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Mit Herz und Pfote - Achtung für Tiere

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Andreas Grabolle: „Kein Fleisch macht glücklich“<br />

Rezension - mit autobiografischen Zügen<br />

Als Tierärztin <strong>und</strong> seit knapp 40 Jahren im Tierschutz unterwegs, sollten mir die unangenehmen Fakten vieler Tiernutzungen<br />

bekannt sein. „Kein Fleisch macht glücklich“ kam deshalb gerade recht, um mir alles wieder einmal vor<br />

Augen zu führen. Andreas Grabolles Buch enthält eine Fülle von Einzelheiten darüber, was Fleisch-, Milch- <strong>und</strong><br />

Eiproduktion <strong>für</strong> die betroffenen <strong>Tiere</strong> bedeuten. Dass <strong>Tiere</strong> unbetäubt am Fleischerhaken zu hängen kommen, machen<br />

wir uns selten bewusst, auch nicht, dass Fische qualvoll ersticken, kranke <strong>Tiere</strong> lebendig angefressen oder<br />

langsam zerdrückt, Hummer lebend gekocht <strong>und</strong> kleine Hähne lebend geschreddert werden. Auch die überaus<br />

grausame Trennung von Mutter <strong>und</strong> Kind <strong>für</strong> die Milchproduktion mag <strong>für</strong> manche Menschen<br />

unglaublich klingen.<br />

Niemand muss sich das freudlose, qualvolle Leben <strong>und</strong> Sterben vieler w<strong>und</strong>erbarer <strong>und</strong><br />

liebenswerter Tierpersönlichkeiten täglich zu Gemüte führen, um sich <strong>für</strong> diese <strong>Tiere</strong> engagieren<br />

zu können. Ich engagiere mich lieber, als mich mit grausamen Bildern zu lähmen.<br />

Allerdings ist es nützlich, bei Bedarf Fakten aus dem Ärmel schütteln zu können,<br />

<strong>und</strong> diese liefert Grabolle zuhauf.<br />

Der Autor hat viele Einzelheiten zusammen getragen, allerdings fehlen mir die Belege.<br />

Wer mit dem System der Tierausbeutung nicht beruflich vertraut ist, wird Behauptungen<br />

überprüfen wollen. Das Ziel eines solchen Werks kann ja nicht sein, dass diejenigen,<br />

die sich schon <strong>für</strong> <strong>Tiere</strong> engagieren, applaudieren. Ist es nicht viel wichtiger, die <strong>Achtung</strong><br />

vor <strong>Tiere</strong>n in die Breite zu tragen, zu Menschen, die immer noch glauben, dass die <strong>Tiere</strong> weniger intensiv<br />

empfinden als wir, <strong>und</strong> dass Tierschutzgesetz <strong>und</strong> Behörden <strong>Tiere</strong> schützen? Auch ich hätte viele Dinge gerne<br />

im Original nachgelesen. Fußnoten machen einen Text schwerer lesbar. Trotzdem sind Belege <strong>für</strong> Tatsachenbehauptungen<br />

zwingend, wo man mächtige Traditionen <strong>und</strong> Institutionen hinterfragen will.<br />

Amüsant sind die zahlreichen Episoden aus Grabolles persönlicher Entwicklung <strong>und</strong> die Einlassungen seiner Gesprächspartner,<br />

welche teilweise sehr fantasievolle wie vertraute Erklärungen da<strong>für</strong> liefern, warum wir unsere empfindungsfähigen<br />

Tier-Fre<strong>und</strong>e letztlich dann doch „zum Fressen gern haben“.<br />

Grabolle hinterfragt viele Dinge im Umgang mit <strong>Tiere</strong>n, die noch weithin als selbstverständlich gelten. Er führt mit logischem<br />

Menschenverstand gängige Ansichten ab absurdum. Bei all dem erkennt der Leser sich selbst wieder. So war<br />

es auch <strong>für</strong> mich ein Blick in den Spiegel, da ich bis zu meinem 17. Lebensjahr nachmittags auf dem Bauernhof meines<br />

Onkels mit niedlichen Kälbchen <strong>und</strong> Schweinchen kuschelte <strong>und</strong> nicht stutzte, wenn abends die sterblichen Überreste<br />

der Geschwister dieser liebenswürdigen Wesen zum Essen serviert wurden.<br />

Angesichts vieler kritischer Überlegungen überrascht, dass eine <strong>Tiere</strong> abwertende Wortwahl bisweilen übernommen<br />

wird. So finden wir z.B. das Schimpfwort „Klimaschweine“. Und die Bezeichnung „Raubtiere“ <strong>für</strong> Löwen möchte ich als<br />

menschliche Wertung infrage stellen <strong>und</strong> würde stattdessen „Großkatzen“ wählen. Der Begriff „Schlachttiere“ suggeriert,<br />

dass die so Bezeichneten natur- oder gottgewollt diese Bestimmung haben. Dabei sind es doch wir Menschen,<br />

die in selbstherrlicher Weise bestimmten <strong>Tiere</strong>n ein ureigenes, sie selbst erfüllendes Leben absprechen <strong>und</strong> so tun,<br />

als sei es richtig, sie zu Fleisch, Milch oder Eier „spendenden“ Produktionsmaschinen zu degradieren.<br />

Niemand kann bislang komplett tierleidfrei leben. Doch haben wir die Wahl, uns in mehr oder weniger Tierleid zu<br />

verstricken <strong>und</strong> mehr oder weniger gegen Tierleid zu unternehmen. Das macht Grabolle deutlich, aber auch dass<br />

Menschen nur aus eigener Einsicht <strong>und</strong> Überzeugung heraus ihre Sicht auf ihre tierlichen <strong>Mit</strong>lebewesen verändern.<br />

Hilfreich ist dabei, wenn man Artgenossen um sich herum hat, die ebenfalls einen fairen Umgang mit diesen <strong>Mit</strong>lebewesen<br />

anstreben.<br />

Beim Auspacken von „Kein Fleisch macht glücklich“ hatte mich zunächst Verzweiflung überfallen. R<strong>und</strong> 400 Seiten -<br />

wieder so ein Schmöker, bei dem ich nach spätestens einem Drittel aufgeben würde. Doch die Seiten sind sparsam<br />

bedruckt <strong>und</strong> schnell zu lesen. Auch nach einem anstrengenden Tag schafft man schnell 20 - 30 Seiten, was zum<br />

Weiterlesen anspornt! Leserfre<strong>und</strong>lich ist auch der Stil: flüssig <strong>und</strong> unterhaltsam, humorvoll <strong>und</strong> selbstironisch. Die<br />

Kapitel sind in kurze Untereinheiten gegliedert, die man jede <strong>für</strong> sich lesen kann, ohne alles, was vorher kam, verinnerlicht<br />

haben zu müssen. Ein lesenswertes Buch, egal was individuell <strong>für</strong> jeden <strong>Achtung</strong> <strong>für</strong> <strong>Tiere</strong> aktuell bedeutet.<br />

<strong>Mit</strong> 8,99 Euro ist es seinen Preis wert.<br />

Astrid Reinke<br />

♥ &<br />

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