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Lokaler Pastoralplan - Dokumentation | Pfarrei Liebfrauen-Überwasser Münster

Der Pfarreirat der Pfarrei Liebfrauen-Überwasser hat ab 2014 unter Federführung einer Steuerungsgruppe aus Pfarreirat, Kirchenvorstand und Seelsorgeteam einen lokalen Pastoralplan entwickelt. Zunächst wurde eine um- fangreiche Bestandsaufnahme der aktuellen Situation der Pfarrei und des Sozialraumes erarbeitet, auf deren Grundlage Hypothesen über Trends zur weiteren Entwicklung der Pfarrei formuliert wurden. Die Bestandsaufnah- me wurde der Pfarrei bei verschiedenen Gelegenheiten vorgestellt und im vorliegenden Bericht der Steuerungs- gruppe dokumentiert. Die Zusammenfassung der Ergebnisse werden als erster Teil des Pastoralplans unter der Überschrift „Sehen (Bestandsaufnahme)“ dargestellt. Im Herbst 2018 wurde für alle interessierten Mitglieder der Pfarrei eine Zukunftswoche veranstaltet. Deren Ergeb- nisse beriet der Pfarreirat und formulierte daraus den zweiten und dritten Teil des Pastoralplans mit den Über- schriften Urteilen (Leitmotiv) und Handeln (Leitsätze). Die endgültige Fassung des lokalen Pastoralplans hat der Pfarreirat in seiner Sitzung am 5. September 2019 ver- abschiedet. Mit diesem Bericht der Steuerungsgruppe legen wir zum einen die zusammengetragenen Daten zur Pfarrei und zum Sozialraum als Grundlage der weiteren Beratungen zur Umsetzung des Lokalen Pastoralplanes vor. Soweit das möglich war, wurden vor allem die sogenannten katholischen Zahlen bis zur Fertigstellung dieses Berichtes immer wieder aktualisiert. Die vorgelegten Zahlen entsprechen dem Stand von 1960 bis einschließlich 2018. Im zweiten Teil der Darstellung (ab 2.3) haben wir zum Teil die Ergebnisse der durchgeführten Untersuchungen und Befragungen dokumentiert, d.h. darin enthaltene Daten entsprechen dem Zeitpunkt ihrer Durchführung. Zum anderen stellen wir im dritten und vierten Abschnitt des Berichtes die im Herbst 2018 durchgeführte Zukunftswo- che bzw. die aus ihr resultierenden Beratungsergebnisse der Gremien der Pfarrei vor. Wir hoffen, dass dieser Bericht sowie die gefassten Beschlüsse zum lokalen Pastoralplan der Pfarrei Liebfrauen- Überwasser wirksam dazu beitragen, dass sich alle Interessierten „gemeinsam auf den Weg machen“ und die Zukunft der Kirche in unserer Pfarrei konstruktiv und kreativ gestalten!

Der Pfarreirat der Pfarrei Liebfrauen-Überwasser hat ab 2014 unter Federführung einer Steuerungsgruppe aus Pfarreirat, Kirchenvorstand und Seelsorgeteam einen lokalen Pastoralplan entwickelt. Zunächst wurde eine um- fangreiche Bestandsaufnahme der aktuellen Situation der Pfarrei und des Sozialraumes erarbeitet, auf deren Grundlage Hypothesen über Trends zur weiteren Entwicklung der Pfarrei formuliert wurden. Die Bestandsaufnah- me wurde der Pfarrei bei verschiedenen Gelegenheiten vorgestellt und im vorliegenden Bericht der Steuerungs- gruppe dokumentiert. Die Zusammenfassung der Ergebnisse werden als erster Teil des Pastoralplans unter der Überschrift „Sehen (Bestandsaufnahme)“ dargestellt.
Im Herbst 2018 wurde für alle interessierten Mitglieder der Pfarrei eine Zukunftswoche veranstaltet. Deren Ergeb- nisse beriet der Pfarreirat und formulierte daraus den zweiten und dritten Teil des Pastoralplans mit den Über- schriften Urteilen (Leitmotiv) und Handeln (Leitsätze).
Die endgültige Fassung des lokalen Pastoralplans hat der Pfarreirat in seiner Sitzung am 5. September 2019 ver- abschiedet.
Mit diesem Bericht der Steuerungsgruppe legen wir zum einen die zusammengetragenen Daten zur Pfarrei und zum Sozialraum als Grundlage der weiteren Beratungen zur Umsetzung des Lokalen Pastoralplanes vor. Soweit das möglich war, wurden vor allem die sogenannten katholischen Zahlen bis zur Fertigstellung dieses Berichtes immer wieder aktualisiert. Die vorgelegten Zahlen entsprechen dem Stand von 1960 bis einschließlich 2018.
Im zweiten Teil der Darstellung (ab 2.3) haben wir zum Teil die Ergebnisse der durchgeführten Untersuchungen und Befragungen dokumentiert, d.h. darin enthaltene Daten entsprechen dem Zeitpunkt ihrer Durchführung. Zum anderen stellen wir im dritten und vierten Abschnitt des Berichtes die im Herbst 2018 durchgeführte Zukunftswo- che bzw. die aus ihr resultierenden Beratungsergebnisse der Gremien der Pfarrei vor.
Wir hoffen, dass dieser Bericht sowie die gefassten Beschlüsse zum lokalen Pastoralplan der Pfarrei Liebfrauen- Überwasser wirksam dazu beitragen, dass sich alle Interessierten „gemeinsam auf den Weg machen“ und die Zukunft der Kirche in unserer Pfarrei konstruktiv und kreativ gestalten!

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PFARREI

LIEBFRAUEN-

ÜBERWASSER

MÜNSTER




ENTWICKLUNGSBERICHT

+ DOKUMENTATION


pastoralplan pfarrei liebfrauen-überwasser münster | seite 5

VORWORT

Der Pfarreirat der Pfarrei Liebfrauen-Überwasser hat ab 2014 unter Federführung einer Steuerungsgruppe aus

Pfarreirat, Kirchenvorstand und Seelsorgeteam einen lokalen Pastoralplan entwickelt. Zunächst wurde eine umfangreiche

Bestandsaufnahme der aktuellen Situation der Pfarrei und des Sozialraumes erarbeitet, auf deren

Grundlage Hypothesen über Trends zur weiteren Entwicklung der Pfarrei formuliert wurden. Die Bestandsaufnahme

wurde der Pfarrei bei verschiedenen Gelegenheiten vorgestellt und im vorliegenden Bericht der Steuerungsgruppe

dokumentiert. Die Zusammenfassung der Ergebnisse werden als erster Teil des Pastoralplans unter der

Überschrift „Sehen (Bestandsaufnahme)“ dargestellt.

Im Herbst 2018 wurde für alle interessierten Mitglieder der Pfarrei eine Zukunftswoche veranstaltet. Deren Ergebnisse

beriet der Pfarreirat und formulierte daraus den zweiten und dritten Teil des Pastoralplans mit den Überschriften

Urteilen (Leitmotiv) und Handeln (Leitsätze).

Die endgültige Fassung des lokalen Pastoralplans hat der Pfarreirat in seiner Sitzung am 5. September 2019 verabschiedet.

Mit diesem Bericht der Steuerungsgruppe legen wir zum einen die zusammengetragenen Daten zur Pfarrei und

zum Sozialraum als Grundlage der weiteren Beratungen zur Umsetzung des Lokalen Pastoralplanes vor. Soweit das

möglich war, wurden vor allem die sogenannten katholischen Zahlen bis zur Fertigstellung dieses Berichtes immer

wieder aktualisiert. Die vorgelegten Zahlen entsprechen dem Stand von 1960 bis einschließlich 2018.

Im zweiten Teil der Darstellung (ab 2.3) haben wir zum Teil die Ergebnisse der durchgeführten Untersuchungen

und Befragungen dokumentiert, d.h. darin enthaltene Daten entsprechen dem Zeitpunkt ihrer Durchführung. Zum

anderen stellen wir im dritten und vierten Abschnitt des Berichtes die im Herbst 2018 durchgeführte Zukunftswoche

bzw. die aus ihr resultierenden Beratungsergebnisse der Gremien der Pfarrei vor.

Wir hoffen, dass dieser Bericht sowie die gefassten Beschlüsse zum lokalen Pastoralplan der Pfarrei Liebfrauen-

Überwasser wirksam dazu beitragen, dass sich alle Interessierten „gemeinsam auf den Weg machen“ und die

Zukunft der Kirche in unserer Pfarrei konstruktiv und kreativ gestalten!

Im Januar 2020

Die Mitglieder der Steuerungsgruppe:

Maria Albrecht, Jürgen Tausgraf, Lucia Wünsch, Eva Bolay, Donatus Beisenkötter, Stephan Chmielus (ab

2017), Alfons Rensing, Pfarrer Hans-Werner Dierkes (bis 6/2019), Anne Bußmann (bis 2017), Stephanie

Heckenkamp-Grohs


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INHALTSVERZEICHNIS

Vorwort

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

1.1 Der Auftrag

1.2 Die Pfarrei Liebfrauen-Überwasser

1.3 Die Entwicklung eines lokalen Pastoralplanes

1.4 Der Prozess

2. Sehen / Wahrnehmen

2.1 Das Untersuchungsobjekt (Karte der Pfarrei)

2.2 Kirchliche Zahlen (Quantitative Datenanalyse)

2.2.1 Bestandsaufnahme Gruppengröße

2.2.1.1 Anzahl der Katholiken

2.2.1.2 Entwicklung der Katholikenzahl

2.2.1.3 Exkurs: Bezugsgröße Bevölkerungswachstum

2.2.1.4 Anteil der Katholiken an der Gesamtbevölkerung

2.2.1.5 Austritte

2.2.1.6 Zuwächse und Abgänge

2.2.1.7 Fazit

2.2.2 Bestandsaufnahme Teilnahme an kirchlichen Amtshandlungen

2.2.2.1 Gottesdienstteilnehmer/innen

2.2.2.2 Taufen

2.2.2.3 Erstkommunion

2.2.2.4 Firmungen

2.2.2.5 Trauungen

2.2.2.6 Bestattungen


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2.2.2.7 Fazit

2.2.3 Zusammenfassung quantitative Datenanalyse

2.2.3.1 Anzahl der Katholiken

2.2.3.2 Wahrnehmung kirchlicher Amtshandlungen

2.3 Der Sozialraum der Pfarrei

2.3.1 Sozialraumbeschreibungen

2.3.1.1 Sozial- und Lebensraumportrait der Gemeinde Liebfrauen-Überwasser

2.3.1.2 Sozial- und Lebensraumportrait der Gemeinde St. Theresia

2.3.1.3 Sozial- und Lebensraumportrait der Gemeinde St Sebastian

2.3.1.4 Kleinräumige Sozialstrukturen in der Pfarrei Liebfrauen-Überwasser

2.3.2 Statistische Daten der Stadt Münster

2.3.2.1 Religionszugehörigkeit

2.3.2.2 Altersstruktur

2.3.2.3 Ausländeranteil – Multikulturalität

2.3.2.4 Anteil der Katholiken mit ausländischen Wurzeln in Liebfrauen-Überwasser

2.3.3 Milieustudien: Sinus-Milieus und Lebensführungstypologie

2.3.3.1 Die Sinus-Milieus

2.3.3.2 Lebensführungstypologie nach Martin Heyse und Marius Stelzer

2.3.4 Zusammenfassung Sozialraum der Pfarrei

2.4 Infrastruktur der Pfarrei (Bestandsaufnahme)

2.4.1 Gebäude, Räumlichkeiten und beruflich Engagierte

2.4.2 Fazit / Zusammenfassung

2.4.3 Gruppierungen / Freiwilliges Engagement

2.4.3.1 Auswertung der Fragebögen

2.4.3.2 Ergebnisse der Befragung

2.4.3.3 Fazit

2.4.4 Gremien der Pfarrei (Pfarreirat, Gemeindeausschüsse, Kirchenvorstand)

2.4.4.1 Pfarreiratswahl 2014

2.4.4.2 Auswertung der Pfarreiratswahl 2014


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2.4.4.3 Pfarreiratswahl 2017 und Kirchenvorstandswahl 2018

2.4.4.4 Fazit

2.5 Qualitative Befragungen

2.5.1 Beratungen der Gremien

2.5.2 Gottesdienstbesucherbefragung

3. Das biblische Leitmotiv (Urteilen)

4. Handeln

4.1 Zukunftstag

4.2 Gremientag und Zukunftswoche

4.2.1 Erste Planungen

4.2.2 Planung Gremientag

4.3 Die Zukunftswoche

4.3.1 Auftaktgottesdienst 04.10.2018

4.3.1.1 Ansprache zu Joh 21,1-14: Die Erscheinung Jesu am See von Tiberias

4.3.2 Flyer Zukunftswoche 2018

4.3.3 Abschlussgottesdienst 10.10.2018

4.3.3.1 Ansprache zu Lk 24,13-35: Die Erscheinung Jesu auf dem Weg nach Emmaus

4.3.4 Weiterarbeit in den Gremien

4.4 Die Leitsätze

Quellen

Impressum


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1. EINLEITUNG

1.1 Der Auftrag

Nachdem das Bistum Münster über eine lange Zeit den unübersehbaren gesellschaftlichen und kirchlichen Veränderungsprozessen

eher zögerlich und den Status quo stabilisierend begegnet war, setzte sich in der ersten Hälfte

des ersten Jahrzehnts des neuen Jahrtausends die Einsicht durch, dass eine systematische planerische Auseinandersetzung

mit diesen Veränderungsprozessen überfällig sei. Im Jahr 2005 wurde ein erster Struktur- und Personalplan

für das Bistum in Kraft gesetzt, der die personellen Möglichkeiten sowie die finanziellen und strukturellen

Gegebenheiten des Bistums in der Perspektive des Jahres 2020 betrachtete. Die praktische Folge dieser

Prognose waren forcierte strukturelle Bemühungen, die Anzahl der selbständigen Pfarrgemeinden zu verringern

und die pastoralen Strukturen den voraussehbaren personellen und finanziellen Spielräumen anzupassen.

Anfang des Jahres 2013 verabschiedete das Bistum Münster nach intensiven Beratungen in den Gremien der

Mitverantwortung einen Diözesanpastoralplan, der sich vor dem Hintergrund der parallel umgesetzten strukturellen

Veränderungen auf die inhaltliche Frage konzentriert, wie angesichts der gesellschaftlichen und kirchlichen

Veränderungsprozesse die kirchliche Zukunft unter Rückbesinnung auf ihren eigentlichen Sinn und Zweck gestaltet

werden kann: „Wie wollen (und können) wir im Bistum Münster insgesamt und in den Pfarreien vor Ort in

der veränderten Gegenwart und der näheren Zukunft Kirche sein? Wie leben und verkünden wir gemeinschaftlich

unseren am Evangelium orientierten Glauben und unsere Sendung als Kirche unter den aktuellen

Lebensbedingungen?“

Der Diözesanpastoralplan fordert jede der neuen Pfarreien dazu auf, einen lokalen Pastoralplan im Dreischritt

des Sehens, Urteilens und Handelns zu entwickeln, der ausgehend von einer Bestandsaufnahme und Analyse

der konkreten Situation der Pfarrei (Sehen) beschreibt, mit welcher Vision oder Leitidee die Pfarrei dieser

Situation begegnen will (Urteilen) und welche konkreten Ziele und Handlungsoptionen sich aus der Gegenüberstellung

der Entwicklungsvision und den personellen, strukturellen und finanziellen Möglichkeiten vor Ort

ergeben (Handeln).

1.2 Die Pfarrei Liebfrauen-Überwasser

Die Pfarrei Liebfrauen-Überwasser in Münster entstand im Jahr 2014 aus den Pfarrgemeinden St. Theresia (Sentrup),

St. Sebastian (Nienberge) und der bereits im Zuge einer ersten Fusion im Jahr 2007 aus der Pfarrgemeinde

Liebfrauen-Überwasser (Münster-Innenstadt) und der Pfarrgemeinde St. Michael (Gievenbeck) entstandenen

Pfarrgemeinde Liebfrauen-Überwasser. In der Folge der Fusion von 2014 wurden ein Pfarreirat sowie drei Gemeindeausschüsse

und ein Kirchenvorstand gewählt, die Ende des Jahres 2014 ihre Arbeit aufnahmen. Die Entwicklung

eines eigenen lokalen Pastoralplanes der neuen Pfarrei Liebfrauen-Überwasser, die der Pfarreirat unter Federführung

einer Steuerungsgruppe in Angriff nahm, verlief von Beginn an parallel zu den mit jeder Fusion verbundenen

Aufgaben, die bisher selbständigen Pfarrgemeinden zur neuen Einheit einer Pfarrei zu entwickeln.


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Die Bemühungen der Gremien der Mitverantwortung, des Pastoralteams und des leitenden Pfarrers zielten darauf,

in den vielfältigen pastoralen Handlungsbereichen das jeweils angemessene Verhältnis zwischen Integration und

Differenzierung, zwischen neuer Gemeinsamkeit und bleibender Eigenständigkeit zu finden. Eine besondere

Herausforderung bestand und besteht dabei sowohl im Zuschnitt und der gewachsenen Unterschiedlichkeit der

neu zusammengesetzten Teile der Pfarrei als auch und letztlich vor allem anderen in der Größe und Komplexität

des gesamten Gebildes. Diese Herausforderungen haben auch die Arbeit der Steuerungsgruppe zur Entwicklung

eines lokalen Pastoralplanes wesentlich mitbestimmt.

1.3 Die Entwicklung eines lokalen Pastoralplanes

Die zu bearbeitenden Schritte des Sehens, Urteilens und Handelns erscheinen auf den ersten Blick einfach und

plausibel. Allein die Konkretisierung des ersten Schrittes (Sehen) gestaltete sich angesichts der Größe und Komplexität

der Pfarrei als ein langwieriges Unterfangen. In welcher Detailtiefe ist eine Datensammlung und Analyse

sinnvoll und noch zu bewältigen? Wie exakt lassen sich die sogenannten katholischen Daten mit den Daten der

Stadt Münster in Beziehung setzen, wenn der jeweilige Bezugsrahmen der Daten (Pfarrgemeinden, Stadtbezirke)

nicht überall übereinstimmt. Welchen prognostischen Wert haben bestimmte Fakten, wenn aufgrund des Datenbestandes

nicht zu ermitteln ist, welche stadt- oder stadtteilbezogenen Charakteristika für den katholischen

Bevölkerungsanteil gelten können?

Der Schritt des Sehens beschränkt sich entsprechend

darauf, wesentliche Eckpunkte für eine Bestandsaufnahme

der aktuellen Situation zu ermitteln und

durch die Heranziehung übergeordneter Vergleichsdaten

Hypothesen über allgemeine Trends zur

Situation und weiteren Entwicklung der Pfarrei

herauszuarbeiten. Dies dient als Hintergrund der

Schritte des Urteilens und Handelns, ist aber in der

weiteren pastoralen Praxis immer wieder im Detail

aktuell an der Realität kritisch zu überprüfen.


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1.4 Der Prozess

Bearbeitungsschritte

2014/ 11 Angebot der Bildung von regionalen Fortbildungsgruppen durch das Generalvikariat

u. Bildung der Pfarreiausschüsse

2015/ 02 Pfarreiausschuss: AK zunächst als „Platzhalter“

Kontraktvereinbarung mit der Fachabteilung im Generalvikariat über 6 Treffen bis

04/2016 mit 3 anderen Pfarreien

Bildung einer Steuerungsgruppe (23.03.2015 1. Treffen)

Treffen der Steuerungsgruppe in ca. monatlichem Abstand

2015/ 03 Klausurwochenende des Pfarreirates

2015/ 11 Pfarrversammlung (25.10.2015) und Pfarrkonvent (14.11.2015)

2016/ 01 Beschäftigung mit den „Kirchenbildern“ in den Gremien, dem Seelsorge-u. Hauptamtlichenteam

2016/ 05 Visitation durch Weihbischof Dr. Zekorn mit dem Schwerpunkt der pastoralen Entwicklung

der Pfarrei

2016/ 06 Bearbeitung der Ergebnisse der Befragungen der Gruppen und Gremien in der Pfarrei

u. der Kirchenbesucherbefragung

Austausch über „Sehen- Urteilen - Handeln“ als Raster für den Pastoralplan

Austausch über die Emmaus- Geschichte als Leitmotiv der „Weggemeinschaft“

Gespräche zwischen Steuerungsgruppe und Kirchenvorstand über Elemente des

lokalen Pastoralplanes

Gespräche zwischen Steuerungsgruppe und Pastoralteam über die Grundorientierungen

des lokalen Pastoralplanes

2016/ 10 Erarbeitung von Daten u. Fakten der 3 Gemeinden in der Pfarrei: Sinus-Milieu-Studie

u. städtische Daten

2016/ 12 Bearbeitung der Gemeindebeschreibungen

2017/ 03 Zusammenfassen der Gemeindebeschreibungen; Überarbeitungen der vorliegenden

Daten, Angaben u. Texte

2017/ 05 Austausch mit Dr. M. Stelzer zu seinen Überlegungen und Austausch zu „zeugender

Pastoral“ für den lokalen Pastoralplan

2017/ 05 Glaubensgespräch mit Weihbischof Zekorn („Glaube - Zukunft - Kirche“)

2017/ 07 Text Weggemeinschaft als Leitmotiv veröffentlicht im „Wir alle“ Magazin


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2017/ 10 Planung und Beratung einer Zukunftswoche der Pfarrei

Im Jahr 2018

2017/ 11 Pfarreirats- und Gemeindeausschusswahl

Konstituierung der neuen Gremien

2018/ 01 Überarbeitung der Planungen für eine Zukunftswoche der Pfarrei mit den neuen

Gremien

2018/ 03 Präsentation der Ergebnisse des Berichtes der Steuerungsgruppe in den Gemeindeausschüssen

und im Pfarreirat

2018/ 29.09. Gremientag unter Begleitung durch das Referat Pastoralberatung des Bistums zur

Vorbereitung einer Zukunftswoche

2018/ 10. Durchführung einer Zukunftswoche der Pfarrei vom 4. bis 10. Oktober

2018/ 11 -12 Erarbeitung konkreter Vorschläge für Teil 2 und Teil 3 des LokPP durch die Steuerungsgruppe

aufgrund der Ergebnisse der Zukunftswoche

2019/ 01 bis 06 Beratung und schrittweise Verabschiedung von Teil 2 (Biblisches Leitmotiv) und Teil 3

(Handeln. Leitsätze und Handlungsoptionen) des LokPP in den Gemeindeausschüssen

und im Pfarreirat

2019/ 09 Beschluss des Lok PP mit den Teilen Sehen, Urteilen, Handeln für die Pfarrei

Liebfrauen-Überwasser

2020/ 01 Veröffentlichung des Lokalen Pastoralplans der Pfarrei Leibfrauen-Überwasser


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2. SEHEN / WAHRNEHMEN

Das Grundanliegen des Pastoralplans für das Bistum Münster ist es, „im Vertrauen auf die allen Getauften von

Gott geschenkte Gnade die Entwicklung der Kirche vor Ort in den Sozial- und Lebensräumen der Menschen“

(PP 31) zu fördern. Der erste Schritt besteht aus der nüchternen Bestandsaufnahme der aktuellen Situation

der Pfarrei Liebfrauen-Überwasser. Zu einer ersten quantitativ orientierten Beschreibung stehen sowohl die sogenannten

kirchlichen Daten als auch die Daten des Sozialraumes (Stadt Münster und Stadtteile) zur Verfügung.

2.1 Das Untersuchungsobjekt

Karte der Pfarrei Liebfrauen-Überwasser


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Die fusionierte Pfarrei Liebfrauen-Überwasser umfasst einen wesentlichen Teil des Westens der Stadt Münster.

Während die ehemalige Pfarrgemeinde St. Sebastian Nienberge aufgrund der dörflichen Struktur auf eine lange

eigenständige Geschichte zurückblicken kann, sind die ehemaligen Pfarrgemeinden St. Michael in Gievenbeck,

entstanden 1939, eigenständig ab 1948, sowie St. Theresia auf der Sentruper Höhe, entstanden 1954, eigenständige

Kirchengemeinde seit 1967, das Ergebnis der „Abpfarrung“ neu entstandener Stadtteile vor und nach dem

zweiten Weltkrieg von der Altstadtpfarrei Liebfrauen-Überwasser, deren Geschichte bis ins Mittelalter zurückreicht.

Die Pfarrkirche Liebfrauen Überwasser zählt zu den ältesten Kirchengebäuden der Stadt.

Durch die Wiederzusammenführung mit der ehemaligen Kirchengemeinde Liebfrauen-Überwasser erstreckt sich

die Pfarrei Liebfrauen-Überwasser nach der zweiten Fusion wie ein Tortenstück über den Promenadenring hinweg

bis direkt in die Stadtmitte und grenzt dort mit ihrer Spitze an die Dompfarrei. Diese Lage hat zur Folge, dass in

der Pfarrei Liebfrauen-Überwasser der spezifisch innerstädtische Sozialraum rund um die Pfarrkirche Liebfrauen-

Überwasser mit den beiden westlichen Stadtvierteln Sentrup und Gievenbeck sowie mit dem ländlich-dörflich

geprägten Sozialraum und Milieu rund um die Filialkirche St. Sebastian in Nienberge eine neue, von vielfältigen

Unterschiedlichkeiten und zum Teil Gegensätzlichkeiten geprägte, „spannungsreiche“ Verbindung eingeht,

die sich auf die pastorale Identität der Pfarrei Liebfrauen-Überwasser auswirkt.

2.2 Kirchliche Zahlen (Quantitative Datenanalyse)

Welche Entwicklungen und Trends lassen sich aus der Analyse der „Katholischen Daten“ ermitteln?

In der statistischen Erfassung der Katholischen Zahlen liegen jahresbezogene Daten ab 1960 vor. Die Einzeldaten

der jeweiligen ehemaligen Pfarrgemeinden sind bis jeweils zum Vorjahr der Fusion 2007 bzw. 2014 dokumentiert.

Die im Folgenden dargestellten Daten der Gesamtpfarrei vor dem Jahr der jeweiligen Fusion sind Ergebnis der

Addition der Einzeldaten.

2.2.1 Bestandsaufnahme Gruppengröße

2.2.1.1 Anzahl der Katholiken

Die im Jahr 2014 fusionierte Pfarrei Liebfrauen-Überwasser zählt mit 19.999 Katholiken (Stand März 2019) gemeinsam

mit den Pfarreien St. Mauritz und St. Joseph nicht nur zu den größten Pfarreien im Stadtdekanat, sondern

auch zu den fünf größten Pfarreien im Bistum Münster.

Nimmt man die rund 3000 nicht-katholischen Familienangehörigen hinzu, ergeben sich rund 23.000 Menschen,

die aufgrund ihrer konfessionellen Zugehörigkeit oder ihrer familiären Verbundenheit als primäre Adressaten und

Akteure der pastoralen Aktivitäten (in) der Pfarrei angesehen werden können. Innerhalb der Gesamtkatholikenzahl

ist ein leichter Überhang des weiblichen Gesamtgruppenanteils zu beobachten.

2.2.1.2 Entwicklung der Katholikenzahl

In den Jahren von 1998 bis 2010 bewegte sich die Gesamtzahl der Katholiken im Pfarreigebiet relativ konstant

zwischen 17.855 (2002) und 18.611 (2010). Der im Jahre 2011 zu verzeichnende unvermittelte Anstieg auf 20.628

Katholiken (vgl. Schaubild 1) erklärt sich im Wesentlichen durch die Einführung der Zweitwohnsitzsteuer in der


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Stadt Münster, in deren Folge sich viele Studierende mit erstem Wohnsitz anmelden mussten und aus diesem

Grund erstmals statistisch erfasst wurden.

Die Analyse der einzelnen Entwicklungen in den ehemaligen Pfarrgemeinden zeigt, dass der Anstieg von 2010 zu

2011 vor allem die 2007 fusionierte Pfarrgemeinde Liebfrauen-Überwasser betroffen hat. In der Pfarrgemeinde

St. Sebastian ist die Zahl der Katholiken im Beobachtungszeitraum gleichbleibend, die Zweitwohnsitzsteuer zeigt

keine Effekte. Ebenso verhält es sich für St. Theresia: auch hier bleiben die Zahlen konstant.

Schaubild 1 | Entwicklung der Katholikenzahlen Gesamtpfarrei 1998 bis 2018

In der Langzeitanalyse schwanken die absoluten Katholikenzahlen im aktuellen Pfarreigebiet von 1960 bis 2015

um bis zu rund 5000 Katholiken. Die Gesamtzahl der Katholiken im aktuellen Pfarreigebiet lag 1960 bei 16.934. Im

Jahr 2015 erreichen die absoluten Zahlen das Niveau von 1975, das in den Folgejahren bis 1980 zunächst deutlich

einbricht, um bis zu den 90’er Jahren wieder anzusteigen. Vom Jahr 2000 (17.855) bis zum Jahr 2015 (20.820)

ist die Gesamtanzahl um 2.965 Katholiken angestiegen. Das entspricht einer Steigerung um 17 %, die sich unter

anderem durch den Zweitwohnsitzsteuereffekt erklärt. Seit dem Jahr 2011 bewegen sich die Katholikenzahlen mit

leichten Schwankungen auf einem Niveau zwischen 20.000 und 21.000 Katholiken. Seit dem Jahr 2015 sinken die

Katholikenzahlen langsam aber kontinuierlich: 2016 um 141, 2017 um 326, 2018 um 193). Im März 2019 meldet die

Statistik erstmals seit 2011 unter 20.000 Katholiken.


