371 Stadtmagazin Oktober 2020
Stadtmagazin Chemnitz Oktober 2020, Chemnitz NEWS
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Anziehend: Magdeburgs Bid Book
sich selbst auch nicht so richtig mag, aber für
eine Sache brennen kann, wenn man sie einmal
aus der Reserve lockt. Eine Stadt der Wissenschaft,
die sportverrückt ist, viel Platz und viel
Moderne hat, zufällig Ossi ist und wie Chemnitz
die Erfahrungen der Ostdeutschen mit den
Erfahrungen der Geflüchteten vergleicht. Kurz:
Die Magdeburger Bewerbung sagt alles, was
die Chemnitzer auch sagt, nur das generische
Attraction-Motto macht das Narrativ noch etwas
schwammiger.
Text: Johanna Eisner
Weil ohne Vergangenheit keine Zukunft und so.
Wortspiel-Motto dazu: Past Forward.
Dafür wollen sie eine Zeitmaschine bauen, wörtlich
mit den Technologien des 21. Jahrhunderts
Vergangenheit erlebbar machen. KI, 3-D, Oh
jemine. Einige dieser Zeitmaschinen-Ideen lesen
sich aber echt megaspannend. Ausgehend von
Riefenstahls Parteitagsfilmen soll nach der Ästhetik
des Grauens in der modernen Kunst gesucht
werden. Jonathan Meese macht was, Elfriede
Jelinek schreibt was. Im Kern wollen sie aber
ihre angestaubte touristische Infrastruktur aufpolieren
und um einige Highlights erweitern.
Quasi ein Konjunkturprogramm. Boah, wenn
das die Jury herausfindet, ist es vorbei mit den
Titelträumen.
Inhaltlich funkelt das nicht so sehr, finanziell
blinken einem aber stolze 102 Bayern-Millionen
an. Das ist das mit Abstand höchste Festivalbudget
unter den fünf Bewerberstädten. Das
wirkt ziemlich aufgepimpt, aber die Frage bleibt
natürlich: Flunkern die Franken oder ist diese
dreistellige Millionensumme nicht sogar die realistischste
Summe?
Am Ende wirkt dieses Buch gemacht für Touristen
und Touristinnen aus aller Welt. Alles wirkt
ein wenig so, als hätte sich es sich ein emsiger
Touristisch
Nürnberg ist eine sehr schöne, sehr alte und sehr
bratwurstige Stadt. Dazu hat Nürnberg einen weltberühmten
Weihnachtsmarkt, eine Burg, Albrecht
Dürer und jedes Jahr jede Menge Touristen. Die
ganze Welt kennt Nürnberg – was aber keiner
bisher wusste: Nürnberg fühlt sich schlecht, so
als hätte es zu viele alte Bratwürste gegessen.
Nürnberg leidet aber an einer Überdosis Vergangenheit.
Dürer, Lebkuchen, Leni Riefenstahl,
irgendwelche alte Globen, Reichsparteitag – dass
alles zieht die Nürnberger mega runter. Aber jetzt
soll damit Schluß damit. Aus der Vergangenheit
soll eine helle europäische Zukunft entstehen.
Das Nürnberger Bid Book
(Foto: Olivia Barth-Jurca)
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