Ausgabe 192
Monatsmagazin mit Berichten von der Politik bis zur Kultur: sechs bis acht Mal jährlich mit bis zu 100 Seiten Österreich. 14.326 pdf-Downloads im Junii 2020 auf http://oesterreichjournal.at/
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ÖSTERREICH JOURNAL NR. <strong>192</strong> / 02. 06. 2020<br />
Innenpolitik<br />
36<br />
entsprechenden Hinweis von SPÖ-Budgetsprecher<br />
Kai Jan Krainer zwischen der<br />
Zwei ten und Dritten Lesung wurde die Sitzung<br />
am Vorabend unterbrochen und der<br />
letzte Abstimmungsdurchgang auf den 29,<br />
Mai verschoben, um ÖVP und Grünen die<br />
Möglichkeit zu geben, den Fehler zu korrigieren.<br />
Opposition fordert neuerliche<br />
Beratungen im Budgetausschuß<br />
und Ablöse von Finanzminister Blümel<br />
Mit der Anpassung der Budgeteckdaten<br />
reagierten die Koalitionsparteien nicht zu -<br />
letzt auf die anhaltende Kritik der Opposition<br />
an falschen Budgetzahlen. Besänftigen<br />
ließen sich SPÖ, FPÖ und NEOS durch den<br />
Abänderungsantrag allerdings nicht. Er sei<br />
viel zu spät eingebracht worden und nicht<br />
ausreichend, monierten sie und beharrten auf<br />
eine Rückverweisung des Bundesfinanzgesetzes<br />
2020 und des Bundesfinanzrahmengesetzes<br />
an den Budgetausschuss zur weiteren<br />
Beratung.<br />
Entsprechende Anträge der NEOS und<br />
der SPÖ wurden von ÖVP und Grünen allerdings<br />
ebenso abgelehnt wie ein von der FPÖ<br />
eingebrachter Mißtrauensantrag gegen<br />
Finanzminister Gernot Blümel.<br />
Blümel habe wissentlich ein falsches Bud -<br />
get vorgelegt und damit unter anderem die<br />
Grundsätze der Budgetwahrheit und der Bud -<br />
gettransparenz verletzt, hatten FPÖ-Klubobmann<br />
Herbert Kickl und seine FraktionskollegInnen<br />
die Forderung nach einer Abberufung<br />
des Finanzministers nach nicht einmal<br />
fünfmonatiger Amtszeit begründet. Auch der<br />
geschäftsführende SPÖ-Klubobmann Jörg<br />
Leichtfried kritisierte das „Fake-Budget“<br />
und sieht den Finanzminister „heillos überfordert“.<br />
Blümel mache „einen tollen Job“,<br />
hielt dem ÖVP-Klubobmann August Wöginger<br />
entgegen und zeigte wenig Verständnis<br />
für den Mißtrauensantrag.<br />
Corona-Krise als Auslöser für<br />
außergewöhnliches Krisen-Budget<br />
Begründet wird das explodierende Budget -<br />
defizit von ÖVP und Grünen mit der Schwe -<br />
re der Corona-Krise, die gezielte staatliche<br />
Eingriffe und Unterstützungsmaßnahmen un -<br />
erläßlich mache. Die Regierung habe schnell<br />
reagiert und einen Schutzschirm von bis zu<br />
38 Mrd. € aufgestellt, heißt es unter anderem<br />
in den Erläuterungen zum Abänderungsantrag.<br />
Es gehe darum, die Gesundheit und den<br />
Wohlstand der Bevölkerung zu schützen und<br />
zu bewahren, die UnternehmerInnen bestmöglich<br />
durch die Krise zu geleiten und die<br />
negativen Folgen auf die Gesamtwirtschaft<br />
so gut wie möglich abzufedern.<br />
Daß die Auswirkungen der Corona-Krise<br />
im Budget nicht deutlicher abgebildet werden,<br />
begründen die Koalitionsparteien damit,<br />
daß nach wie vor vieles in Schwebe sei. So<br />
sei immer noch ungewiss, wie stark die Konjunktur<br />
heuer tatsächlich einbrechen wird.<br />
Die Bandbreite der Prognosen liege zwischen<br />
einem Minus von 3,2 und 9 Prozent. Damit<br />
könne auch nicht valide abgeschätzt werden,<br />
wie sich die Steuereinnahmen entwickeln.<br />
Auch die tatsächlichen Kosten für die Kurzarbeit<br />
und andere <strong>Ausgabe</strong>nbereiche seien<br />
noch offen.<br />
In Kraft treten soll der neue gesetzliche<br />
Rahmen für die Haushaltsführung des Bundes<br />
am 1. Juni 2020. Bis dahin wird noch das<br />
gesetzliche Budgetprovisorium gelten.<br />
Debatte über Widerspruchs-Behebung<br />
Eine letzte Gelegenheit für den Austausch<br />
von Argumenten bot eine von den NEOS<br />
verlangte Debatte über die von ÖVP und<br />
Grünen beantragte Widerspruchs-Behebung,<br />
wobei die Diskussion schaumgebremster<br />
ausfiel als jene der letzten Tage.<br />
Es sei gut, daß der Zahlenfehler korrigiert<br />
wurde, sagte Kai Jan Krainer (SPÖ). Es brau -<br />