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Schaubild 2 | Katholikenanzahl in Fünfjahresschritten ab 1960 (Ausnahme 2018)

– gemeinsame Erfassung aller aktuell fusionierten Pfarrgemeinden

Im Bistum Münster sank die Gesamtanzahl der Katholiken von 2.076.964 im Jahr 2000 bis auf 1.853.185 in 2018.

Das entspricht einer Verringerung um 10,54%. Im Vergleichszeitraum 2011 bis 2018 bedeutete das einen Rückgang

von 5,63%. Bundesweit sind die Katholikenzahlen zwischen 2011 und 2018 um 4,75% rückläufig. In der

Pfarrei Liebfrauen-Überwasser verringerte sich die Anzahl der Katholiken zwischen 2011 und 2018 dagegen nur

um 2,27%.

FAZIT

• Der vor allem durch den Zwang zur Anmeldung eines ersten Wohnsitzes verursachte sprunghafte Anstieg der

Katholikenzahlen ab 2011 beeinflusst nicht entscheidend die relative Konstanz des katholischen Bevölkerungsanteils

im jetzigen Pfarreigebiet. Mit leichten Schwankungen bewegen sich die Zahlen auf dem neuen

Niveau zwischen 20.000 und 21.000. Ab 2016 sind die Zahlen leicht rückläufig. 2019 unterschreiten die Zahlen

erstmals wieder die 20.000’er Grenze.

• Auch abgesehen von den sprunghaften Effekten ist erkennbar, dass die Pfarrei insgesamt bisher nur leicht,

aber nicht dramatisch kleiner wird. Die relative Konstanz in absoluten Zahlen verdankt die Pfarrei unter

anderem dem stetigen Bevölkerungswachstum innerhalb des Pfarreigebietes.

• Bundes- und bistumsweit sind sowohl die absoluten Zahlen als auch der prozentuale Anteil von Katholiken

an der Gesamtbevölkerung rückläufig.


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2.2.1.3 Exkurs: Bezugsgröße Bevölkerungswachstum

Die Stadt Münster erlebt seit vielen Jahren ein stetiges Bevölkerungswachstum. Die Zuzugsbewegungen

haben dazu geführt, dass in allen Außenbereichen der Stadt neue Baugebiete ausgewiesen und

nach und nach bebaut wurden. Eines der größten Baugebiete der letzten Jahrzehnte liegt auf dem

Pfarreigebiet in Gievenbeck. Allein der vollständige Ausbau von Gievenbeck Süd-West soll den Prognosen

nach bis zu 30.000 Menschen Wohnung bieten. Aber auch kleinere Gebiete auf der Sentruper

Höhe und in Nienberge haben in den letzten 20 Jahren zu einem stetigen Bevölkerungswachstum

und den damit verbundenen Veränderungen der Sozialstruktur geführt.

Das für die Stadt Münster auch bis zum Jahr 2030 prognostizierte Wachstum von rund 300.000 auf

etwa 330.000 Einwohner sowie die schwierige Lage des Wohnungsmarktes haben in den letzten Jahren

in der gesamten Stadt Münster zu verstärkten Aktivitäten zur Nachverdichtung und zur Erschließung

neuer Wohngebiete geführt. Die Pfarrei ist dadurch insofern betroffen, als beispielsweise die

Konversion der Oxford-Kaserne an der Roxeler Straße sowie die angedachten Planungen eines neuen

größeren Baugebietes westlich der Steinfurter Straße zu einem weiteren Bevölkerungsanstieg im

Pfarreigebiet führen werden.

Diese Strukturveränderungen haben unmittelbare Auswirkungen auf die absoluten Zahlen des

katholischen Bevölkerungsanteils und sind ein wichtiger Aspekt bei der Interpretation der relativ

konstanten absoluten Zahlen.

• Es ist absehbar, dass die absoluten Katholikenzahlen aufgrund des allgemeinen Bevölkerungswachstums

in der Stadt Münster relativ konstant bleiben, unter Umständen sogar wieder ansteigen,

zumindest aber nicht wesentlich rückläufig sein werden.

• Um die Tendenzen der Entwicklung kirchlichen Lebens beurteilen zu können, sind die absoluten

„Katholischen Zahlen“ weniger aussagekräftig als eine Betrachtung etwa der Teilnahme an kirchlichen

Amtshandlungen je 1000 Katholiken.

2.2.1.4 Anteil der Katholiken an der Gesamtbevölkerung

Die Feststellung einer relativen Konstanz und die erwartbaren Entwicklungstendenzen der Gesamtkatholikenzahl

sind nur in Beziehung zu den Tendenzen in der Stadt Münster bzw. in Deutschland sinnvoll interpretierbar.

Der prozentuale Anteil der Katholiken an der Gesamtbevölkerung des Pfarreigebietes ist dabei nicht exakt zu

ermitteln, da die Detaildaten der Stadt Münster für bestimmte Wohngebiete nicht identisch sind mit den Grenzen

des Pfarreigebietes. Insofern ist nur ein Vergleich mit den Daten der gesamten Stadt Münster möglich.

Stadtweit ist der Anteil der Katholiken an der Gesamtbevölkerung bis zum Jahr 2018 auf 47,1 % gesunken.


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Im Jahre 2004 entsprach die Anzahl der Katholiken an der Gesamtbevölkerung im Stadtdekanat Münster noch

einem Anteil von 54,5%. Dabei unterscheiden sich einzelne Stadtbezirke deutlich voneinander. In Nienberge etwa

liegt der Anteil der Katholiken 2018 bei 54,8 %, während Coerde die niedrigste Katholikenzahl aufweist (35,2 %) 1 .

Im Bistum Münster lag der Anteil der Katholiken im Jahr 2018 insgesamt bei 42,8 % 2 , deutschlandweit bereits

auf unter einem Drittel der Gesamtbevölkerung (27,7%). 3

• Bei bistums- und bundesweit zurückgehenden Katholikenzahlen kann für die Pfarrei Liebfrauen-Überwasser

von einer relativen Konstanz der Katholikenzahlen sowie einem nach wie vor beinahe der Hälfte der Bevölkerung

entsprechenden Anteil (47 %) ausgegangen werden.

2.2.1.5 Austritte

Daran ändert auch die Entwicklung der Austrittszahlen für die Pfarrei Liebfrauen-Überwasser zumindest bis

zum Jahr 2018 nur wenig. Von 14 Austritten im Jahr 1960 zu 165 Austritten im Jahr 2015 ergibt sich eine ebenso

schwankende wie seit einem Tiefpunkt 2006 stetig ansteigende Entwicklung, wobei sich die Austrittszahlen im

Bistum, im Stadtdekanat Münster und im Pfarreigebiet in den wesentlichen Tendenzen entsprechen.

Schaubild 3 | Austritte Liebfrauen-Überwasser 1960 – 2018

1 Zahlen der Stadt Münster, veröffentlicht in der MZ vom 4.05.2018.

2 Stand zum 31.12.2018, Quelle: Fachstelle Meldewesen und Territoriale Ordnung Bistum Münster sowie Sekretariat der

Deutschen Bischofskonferenz, Katholische Kirche in Deutschland. Zahlen und Fakten 2018/19, Arbeitshilfen 294, S. 73.

3 Aao S. 68


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Schaubild 4 | Austritte Bistum 1960 – 2018

Die Austrittsentwicklungen im Bistum Münster wie in der Gesamtheit der Diözesen in Deutschland folgen

erkennbar einem ähnlichen Muster (siehe auch Schaubild 5). Die zum Teil sprunghaften Steigerungen sind (bundesweit)

weniger deutlich Reaktionen auf die kirchlichen Entwicklungen vor Ort. Sie orientieren sich vielmehr zum

einen an überörtlichen kirchlichen Skandalen wie der Aufdeckung der Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche,

dem vatikanischen Umgang mit der Piusbruderschaft oder den Vorkommnissen in Limburg und zum anderen

an säkularen (finanzrelevanten) Ereignissen, wie der Einführung des Solidaritätszuschlags oder der Kapitalertragssteuer,

die etwa den sprunghaften Anstieg nach 2012 wesentlich erklären.


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Schaubild 5 | Austritte Deutschland und Bistum MS –Veröffentlichung am 19.07.2018

Schaubild 6 | Austritte Liebfrauen-Überwasser 1998 – 2018

Die Austrittszahlen im Pfarreigebiet folgen im Wesentlichen dem bundes- und bistumsweiten Muster. Trotz der

seit 2007 insgesamt ansteigenden Tendenz hat die Anzahl der Austritte etwa des Jahres 2014 (Kapitalertragssteuereffekt)

bezogen auf das Pfarreigebiet den bisherigen Spitzenwert des Jahres 1992 mit 177 Austritten, der als

Effekt der Einführung des Solidaritätszuschlages gewertet wird, noch unterschritten. Nach dem hohen Niveau der

Jahre 2013-15 (mit ca. 160 Austritten pro Jahr) ging die Anzahl der Austritte 2016 auf hohem Niveau wieder leicht


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auf 143 zurück. Im Jahr 2017 und am deutlichsten in 2018 entwickelten sich die Kirchenaustritte in der Folge der

Veröffentlichung der bundesweiten Studie zum Umgang der katholischen Bistümer mit den Missbrauchsfällen

sowie die speziell das Bistum Münster betreffenden öffentlich gewordenen Fällen zu einem aktuellen Höchststand,

dessen weitere Entwicklung noch nicht abzusehen ist.

Die Austrittszahlen des Bistums Münster überschritten die Marke von 10.000 Austritten pro Jahr erstmalig nach

dem Bekanntwerden des Missbrauchsskandals in der katholischen Kirche in den Jahren 2013 (10.112) und 2014

(11.859). Nach leichten Rückgängen in den Jahren 2015 bis 2017 löste die Veröffentlichung der bundesweiten

Missbrauchsstudie im September 2018 eine neue Austrittswelle aus (2018: 11.442), die sich im Folgejahr verstärkt

fortsetzte. Bereits im September des Jahres 2019 hatten die Austrittszahlen im Bistum Münster den Endstand des

Vorjahres überschritten. Noch vor Abschluss der Berechnungen für 2019 zeichnet sich ab, dass mehr als 15.000

Menschen aus der katholischen Kirche im Bistum ausgetreten sind.

Im Bundesvergleich der deutschen Diözesen liegt das Bistum Münster als zweitgrößtes Bistum in Deutschland im

Jahr 2018 in absoluten Austrittszahlen mit insgesamt 11.442 Austritten an 6. Stelle hinter München und Freising

(22.580), Köln (18.472), Freiburg (18.031), Rottenburg-Stuttgart (17.497) und Augsburg (12.981). Für den NRW-Teil

des Bistums Münster ergibt sich in Relation zur Gesamtkatholikenanzahl im Jahr 2018 eine Austrittsquote von 0,61

%. Aufgeschlüsselt nach Alterskohorten liegen dabei die Austrittsquoten der Altersstufen von 21-30 mit 28,89 %

sowie der 50-60-jährigen mit 24,12 % am höchsten. Der Eintritt in das Berufsleben und die Familiengründung

sowie der Übergang in das Rentenalter sind aktuell die Lebensphasen, in denen Menschen besonders

häufig die Entscheidung treffen, aus der Kirche auszutreten. Ausgelöst durch die Kritik am Umgang mit priesterlichen

Missbrauchstätern im Bistum Münster, die den öffentlichen Diskurs seit der zweiten Jahreshälfte 2018

bestimmen, spielen sicherlich auch Überlegungen eine Rolle, die den Entschluss befördern, die Institution Kirche

im Bistum nicht länger durch die eigene Mitgliedschaft finanziell unterstützen zu wollen.

Betrachtet man die Austrittsquoten der Pfarreien im Bistum für das Jahr 2018 übersteigt die Austrittsquote

der Pfarrei Liebfrauen-Überwasser mit 1,06% die durchschnittliche Austrittsquote im NRW-Teil. Bezogen auf das

Stadtdekanat Münster liegen die Austrittsquoten in den Pfarreien St. Mauritz (1,24%), Hl. Kreuz (1,25%), St. Joseph

Münster Süd (1,43%) und St. Lamberti (1,74%) noch deutlich höher. Im Blick auf den NRW-Teil des Bistums ist ein

Stadt-Land-Gefälle zu erkennen (vgl. Schaubild 7: Austrittsquoten NRW-Teil Bistum Münster). Im städtischen Kontext

übersteigen die Austrittsquoten zum Teil deutlich den bistumsweiten Durchschnittswert.

Die Austrittszahlen der Pfarrei Leibfrauen-Überwasser folgen dem allgemeinen Trend. Eine unmittelbare

Betroffenheit durch Missbrauchsfälle in der Pfarrei oder in ihrem Umfeld ist nicht bekannt. Der massive Glaubwürdigkeitsverlust

der katholischen Kirche im Ganzen und vor allem die bekannt werdenden Informationen zum

Umgang mit Fällen, die das Bistum Münster betreffen, bringen gleichwohl nicht nur Katholiken zu einer Austrittsentscheidung,

die dem kirchlichen Leben eher fernstehen, sondern betrifft gerade auch überzeugte und engagierte

Mitchristinnen und -christen.


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Pfarrei

2017 2018

Katholiken Austritte Katholiken Austritte

Katholiken Diff.

Vorjahr

Austritte Diff.

Vorjahr

Austritte im

Verh. Zu Kath.

2018 in %

Kranenburg (Niel) St. Bonifatius 142 1 143 - 1 - 1 -

Kranenburg (Wyler) St. Johannes Baptist 288 1 285 - - 3 - 1 -

Kranenburg (Zyfflich) St. Martin 314 2 314 - - - 2 -

Münster St.-Paulus-Dom 98 1 102 - 4 - 1 -

Hopsten St. Georg 3.976 4 3.953 5 - 23 1 0,13

Hamm Clemens August Graf von Galen 4.361 9 4.264 7 - 97 - 2 0,16

Sonsbeck St. Maria Magdalena 4.755 25 4.701 28 - 54 3 0,60

Duisburg (Rheinhausen) St. Peter 9.745 48 9.552 57 - 193 9 0,60

Dorsten St. Antonius und Bonifatius 5.946 22 5.840 35 - 106 13 0,60

Voerde St. Peter und Paul 11.810 64 11.663 70 - 147 6 0,60

Haltern am See St. Sixtus 21.989 117 21.708 131 - 281 14 0,60

Hörstel St. Reinhildis 13.309 66 13.094 80 - 215 14 0,61

Duisburg (Walsum) St. Dionysius 14.305 78 14.053 86 - 252 8 0,61

Recklinghausen Liebfrauen 12.192 68 11.892 74 - 300 6 0,62

Münster Liebfrauen-Überwasser 20.353 168 20.160 213 - 193 45 1,06

Greven St. Johannes Baptist 614 4 611 7 - 3 3 1,15

Münster St. Mauritz 19.954 195 19.806 245 - 148 50 1,24

Münster Hl. Kreuz 10.263 115 10.332 129 69 14 1,25

Selm (Cappenberg) St. Johannes

1.125 4 1.126 15 1 11 1,33

Evangelist

Münster St. Joseph Münster-Süd 14.511 145 14.307 204 - 204 59 1,43

Münster St. Lamberti 6.441 89 6.423 112 - 18 23 1,74

Bistum NRW-Teil Gesamt 1.609.791 7.350 1.591.349 9.711 - 18.442 2.361 0,61

Schaubild 7 | Austrittsquoten Pfarreien im Verhältnis zur Anzahl der Katholiken in den Pfarreien im Bistum Münster

• Die Austrittszahlen der Pfarrei Liebfrauen-Überwasser orientieren sich weitgehend an skandalisierten überörtlichen

kirchlichen oder gesellschaftlich verursachten finanzrelevanten Ereignissen. Auswirkungen des örtlichen

kirchlichen Lebens sind im Einzelnen nicht plausibel identifizierbar.

• Auf hohem Niveau waren die Austrittszahlen 2016 leicht rückläufig, bis sie ab 2017 jährlich neue Höchststände

erreichten, deren sprunghafte weitere Entwicklung aktuell nicht absehbar ist.

2.2.1.6 Zugänge und Abgänge

Ob die Pfarrei insgesamt betrachtet tendenziell schrumpft oder wächst, misst sich nicht nur an den absoluten Katholikenzahlen,

sondern auch am Verhältnis der sogenannten Zugänge und Abgänge. Zugänge entstehen durch

Taufen, Eintritte und Wiederaufnahmen. Als Abgänge werden Austritte und Beerdigungen zusammengerechnet.


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Schaubild 8 | Zugänge – Abgänge Liebfrauen-Überwasser 1960 – 2018

Gab es im Jahr 1960 noch eine positive Bilanz von 710 Zuwächsen zu 172 Abgängen, flacht das Verhältnis zunehmend

ab und kehrt sich erstmals in den 70er Jahren ins Negative (1975: + 179 zu – 193) um. Seit dem Jahr 1991

ist das Verhältnis mit Ausnahme des Jahres 2006 durchgängig negativ mit steigender Tendenz, wobei die Zahl der

Abgänge 2014 mehr als doppelt so hoch ist wie die Anzahl der Zugänge. Die Schere zwischen Zugängen und Abgängen

vergrößert sich bis 2015. 2016 nähern sich die Werte leicht wieder an bei einem gleichbleibenden Missverhältnis,

bevor sie sich 2017/18 weiter auseinanderentwickeln.

In der Gesamtrelation spielen die Zugänge durch Eintritte oder Wiederaufnahmen keine entscheidende Rolle (vgl.

Schaubild 9).

Schaubild 9 | Eintritte Liebfrauen-Überwasser 1998 – 2018


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Das Schaubild 10 verdeutlicht noch einmal die Gesamtsituation von Zugängen und Abgängen im Verhältnis zur

Katholikenzahl für die Pfarrei Liebfrauen-Überwasser im Zeitraum von 1990 bis 2018: in der Tendenz abnehmende

Katholikenzahlen durch sinkende Zugänge und steigende Abgänge.

Schaubild 10 | Zugänge, Abgänge, Katholikenanzahl Liebfrauen-Überwasser

• Das Verhältnis der Zugänge durch Taufen, Eintritte und Wiederaufnahmen zu den Abgängen durch Austritte

und Beerdigungen in der Pfarrei Liebfrauen-Überwasser ist seit den 70’er Jahren negativ. Die Anzahl der Abgänge

übertrifft die Anzahl der Zugänge um mehr als das Doppelte.

Schaubild 11 | Zugänge – Abgänge Bistum Münster 1960 – 2018


pastoralplan pfarrei liebfrauen-überwasser münster | seite 25

Die Tendenzen von Zugängen und Abgängen im Bistum Münster weisen bis in die jüngste Zeit eine große Ähnlichkeit

mit den Tendenzen in der Pfarrei Liebfrauen-Überwasser auf. Auch hier übersteigen die Abgänge etwa ab

1991 die Zugänge und die Schere öffnet sich bis etwa 2014. Ab da nähern sich die Kurven zwischenzeitlich wieder

einander an, bevor sich die Schere zwischen Ab- und Zugängen weiter öffnet. Eine erkennbare Differenz ergibt

sich im Blick auf die Katholikenzahlen, die im Bistum deutlich schneller sinken als in der Pfarrei.

Stellt man ausschließlich die absolute Anzahl der Taufen und der Beerdigungen im Pfarreigebiet gegenüber,

bewegen sich die Zahlen trotz einiger Schwankungen in beide Richtungen auf einem relativ stabilen Niveau und

das zahlenmäßige Verhältnis zwischen beiden ist annähernd ausgeglichen.

Schaubild 12 | Taufen Liebfrauen-Überwasser 1998 – 2018

Schaubild 13 | Bestattungen Liebfrauen-Überwasser 1998 – 2018


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Ganz anders sieht das im Bistum Münster insgesamt aus. Dort gingen bei insgesamt rückläufigen Katholikenzahlen

die Taufzahlen von 21.131 Taufen im Jahr 2000 auf 14.565 in 2018 zurück, während die absolute Anzahl der

Beerdigungen sich zwischen 20.562 (1990), 20.110 (2000) und 20.517 (2018) auf einem stabilen Niveau bewegte.

Die absoluten Taufzahlen verringerten sich zwischen 1990 (25.921) und 2018 (14.565) um 44 %, gingen also um

mehr als ein Drittel zurück. Das Verhältnis zwischen beiden hat sich im Bistum Münster insgesamt deutlich negativ

entwickelt.

Auch wenn die auf die absoluten Zahlen bezogene Beschreibung für die Pfarrei auf den ersten Blick als relativ

konstant und als zueinander ausgeglichen verstanden werden kann, verändert sich das Bild, wenn die Anzahl der

Taufen und Beerdigungen in der Langzeitentwicklung im Verhältnis zur Anzahl der Katholiken insgesamt bzw.

die Veränderungen in diesem Zeitraum in Relation zu je 1000 Katholiken betrachtet werden (vgl. unten Punkt

2.2.2).

Während die Gesamtanzahl der Katholiken in der Pfarrei von 2000 bis 2015 um 17 % gestiegen ist, halbierte sich

die Anzahl der Taufen in diesem Zeitraum absolut um 36 %, je 1000 Katholiken sogar um 45 %. Die Anzahl der

Bestattungen stieg zwar in absoluten Zahlen leicht um 5 % an. Je 1000 Katholiken bedeutete das aber trotzdem

einen Rückgang um 10 %.

2.2.1.7 Fazit

• Obwohl die Pfarrei Liebfrauen-Überwasser in absoluten Zahlen mit leichten Schwankungen relativ konstante

Mitgliederzahlen aufweist und vermutlich in den kommenden Jahren aufgrund des Bevölkerungswachstums

nicht dramatisch kleiner wird und obwohl die absoluten Zahlen etwa im Fall von Taufen und Beerdigungen

relativ ausgeglichen erscheinen, hat die Pfarrei insgesamt Anteil an der bundesweiten kirchlichen „Schrumpfungstendenz“.

• Die Anzahl der Katholiken im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung nimmt auch in der Pfarrei Liebfrauen-Überwasser

kontinuierlich ab.

2.2.2 Bestandsaufnahme Teilnahme an kirchliche Amtshandlungen

Zu den klassischen Indikatoren kirchlichen Lebens, die fortlaufend erhoben werden, zählen neben der Anzahl

der Taufen und Beerdigungen (siehe Schaubilder 12 und 13 oben) vor allem anderen die Gottesdienstteilnehmerzahlen

sowie die Inanspruchnahme der kirchlichen Sakramente Erstkommunion, Firmung und Trauung.

Über die Inanspruchnahme/Spendung anderer Sakramente (Buße, Krankensalbung) gibt es keine gesicherten

Erhebungen.

Legt man zur Verdeutlichung der Entwicklungen einen Vergleichszeitraum ab dem Jahr 2000 bis 2018 an, zeigen

sich die Gesamttendenzen sehr deutlich. Hinsichtlich der einzelnen Sakramente muss die Interpretation der Zahlen

unter dem Blickwinkel differenziert werden, dass die Gemeindemitglieder etwa für die Gottesdienstteilnahme


pastoralplan pfarrei liebfrauen-überwasser münster | seite 27

oder das Sakrament der Taufe selbst aktiv werden müssen, während bei den Sakramenten Erstkommunion und

meist auch für die Firmung der jeweilig in Frage kommende Personenkreis direkt angesprochen bzw. zum Teil

auch persönlich angeschrieben wird. Unter dieser Hinsicht nehmen die kirchlichen Trauungen noch einmal eine

Sonderstellung ein (vgl. Punkt 2.2.2.5).

2.2.2.1 Gottesdienstteilnehmer/innen

Im Vergleichszeitraum 2000 bis 2018 sank die absolute Anzahl der durchschnittlichen Gottesdienstteilnehmer/innen

in der Pfarrei Liebfrauen-Überwasser von 2.469 auf 1.392. 4

Schaubild 14 | Durchschn. Gottesdienstteilnahme Liebfrauen-Überwasser 1998 – 2018

Die prozentuale durchschnittliche Gottesdienstteilnahme bezogen auf die Gesamtzahl aller Katholiken sank von

13,8 % im Jahr 2000 auf 6,9 % in 2018. Seit 2011 nutzen durchschnittlich unter 10 % aller Pfarreimitglieder die

liturgischen Angebote der Pfarrei an den jeweiligen Zählsonntagen. Interessanterweise wirkt sich die Steigerung

der Katholikenzahlen 2011 nicht erkennbar auf den Gesamttrend der Gottesdienstteilnahme aus. Die Abwärtsbewegung

verläuft mehr oder weniger kontinuierlich. In Prozentzahlen ausgedrückt lag die Anzahl der Gottesdienstbesucher

in der Gesamtpfarrei im Jahr der Fusion (2014) noch bei 8,7 % aller Katholiken. In vier Jahren sank die

durchschnittliche Anzahl der Gottesdienstteilnehmer demnach um 1,8 Prozentpunkte.

• Mittlerweile nutzen durchschnittlich noch rund 7 % aller Pfarreimitglieder die liturgischen Angebote

der Pfarrei am Wochenende, Tendenz weiter abnehmend.

In der Langzeitbetrachtung ab 1960 wird deutlich, dass die Entwicklung der letzten fünfzehn Jahre kein neues

Phänomen darstellt, sondern einem langfristigen Trend folgt. Die Erfüllung der sogenannten Sonntagspflicht bzw.

die Bereitschaft zur Teilnahme an einem Sonntagsgottesdienst gehört für immer weniger Katholiken zur selbstverständlichen

Lebenspraxis.

4 Die bundesweite Gottesdienstbesucherstatistik basiert auf der jährlich stattfindenden Zählung jeweils am zweiten Fastensonntag

und am zweiten Sonntag im November, also an möglichst „normalen“ Sonntagen des Kirchenjahres.


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Schaubild 15 | Durchschnittliche Gottesdienstteilnahme Liebfrauen-Überwasser 1960 – 2018 in 5-Jahresschritten – Ausnahme 2018

Betrachtet man die Relation der Anzahl der Katholiken zur Anzahl der Gottesdienstteilnehmer/innen im gesamten

Bistum Münster zeigt sich eine parallele Abwärtsentwicklung, wobei sich auch hier die Schere zwischen der abnehmenden

Gesamtzahl der Katholiken und den sinkenden Gottesdienst-teilnahmezahlen in der linearen Tendenz weiter

dramatisch öffnet. Während die Anzahl der Katholiken von 1988 (2.086.279) bis 2018 (1.853.185) um 11,2% zurückging,

sank die Anzahl der Gottesdienstteilnehmer im selben Zeitraum von 539.093 (1988) auf 149.731 (2018), das

heißt um 72,2%.

Schaubild 16 | Trendanalyse Katholiken Bistum Münster

Schaubild 17 | Trendanalyse Gottesdienstteilnahme Bistum Münster


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Untersucht man dieselbe Relation im Blick auf die Pfarrei Liebfrauen-Überwasser, fällt zunächst wiederum der

bereits interpretierte Sprung in der Anzahl der Katholiken von 2010 zu 2011 auf (vgl. 2.2.1.2).

Schaubild 18 | Katholiken Trendanalyse Liebfrauen-Überwasser

Schaubild 19 | Schaubild Trendanalyse Gottesdienstteilnahme Liebfrauen-Überwasser


seite 30 |

Der in 2018 bis auf 6,9 % (1.392) abgesunkene prozentuale Anteil liegt sogar erkennbar unter dem aktuellen

Bistumsdurchschnitt von 8,1 % (2018) und dem Bundesdurchschnitt von 9,3 %. (2018) Die Schere zwischen der

Gesamtanzahl der Katholiken im Pfarreigebiet und der durchschnittlichen Gottesdienstteilnahme weitet sich deutlicher

als im Bistum bzw. bundesweit. Das bedeutet, dass in der Pfarrei die Gottesdienstteilnahme deutlich

stärker sinkt als die Katholikenzahl. Dass statistisch immer weniger Menschen die Sonntagsliturgie regelmäßig

wahrnehmen, entspricht auch dem unmittelbaren sonntäglichen Eindruck, wenn es sich nicht um besonders

gewidmete oder gestaltete Gottesdienste handelt. Gottesdienste zu besonderen Anlässen (z.B. Weihnachten) oder

für spezifische Zielgruppen (Erstkommunionkinder und -familien, Gottesdienste für Kita-Kinder und -Eltern o.ä.)

oder mit einer besonderen (musikalischen) Gestaltung werden von deutlich mehr und anderen Menschen besucht

als die regelmäßigen Wochentags- und Sonntagsgottesdienste.

Betrachtet man diese Tendenz von der anderen Seite, ist offensichtlich, dass für 93,1 % der katholischen Bevölkerung

der Pfarrei die regelmäßige Teilnahme an der Sonntagsliturgie offensichtlich nicht der entscheidende Indikator

für ihre Verbundenheit mit der katholischen Kirche ist, die sie nach wie vor mit ihrer Mitgliedschaft und die

regelmäßig abgeführten Kirchensteuern unterstützen.

