ausgedehnten<br />
Anlage herumzuspazieren<br />
und das alte Gemäuer auf<br />
sich wirken zu lassen. Dominant ist<br />
der viergeschossige Wohnturm, der<br />
wunderschön in den Himmel ragt,<br />
umgeben von «löchrigen» Wänden,<br />
trutzigen Zinnen und noch gut erhaltenen<br />
Mauerresten. Die wildwuchernde<br />
Pflanzenwelt verleiht dem<br />
ganzen Gelände eine besondere<br />
Atmosphäre.<br />
Nach Verlassen der Burg gelangen<br />
Sie auf der Teerstrasse zum neubarocken,<br />
prächtigen Schlossgut und<br />
Ruine Pfeffingen
Aesch (BL)<br />
85<br />
Schulheim. Dort gehen Sie rechts<br />
Richtung Aesch, den schmalen Weg<br />
rein. Verpassen Sie den Einstieg<br />
nach dem eingezäunten Grundtsück<br />
nicht: Hier geht es rechts in den<br />
dichten Wald, in Muggenberg gehts<br />
Richtung Aesch Bahnhof, immer der<br />
gelben Raute folgend. Auf weichem<br />
Waldboden und in aller Stille können<br />
Sie den Tag sanft ausklingen<br />
lassen. Sie sind hier dem Abgrund<br />
näher, als Sie vermutlich denken.<br />
Ein paar Schritte nach rechts (wenn<br />
es das dichte Geäst zulässt) und<br />
senkrecht fällt der Muggenberg ab:<br />
Welch toller Ausblick aufs Birstal!<br />
Urig und mühelos ist der letzte Part<br />
der Wanderung. Nach dem Spielplatz<br />
Eichberg gehen Sie rechts<br />
runter den Buchenweg, links rein in<br />
den Eichbergweg durch das Einfamilienhaus-Quartier<br />
und gelangen<br />
schliesslich nach Aesch-Dorf, zum<br />
Ausgangspunkt zurück.<br />
BURGRUINE SCHALBERG<br />
Gründung der Burg im 13. Jahrhundert<br />
durch die Schaler, eine<br />
bedeutende Basler Familie des<br />
Stadtadels. Anfang 14. Jahrhundert:<br />
Übergabe der Burg an den Bischof<br />
von Basel; die Schaler erhielten sie<br />
als Lehen zurück. Zerstörung<br />
durch das Erdbeben 1356, Wiederaufbau.<br />
Besitzer ab 1437: Graf von<br />
Thierstein. Letzte Erwähnung:<br />
1452; Zeitpunkt der Burgaufgabe<br />
ist unbekannt. 1975: Restaurierung<br />
der Burg.<br />
BURGRUINE MÜNCHSBERG<br />
Burgbau im 13. Jahrhundert durch<br />
Konrad III. Münch, Angehöriger<br />
eines einflussreichen Basler<br />
Rittergeschlechts; er nannte den<br />
Familienzweig Münchsberg. 1318:<br />
Übergabe der Burg an den Bischof<br />
von Basel; Zurückerhaltung als<br />
Lehen. Nach Aussterben des<br />
Zweiges der Münch gelangte die<br />
Burg an ihre Vettern, die Münch<br />
von Landskron. Zerstörung der<br />
Burg durch das Basler Erdbeben<br />
1356.<br />
BURGRUINE PFEFFINGEN<br />
Vermutlich im 12. Jahrhundert<br />
errichtet. Die Burg kam durch eine<br />
Erbschaft an die Grafen von<br />
Thierstein. Nach Aussterben der<br />
Thiersteiner 1519 war sie Sitz der<br />
bischöflichen Landvogtei. 1761:<br />
Versteigerung, dem Abbruch<br />
preisgegeben.<br />
Die Ruine Pfeffingen wurde von<br />
2013 bis 2017 durch den Kanton<br />
Basel-Landschaft aufwendig<br />
saniert.
154<br />
Autorin und Fotonachweis<br />
Autorin<br />
Karin <strong>Breyer</strong>, Studium der Ethnologie und Literaturwissenschaft<br />
(M.A.), arbeitet als freie Autorin, Journalistin und Achtsamkeitstrainerin<br />
(MBSR). Sie wandert leidenschaftlich gerne auf Natur- und<br />
Kulturpfaden und bietet seit vielen Jahren Wandertage in den<br />
Schweizer Bergen und «Achtsames <strong>Wandern</strong>» an.
Karin <strong>Breyer</strong> wandert sehr gern und hat bereits sieben<br />
Wanderbücher im Friedrich Reinhardt Verlag realisiert.<br />
Die beliebtesten Touren in der Nordwestschweiz und<br />
im Jura sind nun erstmalig in einem Buch vereint.<br />
Es sind 20 abwechslungsreiche Wanderungen zu<br />
Naturschönheiten, trutzigen Burgen und imposanten<br />
Schlössern. Auf schmalen Pfaden, durch wildromantische<br />
Wälder, liebliche Täler und pittoreske Dörfer,<br />
entlang rauschender Bächlein oder grosser Flüsse, mal<br />
steinig, mal auf sanftem Waldboden. Die beschriebenen<br />
Routen sind alle mit dem öffentlichen Verkehr zu<br />
erreichen.<br />
ISBN 978-3-7245-2424-3