che ein ordentliches Budget, um die staatlichen<br />
Corona-Hilfen sicherzustellen. Der<br />
Staat müsse in einer Krisensituation funktionieren.<br />
Daß die Panne überhaupt passiert ist,<br />
führt Krainer darauf zurück, daß das Budget<br />
erst in letzter Minute repariert wurde, ob -<br />
wohl die Opposition bereits seit April realistische<br />
Budgetzahlen eingemahnt habe. Krai -<br />
ner hält das Budget trotz des Abänderungsantrags<br />
allerdings weiter für verfassungswidrig,<br />
da die Einnahmenseite nicht korrigiert<br />
wurde.<br />
Dieses Manko kritisierte auch Hubert<br />
Fuchs (FPÖ). Es sei des Parlaments unwürdig,<br />
daß nun ein Budget beschlossen werde,<br />
das inhaltlich falsch sei, sagte er. Zudem be -<br />
kräftigte der FPÖ-Finanzsprecher die Forderung<br />
der Opposition nach Einrichtung eines<br />
COVID-19-Unterausschusses zur parlamentarischen<br />
Kontrolle der Hilfszahlungen. Fi -<br />
nanzminister Blümel liefere dem Parlament<br />
unzureichende Informationen, beklagte er.<br />
NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger<br />
hob hervor, daß es sich bei der Zahlenpanne<br />
um mehr als einen Formalfehler handle.<br />
Schließlich hätte diese massive inhaltliche<br />
Auswirkungen gehabt. Aus ihrer Sicht reiht<br />
sich diese „Schlampigkeit“ in eine Reihe von<br />
Schlampigkeiten bei Gesetzen und Verordnungen<br />
in den letzten Jahren ein. Als einen<br />
Grund für diese Entwicklung sieht Meinl-<br />
Reisinger, daß es in den Ministerien häufig<br />
zu parteipolitischen Postenbesetzungen kom -<br />
me, wobei sie hier insbesondere die ÖVP in<br />
die Ziehung nahm. Es brauche versierte Le -<br />
gistInnen, „wir müssen die besten Gesetze<br />
schaffen und nicht die schnellsten“.<br />
Was das Budget betrifft, hält es auch<br />
Meinl-Reisinger für empörend, daß die Zahlen<br />
auf der Einnahmenseite nicht korrigiert<br />
wurden. Sie erachtet das als Mißachtung des<br />
Parlaments, zumal Finanzminister Blümel<br />
schon Ende April korrigierte Zahlen an die<br />
EU gemeldet habe.<br />
Seitens der Koalitionsparteien bedankten<br />
sich Andreas Hanger (ÖVP) und Sigrid Mau -<br />
rer (Grüne) bei SPÖ-Budgetsprecher Krainer<br />
ausdrücklich für die Aufdeckung des Fehlers,<br />
wobei die Panne eigentlich nicht von<br />
Krai ner selbst, sondern von einem Klubmitarbeiter<br />
entdeckt wurde, wie der SPÖ-Abgeordnete<br />
gestand. Es sei wichtig, daß Österreich<br />
ein ordentliches Budget habe, unterstrich<br />
Hanger. Schließlich bringe dieses, un -<br />
abhängig von der Corona-Krise, auch mehr<br />
Geld für die Justiz für die Sicherheit in Ös -<br />
terreich und für die ländlichen Regionen.<br />
Gleichzeitig schaffe das Bundesfinanzgesetz<br />
den technischen Rahmen zur Bewältigung<br />
der Krise und sichere Hilfsprogramme wie<br />
den COVID-19-Fonds, den Härtefallfonds,<br />
das Wirtepaket und das Künstlerpaket ab.<br />
„Es ist ein gutes Budget für Österreich“, ist<br />
Hanger überzeugt.<br />
Relativ entspannt sah Grünen-Klubobfrau<br />
Maurer die Panne: Es könne immer mal<br />
passieren, daß eine Zeile versehentlich ge -<br />
löscht werde, meinte sie.<br />
Beseitigung sozialrechtlicher<br />
Nachteile von MilizsoldatInnen<br />
Neben dem Mißtrauensantrag haben die<br />
Abgeordneten an den beiden Plenartagen<br />
auch über 68 weitere Entschließungsanträge<br />
abgestimmt, wobei nur zwei davon eine Mehr -<br />
heit fanden. Zum einen geht es dem Nationalrat<br />
um eine Stärkung der Autarkie von<br />
Ka sernen – diese sollen auch in Katastrophen-<br />
und Krisenfällen selbstversorgungsfähig<br />
sein. Zum anderen drängt er auf die Be -<br />
seitigung sozialrechtlicher Nachteile für einberufene<br />
MilizsoldatInnen. Beide Anträge<br />
wa ren von den Koalitionsparteien eingebracht<br />
worden und wurden einstimmig angenommen.<br />
In der Minderheit blieben hingegen – bei<br />
unterschiedlichen Abstimmungsergebnissen<br />
– die Initiativen der Oppositionsparteien.<br />
Die Palette der Anliegen reichte dabei von<br />
»Österreich Journal« – http://www.oesterreichjournal.at