FAZIT

Die regelmäßige Teilnahme am sonntäglichen Gottesdienst in der Pfarrei Liebfrauen-Überwasser nimmt seit den

60’er Jahren kontinuierlich ab auf aktuell (2018) rund 7 %. Etwa 93 % der katholischen Kirchenmitglieder nehmen

nicht am Sonntagsgottesdienst teil.

• In der Pfarrei Liebfrauen-Überwasser sinkt die durchschnittliche Gottesdienstteilnahme im Verhältnis zur

Katholikenzahl schneller als im Bistums- und Bundesdurchschnitt.

• Vor dem Hintergrund dieser Beobachtung kann der Gottesdienstbesuch nicht mehr als alleiniger oder

entscheidender Indikator für kirchliche Bindung oder subjektiv empfundene Zugehörigkeit zur Kirche

bzw. zur Pfarrei Liebfrauen-Überwasser angesehen werden.

2.2.2.2 Taufen

Die absolute Anzahl der Taufen ging im Vergleichszeitraum 2000 bis 2018 im Pfarreigebiet von 203 auf 127 zurück.

In den Jahren 2003-2006 steigt die absolute Zahl der Taufen zunächst marginal an, während sie in den Jahren

2007-2011 marginal sinkt. Von 2012-2014 sinkt die Zahl der Taufen noch einmal deutlich von 157 auf ein Niveau

zwischen 120 und 130 Taufen pro Jahr und pendelt sich auf diesem Niveau auch in den Folgejahren bis 2018 ein.

Interessant ist auch hier, dass sich der sprunghafte Anstieg der Katholikenzahlen von 2010 zu 2011 um etwa 3000

Katholiken in der Taufstatistik nicht auswirkt.


pastoralplan pfarrei liebfrauen-überwasser münster | seite 31

Schaubild 20 | Taufen Liebfrauen-Überwasser 1998 – 2018

Betrachtet man die absoluten Taufzahlen der alten Pfarrgemeinden vor der Fusion von 2014 gibt es unterschiedliche

Erklärungshypothesen für die beobachtbaren Schwankungen und die Unterschiede zwischen den alten

Pfarrgemeinden: In St. Michael ist von 2003-2006 ein starker Anstieg von 54 auf 96 Taufen zu verzeichnen, was

etwa durch den Zuzug junger Familien in die Neubaugebiete erklärt werden könnte. Die Pfarrkirche Liebfrauen

– Überwasser, die als attraktives Bauwerk in der Innenstadt auch viele „Externe“ als Taufkirche anzieht, verzeichnet

2003-2006 konstante Taufzahlen. 2012 sticht als Jahr mit mehr Taufen heraus. Von 2007 bis 2013 ist eine leicht

fallende Anzahl zu beobachten. Für St. Theresia wird berichtet, dass aus unterschiedlichen Gründen Taufen auch

in anderen Kirchen außerhalb der Pfarrei stattfinden. Für 2005 ist ein Anstieg zu vermerken, der auf ein Neubaugebiet

zurückgeführt wird. Sonst ist in den Jahren 2013-2014 eine sinkende Zahl von Taufen festzustellen. In St.

Sebastian liegen die Taufzahlen in den Jahren 2000 bis 2013 (Fusionsjahr 2014) im Schnitt bei 34 Taufen pro Jahr

bei einem relativ ausgeglichenen Zahlenverlauf.

Schaubild 21 | Taufen Liebfrauen-Überwasser in Fünfjahresschritten – Ausnahme 2018


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Die Langfrist-Statistik der jetzigen Pfarrei Liebfrauen-Überwasser ab 1960 in Fünfjahresschritten zeigt bis

1975 die größten Negativsprünge und bis Mitte der 80’er Jahre eine leichte Erholung. Die seit dem Jahr 2000 abnehmende

Tendenz wird deutlicher, wenn die Zahl der Taufen in Relation zur Anzahl der Katholiken gesetzt wird.

Während die Anzahl der Katholiken von 2000 bis 2018 um 12,5 % anstieg, sank die Anzahl der Taufen im gleichen

Zeitraum um 37 %.

Die beschriebene langfristig negative Entwicklungstendenz der Taufzahlen lässt sich auch bistumsweit nachweisen,

mit dem Unterschied, dass die Gesamtzahl der Katholiken im Gegensatz zur Pfarrei bistumsweit nicht relativ

konstant ist, sondern kontinuierlich sinkt. Im Bistum Münster ging von 1988 bis 2018 die Katholikenzahl um 11,2%

zurück, die Anzahl der Taufen sank im selben Zeitraum um 41,5% (24.907 zu 14.565). Im Vergleichszeitraum von

2000 bis 2018 verringerte sich die Katholikenzahl um 10,7 %. Die Anzahl der Taufen sank um 31,07 %. Die Taufzahlen

in der Pfarrei Liebfrauen-Überwasser nahmen demnach stärker ab als im Bistum.

Bundesweit sank die Anzahl der Katholiken von 2000 bis 2018 ebenfalls kontinuierlich. Der Rückgang betrug

14,22 %. Die Taufzahlen gingen im gleichen Zeitraum um 27,96 % zurück. Auch im Vergleich dazu war der Rückgang

der Taufzahlen in der Pfarrei stärker ausgeprägt.

Betrachtet man kürzere Untersuchungszeiträume lässt sich feststellen, dass sich bei bleibend rückgängigen Katholikenzahlen

sowohl bundes- als auch bistumsweit die Taufzahlen nach ihrem kontinuierlichen Rückgang über viele

Jahre ab 2013 wieder erholen. Bundesweit hat sich der Negativtrend 2013 sogar umgekehrt. Von 2013 bis 2016

steigen die Zahlen um 1,89 %. Ab 2016 gehen die absoluten Taufzahlen dann wieder leicht zurück (2017: 169.751,

2018: 167.781). Berücksichtigt man die stetig abnehmenden Katholikenzahlen zeigt sich insgesamt in den letzten

zehn Jahren bundesweit eine leicht sinkende, gleichwohl aber relativ stabile Entwicklung der Taufzahlen. Im

Bistum Münster liegt der Vergleichswert 2010 zu 2018 bei plus 0,23 %, von 2013 zu 2018 bei plus 4,74 %. Auch im

Bistum verhalten sich die Taufzahlen trotz jährlicher Schwankungen relativ stabil.

In der Pfarrei Liebfrauen-Überwasser zeigt sich im Vergleich von 2010 zu 2018 bei einem Anstieg der Katholikenzahlen

um 8,32 % ein Minus bei den Taufen von 16,99 %. Berücksichtigt man den sprunghaften Anstieg der absoluten

Katholikenzahl 2011 (Zweitwohnsitzsteuer) und geht deshalb von den Werten von 2011 zu 2018 aus, sinkt die

Katholikenzahl um 2,26 %, die Taufzahlen verzeichnen dann ein Minus von 9,92 %. Im Vergleich von 2014 zu 2018

überrascht ein Plus von 8,54 %, das durch den Einbruch von 137 Taufen 2013 zu 117 Taufen 2014 verursacht wird.

In der Relation von 2013 zu 2018 bleibt dagegen ein Negativwert von 7,29 %.

• Die Taufzahlen der Pfarrei Liebfrauen-Überwasser entsprechen in der Langzeitbetrachtung nur auf den ersten

Blick dem Bundes- und Bistumstrend. In der kurzfristigeren Betrachtung (2010/11 zu 2018) ist die Entwicklung

der Taufzahlen angesichts der relativ konstanten Katholikenzahlen erkennbar negativer als der Bistumsund

Bundestrend, der bei stetig abnehmenden Katholikenzahlen ab 2013 relativ stabile Taufzahlen aufweist.

Diese Beobachtung kennzeichnet für die Pfarrei möglicherweise eine untersuchenswerte Entwicklung. Sie könnte


pastoralplan pfarrei liebfrauen-überwasser münster | seite 33

ursächlich zum Beispiel mit dem allgemeinen demographischen Wandel und einer allgemein gesunkenen Geburtenrate

zusammenhängen. Wenn sich der Rückgang für die Pfarrei allerdings nicht hinreichend durch die Demographie

oder eine gesunkene Geburtenrate schlüssig erklären lässt, ergibt sich langfristig ein Problem. Eine exakte

Überprüfung ist angesichts des schwierigen Vergleichs zwischen kommunaler Datenlage und den Pfarreidaten

nicht sicher, sondern nur grob möglich. Statt von relativ stabilen absoluten Taufzahlen in den letzten Jahren auszugehen,

könnte sich als Hypothese nahelegen:

FAZIT

• Katholische Christen in der Pfarrei Liebfrauen-Überwasser lassen die eigenen Kinder nicht mehr selbstverständlich

taufen.

• Weniger Taufen trotz relativ konstanter Katholikenzahlen erzeugen auf Dauer ein „Nachwuchsproblem“.

Ob die geäußerte Vermutung für die Pfarrei Liebfrauen-Überwasser zutrifft, ergibt sich aus dem nicht exakt

möglichen Abgleich mit den demographischen Rahmendaten der Kommune. Bundesweit lässt sich lt. dem

Sekretariat der deutschen Bischofskonferenz 2016 jedenfalls feststellen: “Auf vier Geborene mit wenigstens einem

katholischen Elternteil kommen jährlich nahezu drei katholische Taufen. Diese Zahl ist seit fast drei Jahrzehnten

stabil.“ 5 Bei insgesamt stark rückläufigen Katholikenzahlen und relativ stabilen Taufzahlen ergibt sich auch bundesweit

gleichwohl absolut ein insgesamt negativer Trend.

2.2.2.3 Erstkommunion

Im Gegensatz zu den Gottesdienstteilnahme- und Taufzahlen weisen die Erstkommunionzahlen der Pfarrei im

Vergleich der Jahre 2000 und 2018 eine Steigerung um 25,7 % auf. Dieser positive Eindruck beruht allerdings auf

dem im Schaubild erkennbaren Einbruch der Kommunionzahlen im Jahr 2000. Legt man dagegen die Jahre 2010

bis 2018 zugrunde, ergibt sich ein Minus von 34,8 %.

Von 2000 bis 2018 gingen insgesamt 3276 Kinder zur Erstkommunion, im Durchschnitt macht das 156 Kinder pro

Jahr. Erkennbar sind im Schaubild deutlich die jahrgangsspezifischen Schwankungen, die zum Teil mit der Bevölkerungsentwicklung

in den Pfarreiteilen aufgrund von Neubaugebieten erklärbar sind. Gerade die über dem

Durchschnittswert liegenden Zahlen sind vermutlich eine Folge des Zuzugs junger Familien in fertig gestellte

Neubaugebiete innerhalb eines vergleichbaren Zeitfensters. Dies zeigt sich etwa in einer Einzelbetrachtung der

Erstkommunionen der Pfarrgemeinden vor der letzten Fusion 2014: Der starke Jahrgang der Erstkommunionkinder

in St. Michael unmittelbar vor der Fusion (112 Kinder bei 15.374 Katholiken) ist durch das Auenviertel (viele

junge Familien mit Kindern) geprägt. Die für die eher kleine Gemeinde St. Theresia (1623 Katholiken) 2013 sehr

hohe Zahl an Kommunionkindern (32) kommt dagegen nicht durch Neubauviertel zustande, sondern dadurch,

dass in jedem Jahrgang auch Kinder aus anderen Gemeinden dort zu Erstkommunion gehen, da sie die Theresienschule

auf der Sentruper Höhe besuchen. In St. Sebastian Nienberge sind bei rund 4.000 Katholiken 2013 36 Kinder

zur Erstkommunion gegangen.

5 Vgl. Katholische Kirche in Deutschland, S. 44


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Insgesamt ist für die Pfarrei mit bloßem Blick die im Gesamtdurchschnitt relative Konstanz der Erstkommunionzahlen

zwischen 1998 und 2016 zu erkennen. Ab 2103 ist eine Abwärtsentwicklung erkennbar, in den Jahren ab 2016

sinkt die Anzahl unter den Durchschnittswert.

Schaubild 22 | Erstkommunion Liebfrauen-Überwasser 1998 – 2018

Die Langfriststatistik der Pfarrei in Fünfjahresschritten ab 1980 zeigt die starken Schwankungen: sowohl ein

Absinken der Erstkommunionzahlen bis 1995 als auch die anschließende Aufwärtsentwicklung bis 2010 sowie das

erneute Absinken.

Schaubild 23 | Erstkommunion Liebfrauen-Überwasser in Fünfjahresschritten – Ausnahme 2018

Vergleicht man die Taufzahlen und die Anzahl der Erstkommunionen ab 1990, dann spiegeln sich in den Erstkommunionzahlen

ab etwa 2003 die Bewegungen der Taufzahlen in der Zeit von 1990 bis zu diesem Zeitpunkt. Das

bestätigt die auch bundesweit gültige Tendenz 6 , dass nach wie vor beinahe alle getauften katholischen Kinder

auch zur Erstkommunion gehen. Ebenso ist allerdings auch der Abwärtstrend beider Graphen spätestens ab 2013

deutlich sichtbar.

6 Aao. S. 45.


pastoralplan pfarrei liebfrauen-überwasser münster | seite 35

Schaubild 24 | Liebfrauen-Überwasser Taufen und Erstkommunion 1990 - 2018

Legt man den Rückgang der Erstkommunionzahlen der Pfarrei Liebfrauen-Überwasser in den Jahren 2010 bis 2018

zugrunde, ergibt sich wie gesagt ein Minus von 34,8 %. Ausgehend von der Zahl der Erstkommunionen im Jahr der

Fusion 2014 (161) zu 2018 (127) ergibt sich immer noch ein Rückgang um 21,1 % Im Bistum Münster sank die Zahl

im Zeitraum 2010 -2018 um 26,4 %, von 2014 zu 2018 um 15,1 %, also geringer als in der Pfarrei.

Nimmt man die Zahlen der Pfarrei von 2007 bis 2012, dann wurden insgesamt 931 Kinder getauft. In den Folgejahren

2012 bis 2018 gingen insgesamt 760 Kinder (im Alter von jeweils etwa 6 Jahren) zur Erstkommunion.

Das entspricht einem Anteil von 81,64 % oder 4 von 5 Kindern. In der Pfarrei gehen also nicht „ausnahmslos“ alle

getauften Kinder auch zur Erstkommunion, wie es für den bundesweiten Trend beschrieben wird.

Bundesweit verringerte sich die Anzahl der Erstkommunionen von 2014 zu 2018 um 9,02 %. Den bundesweiten

Zahlenbefund kommentiert die jährlich herausgegebene Arbeitshilfe der Deutschen Bischofskonferenz „Katholische

Kirche in Deutschland. Zahlen und Fakten 2018/19“ 7 : „Katholisch getaufte Kinder gehen laut Statistik fast ausnahmslos

zur Erstkommunion. (…) Vier bis sechs Jahre später haben diese Kinder die Gelegenheit, bei der Firmung

ihr Taufversprechen zu erneuern und ihren Glauben und ihre Verbindung zur Katholischen Kirche zu stärken.“

7 Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz (Hrsg.), Arbeitshilfe 306, S. 70.


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2.2.2.4 Firmungen

Bemerkenswerterweise ist die Anzahl der Firmungen in der Pfarrei im Jahr 2000 (87) genauso hoch wie im Jahr

2018 (87). In der Zwischenzeit ergeben sich zum Teil große Schwankungen 2015 bis auf 142 Firmungen, 2017 auf

141 Firmungen. Diese Schwankungen erklären sich vor allem aus der Tatsache, dass in St. Sebastian Nienberge

eine Firmung nur alle zwei Jahre stattfindet. Im Jahr 2005 gab es keine Firmung in der gesamten Pfarrei. Berücksichtigt

man dies, zeigen sich zumindest die Firmzahlen der letzten 10 Jahre bemerkenswert konstant. Der Katecheseausschuss

der Pfarrei erklärt die relativ hohen Firmzahlen zum einen damit, „dass die früheren „Kinder“ des

Auenviertels in Gievenbeck nach und nach ins Firmalter kommen. Je nach Freundeskreis nehmen auch Jugendliche,

die nicht aus der Gemeinde kommen, an den Firmkatechesen teil. Verstärkt wird beobachtet, dass sich ganze

„Freundeskreise“ zur Firmung anmelden. Auch die „jungen“ und „jüngeren“ Neubaugebiete etwa im Norden der

Sentruper Höhe haben Auswirkungen auf die steigenden Zahlen.“ 8

Schaubild 25 | Firmungen Liebfrauen-Überwasser 1998 -2018

Die Darstellung in Fünfjahresschritten ab 1960 macht für die Firmungen wenig Sinn, da die regelmäßigen Aufzeichnungen

erst im Jahr 1997 beginnen. Für die Zeit davor liegt nur für 1980 eine Zahl vor. Ein langfristiger Vergleich

ist somit erschwert. Zudem ist unklar, in welchem Alter in den Vorjahren gefirmt wurde. Ein Firmalter um die

16 Jahre hat sich im gesamten Bistum erst nach und nach etabliert.

Schaubild 26 | Firmungen Liebfrauen-Überwasser in Fünfjahresschritten – Ausnahme 2018

8 Aus einer Besprechung der Statistiken zur Sakramentenspendung im Katecheseausschuss 2016.


pastoralplan pfarrei liebfrauen-überwasser münster | seite 37

Im Bistum Münster zeigen sich die Firmzahlen insgesamt relativ konstant mit einer seit 2013 beobachtbaren sinkenden

Tendenz. Zwischen 2010 und 2018 ergibt sich ein prozentualer Rückgang um 22,4 %. Ein Vergleich mit den

Zahlen der Pfarrei ist aufgrund der beschriebenen Schwankungen nicht möglich.

Schaubild 27 | Firmungen Bistum Münster 2010 -2018

Im Bundesvergleich ab 2014 bestätigt sich der kontinuierliche Rückgang der Firmungen von 161.715 Firmungen

in 2014 zu 132.941 Firmungen im Jahr 2018, das entspricht einem Minus von 17,79 %. Im direkten Vergleich von

2014 zu 2018 ergibt sich im Bistum Münster ein prozentualer Rückgang von 13,28 %.

Das Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz kommentiert 2018 die Bundeszahlen folgendermaßen: „Laut

statistischer Erhebung lassen sich damit knapp drei von vier zur Erstkommunion geführten Kindern firmen.“ 2017

waren es ebenfalls noch „drei von vier Kindern“. Bis 2017 lautete der Satz in der jährlichen Kommentierung allerdings:

„sieben von zehn“ zur Erstkommunion geführte Kinder. 9

9 Vgl. die entsprechenden Publikationen des Sekretariates etwa ab 2014.


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2.2.2.5 Trauungen

Die Anzahl der kirchlichen Trauungen in der Pfarrei schwankt nicht nur seit vielen Jahren, sondern geht zurück

und liegt auf einem sehr niedrigen Niveau. Von 2000 bis 2018 hat sich die Anzahl der Trauungen mit starken

Schwankungen mehr als halbiert. Der Rückgang beträgt 55,5 %.

Schaubild 28 | Trauungen Liebfrauen-Überwasser 1998 -2018

Die seit den 60’er Jahren abnehmende Tendenz wird in der Fünfjahresübersicht besonders deutlich. Von 135 Trauungen

im Jahr 1960 sank der jährliche Wert in zwanzig Jahren auf 20 Trauungen im Jahr 2018. Im Vergleichszeitraum

2010 bis 2018 entspricht das einem Rückgang von 41,17 %.

Schaubild 29 | Trauungen Liebfrauen-Überwasser in Fünfjahresschritten 1960 – 2018 – Ausnahme 2018

Das Bistum Münster verzeichnet einen Rückgang der Anzahl der Trauungen von 2010 zu 2018 um lediglich 1,75

%, während bundesweit im gleichen Zeitraum ein Rückgang um 11,81 % statistisch nachweisbar ist.

„Die katholische Ehe zählt zu den sieben Sakramenten. Dennoch geht die Zahl der Trauungen seit 1990 stark

zurück. Sie sinkt von über 110.000 Ende der 1980’er Jahre auf 42.789 im Jahr 2018. Die Entwicklung zeigt, dass sich

in den letzten Jahren der Abwärtstrend im Vergleich der vergangenen Dekaden nicht rasant fortsetzt, sondern

die Zahl relativ konstant bleibt“, kommentiert das Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz 2018 die Entwicklung.

10

10 Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz, 2018/19, S.71.


pastoralplan pfarrei liebfrauen-überwasser münster | seite 39

2.2.2.6 Bestattungen

Die Anzahl der kirchlichen Bestattungen in der Pfarrei Liebfrauen-Überwasser ist mit den entsprechenden

Schwankungen seit vielen Jahren relativ konstant. Aufgrund des demographischen Wandels wäre in diesem Bereich

eher eine Steigerung zu erwarten gewesen. Dies ist aber nicht der Fall.

Schaubild 30 | Beerdigungen Liebfrauen-Überwasser 1998 – 2018

Schaubild 31 | Beerdigungen Liebfrauen-Überwasser in Fünfjahresschritten 1960 -2018, Ausnahme 2018

Selbst im Vergleich in Fünfjahresschritten ergibt sich nicht wie in anderen Bereichen eine deutlich erkennbare Tendenz.

Auch im Bistum Münster bewegen sich die Bestattungszahlen zwischen 2010 und 2018 um einen Wert von

20.000 pro Jahr. Die Steigerungsrate in diesem Zeitraum beträgt 0,86 %. Bundesweit liegen Zahlen ab 2014 vor.

Von 2014 zu 2018 steigen die Bestattungszahlen um 1,43 %.

Zu bedenken ist, dass die „Bedeutung der Kirche, der Gemeinden und Amtsträger als Mitgestalter der Bestattungskultur

und des Trauerprozesses (…) im Laufe der Zeit zurückgegangen“ ist. 11 Trauerredner und Bestattungsunternehmer

sind teilweise an ihre Stelle getreten.“ 12 Hinzu kommt, dass die exakte Anzahl der Bestattungen im Verhältnis

zu den Todesfällen von Katholiken aufgrund der fehlenden Notwendigkeit einer Erfassung im kirchlichen

Meldewesen nicht festzustellen ist. Laut Quartalsbericht des Verbands der Diözesen Deutschlands (4/2018) ist

anzunehmen, dass zunehmend Katholiken im Sterbefall nicht kirchlich bestattet werden. Die Größenordnung wird

auf 1/3 geschätzt.

11 Aao S.71.

12 Ebd.


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2.2.2.7 Fazit

Die sogenannten „Katholischen Zahlen“ zur Inanspruchnahme kirchlicher Amtshandlungen (Gottesdienstbesuch,

Taufe, Erstkommunion, Firmung, Trauung, Beerdigung) der Pfarrei Liebfrauen-Überwasser sind im Wesentlichen

identisch mit den allgemeinen Trends der Kirchenentwicklung:

• Die Teilnahme am sonntäglichen Gottesdienst nimmt stetig ab. Sie ist in der Tendenz für weniger als 7% der

Katholiken selbstverständlich.

• Die eigenen Kinder taufen zu lassen, ist für eine steigende Anzahl von Katholiken nicht mehr gängige Praxis.

Vergleichbares gilt für die Inanspruchnahme einer kirchlichen Beerdigung.

• Taufe, Erstkommunion und Firmung zeigen ebenfalls abnehmende Tendenzen. Allerdings geht von den getauften

Kindern eine hohe Anzahl auch zur Erstkommunion und lässt sich im jugendlichen Alter firmen.

• Die Zahl der kirchlichen Trauungen bewegt sich seit Jahren auf einem dramatisch niedrigen Niveau.

2.2.3 Zusammenfassung Quantitative Datenanalyse

Die folgende Zusammenfassung hat in die vom Pfarreirat beschlossene Fassung des Lokalen Pastoralplanes im Teil

1 Sehen (Bestandsaufnahme) Eingang gefunden 13 .

2.2.3.1 Anzahl der Katholiken

Für die Pfarrei Liebfrauen-Überwasser kann auf den ersten Blick von einer relativen Konstanz der Katholikenzahlen

ausgegangen werden.

• Seit dem Jahr 2011 bewegen sich die Katholikenzahlen der Pfarrei mit leichten Schwankungen auf einem

Niveau zwischen 20.000 und 21.000 Pfarreimitglieder. Von 2010 (18.611) zu 2011 (20.628) ist ein sprunghafter

Anstieg zu beobachten, der sich aber durch den ab 2011 gültigen Zwang zur Anmeldung eines ersten Wohnsitzes

für alle Studierenden erklären lässt.

• Insgesamt ist erkennbar, dass die Pfarrei in den letzten Jahren bisher nur leicht, aber nicht dramatisch kleiner

wird, obwohl die Zugänge durch Taufen, Eintritte und Wiederaufnahmen seit den 70er Jahren geringer

sind als die Abgänge durch Austritte und Versterben. Die Anzahl der Abgänge übertrifft seit den 90er Jahren

die Anzahl der Zugänge um mittlerweile mehr als das Doppelte.

13 Auch die weiteren Textteile, die der vom Pfarreirat beschlossenen Fassung des Lokalen Pastoralplanes entsprechen,

sind im Folgenden hellgrün unterlegt.


pastoralplan pfarrei liebfrauen-überwasser münster | seite 41

• Die für den Überhang der Abgänge verantwortlichen Austrittszahlen der Pfarrei Liebfrauen-Überwasser

orientieren sich weitgehend an skandalisierten, überörtlichen, kirchlichen oder gesellschaftlich verursachten

finanzrelevanten Ereignissen. Auswirkungen des örtlichen kirchlichen Lebens sind im Einzelnen nicht plausibel

identifizierbar. Nach dem hohen Niveau der Jahre 2013-15 (ca. 160 pro Jahr) waren die Austrittszahlen

2016 sogar leicht rückläufig, bis sie in der Folge der Veröffentlichung der bundesweiten Studie zum Umgang

der katholischen Bistümer mit den Missbrauchsfällen seit 2017 wieder deutlich ansteigen (2018: 213).

• Die relative Konstanz in absoluten Zahlen verdankt die Pfarrei dem stetigen Bevölkerungswachstum innerhalb

des Pfarreigebietes in den letzten Jahrzehnten. Aufgrund des prognostizierten Bevölkerungswachstums

in der Stadt Münster ist absehbar, dass die absoluten Katholikenzahlen auch in den kommenden Jahren

relativ konstant bleiben, unter Umständen sogar ansteigen, zumindest aber nicht wesentlich rückläufig sein

werden.

• Bundes- und bistumsweit sind dagegen sowohl die absoluten Zahlen als auch der prozentuale Anteil von

Katholiken an der Gesamtbevölkerung erkennbar rückläufig. Im Stadtdekanat Münster ist der Anteil der Katholiken

an der Gesamtbevölkerung bis zum Jahr 2018 auf rund 47 % gesunken. 2004 handelte es sich noch

um einen Anteil von 54,5 %. Im Bistum Münster (inklusive Offizialatsbezirk Oldenburg) lag der Anteil der

Katholiken im Jahr 2018 insgesamt bei 42,8 %, bundesweit bereits bei unter einem Drittel der Gesamtbevölkerung

(2018: 27,7 %). Für das Gebiet der Pfarrei Liebfrauen-Überwasser kann aktuell nach wie vor von einem

beinahe der Hälfte entsprechenden katholischen Bevölkerungsanteil ausgegangen werden.

Obwohl die Pfarrei Liebfrauen-Überwasser in absoluten Zahlen seit vielen Jahren mit leichten Schwankungen

relativ konstante Mitgliederzahlen aufweist und vermutlich in den kommenden Jahren aufgrund des Bevölkerungswachstums

der Stadt nicht entscheidend kleiner werden wird, hat die Pfarrei bei genauerer Betrachtung

Anteil an der bundesweiten kirchlichen ”Schrumpfungstendenz”. Die Anzahl der Katholiken im Verhältnis zur

Gesamtbevölkerung nimmt auch in der Pfarrei Liebfrauen-Überwasser kontinuierlich ab.

2.2.3.2 Wahrnehmung kirchlicher Amtshandlungen

Die sogenannten „Katholischen Zahlen“ zur Inanspruchnahme kirchlicher Amtshandlungen (wie Gottesdienstbesuch,

Taufe, Erstkommunion, Firmung, Trauung, Beerdigung) der Pfarrei Liebfrauen-Überwasser sind identisch

mit den allgemeinen Trends der Kirchenentwicklung.

• Die durch das Bevölkerungswachstum beeinflussten relativ konstanten Katholikenzahlen wirken sich auf

die absoluten Zahlen der Inanspruchnahme kirchlicher Amtshandlungen ausgleichend aus. Um die Tendenzen


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der Entwicklung kirchlichen Lebens in der Pfarrei Liebfrauen-Überwasser beurteilen zu können, sind die verzögert

und abgeschwächt sinkenden absoluten Katholischen Zahlen weniger aussagekräftig als eine prozentuale

Betrachtung der Teilnahme an kirchlichen Amtshandlungen.

• Die regelmäßige Teilnahme am sonntäglichen Gottesdienst in der Pfarrei Liebfrauen-Überwasser nimmt

seit den 60er Jahren kontinuierlich ab. Seit 2011 nutzen durchschnittlich unter 10 % aller Pfarreimitglieder die

liturgischen Angebote der Pfarrei. 2018 lag die Besucherzahl bei 6,9 %. Ca. 93 % der Pfarreimitglieder nahmen

zu den Zeitpunkten der Zählung nicht am Sonntagsgottesdienst teil.

• Gottesdienste zu besonderen Anlässen (z.B. Weihnachten) oder für spezifische Zielgruppen (Erstkommunionkinder

und -familien, Gottesdienste für Kita-Kinder und -Eltern o.ä.) oder mit einer besonderen (musikalischen)

Gestaltung werden von deutlich mehr und anderen Menschen besucht als die regelmäßigen Wochentags-

und Sonntagsgottesdienste.

• In der Pfarrei Liebfrauen-Überwasser sinkt die durchschnittliche Gottesdienstteilnahme im Verhältnis zur

Katholikenzahl schneller als im Bistums- und Bundesdurchschnitt.

• Die Taufzahlen der Pfarrei entsprechen in der Langzeitbetrachtung nur auf den ersten Blick dem Bundes-

und Bistumstrend. In der kurzfristigeren Betrachtung (2010/11 zu 2016) ist die Entwicklung der Taufzahlen

angesichts der konstanten Katholikenzahlen erkennbar negativer als der Bistums- und Bundestrend, der bei stetig

abnehmenden Katholikenzahlen ab 2013 leichte Steigerungsraten aufweist. Weniger Taufen trotz konstanter

Katholikenzahlen erzeugen in der Pfarrei auf Dauer ein „Nachwuchsproblem“.

• Für eine steigende Anzahl von Katholiken in der Pfarrei scheint es nicht mehr gängige Praxis zu sein, die

eigenen Kinder taufen zu lassen. Vergleichbares gilt für die Inanspruchnahme einer kirchlichen Beerdigung. Erstkommunion

und Firmung zeigen dagegen keine abnehmende Tendenz: Werden die Kinder getauft, gehen sie in

der Regel auch zur Erstkommunion und eine hohe Anzahl dieser Kinder lässt sich im jugendlichen Alter firmen.

• Die Zahl der kirchlichen Trauungen bewegt sich seit Jahren auf einem besonders niedrigen Niveau.

Die Anzahl der regelmäßigen sonntäglichen Gottesdienstbesucher repräsentiert nicht die ganze Pfarrei – sie kann

nicht als alleiniger Indikator für kirchliche Bindung oder subjektiv empfundene Zugehörigkeit zur Pfarrei angesehen

werden.


2.3 Der Sozialraum der Pfarrei

pastoralplan pfarrei liebfrauen-überwasser münster | seite 43

Neben der intensiven Analyse der sogenannten „Katholischen Zahlen“ spielte in der Entwicklung des lokalen Pastoralplanes

für die Pfarrei Liebfrauen-Überwasser die Auseinandersetzung mit dem Sozialraum, in dem die Pfarrei

verortet und auf vielfältige Weise vernetzt ist, eine bedeutende Rolle.

2.3.1 Sozialraumbeschreibungen

Da es das Grundanliegen des Pastoralplans für das Bistum Münster ist, „die Entwicklung der Kirche vor Ort in

den Sozial- und Lebensräumen der Menschen“ (PP 31) zu fördern, richtet sich der Blick im ersten Zugriff auf die

ehemaligen, seit der Fusion eine Pfarrei bildenden Pfarrgemeinden, und darauf, diese einer genaueren Betrachtung

zu unterziehen. Im Zuge der Analysephase zur Erstellung eines lokalen Pastoralplanes erarbeiteten deshalb

die jeweiligen gewählten Gemeindeausschüsse Ende 2016 bis Anfang 2017 kurze Sozialraumbeschreibungen ihrer

jeweiligen „alten“ Pfarrgemeinde. Während dies für den Bereich Sentruper Höhe (St. Theresia) und Nienberge

(St. Sebastian) vom jeweiligen Gemeindeausschuss bearbeitet wurde, wurde das Portrait für die Bereiche

Innenstadt (Alt-Liebfrauen) und Gievenbeck (Alt St. Michael) vom Gemeindeausschuss Liebfrauen-Überwasser als

gemeinsame Beschreibung erstellt.

2.3.1.1 Sozial- und Lebensraumportrait der Gemeinde Liebfrauen-Überwasser

Örtliche Lage und Verkehrsanbindung

Die Gemeinde Liebfrauen-Überwasser bildete sich 2007 durch Fusion der ehemaligen Pfarrgemeinden Liebfrauen-

Überwasser im Stadtbezirk Mitte (Kirche Liebfrauen- Überwasser, geweiht im Jahr 1040) und St. Michael (neue St.

Michael-Kirche geweiht im Jahr 1970) in Gievenbeck. Das Gemeindegebiet umfasst das Altstadtviertel rund um die

Überwasserkirche, die Umgebung um das Schloss und erstreckt sich im Westen über den Ring mit dem Wohnquartier

um das Kapuzinerkloster bis zum Stadtteil Gievenbeck, der vollständig zur Gemeinde gehört. Gut ausgebaute

Straßen und Fahrradwege, regelmäßige Buslinien sowie eine schnelle Anbindung an die A1 und A 43 sichern die

Verkehrsverbindungen.

Alters- und Wohnstrukturen

In beiden Gemeindeteilen gibt es viele Familien mit Kindern, ältere Menschen, die in ihrem Zuhause oder Altenhilfeeinrichtungen

leben, Studenten der Westfälischen-Wilhelms-Universität Münster, Menschen mit Behinderungen

unterschiedlichen Alters und Menschen, die durch Flucht ihre Heimat verlassen mussten.

Vielfältige Wohngebiete prägen das Bild der Gemeinde. Im Innenstadtbezirk finden sich bei einer überwiegend

mehrgeschossigen Altstadtbebauung viele Wohnungen. Der Stadtteil Gievenbeck ist von einem ehemals landwirtschaftlich

geprägten Stadtteil zum zweitgrößten Stadtteil Münsters entwickelt worden, entsprechend gibt es

neben zahlreichen Einfamilienhäusern auch Mehrfamilienhäuser mit zahlreichen Wohnungen, die Mietpreisbindungen

unterliegen. Etliche Studentenwohnheime liegen an verschiedenen Standorten im gesamten Gemeindegebiet.

Integriert sind im Quartier Einrichtungen der Altenhilfe, der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen

und der Flüchtlingshilfe.


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Grundversorgung

Im Innenstadtbezirk gibt es alle Versorgungs- und Einkaufsmöglichkeiten der Provinzialhauptstadt.

An der St. Michael-Kirche und im Gewerbegebiet an der Roxelerstraße sind wichtige Grundversorgungszentren

entstanden: Lebensmittelläden, Bäckereien, Arztpraxen, Apotheken, Drogeriemärkte, Bekleidungsgeschäfte, Discounter,

Cafés. Im Ortskern von Gievenbeck gibt es einen Wochenmarkt.

Bildungs- und soziale Einrichtungen

In der Gemeinde Liebfrauen-Überwasser gibt es 2 Häuser, die als Pfarrzentren dienen, die mit ihren Räumlichkeiten

sowohl für die Gemeinde in der Innenstadt, als auch nahe der St. Michaels-Kirche vielfältig-lebendige Begegnungsinstitutionen

sind. (Hier finden sich die Chorsänger für Proben zusammen, Jugendgruppen halten ihre

Treffen ab, Senioren treffen sich beim Kaffee, Ausschüsse tagen, Katecheten verabreden sich mit Kommunionkindern

oder Firmanwärtern, Messdiener und Pfadfinder bieten Jugendlichen Aktivitäten an, Bibelkreise erforschen

Bibelstellen….)

Neben diversen Kindertageseinrichtungen (davon sind 4 in Trägerschaft der Pfarrei) gibt es Grund- und weiterführende

Schulen. Als städtische und kirchliche Bildungseinrichtungen sind die beiden Büchereien (in der Innenstadt

in Trägerschaft der Pfarrei, in Gievenbeck an der St. Michaels-Kirche als Kooperationseinrichtung mit der Stadtbücherei,

im Stadtteilhaus „La Vie“ als städtische Einrichtung) zu nennen. Im Stadtteilhaus „La Vie“ sind Räumlichkeiten

für die Kleiderkammer „Centro Arche Noah“ und das gemeindliche Sozialbüro mit festen Öffnungszeiten

vertreten. Die Initiativen der Kleiderkammer und des Sozialbüros sind ökumenische Kooperationen, bei der Initiative

„Von Mensch zu Mensch“ gibt es eine Kooperation mit städtischen Stiftungen. Im Haus Mariengrund führen

die Schönstatt-Schwestern ein eigenes Bildungsinstitut mit Seminarräumen mit einem integrierten universitären

Institut. Im Kapuzinerkloster bieten die dort lebenden Geistlichen spirituelle Seminare, Einzelbegleitungen und

Räume für kulturelle Aktionen.

Der Stadtverband der Caritas ist mit seinen Beratungsangeboten an unterschiedlichen Standorten im Stadtteil

vertreten. Die Gemeinde ist aktiv beteiligt am Vernetzungskreis der „pädagogischen Konferenz“. Auf dem Höhepunkt

der Flüchtlingswelle 2015/16 wurden bei der „Flüchtlingshilfe Gievenbeck/ Sentrup“ (FGS) in ökumenischer

Kooperation unterschiedliche Aktivitäten und deren Vernetzungen „gebündelt“ den Ehrenamtlichen und Hauptamtlichen

zur Verfügung gestellt. Die Herausforderungen durch ankommende geflüchtete Menschen haben zu

Veränderungen des sozialen Engagements in der Gemeinde geführt. Etliche städtische Immobilien stehen im Gemeindegebiet

als vorübergehende oder dauerhafte Unterkünfte mit entsprechender Infrastruktur zur Verfügung.

Studierende finden auf dem Gemeindegebiet sowohl Wohnmöglichkeiten in vielfältiger Form, als auch spirituelle

Angebote, Treffpunkte, Räume für Initiativen und Beratungsstellen. Die Katholische Studierenden- und Hochschulgemeinde

hat ihren Standort unmittelbar in Nachbarschaft der Pfarrkirche Liebfrauen-Überwasser.

Der münsteraner Zentralfriedhof befindet sich ebenfalls auf dem Gebiet der Pfarrei, die Mitgesellschafter der Verwaltungsgesellschaft

des Zentralfriedhofs ist.

Gewerbestrukturen, Arbeitssituation

Im Innenstadtbereich überwiegt der Einzelhandel sowie eine breit aufgestellte Gastronomie, einschließlich des

Altstadt-Kneipenviertels rund um die Brauerei Pinkus Müller. Im Stadtteil Gievenbeck finden sich Einzelhandel,


pastoralplan pfarrei liebfrauen-überwasser münster | seite 45

Discounter, Baumarkt sowie nach wie vor einige landwirtschaftliche Betriebe. Neben der Hautklinik der Universitätsklinken

Münster sowie einem Großteil der naturwissenschaftlichen Institute der Universität liegt der „Technologiepark“

als Innovationszentrum des Landes im Gemeindegebiet.

Ein Großteil der Gievenbecker Wohnbevölkerung verlässt tagsüber den Stadtteil, um zu Schulen, zu Ausbildungsstätten

und zur Arbeit zu kommen. Andererseits kommen Mitarbeiter der Betriebe (hierbei nehmen die universitären

Arbeitsplätze den größten Anteil ein), Geschäfte, der Kindergärten und Schulen von außerhalb tagsüber in den

Stadtteil hinzu.

Freizeitmöglichkeiten

Im Innenstadtbereich gibt es eine studentisch geprägte Gastronomieszene, viele nutzen die Promenade als Freizeit-

und Bewegungsraum. Gievenbeck hat im Grünanlagenbereich „Grüner Finger“, am Stadtteilhaus „Fachwerk“

und im „Sportpark am Gievenbecker Weg“ große, gut genutzte Freizeitbereiche. Die universitären Anlagen und

Möglichkeiten für Sport und entsprechende Ausbildungen liegen ebenfalls im Gemeindegebiet. In unterschiedlichen

Chören, bei Sport-, Schützen- und Karnevalsvereinen sind viele Menschen aus beiden Stadtteilen engagiert

dabei. Kulturelle Angebote im Gemeindegebiet finden sich z. B. im „Fachwerk“, in der Waldorfschule und im H1.

Im innerstädtischen Teil der Gemeinde finden vielfältige, hier nicht näher beschriebene kulturelle, gesellschaftlich

initiierte und traditionell geprägte Aktionen, Veranstaltungen und Angebote statt.

2.3.1.2 Sozial- und Lebensraumportrait der Gemeinde St. Theresia

Örtliche Lage und Verkehrsanbindung

Die Gemeinde St. Theresia mit der zentral gelegenen, 1956 geweihten Kirche ist auf der Sentruper Höhe beheimatet.

Der räumlich sehr überschaubare Stadtteil liegt zwischen Stadtring, Universitätsklinikum, südwestlichem

Stadtrand mit Feldern und Bauernhöfen und den weitläufigen Grünflächen am Aasee. Es besteht eine gute Verkehrsanbindung

zum nur 2 km entfernten Stadtzentrum.

Alters- und Wohnstruktur

Charakteristisch für den Stadtteil sind Einfamilienhäuser mit Gärten. Zahlreiche zunächst bescheidene Häuser aus

den 50er Jahren wurden durch Generations- oder Besitzerwechsel aufwändig renoviert, einige neuerdings auch

nach Abriss durch Neubauten ersetzt. In einigen Straßen gibt es Mehrfamilienhäuser, darüber hinaus die Personalwohnheime

und -wohnungen des Uniklinikums. An der Grenze zu Gievenbeck entstanden in den letzten Jahren

zwei Neubaugebiete, überwiegend für Familien mit Kindern. Im Rahmen von Neubebauung findet derzeit eine

gewisse Verdichtung statt. Für Senioren besteht ein Angebot zu betreutem Wohnen mit einem öffentlichen Café.

Grundversorgung

Die Grundversorgungseinrichtungen wie Lebensmittelgeschäft, Bäckerei, Café, Metzgerei, Poststelle, Arztpraxen,

Apotheke, Sparkasse und „Henrys Kneipe“ sind unweit der Kirche zentral für alle Bewohner schnell erreichbar.


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Bildung und soziale Einrichtungen

Neben dem gemeindeeigenen Kindergarten St. Theresia direkt neben der Kirche und dem Pfarrzentrum mit eigenen

Räumlichkeiten für die Jugendleiterrunde gibt es eine Kindertageseinrichtung des Studentenwerks und den

betriebseigenen Kindergarten des Universitätsklinikums.

In zentraler Lage befindet sich die katholische Theresiengrundschule und am Rande zu den städtischen Sportanlagen

Sentruper Höhe die private Timmermeisterschule mit Ausbildungsmöglichkeiten zu Physio- und Ergotherapie.

Kirchliche Einrichtungen sind die Katholisch Soziale Akademie Franz-Hitze-Haus, das Pauluskolleg - ein studentisches

Wohnheim mit eigener Kapelle - und die Kirche Maria Heil der Kranken, die als Gemeindekirche der Universitätsklinikenseelsorge

gilt, die aufgrund eines Sonderstatus unabhängig von der Pfarrei Liebfrauen-Überwasser

bzw. ehemals Pfarrgemeinde St. Theresia geführt wird.

Arbeitssituation

Das Leben im Stadtteil ist geprägt von Mittelstandsfamilien. Viele Bewohner arbeiten an der Universität, sind

Selbstständige, in der Verwaltung tätig oder beamtet. Als größter Arbeitgeber fungiert das Universitätsklinikum,

das mitten im Gemeindegebiet liegt, aber kirchlicherseits territorial nicht zur Gemeinde zählt.

Freizeitmöglichkeiten

Großer Beliebtheit erfreuen sich die großzügigen städtischen Sportanlagen einschließlich Sporthalle am Aasee.

Diese werden auch vom Sportverein DJK Sparta, der viele Mitglieder auf der Sentruper Höhe hat, genutzt. Weitere

attraktive Freizeiteinrichtungen mit überregionaler Bedeutung sind der Allwetterzoo, das LWL-Naturkundemuseum

und der Mühlenhof. Bei Spaziergängern und Joggern beliebt ist der Grüngürtel vom Aasee bis zu den Feldern

Richtung Gievenbeck.

Es stehen mehrere Kinderspielplätze zur Verfügung, ebenso eine Bolzwiese neben der Schule.

2.3.1.3 Sozial- und Lebensraumportrait der Gemeinde St. Sebastian

Örtliche Lage und Verkehrsanbindung

Der Stadtteil Nienberge hat eher einen dörflichen Charakter. Erste Erwähnungen sind im 11. Jahrhundert gefunden

worden. Der Turm der Kirche stammt aus dieser Zeit. Der Schlussstein der Kirche wurde 1499 gesetzt. Heute

wird der Stadtteil durch stark frequentierte Verkehrs-Trassen, die B 54 und die A 1, die sich im Autobahnkreuz

Münster Nord überschneiden, von zwei Seiten eingegrenzt. Insgesamt erstreckt sich Nienberge jedoch weit in

die Bauerschaften und in den Ortsteil Häger. Zum Ort gehören zwei Gewerbegebiete auf der westlichen Seite der

ehemaligen B 54, heute Altenberger und Steinfurter Straße. Öffentliche Verkehrsanbindungen bestehen über die

Regionalbahn (Haltepunkt Häger) und die Buslinien im Überlandverkehr (Steinfurt - Münster) und der Buslinie der

Stadtwerke Münster.

Alters- und Wohnstruktur

Die Bevölkerung setzt sich vor allem aus Personen in der mittleren Altersgruppe zusammen; 22% sind älter als 65

Jahre. So ergibt sich, dass sich die rund 6800 Einwohner/innen auf 45% Einzelperson-, 30% Zwei-Personen- und


pastoralplan pfarrei liebfrauen-überwasser münster | seite 47

25% Mehrpersonen-Haushalte aufteilen (insgesamt ca. 3.400 Haushalte). Menschen mit Behinderungen und Senioren

werden in speziell errichteten Einrichtungen betreut.

Grundversorgung

Die Grundversorgungseinrichtungen werden durch zwei Lebensmittelgeschäfte, vier Bäckereien (tlw. mit Café), einer

Metzgerei, einem Schreibwarengeschäft mit Poststelle, mehreren Arzt- und Zahnarztpraxen, zwei Apotheken,

Sparkasse, Volksbank, mehreren Fachgeschäften und drei Gaststätten sicher gestellt. Am Freitagmorgen findet ein

Wochenmarkt auf dem Kirchplatz statt. Im Ortsteil Häger gibt es keine Grundversorgungseinrichtungen.

Bildung und soziale Einrichtungen

Neben der gemeindeeigenen Kita St. Sebastian direkt neben dem Pfarrzentrum gibt es noch eine städtische Kita

in Häger und mehrere Kitas in Elternträgerschaft. Die Annette-von Droste-Hülshoff-Grundschule mit dem Forum

für Schule und Kultur befindet sich direkt im Dorf. In den Räumen der Grundschule findet auch der Unterricht der

Musikschule Nienberge statt.

Gegenüber der Kirche befindet sich die katholische öffentliche Bücherei mit variablen Öffnungszeiten (6 mal wöchentlich).

Es gibt eine Einrichtung für Menschen mit Behinderungen (betrieben von Westfalenfleiß) und zwei Wohngruppen

für Demenzerkrankte (betrieben von der Caritas), eine städtische Flüchtlingsunterkunft (betrieben von der Caritas).

Der Verein „von Mensch zu Mensch in Nienberge“ und das ökumenische Sozialbüro haben einmal wöchentlich

Sprechstunden sowie eine wöchentliche Ausgabe der Münster-Tafel.

Das evangelische Gemeindezentrum, das Pfarrzentrum und der Gemeinschaftsraum in Häger bieten daneben

noch vielfältige Aktivitäten für alle Altersgruppen an. Im katholischen Pfarrzentrum und im Gemeinschaftsraum

findet ebenfalls die offene Jugendarbeit statt, wofür von der Pfarrei eine Fachkraft beschäftigt wird.

Daneben bieten das Bildungswerk, katholische Verbände und Vereine Fortbildungsprogramme und Einzelveranstaltungen

an.

Nienberge verfügt über einen eigenen Friedhof.

Gewerbestrukturen und Arbeitssituation

Der Gemeindeteil hat zwei Gewerbegebiete; eines an der Altenberger Straße und ein weiteres im „Haus Uhlenkotten“.

Daneben gibt es noch einige Gewerbebetriebe in Häger.

In den Bauerschaften um den Dorfkern und in Häger befinden sich noch einige landwirtschaftliche Betriebe.

Die meisten Arbeitnehmer/innen pendeln in die Stadt oder in die Umlandgemeinden. Die beiden Gewerbegebiete

bieten ebenfalls Arbeitsplätze an. Die Arbeitnehmer/innen sind in vielen Branchen beschäftigt, u.a. der öffentlichen

Verwaltung, Lehre und Dienstleistungseinrichtungen. Ebenfalls gibt es Beschäftigte in handwerklichen

Berufen.

Freizeitmöglichkeiten

Neben mehreren Kinderspielplätzen steht die Sportanlage des DJK SC Nienberge zu Verfügung. Neben zwei

Fußballfeldern sind Tennisplätze und zwei Beach-Volleyballanlagen auf dem Gelände. Ebenfalls befindet sich dort


seite 48 |

auch eine 3fach Turnhalle. Die Turnhalle der Grundschule wird dem Verein im Rahmen der Möglichkeiten gleichfalls

zur Verfügung gestellt. Ein Bolzplatz befindet sich am Gemeinschaftsraum in Häger.

Weitere Vereine bieten ein umfangreiches Freizeitangebot an, darunter u.a. ein Männergesangsverein (mit plattdeutscher

Theaterabteilung), ein Musikzug, zwei freiwillige Feuerwehren (mit einer Jugendfeuerwehrabteilung),

ein Heimatverein, ein DRK-Ortsverein, fünf Schützenbruderschaften bzw. -vereine. Die Musikschule Nienberge e.V.

und weitere Chöre ergänzen das Angebot.

Die vielen landwirtschaftlichen Wege bieten Möglichkeiten zu Spaziergängen, gleichfalls die Wälder am Vorberghügel

und an der Gasselstiege. Spaziergänge über den Lärmschutzwall sind ebenfalls möglich.

2.3.1.4 Kleinräumige Sozialstrukturen in der Pfarrei Liebfrauen-Überwasser

Die kurzen Sozialraumportraits der ehemaligen Pfarrgemeinden könnten auf den ersten Blick suggerieren, dass

es sich, abgesehen von den in allen drei Pfarreiteilen durch das Wachstum der Stadt Münster in den letzten Jahren

oder Jahrzehnten hinzugekommenen neuen Baugebiete, um relativ homogene Lebensräume handelt. Dies gilt

aber bei genauerer Betrachtung bestenfalls für den Sozialraum Sentrup/St. Theresia. Alle anderen Pfarreiteile

sind je nach ihrer Größe differenziert zu betrachten. Die Sozialräume sind nicht identisch mit den ehemaligen

Pfarrgemeindestrukturen. In den ehemaligen Pfarrgemeinden gibt es sozialräumliche Substrukturen:

• Liebfrauen-Überwasser, besser: Innenstadt: Kapuzinerviertel, Rund ums Schloss/Hüfferstr./ Hittorfstraße,

Kuhviertel

• Gievenbeck (alles jenseits des Ringes): Alt-Gievenbeck, Siedlung/Siedlergemeinschaft, Schöppingenweg etc.,

Gescherweg/Rüschhausweg, Toppheide, Auenviertel, Nordhornstrasse und Umfeld. In Gievenbeck lassen sich

differenzierte Sozialraumstrukturen etwa entlang der Wachstumsregionen des Stadtteils definieren.

• Nienberge: Kerndorf/Altbestand, Baugebiete nach Jahrzehnten, jenseits der Hülshoffstr., sowie Häger und

die Bauernschaften.

FAZIT

• Die Sozialräume auf dem Gebiet der Pfarrei sind nicht identisch mit den ehemaligen Pfarrgemeindestrukturen.

In den ehemaligen Pfarrgemeinden gibt es sozialräumliche Substrukturen, die sich zum Teil stark voneinander

unterscheiden. Es gibt städtisch geprägte Sozialräume ebenso wie ländliche Sozialräume mit dörflichen

Strukturen.

2.3.2 Statistische Daten der Stadt Münster

Eine bedeutende Quelle zur Erkundung des Sozialraums sind die Daten der Stadt Münster, die sie regelmäßig

aktualisiert und unter verschiedensten Aspekten aufbereitet auf ihrer Seite https://www.stadt-muenster.de/stadtentwicklung/zahlen-daten-fakten.html

anbietet. Für die Stadt Münster als ganze wie auch jeden Stadtbezirk liegen

dadurch umfangreiche statistische Daten vor. „Viele grundlegende Informationen über Münster werden in Form

von periodisch wiederkehrenden Nachschlagewerken bereitgestellt. In unterschiedlichen Informationspaketen


pastoralplan pfarrei liebfrauen-überwasser münster | seite 49

sind hier nach Themen- bzw. Raumbereichen geordnet die häufig nachgefragten Informationen aufgearbeitet.“ 14

Die Themenstellungen reichen von der Alterspyramide bis zum Ausländeranteil, von sozialen und kulturellen Einrichtungen

bis zu Wohnbebauungen und der Struktur der Wohnbevölkerung.

Die Stadtbezirke Gievenbeck, Nienberge und Überwasser stimmen weitgehend mit den Territorien der ehemaligen

Pfarrgemeinden überein. Der Stadtbezirk Sentrup und die ehemalige Pfarrgemeinde St. Theresia auf der

Sentruper Höhe sind dagegen nicht in allen Teilen identisch. Einige Bereiche der Pfarrei entlang der Steinfurter

Straße und im Innenstadtbereich lassen sich nicht trennscharf in den Stadtbezirken abgrenzen. Ein Vergleich oder

Abgleich der erhobenen katholischen Daten mit den statistischen Daten der Stadt Münster ist deshalb nur selektiv

möglich.

Gleichwohl liefern die nach Bezirken und Stadtteilen aufbereiteten Daten der Stadt Münster wertvolle Hinweise

zu verschiedenen Themenstellungen, die auch für die Entwicklung der Pfarreipastoral von Interesse sein können.

So kann man beispielsweise erfahren, dass der Anteil der Single-Haushalte im Bereich Überwasser mit 74,83 % am

höchsten ist, wovon nur 4,11 % als Senioren-Single-Haushalte gelten. Der zweithöchste Anteil an Single-Haushalten

liegt im Bereich Sentrup mit 64,14 % mit einem Seniorenanteil von 6,07 % vor. An vierter Stelle liegt Gievenbeck

mit 49,55 % und einem Seniorenanteil von 6,91 %. An vierter Stelle kommt Nienberge mit 45,47 Single-Haushalten

und einem Seniorenanteil von 16,06 %.

Voraussetzung einer Auseinandersetzung mit den Daten und einer Aufbereitung ist, dass die Fragestellung klar

umrissen ist. Dies ist angesichts der Fülle der Daten im Rahmen dieser Dokumentation nicht sinnvoll und angemessen,

sondern Aufgabe derjenigen Gruppen oder Gremien, die sich im Zuge der Umsetzung der Handlungsoptionen

des lokalen Pastoralplanes mit konkreten Fragestellungen auseinandersetzen. Die Steuerungsgruppe

hat sich aus diesem Grund auf wenige Aspekte beschränkt, die zum Zeitpunkt der Bearbeitung von besonderem

Interesse erschienen.

2.3.2.1 Religionszugehörigkeit

Bezogen auf die wohnberechtigte Bevölkerung der Stadt Münster (Stand 2018) kann der katholische Bevölkerungsanteil

mit 47,1 % in Beziehung gesetzt werden zu einem evangelischen Bevölkerungsanteil von 20,1 %. Der

Bevölkerungsanteil mit sonstiger oder ohne Religionszugehörigkeit lag in der Stadt Münster 2018 bei 33,8 %.

Das Gebiet der Pfarrei überschneidet sich mit mehreren evangelischen Gemeinden mit ihren jeweiligen Kirchorten.

Neben der Lukaskirche und dem Lukasgemeindezentrum in Gievenbeck findet sich in Nienberge die evangelische

Gemeinde Havixbeck-Nienberge.

Mit den evangelischen Gemeinden gibt es sowohl in Gievenbeck als auch vor allem in Nienberge eine intensive

Zusammenarbeit, sowohl zwischen den hauptamtlichen Seelsorgern/innen als auch zwischen Gruppen von

Gemeinde- bzw. Pfarreimitgliedern in unterschiedlichen pastoralen Bereichen. In Nienberge etwa zeichnet sich

aktuell (2019/20) eine gemeinsame Raumnutzung der kath. Kirche sowie des Pfarrzentrums aufgrund des Neubaus

des ev. Lydia-Zentrums ab.

14 Homepage der Stadt Münster, Abruf 07.01.2020


seite 50 |

Obgleich es offensichtlich viele Menschen muslimischen Glaubens gibt, die im Gebiet der Pfarrei leben, gibt es

keine Moscheegemeinde.

FAZIT

• Zwei Drittel der wohnberechtigten Bevölkerung der Stadt Münster (67,2 %) gehören einem der christlichen

Bekenntnisse an. Dieses Verhältnis gilt auch für die Bevölkerung im Sozialraum der Pfarrei.

• Über den Anteil etwa der muslimischen Bevölkerung liegen bei der Stadt Münster keine Statistiken vor, da nur

für die kirchensteuerpflichtige Bevölkerung die Daten beim Einwohnermeldeamt gespeichert werden.

2.3.2.2 Altersstruktur

Die Altersstrukturen der Stadtteile, die zur Pfarrei Leibfrauen-Überwasser zählen, unterscheiden sich vor allem

im Blick auf den Anteil alter und junger Menschen. Die als Alterspyramiden von der Stadt Münster zur Verfügung

gestellten Grafiken 15 ermöglichen einen ersten groben Vergleich.

Schaubild 32 | Altersstruktur Überwasser mit Legende 16

Schaubild 33 | Altersstruktur Gievenbeck

15 Die Stadtteilsteckbriefe für die Stadt Münster liefern umfangreiche auch grafisch aufbereitete Daten zur jeweiligen Bevölkerungsstruktur

unter: https://www.stadt-muenster.de/stadtentwicklung/zahlen-daten-fakten.html.

16 Die Grafik aus den statistischen Daten der Stadt Münster für 2018 verdeutlicht nicht nur die allgemeine Altersstruktur

in einem Baumdiagramm, sondern zeigt auch durch die Farbmarkierung den Anteil der jeweiligen männlichen und weiblichen

Anteile von Deutschen mit und ohne Migrationsgeschichte sowie den Anteil ausländischer Menschen. Die Legende wird in den

folgenden Grafiken nicht mehr mitabgebildet.


pastoralplan pfarrei liebfrauen-überwasser münster | seite 51

Erkennbar ist, dass bezogen auf die Gesamtbevölkerung im jeweiligen Stadtteil die prozentuale Verteilung der

jeweiligen Alterskohorten in Nienberge vergleichsweise homogen ist, während im Bereich Überwasser sowie

Sentrup der Anteil der 20 bis 30jährigen deutlich am größten ist. Etwas abgeschwächt gilt das auch für den Bereich

Gievenbeck. Dies hängt vermutlich nicht zuletzt mit dem Anteil studentischer Wohnmöglichkeiten zusammen. Der

Anteil der 0 bis 20jährigen fällt im Bereich Überwasser kaum ins Gewicht, während er in Gievenbeck und Nienberge

am stärksten ausgeprägt ist. Darin spiegelt sich, wo in jüngerer Zeit Baugebiete entstanden sind, die vor allem

von Familien mit Kindern bewohnt werden. In Nienberge zeigt sich, dass der prozentuale Anteil älterer Menschen

ab 70 Jahren in Relation zur Gesamtbevölkerung höher ist, als in anderen Bereichen der Pfarrei. Der prozentuale

Anteil wäre für eine genauere Analyse mit den dahinter stehenden absoluten Zahlen abzugleichen.

Schaubild 34 | Altersstruktur Sentrup

Schaubild 35 | Altersstruktur Nienberge

Interessanter ist, wie sich die Bevölkerungsanteile in den absoluten Zahlen der katholischen Bevölkerung im

Sozialraum der Pfarrei auswirken. Für die Pfarrei Liebfrauen-Überwasser liegen etwa die Zahlen für die Gesamtpfarrei

mit Stand Anfang 2019 vor:


seite 52 |

Schaubild 36 | Visitationsbericht Liebfrauen-Überwasser, Alterskohorten, Stand 05.03.2019

Demnach bildet die Gruppe der 21-40jährigen die größte Gruppe, gefolgt von den 41-65jährigen. Etwas genauer

erkennbar wird die Altersverteilung in einer anderen Darstellung:

Schaubild 37 | Altersstruktur der Pfarrei Liebfrauen-Überwasser 2018

Im Vergleich mit der Altersverteilung der Katholiken im Stadtdekanat Münster (Schaubild 28) sowie im Bistum

Münster (Schaubild 39) wird erkennbar, dass das demographische Problem eines zunehmend alternden Klientels

in der Pfarrei Liebfrauen-Überwasser den aktuellen Zahlenverhältnissen nach bisher noch weniger stark ausgeprägt

erscheint. Stellt man die hohe Zahl von Studenten im Alter zwischen 20 und 30 in Rechnung, die im Leben

der Pfarrei augenscheinlich keine entscheidende Rolle spielen, relativiert sich allerdings der Befund, dass es sich

um eine vergleichsweise „junge“ Pfarrei handelt. Insgesamt 19 % von Katholiken im Kindes- und Jugendalter bis 20

Jahre stehen über 80 % von Katholiken im niedrigen und höheren Erwachsenenalter von 21 bis 66+ Jahren bzw.

42,9 % im Alter von 40 bis 66+ gegenüber.


pastoralplan pfarrei liebfrauen-überwasser münster | seite 53

Schaubild 38 | Altersstruktur Stadtdekanat Münster 2018

Schaubild 39 | Altersstruktur Bistum Münster 2018

2.2.2.3 Ausländeranteil – Multikulturalität

Von besonderem Interesse war im Zuge der Beschäftigung mit den Daten des Sozialraumes die Bewältigung der

sogenannten Flüchtlingskrise. Die Frage nach dem Anteil der Bevölkerung mit einer Migrationsgeschichte bezogen

auf die Stadt Münster stellte sich zum 31.12.2016 wie folgt dar:


seite 54 |

Wohnberechtigte Bevölkerung

Stadtteil

Gesamt

ohne Migrationsvorgeschichte

Insgesamt

davon

mit Migrationsvorgeschichte

davon

Deutsche mit

Ausländer

persönlicher

vererbter

Migrationsvorgeschichte

Personen

Personen

Anteil an

Gesamt

Personen

Anteil an

Gesamt

Personen

Anteil an

Gesamt

Personen

Anteil an

Gesamt

Personen

Anteil an

Gesamt

12 Überwasser 1.381 1.162 84,1% 219 15,9% 113 8,2% 83 6,0% 23 1,7%

14 Buddenturm 2.563 2.078 81,1% 485 18,9% 320 12,5% 139 5,4% 26 1,0%

28 Neutor 4.660 3.696 79,3% 964 20,7% 586 12,6% 271 5,8% 107 2,3%

29 Schloss 2.231 1.879 84,2% 352 15,8% 191 8,6% 131 5,9% 30 1,3%

51 Gievenbeck 21.569 14.750 68,4% 6.819 31,6% 3.006 13,9% 2.530 11,7% 1.283 5,9%

52 Sentrup 7.831 6.305 80,5% 1.526 19,5% 954 12,2% 448 5,7% 124 1,6%

58 Nienberge 6.964 5.567 79,9% 1.397 20,1% 648 9,3% 508 7,3% 241 3,5%

Summe 47.199 35.437 75,1% 11.762 24,9% 5.818 12,3% 4.110 8,7% 1.834 3,9%

zum Vergleich

Stadt MS 31.12.2016 307.842 237.234 77,1% 70.608 22,9% 31.198 10,1% 27.580 9,0% 11.830 3,8%

Stadt MS 31.12.2006 280.023 221.744 79,2% 58.279 20,8% 21.343 7,6% 28.397 10,1% 8.539 3,0%

Anstieg in 10 Jahren 9,9% 7,0% 21,2% 46,2% -2,9% 38,5%

Schaubild 40 | Wohnberechtigte Bevölkerung Sozialraum Liebfrauen-Überwasser

Zu Beginn war zunächst einmal eine Begriffsklärung erforderlich:

Zur „Wohnberechtigten Bevölkerung“ zählen alle Personen, die in dem Stadtteil eine Wohnung haben, unabhängig

davon, ob es sich um eine Haupt- oder Nebenwohnung handelt. Grundlage zur Berechnung war bis 2010 die

Volkszählung 1987. Ab 2011 wird die „Wohnberechtigte Bevölkerung“ durch die Auszählung aller gemeldeten

Haupt- und Nebenwohnsitze des Melderegisters der Stadt Münster abgebildet.

Als „Ausländer“ gelten die Personen, die eine fremde 1. Staatsangehörigkeit besitzen, staatenlos sind oder deren

Staatsangehörigkeit nicht geklärt ist.

„Deutsche mit persönlicher Migrationsgeschichte“ sind Heimatvertriebene, Aussiedler/Spätaussiedler und weitere

Eingebürgerte.

„Deutsche mit vererbter Migrationsgeschichte“ sind deutsche Kinder ohne persönliche, aber mit vererbter Migrationsvorgeschichte.

Kinder, die mit Eltern aus dem definierten Personenkreis (Ausländer, Aussiedler/Spätaussiedler,

Heimatvertriebene und weitere Eingebürgerte) im selben Haushalt leben, haben ebenfalls eine Migrationsvorgeschichte.

Hierbei reicht es, wenn ein Elternteil eine Migrationsgeschichte hat.

Welche Erkenntnisse und Deutungen im Blick auf die Pfarrei waren möglich?

Die Grenzen der Pfarrei Liebfrauen-Überwasser stimmen nicht exakt mit den Grenzen der aufgeführten Stadtteile

überein. Insgesamt lebten hier 2016 47.199 Personen. Stellt man die Visitationszahlen der Pfarrei Liebfrauen-Überwasser

vom 20.02.2017 mit 20.532 Katholiken, 1.443 evangelischen Angehörigen und 1.633 sonstigen Angehörigen

- insgesamt also 23.608 Personen in den Haushalten der Pfarrei - gegenüber, ergibt sich ein „Katholikenanteil“


pastoralplan pfarrei liebfrauen-überwasser münster | seite 55

von rund 50 %. Dies entspricht in etwa den bekannten statistischen Angaben, woraus geschlossen werden kann,

dass die Statistik aus den genannten Stadtteilen in etwa die Bewohnerzahlen in den Grenzen der Pfarrei widerspiegeln.

Von den 47.199 Bewohnern im Gebiet der Pfarrei hat ca. ein Viertel (24,9 %) eine Migrationsvorgeschichte. Dies

liegt deutlich über dem Durchschnitt der Stadt Münster mit 22,9 % Migrationsvorgeschichte.

Besonders hervorstechend ist der Stadtteil Gievenbeck mit 31,6 % Migrationsvorgeschichte, während der Innenstadtbereich

(Überwasser 15,9 %, Buddenturm 18,9 %, Schloss 15,8 %) deutlich unter dem städtischen Durchschnitt

liegt. Der hohe Anteil in Gievenbeck dürfte zu einem Teil auf die Belegung der ehemaligen Britenhäuser

mit Asylsuchenden zurückzuführen sein, wobei die belegten Britenhäuser an der Von-Esmarch-Straße und dem

Muckermannweg sogar formal dem Stadtteil Sentrup zugeordnet sind.

Ungefähr jede 2. Person mit Migrationsvorgeschichte im Gebiet der Pfarrei (5818 von 11.762 Personen, 12,3 % von

24,9 %) ist „Ausländer“ mit einer fremden 1. Staatsangehörigkeit. Mit 12,3 % der Bewohner liegt auch hier das Gebiet

der Pfarrei deutlich über dem Durchschnitt der Stadt Münster mit 10,1 %. Auch bei diesen „Ausländern“ sticht

der Stadtteil Gievenbeck mit 13,9 % als überdurchschnittlich hervor, aber nicht so deutlich wie bei der Gesamtzahl

der Personen mit Migrationsvorgeschichte (8,2 % - 12,6 %). Hieraus lässt sich schon herleiten, dass es im Stadtteil

Gievenbeck überdurchschnittlich viele Deutsche mit Migrationsvorgeschichte geben muss. Dies wird auch durch

die nachfolgenden Zahlen bestätigt.

8,7 % der Personen im gesamten Pfarreigebiet sind „Deutsche mit persönlicher Migrationsvorgeschichte“, 3,9 %

„Deutsche mit vererbter Migrationsvorgeschichte“. Das entspricht in etwa dem Durchschnitt der Stadt Münster

mit 9,0 % bzw. 3,8 % Deutschen mit Migrationsvorgeschichte. Innerhalb des Pfarreigebietes finden wir wieder den

höchsten Anteil im Stadtteil Gievenbeck. Hier liegt der Anteil mit 11,7 % bzw. 5,9 % mehr als doppelt so hoch wie

in den meisten übrigen Stadtteilen im Pfarreigebiet (5,4 % - 7,3 % bzw. 1,0 % - 3,5 %).

Auffallend ist, dass der Stadtteil Nienberge mit 7,3 % bzw. 3,5 % Deutschen mit persönlicher bzw. vererbter Migrationsvorgeschichte

den 2. Platz im Pfarreigebiet hinter Gievenbeck einnimmt. Offensichtlich zieht es viele „Deutsche

mit Migrationsvorgeschichte“ nicht nur in den Stadtteil Gievenbeck, sondern auch in den Stadtteil Nienberge.

In den Innenstadtteilen und in Sentrup liegen die Anteile von Deutschen mit Migrationsvorgeschichte deutlich

unter dem Durchschnitt des Pfarrei- und Stadtgebietes. Möglicherweise schrecken die hohen Wohnungskosten

Deutsche mit Migrationsvorgeschichte davor ab, sich hier niederzulassen.

Aus dem unteren Teil der Tabelle mit den Vergleichszahlen aus dem Stadtgebiet ist zu entnehmen, dass die Bevölkerung

in Münster in den letzten 10 Jahren um fast 10 % auf knapp 308.000 Personen gestiegen ist. Die Anzahl der

Personen mit Migrationsvorgeschichte hat im gleichen Zeitraum um 21,2 % und somit mehr als doppelt so stark

zugenommen. Dadurch ist auch der Anteil an der Bevölkerung mit Migrationsvorgeschichte von 20,8 % auf 22,9 %

gestiegen. Besonders rasant war der Anstieg der „Ausländer“ um 46,2 % von gut 20.000 auf gut 30.000 Bewohner.


seite 56 |

Während der Anteil der „Deutschen mit persönlicher Migrationsvorgeschichte“ sogar leicht von 10,1 % auf 9,0 %

gefallen ist, ist der Anteil der „Deutschen mit vererbter Migrationsvorgeschichte“, also vornehmlich der Kinder von

Migranten mit deutscher Staatsangehörigkeit, von 3,0 % auf 3,8 % der Stadtbewohner gestiegen. In absoluten

Zahlen beträgt hier der Anstieg von 8.539 auf 11.830 Personen sogar 38,5 %.

2.3.2.4 Anteil der Katholiken mit ausländischen Wurzeln in Liebfrauen-Überwasser

Der Anteil von Katholiken mit ausländischer Nationalität in der Pfarrei Liebfrauen-Überwasser betrug 2019: 1.018

gemeldete Personen aus insgesamt 85 verschiedenen Ländern. Das entspricht einem Anteil von 5,1% (Stand

03/2019).

Schaubild 41 | Visitationsbericht Liebfrauen-Überwasser, Nationalitäten, Stand 05.03.2019

Mit Blick auf die größten Gruppen aus den jeweiligen Herkunftsländern (vgl. Schaubild: 41) folgen neben den

ersten sechs genannten Nationalitäten Katholiken brasilianischer (26), nigerianischer (25), niederländischer (24), litauischer

(23), mexikanischer (19), französischer (18), kolumbianischer (17), amerikanischer (14), Koreanischer (14),

ghanaischer (13), kamerunischer (12) sowie syrischer (10) Nationalität.

Die Unterschiede zur städtischen Statistik resultieren aus der überwiegenden Religionszugehörigkeit zu orthodoxen

Kirchen bzw. zur muslimischen Religion in bestimmten Herkunftsländern, die im Kontext der Pfarrei entsprechend

nicht auftauchen.

Schaubild 42 | Stadt Münster – Ausländische wohnberechtigte Bevölkerung nach 1. Staatsangehörigkeit, Stand 20. August 2019


pastoralplan pfarrei liebfrauen-überwasser münster | seite 57

FAZIT

• Der Ausländer-Anteil an der Gesamtbevölkerung ist lt. städt. Statistik deutlich höher als im katholischen

Bevölkerungsanteil (z.B. Nienberge 17.3 % /Gievenbeck 31,1 % / Sentrup 18,7 %, Überwasser 16,3 %). In Gievenbeck

liegt der Anteil von Menschen mit Migrationsvorgeschichte an der Gesamtbevölkerung (ohne Flüchtlinge)

doppelt so hoch wie in den übrigen Teilen der Pfarrei. Mögl. Gründe: Universitätsbeschäftigte, StudentInnen

• Der Anteil katholischer Pfarreimitglieder mit einer anderen 1. Nationalität als der deutschen liegt niedriger als

die städtische Quote, weil viele der ausländischen Mitbürgerinnen und Mitbürger im Sozialraum einer anderen

oder keiner Konfession oder Religion angehören.

• Die Zuweisung erheblicher Kontingente von Flüchtlingen in 2014/15 hat den sozialräumlichen Kontext

verändert. Rund um die Bewältigung der damit zusammengehörenden Fragestellungen hat sich eine intensive

Zusammenarbeit mit der Kommune sowie zahlreichen freiwilligen Helferinnen und Helfern aus allen Bereichen

der Bevölkerung entwickelt.

2.3.3 Milieustudien: Sinus-Milieus und Lebensführungstypologie

Einen weiteren Zugang zur Signatur des Sozialraumes bietet die Auseinandersetzung mit den Sinus-Milieu-Daten

des Sozialraumes bzw. mit der Lebensführungstypologie nach Martin Heyse und Marius Stelzer.

2.3.3.1 Die Sinus-Milieus

Schaubild 43 | Die Sinusmilieus in Deutschland 2014


seite 58 |

Die Sinus-Milieustudien versuchen eine Sehhilfe zu bieten, um die unterschiedlichen Milieus innerhalb der deutschen

Gesellschaft differenzierter betrachten zu können. Dabei fassen die Wissenschaftler Daten aus unterschiedlichsten

Quellen zusammen und entwickeln daraus die Typologie unterscheidbarer Gruppen von Menschen

anhand ihrer Grundorientierung und ihrer sozialen Lage. Um die Charakteristik der unterschiedlichen Milieus zu

verstehen, ist eine Beschäftigung mit den jeweiligen Beschreibungen der gebildeten Gruppen hilfreich.

Schaubild 44 | Kurzcharakteristik der Sinus-Milieus 2014


pastoralplan pfarrei liebfrauen-überwasser münster | seite 59

Betrachtet man mit dieser „Brille“ den Sozialraum der Pfarrei Liebfrauen-Überwasser ist zum einen die prozentuale

Verteilung der Sinus-Milieus im Verhältnis zueinander von Interesse sowie der Vergleich mit der Verteilung im Bundesdurchschnitt.

In der folgenden Darstellung markiert die farbliche Gestaltung die Zugehörigkeit der jeweiligen

Milieus zur Achse der sozialen Lage: Sozial gehobene Milieus sind gelb markiert, die Milieus der Mitte blau sowie

die Milieus der unteren Mittel- bzw. Unterschicht rot. Zum Vergleich sind die prozentualen Anteile im Bundesdurchschnitt

in Klammern angegeben.

NACH MILIEUS Konservativ-Etablierte 12.02 (10%)

• Liberal-Intellektuelle 09.06 (7%)

• Performer 12.54 (7%)

• Expeditive 11.02 (7%)

• Bürgerliche Mitte 11.30 (14%)

• Adaptiv-Pragmatische 12.34 (9%)

• Sozialökologische 07.26 (7%)

• Traditionelle 09.16 (14%)

• Prekäre 04.98 (9%)

• Hedonisten 10.32 (15%)

Nach der prozentualen Größe der jeweiligen Milieus sortiert,

sieht die Rangfolge für die Pfarrei als Ganze 17 folgendermaßen aus:

• Performer 12.54 (7%) +

• Adaptiv-Pragmatische 12.34 (9%) +

• Konservativ-Etablierte 12.02 (10%) +

• Bürgerliche Mitte 11.30 (14%) -

• Expeditive 11.02 (7%) +

• Hedonisten 10.32 (15%) -

• Traditionelle 09.16 (14%) -

• Liberal-Intellektuelle 09.06 (7%) +

• Sozialökologische 07.26 (7%) +

• Prekäre 04.98 (9%) -

Schaubild 45 | Sinus-Milieus Liebfrauen-Überwasser

17 Neuerdings lassen die vom Bistum jeder Pfarrei zur Verfügung gestellten Sinus-Daten nicht nur eine differenzierte Darstellung

für die Gesamtpfarrei, sondern auch für definierte Teile der Pfarrei zu, so dass die Unterschiede nach Sozialräumen unterhalb

der Pfarreiebene darstellbar werden.


seite 60 |

Das Plus oder Minuszeichen hinter den jeweiligen Milieus markiert die Abweichungen in der Pfarrei zum Bundesdurchschnitt.

Interessanterweise gibt es weniger Angehörige der Bürgerlichen Mitte, des hedonistischen und

traditionellen Milieus als auch der sogenannten Prekären. Ein deutlich höherer Anteil ist dagegen bei den Performern,

Adaptiv-Pragmatischen sowie bei Konservativ-Etablierten, Expeditiven, Liberal-Intellektuellen sowie Sozialökologischen

festzustellen.

Mögliche Deutungen dieses Befundes:

• „Mit unserer Pastoral haben wir vorrangig Konservativ-Etablierte, Bürgerliche Mitte und Traditionelle im Blick.“

(Pfarrer Dierkes)

• Von den drei stärksten Milieus in unserer Pfarrei sprechen wir mit unseren Regelangeboten nur ein Milieu an.

• Andere Milieus werden (z.B. in der Liturgie oder Sakramentenkatechese) eher in das System „bürgerliche Mitte“

einsortiert.

Daraus ergeben sich für die Pastoral der Pfarrei unter Umständen interessante Fragen:

Wie werden die unterschiedlichen Milieus durch die Pastoral angesprochen? Wo begegnen wir Menschen aus diesen

Milieus im kirchlichen Kontext? Welche Milieus möchten wir ansprechen? Wie sprechen wir sie an?

2.3.3.2 Lebensführungstypologie nach Martin Heyse und Marius Stelzer

Marius Stelzer stellte sein soziologisch basiertes Modell der Lebensführungstypologien im Mai 2017 dem Pfarreirat

vor. Seine Erkenntnisse dazu, aus welchen Bereichen seiner Typologie die Akteure der Aktivitäten und Gremien der

„klassischen“, d.h. durchschnittlichen katholischen Pfarrei stammen, überprüfte er konkret anhand seiner Begleitungstätigkeit

des Pastoralplanprozesses in einer Pfarrei in Rheine.

Die Untersuchung des Klientels an Eltern und Kindern, die etwa über eine katholische Kindertagesstätte in irgendeiner

Weise mit einer Pfarrei in Kontakt stehen, ist nach diesem Modell einem deutlich unterschiedenen sozialen

Feld zuzuordnen. Die Unterschiedlichkeit der biographischen Perspektiven wie auch der kulturellen und ökonomischen

Orientierung springt ins Auge und verdeutlicht, dass sich eine Kommunikation und Interaktion zwischen

beiden Bereichen schwierig gestalten wird, wenn diese Unterschiedlichkeit nicht in Rechnung gebracht wird.


pastoralplan pfarrei liebfrauen-überwasser münster | seite 61

Schaubild 46 | Lebensführungstypen Deutschland 2017/18

Diese allgemein gültigen Hypothesen lassen sich mit großer Wahrscheinlichkeit auch auf die verschiedenen pastoralen

Bereiche der Pfarrei der Pfarrei Liebfrauen-Überwasser übertragen und sollten die Erwartungen und möglichen

Zielsetzungen, die Art und Weise des Herangehens sowie der entwickelten Aktivitäten grundlegend prägen.

Diese Erkenntnis schlägt sich im Rahmen der Entwicklung des lokalen Pastoralplans der Pfarrei insbesondere in

den auf der Emmausgeschichte basierenden Haltungen nieder, die als pastorales Leitmotiv im weiteren Fortgang

der Entwicklung des lokalen Pastoralplanes formuliert wurden (Vergleiche Teil 3: Urteilen).


seite 62 |

2.3.4 Zusammenfassung Sozialraum der Pfarrei 18

Die Sozialräume in der Pfarrei unterscheiden sich erheblich. Es gibt städtisch geprägte Sozialräume ebenso

wie ländliche Sozialräume mit dörflichen Strukturen.

• Die unterscheidbaren Sozialräume in der Pfarrei sind nicht identisch mit den ehemaligen Pfarrgemeindestrukturen.

In den ehemaligen Pfarrgemeinden gibt es vielfältige sozialräumliche Substrukturen, die einer

gesonderten Analyse bedürfen.

• Die Bevölkerungsstruktur der einzelnen Sozialräume unterscheidet sich etwa in der Lebens- und Wohnform

(Single-Haushalte, Familien mit ein oder zwei Kindern etc.), der Altersstruktur oder dem Anteil von

Menschen mit Migrationsgeschichte.

• Der Ausländer-Anteil an der Gesamtbevölkerung im Pfarreigebiet ist laut Jahresstatistik der Stadt Münster

2018 (Nienberge 10,56 % / Gievenbeck 13,52 % / Sentrup 10,33 %, Überwasser 9,42 %) höher als der am

katholischen Bevölkerungsanteil. In Gievenbeck liegt der Anteil von Menschen mit Migrationsgeschichte

an der Gesamtbevölkerung (ohne Flüchtlinge) höher als in den übrigen Teilen der Pfarrei. Mögliche Gründe

sind die hohe Anzahl der Universitätsbeschäftigten und Studenten/innen (vgl. Altersstruktur Migrationsanteil

– Jahresstatistik der Stadt Münster 2018).

• Die Zuweisung erheblicher Kontingente von Flüchtlingen 2014/15 hat den sozialräumlichen Kontext der

Pfarrei zumindest vorübergehend entscheidend verändert.

• Die demographische Struktur der katholischen Bevölkerung im Pfarreigebiet unterscheidet sich deutlich

von der Struktur der Alterspyramide im Bistum insgesamt. Im Unterschied ist der Anteil der jüngeren Altersgruppen

bis 30 Jahre größer als der Anteil aller älteren Altersgruppen. Mit leichten Unterschieden zwischen

Gievenbeck, Sentrup, Nienberge und Innenstadt ist die Pfarrei insgesamt eine junge Pfarrei. Dies hat sowohl

mit dem hohen studentischen Bevölkerungsanteil zu tun als auch mit neuen Baugebieten im Westen der

Stadt, die von jungen Familien geprägt sind.

• Insgesamt verfügen die unterschiedlichen Sozialräume im Gebiet der Pfarrei über eine gute Infrastruktur.

Es gibt ausreichend Einkaufs- und Grundversorgungsmöglichkeiten, Kitas und Schulen, Büchereien, Sportund

Freizeitmöglichkeiten sowie soziale Einrichtungen, aber in Gievenbeck und auf der Sentruper Höhe

eher wenig Gastronomie.

• Die Kirchen und kirchlichen Einrichtungen sind feste Bestandteile der lokalen sozialen Infrastruktur. Es

gibt gute Vernetzungen zwischen kommunalen und kirchlichen Strukturen und Angeboten in den Sozial-

18 Text entspricht der vom Pfarreirat beschlossenen Fassung des Lokalen Pastoralplanes.


pastoralplan pfarrei liebfrauen-überwasser münster | seite 63

räumen (z.B. Sozialbüro/Kleiderkammer im Stadteilzentrum LaVie, Trägerschaft der Pfarrei für mehrere Kitas,

Kooperation der Bücherei St. Michael mit der Stadtbücherei, überkonfessionelle Kooperation in der Flüchtlingsarbeit

...).

• Neben den von der Pfarrei getragenen kirchlichen Einrichtungen gibt es aufgrund der gewachsenen

kirchlichen Struktur der Bischofsstadt Münster eine Vielzahl weiterer eigenständiger kirchlicher Einrichtungen

oder Niederlassungen, z.T. mit eigenen Gottesdienstorten, mit denen die Pfarrei in engerem oder

lockerem Kontakt steht (z.B. Haus Mariengrund/Schönstattschwestern, verschiedene Niederlassungen von

Schwesternkongregationen, Katholische Studenten- und Hochschulgemeinde, Krankenhausseelsorge in

den Universitätskliniken, verschiedene Studentenheime in katholischer Trägerschaft,...).

• Die katholische Pfarrei und die jeweiligen evangelischen Kirchengemeinden im Pfarreigebiet pflegen eine

traditionell enge ökumenische Zusammenarbeit (z.B. im Bereich der Schulpastoral, ökumenisches Gemeindefest

...).

• Trotz des hohen muslimischen Bevölkerungsanteils gibt es auf dem Gebiet der Pfarrei keine Moschee-

Gemeinde.

Die Heterogenität der Lebensräume im Pfarreigebiet spiegelt sich in den pastoralen Substrukturen der

Pfarrei und in differenzierten sozialraumorientierten Angeboten.


seite 64 |

2.4 Infrastruktur der Pfarrei (Bestandsaufnahme)

Nach der Analyse der sogenannten katholischen Zahlen (vgl. 2.2) sowie der Einblicke in den Sozialraum der

Pfarrei (vgl. 2.3.) bestand der dritte Schritt des Wahrnehmens der Situation der Pfarrei darin, sich einen Überblick

über den Bestand der Pfarrei, ihre Einrichtungen, die haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiter/innen, Gremien und

Aktivitäten zu verschaffen. Dies erfolgte auf verschiedenen Wegen. Unter anderem erarbeitete der leitende Pfarrer

eine Aufstellung über die Gebäude, Räumlichkeiten und die beruflich Engagierten. Eingearbeitet in diese Auflistung

sind auch die sogenannten A-GBF Werte, die nach Maßgabe der Zuweisungsordnung von Kirchensteuermitteln

(ZuwO) errechnete ausgebaute Brutto-Grundrissfläche (A-BGF), die für die der Pfarrei bzw. der Kirchengemeinde

zur Verfügung gestellten Kirchensteuermittel relevant ist. 19 Neben der entsprechenden Quadratmeterzahl,

beinhaltet die Auflistung auch den Hinweis, wie die entsprechenden Flächen für seelsorgliche oder administrative

Zwecke genutzt werden.

2.4.1 Gebäude, Räumlichkeiten und beruflich Engagierte

A | KIRCHEN

36-38 regelmäßige Eucharistiefeiern pro Woche im Pfarrgebiet, davon:

• 29-31 Eucharistiefeiern in Kirchenräumen der Pfarrei

• 7 Eucharistiefeiern im Kapuzinerkloster

Pfarrkirche Liebfrauen – Überwasser 1.538 m 2

4-5 regelmäßige Eucharistiefeiern pro Woche (2 werktags)

Filialkirche St. Michael 822 m 2

5 regelmäßige Eucharistiefeiern pro Woche (2 werktags)

Filialkirche St. Theresia 693 m 2

7 regelmäßige Eucharistiefeiern pro Woche (5 werktags)

Filialkirche St. Sebastian 592 m 2

6-7 regelmäßige Eucharistiefeiern pro Woche (4 werktags)

19 Die Kirchengemeinde hat für jedes Gebäude (Gebäudeteil) ein Gebäudeblatt zu erstellen, das detaillierte Angaben zur

A-BGF sowie zur Nutzungsart zu enthalten hat. Die bischöfliche Behörde überprüft die Gebäudeblätter und stellt durch Bescheid

fest, welche A-BGF insgesamt im Schlüsselzuweisungsverfahren anerkannt wird und zu berücksichtigen ist. Dabei ergibt sich die

Sollgröße der Gemeinbedarfsflächen einer Kirchengemeinde aus der Formel: Anzahl der Gemeindemitglieder x 100 durch 1000.

Die von der Sollgröße abweichenden Flächen werden nach einem bestimmten System mit weniger oder keinen Kirchensteuermitteln

bezuschusst.


pastoralplan pfarrei liebfrauen-überwasser münster | seite 65

Kapelle im Altenheim St. Elisabeth

7 regelmäßige Eucharistiefeiern pro Woche (5 werktags)

Kapuzinerkloster

7 regelmäßige Eucharistiefeiern pro Woche (5 werktags)

B | PFARRZENTREN

In unseren Pfarrzentren werden Räumlichkeiten mit insgesamt 992,89 m² von pfarrlichen Gruppen genutzt und

Räumlichkeiten mit insgesamt 430,40 m² stehen für Jugendarbeit zur Verfügung.

Pfarrzentrum Innenstadt 873,63 m 2 (Nutz- + Verkehrsfläche, incl. Bücherei + Wohnung)

Gemeinde Café 41,40 m²

Saal 144,00 m²

Küche 22,60 m²

Schützenbruderschaft 22,40 m²

Allgemein 230,40 m² 230,40 m²

Jugendraum 51,60 m²

Jugend (auch Schützen) 61,50 m²

Jugend insgesamt 113,10 m² 113,10 m²

Pfarrliche Gruppen 343,50 m²

Eingangsfoyer/Besucherbereich 38,70 m²

Pfarrbüro 27,60 m²

Arbeitszimmer Pastoralreferentin 14,41 m²

Arbeitszimmer Verbundleitung 30,20 m²

Arbeitszimmer Verwaltungsreferentin 21,10 m²

Diensträume/Verwaltung 105,01 m² 105,01 m²

Sonstige Nutzung

Dachgeschoss – vermietet (Schwesternkonvent) 148,60 m²

Pfarrzentrum St. Michael 636,80 m² (Nutzfläche + Verkehrsfläche)

Raum 1 (Saal) 56,60 m²

Raum 2 (Saal) 60,30 m²

Raum 3 (Saal) 56,60 m²

Raum 4 27,20 m²


seite 66 |

Küche 20,10 m²

Kellercafé (Allgemein + Jugend) 114,20 m²

Allgemein 335,00 m² 335,00 m²

Messdiener 56,50 m²

Pfadfinder 56,00 m²

Jugend 112,50 m² 112,50 m²

Pfarrliche Gruppen 447,50 m²

Sonstige Nutzung

Anbau (Dienstwohnung und Hausmeisterwohnung)

Pfarrzentrum St. Sebastian 621,97 m 2 (Nutzfläche + Verkehrsfläche)

Großer Saal 73,08 m²

Kleiner Saal 28,14 m²

Küche 14,54 m²

Deele 47,41 m²

Gruppenraum 2 63,85 m²

Meditationsraum 31,31 m²

Allgemein 258,33 m² 258,33 m²

Jugendzentrum (OT) 136,37 m² 136,37 m²

Pfarrliche Gruppen 394,70 m²

Arbeitszimmer Pastoralreferent 13,77 m²

Arbeitszimmer Sozialarbeiterin 24,47 m²

Büro Hausmeister 8,79 m²

Diensträume/Verwaltung 47,03 m² 47,03 m²

Pfarrzentrum St. Theresia 440,96 m 2 (Nutzfläche + Verkehrsfläche)

Gruppenraum I (auch genutzt Kita) 96,56 m²

Gruppenraum II 49,35 m²

Küche 23,25 m²

Allgemein 169,16 m² 169,16 m²

Jugendraum 1 36,62 m²

Jugendraum 2 21,81 m²

Küche 10,00 m²


pastoralplan pfarrei liebfrauen-überwasser münster | seite 67

Jugend 68,43 m² 68,43 m²

Pfarrliche Gruppen 237,59 m²

Pfarrbüro 25,23 m²

Arbeitszimmer Pastoralreferent 13,05 m²

Diensträume/Verwaltung 38,28 m² 38,28 m²

Sonstige Nutzung

Gruppenraum vermietet (Kindergruppe) 24,59 m²

Gruppenraum III (Personalraum Kita) 32,55 m²

57,14 m²

Beispielhafte Nutzung der Räumlichkeiten im Mai 2019

Pfarrzentrum Innenstadt

Pfarrzentrum St. Michael

Pfarrzentrum St. Sebastian

Pfarrzentrum St. Theresia

59 Veranst.

142 Veranst.

112 Veranst.

41 Veranst.

C | BÜCHEREIEN

KÖB Liebfrauen 101,62 m 2

KÖB St. Michael (Kooperation mit der Stadt MS) 216,00 m 2

KÖB St. Sebastian 191,88 m 2

D | DIENSTRÄUME

Dienstlich werden insgesamt Büroräume mit einer Fläche von 348,57 m² genutzt.

Pfarrhaus Gievenbeck 108,89 m 2

Pfarrbüro 24,51 m²

Arbeitszimmer ltd. Pfr 29,45 m²

Arbeitszimmer Pastoralreferent/in 15,59 m²

Gesprächszimmer 13,40 m²

82,95 m² 82,95 m²

Pfarrhaus Nienberge 201,13 m 2

Pfarrbüro 25,23 m²

Arbeitszimmer Pastor 27,00 m²


seite 68 |

Gesprächszimmer 15,21 m²

Kopierraum 7,86 m²

75,30 m² 75,30 m²

Pfarrzentrum Innenstadt 105,01 m 2 (Raumaufteilung s. Pfarrzentren)

Pfarrbüro

Kopierraum

Arbeitszimmer Pastoralreferent/in

Arbeitszimmer Verbundleitung

Arbeitszimmer Verwaltungsreferentin

Pfarrzentrum Nienberge 47,03 m 2 (Raumaufteilung s. Pfarrzentren)

Arbeitszimmer Pastoralreferent/in

Arbeitszimmer Sozialarbeiter/in

Arbeitszimmer Hausmeister

Pfarrzentrum St. Theresia 38,28 m 2 (Raumaufteilung s. Pfarrzentren)

Pfarrbüro 30,00 m 2

Arbeitszimmer Pastoralreferent/in

E | KINDERTAGESEINRICHTUNGEN

In unseren 6 Kitas werden 405 Kinder (nach Rahmenstruktur) in 20 Gruppen von insgesamt 86 Mitarbeitern/innen

(60 FK und EK / 5 Pia / 5 FSJ / 13 Köchinnen und HWK / 1 Hausmeister / 2 Reinigungskräfte und mehrere Reinigungsfirmen)

betreut:

G I (2-6) 4 Gruppen

G II (0-3)

G III (3-6)

3 Gruppen

13 Gruppen

KiTa St. Nikolaus (90 Kinder, 1xGI, 3xGIII,16 MitarbeiterInnen) 1.022 m 2

KiTa St. Sebastian (90 Kinder, 2xGI, 2x GIII, 16 MitarbeiterInnen) 725 m 2

KiTa St. Theresia (65 Kinder, 1xGI, 1xGIIIb, 1xGIIIc, 12 MitarbeiterInnen) 468 m 2

KiTa St. Michael I (30 Kinder, 1x GII, 1xGIII, 9 MitarbeiterInnen) 364 m 2

Städtische Gebäude

KiTa St. Michael II (55 Kinder, 1xGII, 2xGIII, 14 MitarbeiterInnen) 544 m 2

KiTa St. Michael III (75 Kinder, 1xGII, 1xGIIIb, 2xGIIIc,19 MitarbeiterInnen:) 937 m 2


F | BERUFLICH ENGAGIERTE in der Pfarrei (ca. 47 Personen)

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Seelsorgeteam (22 Personen)

1 ltd. Pfarrer, 2 Pastöre aus Rumänien und Indien (je 100%), 2 Pastöre (je 50%), 2 Kapuziner (Mitarbeit im Team), 2

Subsidiare, 1 Diakon (100%), 1 Pastoralreferent (100%), 1 Pastoralreferent (75 %), 1 Pastoralreferentin (75 %), 1 Pastoralreferentin

(20%), 2 Pastoralassistenten/innen, 1 Mitarbeiterin im pastoralen Dienst, 5 Diakone mit Zivilberuf

Verwaltung (2 Personen)

Verwaltungsreferentin (100 %), Verbundleitung (100 %)

Pfarrbüro (4 Personen)

1 Pfarrsekretärin (100 %), 3 Pfarrsekretärinnen (unterschiedliche Stundenzahlen)

Kirchenmusik (ca. 7 Personen)

1 Kirchenmusiker (100%), 1 Kirchenmusiker und Sakristan (50 %), mehrere Organisten und Chorleiter (unterschiedliche

Stundenzahlen)

Sakristan + Hausmeister (8 Personen)

1 Sakristan und Hausmeister (100%), 1 Sakristan und Hausmeister (60 %), 1 Sakristan (s. Kirchenmusik), 2 Sakristaninnen

(unterschiedliche Stundenzahlen), 1 Hausmeisterehepaar, 1 Hausmeister (Kirchen und KiTas), 1 Hausmeisterin

und Reinigungskraft (unterschiedliche Einsatzorte)

Reinigungskräfte (4 Personen)

4 Reinigungskräfte (unterschiedliche Stundenzahlen)

// Insgesamt sind in unserer Pfarrei ca. 135 Personen beruflich engagiert!


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2.4.2 Fazit/Zusammenfassung 20

• Die Infrastruktur der Pfarrei in Form von Personal, Einrichtungen und Gebäuden entspricht der eines

mittel-ständischen Unternehmens.

- ein Seelsorgeteam, bestehend aus 22 Personen

- zwei Mitarbeiterinnen in der Verwaltung, vier Mitarbeiterinnen in den Pfarrbüros, sieben Kirchenmusiker/innen,

acht Sakristane/innen und Hausmeister/innen sowie vier Reinigungskräfte

- sechs Kindertageseinrichtungen, in denen 405 Kinder in 20 Gruppen von insgesamt 86 Mitarbeitern/

innen betreut werden

- vier Pfarrzentren sowie zwei Pfarrhäuser mit integrierten Diensträumen/Büroflächen

- drei katholische öffentliche Büchereien

- vier Kirchen und zwei weitere regelmäßige Gottesdienstorte

• Insgesamt sind in der Pfarrei circa 135 Personen haupt- oder nebenberuflich engagiert.

• Die Größe und Heterogenität der Pfarrei und ihre dezentrale Pastoral- und Verwaltungsstruktur erzeugen

einen hohen Koordinations- und Steuerungsaufwand, der eine intensive Zusammenarbeit von haupt-, neben-

und ehrenamtlichen Mitarbeitern/innen sowie ein hohes Maß an selbstverantwortlichem freiwilligen

Engagement in den Gruppen, Verbänden und Einrichtungen erfordert.

2.4.3 Gruppierungen / Freiwilliges Engagement

Ein anderer wesentlicher Teil der Infrastruktur der Pfarrei besteht aus den vielfältigen Aktivitäten, die vom freiwilligen

Engagement in Gremien, Verbänden und in unterschiedlichsten Gruppen und Initiativen getragen wird.

Über die Einladung zu einem Pfarrkonvent (2015) hinaus, bei dem Gelegenheit war, sich untereinander kennen zu

lernen und von der eigenen Arbeit oder Aktivität zu berichten, sowie der Durchführung mehrerer Runder Tische

für alle Gruppierungen auf der Ebene der Gemeinden, erstellte die Steuerungsgruppe 2016 einen Fragenkatalog,

der alle Gruppen und Gruppierungen der Pfarrei einlud, die Eckdaten ihres Engagements bekannt zu machen. Die

Rückläufe wurden ausgewertet und zusammengefasst. Die Auswertungsergebnisse werden im Folgenden dokumentiert:

2.4.3.1 Auswertung der Fragebögen

Insgesamt liegen 88 ausgefüllte Fragebögen vor; dies entspricht bei 110 Adressen einer Rücklaufquote von

80 %. Sollten die nicht-kirchlichen Organisationen nicht angeschrieben worden sein, erhöht sich die Rücklaufquote

entsprechend.

Von den 88 Gruppierungen ist der überwiegende Anteil (75 Gruppierungen, 85 %) auf Gemeindeebene tätig, nur

11 Gruppierungen geben eine Tätigkeit auf Pfarreiebene an, wobei allerdings bei 6 dieser Gruppierungen (Kita

St. Theresia, Blumenschmuck St. Theresia, Bedürftigenstiftung St. Theresia, DPSG St. Michael, Interkultureller

20 Text entspricht der vom Pfarreirat beschlossenen Fassung des Lokalen Pastoralplanes.


pastoralplan pfarrei liebfrauen-überwasser münster | seite 71

Arbeitskreis Nienberge, Transpani Förderverein für Jugendhilfe in Liebfrauen-Überwasser) der Schwerpunkt der

Aktivitäten in einer Gemeinde liegen dürfte.

2 Gremien (AK Soziales / Flüchtlingshilfe, KJG Liebfrauen-Überwasser) wiesen darauf hin, dass sie über die Gemeindegrenze

hinaus auf Stadtteilebene bzw. Diözesanebene tätig sind. Dies dürfte auch für alle ökumenischen

Gruppierungen zutreffen.

In den 88 Gruppierungen beteiligen sich insgesamt 3.968 Personen, wobei einige Kirchenmitglieder in mehreren

Gruppierungen aktiv sind. Dabei kommt vor allem den Frauen mit 65 % der Aktiven (2.576 Personen) eine hohe

Bedeutung zu. Nur rund ein Drittel der Aktiven (1.392 Personen, 35 %) sind männliche Mitglieder. Ohne den Sportverein

DJK SC Nienberge läge der Anteil männlicher Mitglieder unter 25 %.

In der Altersstruktur dominieren die 41-65 jährigen Mitglieder. In 66 (75 %) der 88 Gruppierungen ist diese Altersgruppe

vertreten. Aber auch die Altersgruppe über 65 Jahre ist in 56 Gruppierungen (64 %) vertreten. Dagegen

sind Kinder und Jugendliche im Alter bis zu 20 Jahren nur in 16 Gruppierungen (18 %) aktiv. Chöre, Messdiener,

Pfadfinder und der SC Nienberge spielen hier eine bedeutende Rolle.

Die meisten Gruppierungen sind klar gegliedert. Untergruppen gibt es nur in 13 (15 %) der 87 Gruppierungen,

die hierzu eine Angabe machen. Nur 10 Gruppierungen (11 %) geben an, keine Leitungsstruktur zu haben. 1

Gruppierung (Seniorengemeinschaft Liebfrauen-Überwasser) macht zu diesen Fragen keine Angaben. Der ganz

überwiegende Teil der Gruppierungen (77 Gruppierungen, 89 %) hat eine klare Leitungsstruktur, wobei häufig

ein/e Sprecher/in (31 von 77 Gruppierungen, 40 %) Ansprechpartner/in ist. Häufig wird die Arbeit von einem Team

organisiert (29 von 77 Gruppierungen, 38 %). Nur 15 von 77 Gruppierungen mit Leitungsstruktur (19 %) haben

einen gewählten Vorstand. Von einigen Gruppierungen werden mehrere Leitungsformen (z. B. Team + Sprecher/in)

angegeben.

In ihrer Mitgliederstruktur ist die große Mehrheit (71 von 84) der Gruppierungen, die hierzu eine Angabe machen,

festgefügt (85 %). Eine eher wechselnde Mitgliederstruktur geben nur 13 der 84 Gruppierungen an. 4

Gruppierungen machen hierzu keine Angaben. Von den 88 Gruppierungen treffen sich 22 (25 %) wöchentlich

und 35 (40 %) monatlich. Bei den Gruppierungen, die seltener tagen, sind die Treffen häufig projektbezogen. Aus

den Rückmeldungen ergibt sich, dass 10 Gruppierungen (11 %) jährlich insgesamt 30 Aktionen organisieren, sich

also durchschnittlich dreimal im Jahr treffen.

Hinsichtlich der Öffentlichkeit sind die Treffen der 88 Gruppierungen etwa zur Hälfte intern (42 Gruppierungen,

48 %) und zur Hälfte offen für alle (47 Gruppierungen, 53 %), wobei Mehrfachnennungen möglich sind, z.B. wenn

ein Arbeitskreis sowohl intern tagt als auch öffentliche Veranstaltungen organisiert. Bei den Befragungen wurden

häufig keine oder nur ungenaue Angaben zur Zahl der Teilnehmer genannt. Insofern ist eine statistische Auswertung

nicht möglich. Auch bei der Zahl der Veranstaltungen sollte man die einzelnen Gruppierungen für sich

betrachten. Beispielsweise geben die „Franziskanerinnen an Überwasser“ ihre Gebetszeiten als „für alle offene“

Veranstaltungen mit ca. 450 im Jahr an.


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2.4.3.2 Ergebnisse der Befragung

Gesamtergebnis

* 3.968 engagierte Pfarreimitglieder (überwiegend Frauen)

* 10 Verbände mit 2.413 Mitgliedern = 61% aller Engagierten

* 18 Aktionskreise mit 614 Mitgliedern (2/3 Frauen) = 15% aller Engagierten (313 Veranstaltungen)

* 24 Gremien mit 399 Mitgliedern (2/3 Frauen) = 10% aller Engagierten

* 24 Gruppierungen mit 360 Mitgliedern (2/3 Frauen) = 9% aller Engagierten (151 Veranstaltungen)

* 12 Einrichtungen mit 182 Mitgliedern (90% Frauen) = 5% aller Engagierten

Einzelbeobachtungen

Gemeinsamkeiten

In allen Gemeinden der Pfarrei Liebfrauen-Überwasser (mit den Kirchorten Liebfrauen und St. Michael, St. Sebastian

und St. Theresia) gibt es:

* eine hohe Bereitschaft zu ehrenamtlichem Engagement (bei rund 7 % Gottesdienstbesuch sind etwa 18 % der

Pfarreimitglieder Mitglied einer Gruppe oder eines Verbandes),

* verbandliche Arbeit in unterschiedlicher Intensität

* die Bereitschaft zur Übernahme sozialer und weltkirchlicher Verantwortung,

* ein lebendiges kirchenmusikalisches Engagement,

* Vorbereitungsgruppen für Gottesdienste mit Familien,

* eine funktionierende Arbeit für und mit Kindern und Jugendlichen (Messdiener/innen, DPSG, KLJB, Kinderchöre,

Freizeiten, Offene Arbeit),

* an jedem Kirchort eine oder mehrere Kitas,

* die Bereitschaft zur Mitarbeit in der Erstkommunion- und Firmkatechese.

Besonderheiten

An mehreren Kirchorten:

* an drei Kirchorten eine Bücherei in kirchlicher Trägerschaft,

* in St. Theresia und ehemals St. Michael neben verbandlicher Arbeit (kfd, DPSG, Vinzenzkonferenz) vor allem

das Engagement von Gemeindemitgliedern in interessengeleiteten und projektbezogenen Gruppierungen.

In St. Sebastian Nienberge

* hat die verbandliche Arbeit eine große Bedeutung für das kirchliche und dörfliche Leben (kfd, DJK, KLJB,

Schützenbruderschaften),

* hat die Arbeit für und mit Senioren einen hohen Stellenwert,

* gibt es eine intensive ökumenische Zusammenarbeit mit der evangelischen Gemeinde.


pastoralplan pfarrei liebfrauen-überwasser münster | seite 73

2.4.3.3 Fazit 21

• Es gibt vielfältige Formen von Engagement und regelmäßigen Aktivitäten, an denen sich Mitglieder der

Pfarrei beteiligen. Im Gesamtergebnis gibt es viele Möglichkeiten einer Beteiligung am kirchlichen Leben in

unterschiedlicher Intensität.

• Im Vergleich zu den Kennzahlen der Gottesdienstbesucher (rund 7 %) gibt es eine deutlich höhere Bereitschaft

zu einem regelmäßigen ehrenamtlichen bzw. freiwilligen Engagement. Etwa 18 % der Pfarreimitglieder

beteiligten sich zum Befragungszeitpunkt regelmäßig in einer Gruppe, einem Verband oder einer

Einrichtung.

• Die Pfarrei präsentiert sich als eine vielgestaltige Einheit unterschiedlicher Gruppen und Initiativen, die ihr

kirchliches Leben in Verantwortung für die Menschen im Lebensraum kontinuierlich gestalten.

2.4.4 Gremien der Pfarrei (Pfarreirat, Gemeindeausschüsse, Kirchenvorstand)

Ein weiterer interessanter Aspekt der Beteiligung am kirchlichen Leben vor Ort ist die Wahrnehmung der Möglichkeiten

der Mitbestimmung. Während die in den Gremien Aktiven bereits bei der Abfrage der Gruppen und Gremien

miterfasst wurden, stellte sich die Frage, wie sich die Wahlbeteiligung bei den Wahlen des Pfarreirates, der

Gemeindeausschüsse und des Kirchenvorstandes darstellte. Die Wahlen zum Pfarreirat 2014 wurden aus diesem

Grund intensiv ausgewertet

2.4.4.1 Pfarreiratswahl 2014

Anzahl der Wahlberechtigten 18.441

Gesamtzahl aller Wähler/innen 1.035

Anzahl der auswärtigen Wähler/innen 10

Anzahl der Briefwähler/innen 163

Zahl der Gewählten 16

davon Frauen 11

davon Männer 5

Zahl der Kandidaten/innen 21

davon Frauen 13

davon Männer 8

Wahlbeteiligung 5,6 %

Aufgrund der vorliegenden Daten war es möglich, die Beteiligung bis auf Straßenniveau herunterzurechnen.

21 Text entspricht der vom Pfarreirat beschlossenen Fassung des Lokalen Pastoralplanes


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Schaubild 47 | Wahlbeteiligung St. Theresia 2014


Schaubild 48 | Wahlbeteiligung Gievenbeck – Alt-St. Michael 2014

pastoralplan pfarrei liebfrauen-überwasser münster | seite 75


seite 76 |

Schaubild 49 | Wahlbeteiligung Innenstadt 2014


Schaubild 50 | Wahlbeteiligung Nienberge 2014

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seite 78 |

Schaubild 51 | Wahlbeteiligung Nienberge-Häger 2014


pastoralplan pfarrei liebfrauen-überwasser münster | seite 79

2.4.4.2 Auswertung der Pfarreiratswahl 2014

• Wahlbeteiligung insgesamt: punktuell hoch – in der Fläche eher niedrig

• In den kleinen Gemeinden relativ hohe Beteiligung

• Im Innenstadtbereich sowie bestimmten Bezirken/Straßen gleich Null

• In Gievenbeck bei einem Drittel der Straßen keine Wahlbeteiligung. In Nienberge ebenfalls in einem Drittel, in

St. Theresia nur eine Straße ohne Wahlbeteiligung.

• Je kleiner die Einheit, desto eher sind Menschen motiviert, zu wählen und mitzuarbeiten?

• Die Anzahl der Gottesdienstteilnehmer/innen und Anzahl der Wahlbeteiligung für die pfarrlichen Gremien

differiert erheblich!

Gievenbeck/Überwasser 1222 zu 261

Nienberge 388 zu 383

St. Theresia 199 zu 261

(Im Kapuzinerviertel hat keiner gewählt)

2.4.4.3 Pfarreiratswahl 2017 und Kirchenvorstandswahl 2018

Bei der Wahl des Kirchenvorstandes im Jahr 2015 sank die Wahlbeteiligung auf 3 %. In Alt-Liebfrauen-Überwasser/

St. Michael beteiligten sich 349 Wahlberechtigte; in St. Sebastian: 259; in St. Theresia: 152).

Bei der folgenden Pfarreiratswahl im Jahr 2017, der ersten Wahl nach der ersten Zeit der Fusion, sank die Beteiligung

an den Pfarreiratswahlen gegenüber 2014 ebenfalls um einige Prozentpunkte.

Pfarreiratswahl 2017

Anzahl der Wahlberechtigten 18.649

Gesamtzahl aller Wähler/innen 826

Anzahl der auswärtigen Wähler/innen 11

Anzahl der Briefwähler/innen 118

Zahl der Gewählten 16

davon Frauen 9

davon Männer 7

Zahl der Kandidaten/innen 20

davon Frauen 12

davon Männer 8

Wahlbeteiligung 4,43 %


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Für die Kirchenvorstandswahlen 2018 bot das Bistum zum zweiten Mal die Möglichkeit einer allgemeinen Briefwahl

an, nachdem erste Versuche in einigen Pfarreien bei den Pfarreiratswahlen im Jahr 2017 gezeigt hatten, dass

die direkte postalische Ansprache der Wahlberechtigten zu einer erhöhten Beteiligung geführt hatten. Diese Möglichkeit

wurde in der Pfarrei Liebfrauen-Überwasser 2018 erstmalig genutzt.

Kirchenvorstandswahl 2018

Anzahl der Wahlberechtigten 16.906

Gesamtzahl aller Wähler/innen 2.398

Zahl der Gewählten 8

davon Frauen 3

davon Männer 5

Zahl der Kandidaten/innen 11

davon Frauen 4

davon Männer 7

Wahlbeteiligung 14,13 %

2.4.4.4 Fazit 22

• Die Mitwirkungsgremien der Pfarrei haben für die Katholiken in ihrer Gesamtheit eine eher marginale Bedeutung.

Die Wahlbeteiligung lag bei den letzten beiden Pfarreiratswahlen (2014: 5,6 %, 2017: 4,43 %) unter

der durchschnittlichen Gottesdienstbesucherzahl zum jeweiligen Zeitpunkt.

• Die Durchführung einer allgemeinen Briefwahl zu den Kirchenvorstandswahlen Ende 2018 hat zu einer

erheblich höheren Wahlbeteiligung von 14,13 % geführt.

2.5 Qualitative Befragungen

2.5.1 Beratungen der Gremien

Parallel zu den Beratungen und Erhebungen der Steuerungsgruppe wurden die jeweiligen Zwischenergebnisse

bei verschiedenen Gelegenheiten den Gremien in unterschiedlicher Konstellation (Pfarreirat, Gemeindeausschüsse;

Pfarreirat und Gemeindeausschüsse gemeinsam; Pfarreirat und Kirchenvorstand; Pfarrversammlungen) immer

wieder präsentiert und diskutiert. Die Ergebnisse wurden festgehalten und jeweils in die weiteren Beratungen und

22 Text entspricht der vom Pfarreirat beschlossenen Fassung des Lokalen Pastoralplanes


pastoralplan pfarrei liebfrauen-überwasser münster | seite 81

Aktivitäten einbezogen. Die Frage nach einer Beteiligung der pfarrlichen Öffentlichkeit an der Entwicklung des

lokalen Pastoralplanes der Pfarrei führte zur Idee einer Befragung der Gottesdienstbesucher, die mittels eines

selbst entwickelten Fragenkataloges in Postkartengröße an mehreren „normalen“ Sonntagen im Jahr 2016 durchgeführt

wurde. Die zusammengefassten Ergebnisse werden im Folgenden dokumentiert:

2.5.2 Gottesdienstbesucherbefragung

Aus den Rückmeldungen der Gottesdienstbesucher erfahren wir:

Wir wollen in den Gottesdiensten unseren Glauben und unser Leben einbringen und beides miteinander

teilen, wir sind bereit, uns dabei auch herausfordern zu lassen, wir machen uns auf den Weg zur Vertiefung

des Glaubens und ermöglichen in den Gottesdiensten, den eigenen Glauben und den der anderen neu zu

verstehen.

• Zu einem gelungenen Gottesdienst gehört, dass Gläubige sich im Gottesdienst auf unterschiedliche Art und

Weise wiederfinden in unserer Pfarrei: sei es durch die aktive Beteiligung als Messdiener/innen oder in einer

Messvorbereitungsgruppe, durch das aktive Mitsingen oder durch die Ansprache in den Gebeten und in der

Predigt. - So geben es persönliche Anmerkungen der Gottesdienstbesucher bei unserer Befragung wieder.

Zum Gottesdienst zu kommen heißt hier, dass der Glaube und das Leben miteinander geteilt werden. Dies wird

als Herausforderung an die eigene Person und an den persönlichen Glauben gesehen, dazu gehört auch Mut,

nämlich Neues auszuprobieren.

• Beim Mitfeiern des sonntäglichen Gottesdienstes ist den Gläubigen wichtig, die Zugewandtheit des Zelebranten

und der Gläubigen untereinander zu spüren. Wichtig ist, dass im Gottesdienst die Atmosphäre stimmt, dass

diese Atmosphäre als authentisch erlebt wird.

Die erlebte Verbundenheit nehmen sie in ihr weiteres Leben mit.

Mehr noch, soll das Leben der Menschen in den Gottesdiensten auftauchen - wir teilen den Glauben und verknüpfen

uns als Gottesdienstgemeinschaft untereinander und miteinander.

• In Liebfrauen- Überwasser ist es wichtig, dass Menschen in der Feier der Liturgie dem Glauben ihr Gesicht

geben.

• Neben den bewahrenden Anteilen in den Gottesdiensten (Angebote lateinischer Gesänge, altbekannter Lieder

und Gebete) soll der Aufbruchscharakter des Glaubens im Gottesdienst erkennbar werden (andere Zeiten,

andere Orte, andere Formen, andere Texte und Lieder).

• Thematisch werden in Zukunft Gottesdienste gewünscht, die zur Auseinandersetzung einladen und herausfordern.


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3. DAS BIBLISCHE LEITMOTIV (URTEILEN)

Der Pastoralplan für das Bistum Münster schlug die Emmaus-Erzählung (LK 24, 13-35) als biblisches Leitmotiv für

die Frage nach der Zukunft der Pastoral im Bistum Münster vor, „weil ihr damaliger Sitz im Leben viele Parallelen zu

unserer heutigen Situation aufweist.“ 23 Die Steuerungsgruppe für den lokalen Pastoralplan der Pfarrei Liebfrauen-

Überwasser entschied sich gleich zu Beginn ihrer Arbeit dafür, diesen Impuls aufzunehmen. In der Folge wurde

die geistliche Auseinandersetzung mit der Emmauserzählung zu einem roten Faden der Arbeit, der sich über die

verschiedenen Treffen des Pfarreirats und der Pfarrversammlungen hinaus bis in die Zukunftswoche niederschlug,

die ab Herbst 2018 den dritten Schritt des Pastoralplanprozesses , das Nachdenken über die konkreten pastoralen

Handlungsziele der Pfarrei, einleitete. Im Zuge der Beratungen verabschiedete der Pfarreirat den folgenden von

der Emmaus-Perikope inspirierten Text unter der Überschrift „Wir machen uns auf den Weg!“ als das biblische Leitmotiv

der Pfarrei:

„WIR MACHEN UNS AUF DEN WEG!”

Das Leitmotiv für den Pastoralplan der Pfarrei Liebfrauen-Überwasser:

Das biblische Leitmotiv für unseren lokalen Pastoralplan in der Pfarrei Liebfrauen-Überwasser ist die Emmauserzählung

aus dem Lukasevangelium (Lk 24,13-35):

Nach dem Tod Jesu am Kreuz machen sich die Jünger enttäuscht auf den Weg aus Jerusalem nach Emmaus

- eine Situation, in der wir uns wiedererkennen können. Auf ihrem Weg begegnet Jesus den Jüngern als der

auferstandene Christus. Jesus, seine Art zu denken, zu reden und zu handeln offenbart sich schrittweise in

seiner Beziehung zu den Jüngern. Er begleitet sie auf dem Weg und stärkt sie in ihrem Glauben. Im Segnen und

Brechen des Brotes am Ende des gemeinsamen Weges erkennen sie, wer sie begleitet hat. Die Erzählung stellt

uns dieses Erkennen als einen schrittweisen gemeinsamen Prozess vor, in dem aus enttäuschten Jüngern vom

Geist der Botschaft erfüllte Apostel werden.

Die Emmauserzählung zeigt, wie wir selbst und andere Menschen Gemeinschaft mit dem Auferstandenen erfahren

können. Als Kirche vor Ort machen wir uns auf den Weg, um in der Begegnung mit anderen Menschen

zu erfahren, in welche Zukunft unser Glaube uns führt. Wir verstehen diese biblische Erzählung als Orientierung

für unsere Art und Weise, „Kirche auf dem Weg“ zu sein.

Wir warten nicht tatenlos ab, bis unsere Enttäuschungen über eine ungewisse Zukunft der Kirche die

Oberhand gewinnen:

WIR machen uns auf den Weg!

23 Pastoralplan für das Bistum Münster, S. 20.


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Wir suchen die Begegnung untereinander und mit allen, die wie wir unterwegs sind. Wir teilen unsere

Erfahrungen, unsere Ängste und Befürchtungen, unsere Sorgen und Nöte ebenso wie unsere Wünsche

und Hoffnungen, unsere Träume und Visionen:

teilen unser Leben!

WIR

Wir ermutigen uns gegenseitig, unser Reden und Handeln, unsere Worte und Taten an der Botschaft Jesu

vom angebrochenen Reich Gottes zu messen und zu bezeugen, wofür unser Herz brennt:

teilen unseren Glauben!

WIR

Wir lassen uns von der Anwesenheit Gottes in allen Menschen berühren. Wir suchen das Reich Gottes im

Miteinander mit allen, denen wir begegnen. Wir lassen uns die Augen öffnen - auch in der Begegnung

mit dem, was uns fremd ist:

lernen den eigenen Glauben in der Begegnung neu zu verstehen!

WIR

Wir erkennen, indem wir gemeinsam auf dem Weg sind und unser Leben teilen, zu welchem Zeugnis

unser Glaube uns heute herausfordert:

lassen uns herausfordern!

WIR

Wir sind erschüttert durch die aktuellen Erfahrungen in und mit der verfassten Kirche. Wir stellen uns an

die Seite der Leidtragenden und setzen uns mit den Ursachen des Glaubwürdigkeitsverlusts der Kirche

aktiv auseinander:

ermutigen uns zum Handeln!

WIR

Orientiert an der Emmauserzählung verstehen wir unseren lokalen Pastoralplan als einen fortschreitenden

Prozess und als bleibende Herausforderung, unseren Weg, heute Kirche zu sein, weiterzuentwickeln.

Schon die ersten Christen wurden „Anhänger des neuen Weges“ genannt. Das überliefert uns die Apostelgeschichte

(Apg 9,2 u.a.). Die Botschaft Jesu und sein Vorbild des „Unterwegsseins“ waren für sie der „neue Weg“,

ihren Glauben zu leben. Um Gottes Liebe zu verkünden, gingen sie bis an die Ränder der damals bekannten

Welt. Die junge Kirche als Gemeinschaft der Glaubenden war eine die Menschen bewegende dynamische

Kirche des Aufbruchs.

Das 2. Vatikanische Konzil, das Papst Johannes XXIII. 1962 einberufen hat, hat das Motiv des Weges aufgegriffen.

In der bis heute richtungsweisenden pastoralen Verlautbarung des Konzils „Gaudium et spes“ sahen auch

die Konzilsväter die Zukunft der Kirche in der Rückbesinnung auf ihr ursprüngliches Selbstverständnis als „pilgerndes

Gottesvolk“, „Kirche auf dem Weg“ und „Kirche im lebendigen Wandel”. „Treue gegenüber dem Evangelium

und lebendiger Wandel“ - dieser Auftrag des 2. Vatikanischen Konzils gibt auch dem kirchlichen Leben in


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der Pfarrei Liebfrauen-Überwasser Inhalt und Ziel:

„Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Menschen von heute, besonders der Armen und Bedrängten aller

Art, sind auch Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Jünger Christi. Und es gibt nichts wahrhaft Menschliches,

das nicht in ihren Herzen seinen Widerhall fände. Ist doch ihre eigene Gemeinschaft aus Menschen gebildet,

die, in Christus geeint, vom Heiligen Geist auf ihrer Pilgerschaft zum Reich des Vaters geleitet werden und eine

Heilsbotschaft empfangen haben, die Allen auszurichten ist.“ (GS, 1)

4. HANDELN

Die Erarbeitung des lokalen Pastoralplanes ab 2014/15, vor allem die Auseinandersetzung mit dem ersten Schritt

des kritischen Sehens/Wahrnehmens der aktuellen Situation der Pfarrei und des Sozialraumes aus unterschiedlichen

Perspektiven war zum Ende der Amtszeit des direkt nach der Fusion 2014 gewählten Pfarreirates noch nicht

abgeschlossen. Die Steuerungsgruppe, die in ihrer ursprünglichen Zusammensetzung auch nach der erneuten

Wahl eines Pfarreirates im November 2017 bestehen blieb, präsentierte den neu gewählten Mitgliedern des

Pfarreirates und der Gemeindeausschüsse nicht nur den bisher erreichten Bearbeitungsstand, sondern auch einen

Vorschlag, wie größere Teile der pfarrlichen Öffentlichkeit am dritten Schritt, der Erarbeitung konkreter pastoraler

Handlungsoptionen, im Sinne des Leitmotivs „Wir machen uns gemeinsam auf den Weg!“ beteiligt werden

könnte.

4.1. Zukunftstag

Um sowohl der gelebten und erlebten Vielfalt innerhalb der Pfarrei, als auch um dem „Miteinander auf dem Weg

sein“ einen Rahmen zu bieten, konkretisierte die Steuerungsgruppe gemeinsam mit dem Pfarreirat ab Anfang

2018 zunächst die Idee eines „Zukunftstages“, um die Ziele des pastoralen Handelns der Pfarrei entlang der formulierten

biblisch motivierten Vision (Urteilen) zu beraten und festzulegen. Der Zukunftstag sollte als ein möglichst

ergebnisoffener gemeinsamer Prozess gestaltet werden, der den Pfarreimitgliedern sowohl die Aussagen des Pastoralplans

vorstellen, als auch deren Anregungen und Wünsche aufnehmen sollte. Die grundlegende Idee des Zukunftstages

basierte auf den Motiven der Emmausgeschichte, die den geistlichen roten Faden markierte. Gedacht

war zunächst an einen „Weg“ zu verschiedenen Orten in der Pfarrei, die für bestimmte Aspekte des pfarrlichen

Lebens Sinnbild sein können. „Gemeinsam den Weg gehen“ sollte auch als reales Handeln, als Bewegung erlebbar

werden. Auf diesem Weg und der Begegnung mit engagierten Gruppen, mit Einrichtungen oder Orten sollten die

programmatischen Sätze des Pastoralplans durch ein „Handlungskonzept“ ergänzt werden. In diesem Handlungskonzept

sollten zunächst grundsätzliche Aussagen zu dem jeweiligen pastoralen Feld festgehalten werden, die im

weiteren Verlauf konkrete Handlungskonsequenzen möglich machen sollten. Das Ziel war es, gemeinsam einen


Pastoralplan der Haltungen zu formulieren, keinen Maßnahmenkatalog.

4.2 Gremientag und Zukunftswoche

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Aus der Diskussion der Idee eines Zukunftstages entwickelte sich dann schnell die Planung für eine ganze Zukunftswoche.

Ein Vorbereitungspapier erläutert die geplante Vorgehensweise:

4.2.1 Erste Planungen

„Zur Entwicklung eines lokalen Pastoralplanes gehört die zentrale Frage, ob alles so bleiben soll, wie es war und ist,

oder ob und was sich verändern kann, darf oder muss, um auch in Zukunft lebendige kirchliche Gemeinschaft vor

Ort zu sein.

1. Die Zukunftswoche hat das Ziel, die hauptberuflichen und die freiwillig engagierten Mitglieder der verschiedenen

Gremien der Mitverantwortung sowie alle Interessierten jenseits der Gremien zu einer Diskussion und

Mitwirkung an den gemeinsamen Zielsetzungen der Pfarrei der nächsten Zeit einzubinden.

2. Hintergrund der Zukunftswoche sind die von der Steuerungsgruppe für den lokalen Pastoralplan formulierten

Ergebnisse der Analyse der Daten der Pfarrei sowie der Entwurf eines biblischen Leitmotivs für die zukünftige

Pastoral der Pfarrei:

3. Struktur und Inhalt der Zukunftswoche nehmen das Wegmotiv der Emmaus-Erzählung in seinen verschiedenen

Schritten als Ablauffolie.

Das bedeutet, dass sich die Aktivitäten der Zukunftswoche inhaltlich an den vier Reflexionsschritten der Emmauserzählung

orientieren:

• Das Nachdenken über die aktuelle Situation (Was sehen wir? Was suchen wir? Was habe ich/ was haben wir

verloren?)

• Die Wirklichkeit im Licht des Evangeliums sehen (Was habe ich/ was haben wir gewonnen)

• Der Hoffnung Raum geben (In welche Zukunft wollen wir gehen?)

• Sich auf den Weg machen (Was wollen wir tun?)

Der äußere Ablauf der Zukunftswoche gliedert sich in drei Phasen:

a.) Wir wollen das Wegmotiv nicht nur denkerisch, sondern ganz praktisch in die Tat umsetzen. Wir schlagen

vor, dass sich die Beteiligten / Teilnehmenden nach einem gemeinsamen liturgisch geprägten Beginn und einer

Einführung (Einstiegsphase)

b.) in die thematisch orientierten Gruppen aufteilen und sich real auf den Weg an einen Ort machen, der ein

spezifisches Thema / eine Fragestellung in besonderer Weise repräsentiert und lebendig erfahrbar sein lässt.

An diesen Orten beschäftigen sich die Gruppen entlang bestimmter Leitfragen mit den oben genannten vier

Schritten. Sie erarbeiten gemeinsam eine ihrem thematischen Bereich entsprechende pastorale Leitidee, die die

grundlegende(n) Haltung(en) beschreibt, um sich in diesem Bereich „gemeinsam auf den Weg zu machen“ (vgl.


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Leitmotiv). Sie können die aus einer solchen Haltung erwachsenen Aktivitäten beispielhaft konkretisieren, indem

sie mögliche Maßnahmen, wie diese Idee praktisch werden kann, ergänzen (Wegphase).

c.) Am Ende der Woche kommen alle Gruppen wieder an einem Ort zusammen, erzählen sich, was sie erarbeitet,

stellen kreativ dar, was sie entdeckt haben und feiern zum Abschluss gemeinsam ihren Glauben (diskursiver und

liturgischer Abschluss)“ 24

4.2.2 Planung Gremientag

Um die Vorbereitung der Zukunftswoche, die vom 4. bis 10. Oktober stattfinden sollte, thematisch möglichst

offen zu halten und die Initiative auf möglichst viele Mitglieder der pfarrlichen Gremien zu verteilen, wurden alle

Mitglieder des Pfarreirates, der Gemeindeausschüsse, des Kirchenvorstandes und des Seelsorgeteams für den 29.

September zu einem Gremientag eingeladen:

„Einladung zu einem gemeinsamen Gremientag am 29. September 2018

zur Vorbereitung der Zukunftswoche der Pfarrei vom 4. bis 10. Oktober 2018

Liebe Mitglieder in den Gremien der Pfarrei,

die Steuerungsgruppe für die Erarbeitung unseres lokalen Pastoralplanes hat in den letzten Monaten in allen

Gremien der Pfarrei über den nächsten Schritt zur Fertigstellung unseres Planes berichtet und die Idee einer Zukunftswoche

der Pfarrei vom 4. bis 10. Oktober erläutert. Das Ziel dieser Zukunftswoche ist es, möglichst viele

Mitglieder der Pfarrei an den Beratungen über die Gestaltung der Zukunft der Pfarrei aktiv zu beteiligen.

Wir sind davon überzeugt, dass konkrete Vorstellungen, wie wir in unserer großen Pfarrei bei allen Unterschieden

gemeinsam Kirche sein wollen, nur entstehen und wachsen können, wenn sich möglichst viele, die in einem der

Gremien auf den unterschiedlichen Ebenen schon jetzt Verantwortung für das Leben in der Pfarrei übernommen

haben, miteinander ins Gespräch kommen und sich in die inhaltliche Gestaltung der Zukunftswoche im

Oktober mit ihren Zukunftsideen einbringen können. Deshalb laden wir Sie herzlich ein zu einem ersten gemeinsamen

Treffen für alle Mitglieder des Kirchenvorstandes, des Pfarreirates, der Gemeindeausschüsse und des

Seelsorgeteams.“ 25

Die Moderation dieses Gremientages übernahmen Cornelia Bolle-Severin und Christoph Speicher aus dem Team

der Pastoralberatung im Bischöflichen Generalvikariat. Für den eigentlichen Prozess des Sammelns möglicher Themenstellungen

und von kleinen Teams, die sich für die Vorbereitung eines konkreten Angebotes bereit erklären

sollten, wurde die Methode des Open space gewählt.

24 Vorbereitungspapier für die Steuerungsgruppe zur Idee einer Zukunftswoche, Frühjahr 2018.

25 Einladungsschreiben zum Gremientag.


Samstag, 29. September 2018

Uhrzeit Dauer Punkt Wer

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14.00 Uhr 10 min Begrüßung

Einführung

14.10 Uhr 30 min Anwärmen und Kennenlernen

(„Spots in Movement“)

Vorstand

Donatus Beisenkötter

Cornelia Bolle-Severin

Christoph Speicher

14.30 Uhr 40 min Bibelarbeit (Joh. 21, 1 -14) in kl. Gruppen od. Bibliolog

in Großgruppe

15.15 Uhr 20 min Kaffeepause

15.45 Uhr 10 min

20 min

Open Space – Erläuterung

Themensammlung und Gruppenbildung

16.15 Uhr 45 min Gruppenphase Alle

dazwischen kurze Pause

Seelsorgeteam

Hans-Werner Dierkes

Cornelia Bolle-Severin

Christoph Speicher

17.00 Uhr 60 min Abschlussplenum (“Walking galerie“) Cornelia Bolle-Severin

Christoph Speicher

Absprachen f. d. Zukunftswoche

Reflektion

18.00 Uhr Verabschiedung

Maria Albrecht

Donatus Beisenkötter

18.15 Uhr Gottesdienstbesuch Hans-Werner Dierkes

4.3 Die Zukunftswoche

Verlaufsplanung Gremientag 29. September 2018

Das Ergebnis war die konkrete Planung der Zukunftswoche im Oktober 2018, die mit einem Flyer breit beworben

wurde, der zusammen mit den Briefwahlunterlagen zur Kirchenvorstandswahl an alle Haushalte verschickt wurde.

Zustande gekommen waren am Ende des Gremientages 11 Angebote, verteilt über die ganze Woche und an

verschiedenen Orten, um sich mit unterschiedlichen Fragestellungen einer zukünftigen Pastoral für die Pfarrei

Liebfrauen-Überwasser ins Gespräch zu begeben.

4.3.1 Auftaktgottesdienst 04.10.2018

Die Zukunftswoche begann mit einem Gottesdienst in St. Michael und endete mit einem Gottesdienst in der

Pfarrkirche Liebfrauen-Überwasser, bei dem die einzelnen Gruppen den Anwesenden ihre Ergebnisse auf großen

Plakaten präsentierten, die in der gesamten Kirche ausgehängt waren.

Die Ansprachen zu den für die Gottesdienste jeweils ausgewählten Evangelientexten, die wir dokumentieren,

eröffneten den geistlichen Rahmen, innerhalb dessen sich die Pfarrei auf den Weg macht, ihre Zukunft gemeinsam

zu gestalten:


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4.3.1.1 Ansprache zu Joh 21,1-14: Die Erscheinung Jesu am See von Tiberias

„Liebe Anwesende, liebe Schwestern und Brüder,

wir freuen uns, dass Sie heute zum Auftaktgottesdienst der Zukunftswoche unserer Pfarrei gekommen sind, und

begrüßen Sie herzlich. Ich bin Maria Albrecht, Vorsitzende des Pfarreirates und Mitglied einer Steuerungsgruppe,

die die Aufgabe übernommen hat, einen sogenannten lokalen Pastoralplan für unsere Pfarrei zu erarbeiten. Praktisch

seit der Fusion der Pfarrgemeinden St. Sebastian und St. Theresia mit den bereits vorher fusionierten Pfarrgemeinden

Liebfrauen-Überwasser und St. Michael zur neuen Pfarrei Liebfrauen-Überwasser haben wir uns mit der

Frage beschäftigt, wie wir uns unsere Pfarrei in der Zukunft vorstellen. Wie wollen und vor allem, wie können wir

hier in unserer Pfarrei Kirche sein. Wie stellen wir uns unsere Zukunft als Christinnen und Christen unter den heutigen

gesellschaftlichen Bedingungen und angesichts der allgemeinen kirchlichen Rahmenbedingungen eigentlich

vor?

Was Sie heute hier als Auftaktgottesdienst miterleben, ist ein Ergebnis und zugleich ein wichtiger Schritt auf dem

Weg zu einer Antwort auf die gestellten Fragen. So lange und so intensiv wir in den verschiedenen Gremien der

Pfarrei auch nachdenken und diskutieren, wie unsere Pfarrei, unsere Kirche vor Ort gestaltet werden soll, es bleibt

ein kleiner Ausschnitt, ein enger Blickwinkel, wenn es nicht gelingt, viele andere Menschen unserer Pfarrei an den

Diskussionen zu beteiligen, einzuladen mitzureden, mitzumischen, mitzubestimmen, wo es langgehen soll.

Aus diesem Grund haben vor etwa einem Monat Mitglieder aus dem Pfarreirat, den drei Gemeindeausschüssen,

dem Kirchenvorstand und dem Seelsorgeteam einen Tag lang nachgedacht, welche Fragen zum Christ-sein und

zum Kirche-sein ihnen selbst so auf den Nägeln brennen, dass Sie mit anderen Menschen aus der Pfarrei darüber

ins Gespräch kommen wollen, um gemeinsam zu überlegen, welche Antworten es gibt und welche vielleicht neuen

Wege gegangen werden können.

Das Ergebnis konnten Sie alle bereits im Einladungsflyer zur Zukunftswoche lesen. Genau 16.936 Wahlberechtigte

für die Wahl des Kirchenvorstands unserer Pfarrei sind Ende Oktober persönlich angeschrieben worden und

haben mit den Wahlunterlagen auch die Einladung zur Beteiligung an unseren Zukunftsüberlegungen in der

heute beginnenden Zukunftswoche erhalten. Wir sind gespannt darauf, wer sich heute und in den kommenden

Tagen angesprochen fühlt und an einem der elf Gesprächsangebote beteiligen wird. Jedes dieser Angebote ist

von einem Team Engagierter vorbereitet worden, die Ihnen gerne im Anschluss an diesen Gottesdienst zu einem

ersten Gespräch, zu genaueren Informationen zu den einzelnen Fragestellungen zur Verfügung stehen und die

sich freuen, wenn Sie auf Sie zukommen.

Ich bin Donatus Beisenkötter und Mitglied der Steuerungsgruppe, die sich die Zukunftswoche ausgedacht hat, um

Ihnen allen die Gelegenheit zu geben, die Zukunft unserer Pfarrei mitzugestalten. Als wir uns an dem von Maria

Albrecht erwähnten gemeinsamen Tag aller Gremien auf diese Zukunftswoche vorbereitet haben, haben wir bewusst

den Text des heutigen Evangeliums als biblische Inspiration genommen, weil wir glauben, dass dieser Text


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uns Hinweise geben kann, wenn wir nach Möglichkeiten suchen, wie wir eigentlich unter den aktuellen Bedingungen

noch oder auch ganz neu, ganz anders gemeinsam unseren Glauben leben wollen.

Unsere heutige kirchliche Situation ist an einem entscheidenden Punkt mit der Situation der Jünger im Evangelium

vergleichbar. Uns, wie auch die Jünger damals am See von Tiberias bewegt letztlich dieselbe Frage: Was sollen

wir tun, wenn wir Gottes Pläne (mit uns und mit der Kirche) nicht so recht erkennen?

Der Bochumer Pastoraltheologe Matthias Sellmann hat den Johannestext genau unter dieser Perspektive betrachtet

und entdeckt in seiner Auslegung interessante Parallelen und Hinweise zu unserer aktuellen kirchlichen Situation:

Menschen handeln zu einem großen Teil, so wie sie handeln, weil sie bestimmte Bilder im Kopf haben. Willst Du ein

Schiff bauen, zeige den Bauleuten das Meer, so oder ähnlich heißt es bei St. Exupery. Keine Frage: Starke, intensive

Bilder haben auf uns motivierende, mobilisierende Kraft.

Das gilt auch für Kirchenbilder. In kirchengeschichtlichen Zeiten der Neuorientierung sind es immer auch Bilder

und Visionen von Kirchlichkeit und Frömmigkeit gewesen, die die Christen erfrischt und gestärkt haben. Christinnen

und Christen haben immer wieder große Kirchenbilder hervorgebracht, die ihnen Kraft gegeben haben, sie

lebendige Wirklichkeit werden zu lassen und sich in ihnen zu bewähren.

Allerdings gibt es auch Zeiten, in denen die Visionen fehlen und selbst diejenigen in der Kirche, die Gott ganz nahe

sind, seine Pläne nicht verstehen (vgl. nur 1 Sam 3,1). Sicherlich stehen wir gegenwärtig in einer solchen Zeit. Zwar

werden wir von Rat- und Vorschlägen überflutet, wie Christsein neu und zeitgerecht zu denken und zu leben wäre

– aber insgesamt herrscht doch bei vielen das Gefühl vor, dass wir gegenwärtig sprichwörtlich im Nebel stochern.

Eines dieser Kennzeichen unserer aktuellen Christseins-Krise ist das weitgehende Fehlen von mobilisierenden

Kirchenbildern. Vielen sind die überkommenen Bilder blass und unverständlich geworden, und da nützt es auch

wenig, dass sie immer wieder als die einzig wahren Bilder verteidigt werden. In aller Kürze:

• Die Pfarrei als ‚Familie‘ zu sehen, ist angesichts der Fusionen und Neustrukturierungen nahezu

unerfahrbar geworden;

• Kirche als ‚pilgerndes Volk Gottes‘ zu sehen, ist angesichts der weiterhin unprofessionellen und

stiefmütterlichen Behandlung von Laienkompetenzen zu pathetisch geworden;

• Kirche als ‚communio‘ oder als ‚Leib Christi‘ zu sehen, ist angesichts der faktischen Milieuverengungen

derer, die sich versammeln, zu eng und zu abgrenzend geworden;

• Kirche als ‚Reich-Gottes-Bewegung‘ zu sehen, ist angesichts der Missbrauchsskandale unglaubwürdig

geworden.

Die Liste ließe sich verlängern. Alle diese Kirchenbilder tragen prinzipiell großes Potenzial in sich und jedes hat

bereits früher für Bewegung gesorgt. Aber: Gegenwärtig will kein Funke zünden. Dabei sind wir humanwissenschaftlich

gut versorgt: Religionssoziologisch, pastoralplanerisch und organisationsentwicklerisch stehen unsere

Analysen und Konzepte (die meisten jedenfalls). Aber, um es mal direkt zu sagen: Kirche ist mehr als Struktur, Organisation

und Bürokratie – so wichtig beides ist. Und Christinnen und Christen, egal ob Haupt- oder Ehren- oder gar


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nicht amtlich wollen in Bezug auf ihren Glauben nicht als Funktionäre oder Teilzeitkräfte angesprochen werden,

sondern als Leute, die zu großzügigem Einsatz für ihr Ideal bereit sind; als Getaufte, denen es darum geht, wie es

Gott geht; als Zeitgenossen, die darum wissen, was der ‚Welt‘ fehlt, wenn die Rede von Gott fehlt. So wie niemand

zu einem Flirt als Vogelscheuche daherkommt, so erzielt Kirche auch keine Mobilisierung, wenn sie ohne inneres

Bild, ohne Ideal, ohne Sprungfeder antritt.

Man könnte sagen: Gegenwärtig fehlt dem ‚Leib Christi‘ hierzulande einfach die Körperspannung. Das muss man

erst mal akzeptieren. Niemand kann ein inneres Bild vom Christsein heute einfach so basteln. Die Zukunft der

Kirche ist in ihrer Geschichte nie am grünen Tisch entstanden, sondern immer erkämpft worden – vor allem in den

Zeiten, in denen die Visionen fehlten.

Trotzdem kann man sich aber einmal umsehen und nach Modellen suchen, die immerhin darüber informieren, wie

man mit einer solchen Bilderlosigkeit umgeht. Hier bietet sich die Begegnung der Jünger mit dem auferstandenen

Christus am See von Tiberias an, die beim Evangelisten Johannes im Kapitel 21 erzählt wird. Jeder Erzählschritt

bietet einen Tipp an, wie man es bewältigt, wenn einen gerade nichts so richtig überwältigt.

Zunächst noch einmal die Ausgangssituation der Geschichte: Einige Jünger sind nach dem Tod Jesu am Kreuz beieinander;

sie gehen fischen, fangen aber die ganze Nacht nichts. Sie erkennen auch Jesus nicht, der morgens am

Ufer steht und sie auffordert, das Netz auf der anderen Seite des Bootes auszuwerfen.

Wem könnten die Parallelen dieser Ausgangssituation zu unserer Situation heute entgehen? Was den Jüngern der

Tod Jesu ist, ist uns der Verlust unserer Gesamtorientierung: Wie soll es weitergehen? Wie soll sich die Kirche in die

Zukunft hinein entwerfen? Was dem Petrus sein geliebtes Fischen ist, ist uns die Versuchung, jetzt das vertraute

Alte einfach weiter zu betreiben. Das Fischen des Petrus – immerhin der Frontmann der Jünger! – ist vergleichbar

mit dem Versuch, volkskirchliche Standards und Erwartungen einfach aufrecht zu erhalten, obwohl man damit nur

noch wenige Menschen erreicht und die Mehrheit eher befremdet. Was die Erfolglosigkeit der fische-statt menschenfischenden

Jünger ist, ist uns die Erosion der Kirchenkraft, die uns tagtäglich über Statistiken und Analysen

vorgeführt wird. Was den Jüngern das Nichterkennen Jesu am Ufer ist, ist uns das deutlich spürbare Unvermögen,

die Pläne Gottes für unsere jetzige Kirchenstunde zu verstehen; und was die Aufforderung zum Wechsel der Netzauswurfsrichtung

ist, ist uns die deutliche Erkenntnis, dass wir um größere Experimente und mutige Neuaufbrüche

nicht herumkommen werden. Immerhin muss man bedenken, dass der Rat Jesu nach Deutung mancher Kenner

seemännischer Unsinn ist: Wirft man das Netz rechts aus, muss sich die Besatzung im Boot neu organisieren; das

Netz kommt mit dem Steuerruder in Konflikt und anderes. Man hat das Netz aus guten Gründen immer links ausgeworfen.

Wenn wir die Parallelen zu unserer Situation so klar erkennen können, wäre eine biblische Geschichte keine gute

Geschichte, wenn sie nicht auch weiterhelfen würde. Mindestens drei weiterführende Lernerfahrungen können

abgerufen werden.

Zunächst ist da die Erkenntnis, dass die Jünger nach dem Schock des Verlustes Jesu an den Ursprungsort ihrer

Berufung zurückgehen. Das, was weitergeht – was immer es auch sei – soll mit dem Ort zu tun haben, an dem es


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angefangen hat. Auch wenn die Jünger dann in die oben erwähnte Falle tappen, einfach das Alte wieder aufzunehmen,

zeigt doch diese Rückkehr an den See nicht nur Resignation, sondern auch ein Urvertrauen in die eigene

Geschichte. An den Ursprungsort zurückgehen, das ist ein guter Tipp, den ich z.B. aus der Eheberatung kenne:

Wenn es in der Partnerschaft kriselt, soll man sich gemeinsam bewusstmachen, wie und wo die Liebe begann.

Analog könnte man sagen: Mobilisierende Kirchenbilder erschließen sich dem, der weiter an seine Berufung

glaubt. Für die ganze Kirche könnte das etwa heißen, die Texte des Vatikanum II und der Würzburger Synode wieder

neu und neugierig zu lesen. Denn hier wurde gestiftet, was wir heute versuchen. Für uns bedeutet es, dass wir

uns gemeinsam austauschen sollten, „wofür unser Herz brennt“.

Das zweite: Jesus ist da. Die Geschichte berichtet ja gerade von der Sensation, dass der Tod Jesu am Kreuz nicht

das letzte Wort des Bundes zwischen Gott und seinen Leuten ist. Am Morgen der umkämpften, erfolglosen Nacht

steht Jesus am Ufer – wenn auch mit einem Gesicht, das wir nicht erkennen. Mobilisierende Kirchenbilder erschließen

sich dem, der Gott unablässig und dickfellig an das große Versprechen erinnert, das er mit seinem Namen

gegeben hat: Jahwe, das ist der, der für uns da sein wird.

Und das dritte: Die Lösung ist nicht weit entfernt. Es ist ja frappierend zu hören, dass die Jünger die ganze Nacht

quasi schon auf dem Fischschwarm sitzen, wegen der zu starken Fixierung auf die überkommene Netzwurftechnik

aber nichts fangen. Analog könnte das für uns heißen, dass wir zwar viel Neues wagen sollten, dass aber die Menschen

vielleicht schon sehr nah sind, die diese neue Kirche nachfragen. Vielleicht geht es, wie in Jo 21, einfach nur

um unsere Bereitschaft, unser Boot und unser Steuerruder in einer Weise neu zu ordnen, die uns selbst überrascht.

Wie in anderen Wundergeschichten gilt ja auch hier: ‚Dein Glaube hat Dir geholfen.‘ Natürlich ist das exegetisch

etwas salopp, aber eventuell konnte Jesus den Schwarm ja auch erst unter das Boot bekommen, als er sah, dass

die Jünger das Netz tatsächlich auf der rechten Seite auswarfen.

Als sie dem verrückten und riskanten Rat Jesu nachkommen, fangen sie unerhört viel. Jetzt kommt es zu einer

interessanten Arbeitsteilung, in der wiederum eine Lernerfahrung verborgen ist. Johannes als Vertreter der charismatischen

Kirche ist es, der als erstes erkennt, wer da am Ufer steht; Petrus als Vertreter der leitenden, regierenden

Kirche ist es, der Jesus als erstes entgegenstrebt; und die übrigen Jünger machen die Arbeit, indem sie die Fische

an Land bringen.

Für Johannes ist bemerkenswert, dass auch er – gewissermaßen als der Betende, Schweigende, Charismatische

– Jesus nicht sofort identifizieren kann. Auch der Christ johanneischen Typs muss sich dem Risiko einer anderen

Netzauswurfstechnik stellen, auch er hat keinen Anspruch auf eine irgendwie unmittelbarere Einsicht in die Pläne

Gottes. Für Petrus ist bemerkenswert, dass er jetzt auf jede Eleganz verzichtet. Die Geschichte steht ja in schöner

Korrespondenz zu dem Versuch des Petrus, Jesus über dem sturmgepeitschten See entgegenzugehen (Mt 14, 22-

33). Hier ist es anders: Man hört es geradezu platschen, wie der Leitwolf der Jünger ins Wasser springt und seinem

Herrn entgegenkrault. Analog für unsere Situation könnte man folgern: Die charismatisch-fromme Kirchenfraktion,

die der Planer, Leiter und Manager sowie die der vielen ‚Normalen‘, ‚Säkularen‘, die der ‚Leute‘ wie Sie und ich,

müssen jetzt gut aufeinander achten und konsequent-partnerschaftlich zusammenarbeiten; erst in ihrem Zusam-


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menspiel bilden sie das Boot, das die neuen Fische auch nach Hause bringt. Jedenfalls der Geschichte nach wird

die ‚Kirche von morgen‘ nicht nur aus den ‚Frommen‘, nicht nur aus den ‚Machern‘ und nicht nur aus den ‚Normalen‘

gebildet, sondern auch im Neuen bleibt es bei der Anforderung, ein gutes Team aus allen Charismen zu formen.

Und ein letztes überrascht: Jesus hat bereits ein Kohlenfeuer mit Fisch und Brot parat, als die schuftenden Jünger

mit dem Netz erst anlanden. Da kaum anzunehmen ist, dass der kraulende Petrus einen Fisch mit den Zähnen

gefangen und gebracht hat, muss man wohl schlussfolgern, dass der österliche Jesus ganz gut selbst an Fische

kommt, mit denen er zeigen kann, dass er nach wie vor derselbe ist. Dies ist vielleicht die älteste und doch immer

wieder neueste Einsicht: Ganz egal, ob wir als Pfarrei gerade über uns motivierende Bilder verfügen oder nicht;

ganz egal, ob wir bereits den unbekannten Mann am Ufer als unseren Herrn erkennen oder uns noch in der Nacht

des immer erfolgloseren Kopierens alter Routinen befinden; ganz egal, ob wir graziös über Probleme hinweggehen

oder wir Jesus entgegenkraulen: Gott ist größer als seine Kirche und verlangt im letzten nur eins: dass wir

mutig auch noch die kleinsten Schritte machen, die wir als dringlich erkannt haben.

Demnach empfiehlt uns die Perikope Jo 21, 1-12 folgendes, wenn wir uns gerade schwertun, die Pläne Gottes zu

erkennen:

• Gemeinsam an den Ort der Ursprungsberufung zurückgehen;

• Gott betend unablässig daran erinnern, dass er mit seinem Namen ein Versprechen abgegeben hat,

an das er sich halten muss;

• die Bereitschaft an alle signalisieren, die sich beteiligen, dass wir neue Wege experimentell mitgehen,

so unorthodox sie auf den ersten Blick wirken mögen;

• Risiken eingehen, indem wir Altes lassen und bisher Unerprobtes machen;

• All unsere Charismen zusammenhalten, zusammenbringen und den Wert jedes Talentes für

unverzichtbar halten.

In diesem Sinne laden wir Sie alle herzlich ein, sich in der kommenden Woche mit denen, die eine Veranstaltung,

eine Gesprächsgelegenheit anbieten, gemeinsam auf den Weg zu machen.


4.3.2 Flyer Zukunftswoche 2018

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4.3.3 Abschlussgottesdienst 10.10.2018

4.3.3.1 Ansprache zu Lk 24,13-35: Die Erscheinung Jesu auf dem Weg nach Emmaus

„Liebe Mitstreiterinnen und Mitstreiter in der Zukunftswoche unserer Pfarrei, liebe Anwesende, liebe

Schwestern und Brüder,

Zum Auftakt der Zukunftswoche haben wir als Evangelium, als frohe Botschaft, die Auferstehungserzählung aus

dem 21. Kapitel des Johannesevangeliums auf unsere Situation hin ausgelegt. Zum Abschluss der Zukunftswoche

haben wir eben die Emmauserzählung gehört, auch eine Auferstehungserzählung. Beide Erzählungen schildern,

wie die Jünger mitten in ihrer Karfreitagsdepression oder besser: aus ihr heraus diese außerordentliche Erfahrung

gemacht haben, dass das Leben und Handeln Jesu nicht mit seinem Tod am Kreuz endet, sondern dass sich etwas

ereignet, was sie „Auferstehung“ nennen und was zum Ausgangspunkt einer Entwicklung wird, an deren Ende zum

Beispiel auch wir hier und heute in unserer Pfarrei stehen und nicht so recht weiterwissen.

Wie und wo und mit wem machen wir Auferstehungserfahrungen?

Was hilft uns heute und jetzt, unser individuelles und unser gemeinsames Christsein zu leben? Wie wollen und

können wir heute und morgen Kirche sein?

Das ist der Kontext, der spezifische Zusammenhang, so etwas wie die Brille, durch die Katharina Fröhle und ich

mit Ihnen die altbekannte Emmauserzählung noch einmal „vergegenwärtigen“, in unsere Gegenwart hereinholen

wollen.

Auch der Pastoralplan des Bistums Münster schlägt ja als biblische Orientierung die Emmauserzählung vor, weil

der Zielpunkt dieser Erzählung genau das ist, was wir als Ziel jeden kirchlichen Handelns in unserer Gegenwart

eigentlich ständig im Hinterkopf haben: Zwei Menschen stellen aufgrund ihrer Erlebnisse auf dem Weg nach Emmaus

fest, dass ihnen der Sinn der biblischen Botschaft und des Lebens und Handelns Jesu auf eine Art und Weise

bewusst geworden ist, dass ihnen „das Herz brannte“ und „ihnen die Augen aufgingen“, so dass sie im Brechen des

Brotes beim gemeinsamen Mahl den Auferstandenen erkennen, was sie umgehend weitererzählen müssen. Was

wir mit heutigen Worten „Evangelisierung“ nennen würden, scheint in Emmaus offensichtlich geglückt zu sein.

Insofern lohnt es sich, genauer zu untersuchen, wie es dazu kommen konnte und zu fragen, ob und wie sich das

als Blaupause für unser aktuelles Handeln eignet:

Wir können die innere Dynamik des Textes aufnehmen, indem wir die vier Schritte der Emmauserzählung durchdeklinieren

und – hoffentlich - „pragmatisch äquivalent“ in unsere Situation übertragen. Wir tun das jetzt in verteilten

Perspektiven. Zunächst fragen wir, was der Text eigentlich erzählt. Dann machen wir uns jeweils auf die Suche

danach, welche Handlungsstrategien für unsere Fragen die Erzählung bereit hält.

Erster Schritt der Erzählung

Die Protagonisten der Emmauserzählung sind die zwei enttäuschten Jünger, die nach allem, was sich in Jerusalem

ereignet hat, bloß weg wollen, Abstand brauchen, um ihre ambivalenten Gefühle und Gedanken in den

Griff zu bekommen. Fast die Hälfte der Erzählung dreht sich um ihre Verwirrung und Desillusionierung durch die

widersprüchlichen Ereignisse rund um die Hinrichtung Jesu durch die römisch-jüdische Führungselite. Man kann


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es quasi vor sich sehen, wie die beiden sich gegenseitig „runterziehen“ und in ihrer Enttäuschung bestärken. Wie

auch immer: Die Jünger befinden sich jedenfalls in einem intensiven Austausch ihrer bedrückenden Erlebnisse, als

sich Jesus zu ihnen gesellt und sie auf ihrem Weg begleitet.

Was tut Jesus? Was tut er als erstes? Er kommt zu ihnen, er geht ihren Weg mit, als wäre es sein eigener Weg und

er hört zu. Er ist aufmerksam für die Gedanken und Gefühle der beiden Jünger, er mischt sich ein, er fragt nach,

mehrfach sogar, bis die beiden ihre ganze Trauer, enttäuschten Hoffnungen und unverarbeiteten Erlebnisse nach

Jesu Tod zur Sprache gebracht haben.

Erster Erzählschritt: Mitpilgern und die Fragen und Frustrationen hören und erstmal verstehen.

Was kann dieser erste Schritt für uns bedeuten?

Es fällt uns vermutlich ziemlich leicht, uns mit den beiden Jüngern zu identifizieren mit unserer Trauer und Enttäuschung

über das Ende der Volkskirche, die Pfarrfamilie als Auslaufmodell, die Unsicherheiten über mögliche neue

Wege, die eigene Überforderung. Wir sind geneigt, uns wie die Jünger gegenseitig in unserem Frust zu bestärken.

- Keine Frage, wir selbst brauchen Abstand zum Bisherigen, Distanz zum Gewohnten, um die Situation besser beurteilen

zu können. Zunächst müssen wir unsere Fragen und Frustrationen zulassen, aussprechen und miteinander

teilen, um in der Enttäuschung wiederzufinden, welche Hoffnungen und welche Freude uns angetrieben haben

muss, wenn die Trauer jetzt so groß ist. Das ist notwendig, um die Chancen neuer Situationen und Gelegenheiten

am Wegrand überhaupt wahrnehmen und sich mit Neugierde auch auf bisher Fremdes einlassen zu können. Dann

können wir zu Entdeckern werden und uns wie Jesus fragend auf das Verstehenwollen konzentrieren. Die erste

Handlungsanweisung heißt dann: Entdecken – Mit Fragen auf dem Weg sein

Zweiter Schritt der Erzählung

Erst im zweiten Schritt der Erzählung beteiligt sich Jesus selbst aktiv am Gespräch. Was er dann macht, würde man

im psychotherapeutischen Kontext als „Reframing“ bezeichnen. Jesus stellt das, was die Jünger erlebt und erzählt

haben, das, was er davon verstanden hat, in einen anderen, in einen heilsgeschichtlichen Rahmen. Er engagiert

sich mit Leidenschaft, weil er den Jüngern nahebringen will, ihre Erlebnisse anders als bisher „zu begreifen“. Er

nimmt sich reichlich Zeit, den Jüngern sein Verständnis „der gesamten Schrift“ anzubieten, als eine Möglichkeit,

das Erlebte ganz anders als sie zu verstehen. Er deutet den Tod am Kreuz als konsequentes Ende und als Zusammenfassung

des Lebens Jesu („Musste er nicht…“) 26 , als Höhepunkt, der Jesus zum Christus werden lässt. 26

Der Text erzählt an dieser Stelle nicht, ob die Jünger diese „alternative Faktendeutung“ aus dem Mund des fremden

Begleiters akzeptieren oder nicht. Die Worte und Erklärungen führen an dieser Stelle noch nicht dazu, die Frustrationsposition

aufzugeben. Statt dessen schildert der Text, dass die intensive Deutungskontroverse Beziehung

gestiftet hat. Das zeigt sich, als alle drei am Abend in Emmaus ankommen. Die Jünger laden ihren Begleiter ein, zu

bleiben und den Abend gemeinsam zu verbringen. Jesus bleibt und teilt mit den beiden eben nicht nur seine Gedanken

und Deutungen wie auf dem Weg, er teilt mit ihnen auch das ganz normale Leben. Er spricht den Lobpreis,

bricht das Brot und verteilt es. Hier schimmert zwar das eucharistische Geschehen durch, aber was Jesus tut, ist

26 Werner Löser SJ u.a. sprechen in ihren christologischen Ansätzen vom Kreuz als „Integral“ der Praxis Jesu.


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zunächst einmal wirklich nichts anderes, als das, was jeder jüdische Hausvater tut, also das ganz normale Leben.

Zweiter Schritt: Glauben und Leben teilen.

Der zweite Schritt erfordert von uns zunächst einmal eine geistliche Selbstreflexion. Bevor wir irgendwem irgendetwas

verkünden oder predigen, müssen wir erforschen, ob es uns selbst gelingt, unseren Frust, unsere Enttäuschung,

unsere Verbitterung und unseren Glauben an das verheißene Reich Gottes mit existentieller Relevanz in

Beziehung zu setzen. Wo und wie berührt unsere aktuelle Situation unsere tiefsten Überzeugungen und verändert

das unsere Wahrnehmung? Gelingt uns selbst das „Reframing“ unserer Erfahrungen? Wir könnten uns etwa fragen,

warum, „um Gottes willen“ möchte man schon fast sagen, die versprochene Treue Gottes zu seinem pilgernden

Volk, ausgerechnet bei uns oder ausgerechnet etwa 2018 ihr Verfallsdatum erreicht haben sollte?

Gerade wenn wir es uns auf der negativen Seite bequem zu machen drohen, stellt sich doch die Frage, ob wir wirklich

glauben, was wir den Worten nach ständig hören und floskelhaft wiederholen. Was aber passiert, wenn wir mit

den Worthülsen unseres Glaubensbekenntnisses innerlich ernst machen?

Erst wenn wir uns selbst „geistlich“ einlassen, agieren wir authentisch und glaubwürdig. Vielleicht haben wir anderen

Menschen etwas von unserer Hoffnung und unserer Freude an einem erlösten Leben anzubieten. Vielleicht

entdecken wir aber auch demütig, dass Gott bei diesen Menschen schon längst vor uns am Werke ist und wir dem,

was dort lebt, letztlich nichts Substantielles hinzufügen können oder müssen. Vielleicht sind wir selbst es, die herausgefordert

sind, unser Leben mit ihnen zu teilen, um von ihnen zu lernen, wie das Evangelium heute Wirklichkeit

werden kann.

Zweiter Schritt: geistliches „Reframing“: Ergründen / Erforschen / Erkennen – Unsere Existenz und das Evangelium

kreativ konfrontieren.

Dritter Schritt der Erzählung

Die Jünger be-greifen! Sie erkennen Jesus, den sie zu Beginn der Geschichte noch als gestorben und begraben

erinnerten, als präsent in ihrer Mitte, zugleich aber als abwesend, denn genau in dem Moment, als ihnen die Augen

aufgehen, sehen sie ihn nicht mehr, ist er verschwunden. - Was ist mit Jesus? In dem Moment des Erkennens

konstituiert sich eine andere Präsenz Jesu. Er ist nicht mehr physisch anwesend. - Muss er auch nicht, denn die

Jünger haben verstanden, dass ihre Enttäuschung und ihre Trauer nicht das Ende ihrer Hoffnungen auf ein besseres,

ein „erlöstes“ Leben sein müssen. Ihr neues Verständnis der biblischen Verheißungen und des Lebens und des

Todes Jesu lässt ihr Herz trotz seiner „Abwesenheit“ brennen. Jetzt haben sie es selbst in der Hand. Dem eigenen

brennenden Herzen folgen oder im Frust stecken bleiben. Die Jünger in Emmaus entscheiden sich gegen den

Frust. Von dieser Stelle der Erzählung an geht alle Aktivität auf die Jünger über. Ihr Erkennen bringt sie sogleich auf

Trapp und in eigene Bewegung. „Noch in derselben Stunde“ brechen sie auf, zurück nach Jerusalem, erfüllt von

ihrer eigenen „erwanderten“ Botschaft. Sie folgen ihrer Mission, den anderen Jüngern zu erzählen, was sie in der

Begegnung erlebt haben: Auferstehung!

Der dritte Schritt ist entscheidend, weil wir unterscheiden müssen. Sind wir zum Beispiel bereit zu erkennen und

zu akzeptieren, dass es nicht darauf ankommt, dass andere Menschen unserer Vision / Mission folgen, sondern

ihrem eigenen „brennenden Herzen“, ihrer eigenen Sendung? Und sind wir bereit und in der Lage, sie darin zu


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unterstützen? Wie können wir sie ermutigen, ermächtigen, befähigen, das Wirklichkeit werden zu lassen, was sie

im Innersten bewegt? Ist das nicht das Ziel pastoralen Handelns? Die Frage lautet dann: Sind wir dazu bereit zu akzeptieren

und können wir etwas dazu beitragen, dass die Menschen, denen wir begegnen nicht unsere, sondern

ihre Vision eines gelingenden Lebens als Mission, ihre Talente als Charismen, ihre innerste Motivation, ihr brennendes

Herz als Glauben und ihre Hoffnung auf Erfolg als Widerschein des verheißenen Reiches Gottes verstehen?

Anders formuliert: Können wir als pastoral Verantwortliche oder Engagierte – wie es so oft heißt – wirklich „den

Glauben vermitteln“? Kleben wir mit einer solchen Haltung nicht viel zu sehr daran, dass wir doch schon immer

das Netz auf der linken Seite – sie erinnern sich! – ausgeworfen haben? Was genau haben wir denn anzubieten,

einzubringen, damit Gemeinschaft um der Vision eines besseren, eines erlösten Lebens willen gelingen kann,

wenn wir uns selbst nicht so recht entscheiden können, unsere eigene Wirklichkeit als „Erlöste“ wahrzunehmen,

von den eigenen Täuschungen und Enttäuschungen befreit zu leben und zu handeln?

Dritter Schritt pastoralen Handelns: Ermutigen, ermöglichen und ermächtigen: mit brennendem Herzen

der eigenen Mission zu folgen.

Vierter Schritt der Erzählung

Der vierte und letzte Erzählschritt ist schnell erzählt: Nicht nur die zwei Emmaus-Jünger haben Jesus als den Auferstandenen

erkannt, den Sinn des Lebens und Sterbens Jesu vor dem Hintergrund des in der gesamten Überlieferung

verheißenen Reiches Gottes verstanden. Anderen ist es ähnlich ergangen. Die versammelten Jünger tauschen

ihre Erlebnisse aus. Die Auferstehungserfahrung hat sich wiederholt, das begründet die Gemeinschaft und

ihr gemeinsames Bekenntnis: „Der Herr ist wirklich auferstanden!“ Daraus wächst und lebt Kirche.

Der vierte Schritt für uns: Die Auferstehungserfahrung wiederholt sich immer wieder, wenn wir es zulassen.

Die Auseinandersetzung um gemeinsame Vorstellungen und Ziele stiftet Beziehung über die konkrete Situation

hinaus. Wenn wir Teil dieser Auseinandersetzung und der Umsetzung sind, als Mitwirkende, als Begleiter oder als

Kooperationspartner kann mehr Beziehung, stetiger Austausch und Vernetzung für neue Ziele wachsen. Der vierte

Schritt lautet: Entwickeln - das Leben und den Glauben miteinander teilen

Wie können wir pastoral handeln in einer Kirche auf dem Weg? Die vier Schritte dieser Erzählung bilden so

etwas wie ein Emmaus-Prinzip: Vier Verben, die mit einem „E“ beginnen:

Entdecken, (geistlich) erkennen, ermöglichen und entwickeln.

In einer Pfarrei auf dem Weg, die ihr Handeln entlang der Emmauserzählung versteht, geht niemand einfach

vorweg, sondern pilgert mit, reiht sich selbst auch als Leitung, als Pastoralprofi, als engagierter Freiwilliger oder als

Mitwanderer ein in das pilgernde Volk Gottes, stellt Fragen, versucht zu verstehen und Neues zu entdecken, bietet

das eigene Verstehen an, ohne es normativ überzustülpen, ermutigt und ermöglicht, dass sich Kirche kontextuell

unterschiedlich, lebensnah und durch die Motivation und Kompetenz der beteiligten Menschen selbst lebendig

bildet, gespeist von dem, „wofür die Herzen brennen.“ Dann klappt das auch mit dem Netz auf der rechten Seite

des Bootes!“


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4.3.4 Weiterarbeit in den Gremien

Die Angebote der Zukunftswoche fanden erwartungsgemäß bei einer unterschiedlichen Menge von Pfarreimitgliedern

Anklang. Alle Angebote fanden statt. Zum Teil nahmen überraschend viele Pfarreimitglieder oder andere

Interessierte an den Diskussionen und Aktionen teil. Insgesamt ist es durch die Zukunftswoche gelungen, mehr als

die Mitglieder der Gremien an den Beratungen zu beteiligen.

Im Nachgang zur Zukunftswoche hatte jede Vorbereitungsgruppe die Aufgabe, die Ergebnisse noch einmal schriftlich

als Vorlage für die weiteren Beratungen des Pfarreirates zusammenzufassen.

4.4. Die Leitsätze

Der Pfarreirat und die Gemeindeausschüsse berieten die Ergebnisse der Zukunftswoche in mehreren Phasen und

verabschiedeten schließlich am 5. September 2018 den Teil 3 – Handeln (Leitsätze) des Lokalen Pastoralplans

der Pfarrei Liebfrauen-Überwasser:


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QUELLEN

Programm e-mip (Meldewesen im Pfarramt) – in Verantwortung des Rechenzentrums Mainz | www.e-mip.de/

schnellstart.html

Bischöfliches Generalvikariat Münster, Fachstelle Kirchliches Meldewesen und Territoriale Ordnung Bistum Münster

| www.bistum-muenster.de/startseite_das_bistum/bistumsverwaltung/hauptabteilung_zentrale_aufgaben/fachstelle_kirchliches_meldewesen_und_territoriale_ordnung/

Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz, Katholische Kirche in Deutschland. Zahlen und Fakten 2014/15, Arbeitshilfen

275; Zahlen und Fakten 2015/16, Arbeitshilfe 287; Zahlen und Fakten 2016/17, Arbeitshilfe 294: Zahlen

und Fakten 2017/18, Arbeitshilfe 299; Zahlen und Fakten 2018/19, Arbeitshilfe 306 | www.dbk.de

Homepage der Stadt Münster | www.stadt-muenster.de/stadtentwicklung/zahlen-daten-fakten.html

Bischöfliches Generalvikariat Münster, Pastoralplan für das Bistum Münster, 2013 | www.pastoralplan-bistum-muenster.de/startseite/

IMPRESSUM

Herausgeber

Katholische Pfarrei Liebfrauen-Überwasser

Erscheinungsdatum August 2020

Konzeption

Steuerungsgruppe Lokaler Pastoralplan

Redaktion

Donatus Beisenkötter

Grafische Gestaltung

Mareike Babel

Druck

Saxoprint

Auflage

200 Stück

Bezug

Pfarrbüros der Pfarrei Liebfrauen-Überwasser

Diese Dokumentation sowie die zugehörige Broschüre und das Leporello zum Pastoralplan stehen auch auf

unserer Website www.liebfrauen-ueberwasser.de zur Einsicht bzw. zum Download bereit.




katholische pfarrei

liebfrauen-überwasser münster

www.liebfrauen-ueberwasser.de

PFARRBÜRO INNENSTADT | LIEBFRAUEN-ÜBERWASSER

48143 Münster | Katthagen 2 | 0251/ 3842206-0 | pfarrbuero_innenstadt@liebfrauen-muenster.de

PFARRBÜRO GIEVENBECK | ST. MICHAEL

48149 Münster | Enschedeweg 2 | 0251/ 86 54 0 | pfarrbuero_gievenbeck@liebfrauen-muenster.de

PFARRBÜRO NIENBERGE | ST. SEBASTIAN

48161 Münster | Sebastianstraße 5c | 02533/ 93 15 0 | stsebastian-nienberge@bistum-muenster.de

PFARRBÜRO SENTRUP | ST. THERESIA

48149 Münster | Waldeyerstr. 58 | 0251/ 81 17 7 | sttheresia-muenster@bistum-muenster.de

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