kinder am nachmittag - Lernwerkstatt Brigittenau
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Der Newsletter der Integrativen <strong>Lernwerkstatt</strong> <strong>Brigittenau</strong> Nr. 7 - Mai 2008<br />
möchten, schreiben Sie auch einen<br />
Beitrag für den TiLL.<br />
Josef Reichmayr<br />
Die große Geschichte vom kleinen<br />
Christoph und dem Notfallausweis<br />
Es ist Mittwoch nach den Osterferien<br />
2007.<br />
Für Christoph, einen kleinen Buben der<br />
Grundstufe 1 mit Down-Syndrom, der<br />
erste Schultag nach fast 3 schulfreien<br />
Wochen. Denn Christoph hatte in der<br />
Woche vor Ostern die Feuchtblattern<br />
bekommen.<br />
Dieser Mittwoch fing schon in der Früh<br />
d<strong>am</strong>it an, dass Christoph eigentlich nach<br />
so langer Zeit keine große Lust hatte in<br />
die Schule zu gehen und somit waren<br />
das Aufstehen, Anziehen und der<br />
Schulweg schon ziemlich mühs<strong>am</strong>.<br />
In der Schule ging es dann ebenso<br />
mühs<strong>am</strong> weiter beim Ausziehen. Und<br />
wieder einmal musste ich Christoph<br />
förmlich in seine St<strong>am</strong>mgruppe hinein<br />
schieben, denn von allein wollte er<br />
einfach nicht. Immer wieder nach<br />
Ferienzeiten war und ist es für Christoph<br />
eine Umstellung und Überwindung -<br />
heuer ist es übrigens schon leichter, da<br />
er schon das zweite Jahr an der ILB ist.<br />
Im Büro teilte ich Christophs Papa mit,<br />
dass wir ihn heute unbedingt vor 14 Uhr<br />
abholen müssen, da Ausflugstag ist, und<br />
es für Christoph heute sicher besser<br />
wäre, nicht allzulange in der Schule zu<br />
sein.<br />
Auch für meinen Gatten und mich war es<br />
der erste Tag nach 5 Urlaubstagen und<br />
daher gab es wahnsinnig viel zu tun. Ich<br />
telefonierte gerade mit meinem<br />
Steuerberater als mein Handy läutete<br />
und unsere zuständige NAM-<br />
Lernbegleiterin mich anrief. Im ersten<br />
Moment dachte ich nur, ach du Schreck,<br />
es ist ja gleich 14 Uhr und ich wollte<br />
Christoph doch vor 14 Uhr abholen.<br />
Ich wollte mich schon bei ihr dafür<br />
entschuldigen als sie mich fragte, ob ich<br />
oder jemand von der F<strong>am</strong>ilie Christoph<br />
schon abgeholt hätte. Im ersten Moment<br />
war ich sprachlos und sagte zu ihr nur -<br />
ich bin noch im Büro und telefoniere<br />
gerade und rufe dich gleich zurück - und<br />
legte auf. Ich beendete das Telefonat mit<br />
einem unguten Gefühl im Bauch, obwohl<br />
ich eigentlich noch nicht wusste, was<br />
passiert war.<br />
Dann erklärte mir die Lernbegleiterin <strong>am</strong><br />
Telefon, dass Christoph verschwunden<br />
sei. Sie hätten bereits das ges<strong>am</strong>te<br />
Schulhaus abgesucht, nachdem er es ja<br />
manchmal für sehr lustig empfand sich in<br />
WC’s, im Klassenraum oder in der<br />
Garderobe in Kasterln zu verstecken.<br />
Aber nachdem sie gemerkt hätte, dass<br />
sowohl seine Jacke als auch seine<br />
Schuhe und seine Schultasche<br />
verschwunden sind, dachte sie, er wäre<br />
von uns bereits abgeholt worden.<br />
Ungewöhnlich war jedoch, dass<br />
Christoph sich bis zu diesem Tag noch<br />
kein einziges Mal die Schuhe bzw. Jacke<br />
alleine angezogen hatte! Er wartete<br />
immer geduldig in der Garderobe bis ihm<br />
jemand die Schuhe anzog. An diesem<br />
Tag konnte er das offenbar alles ganz<br />
alleine.<br />
Die nachfolgenden Sekunden waren für<br />
mich die schlimmsten meines bisherigen<br />
Lebens. Ich verständigte sofort meinen<br />
Mann und wir fuhren vom 17.Bezirk in<br />
die Schule.<br />
Meine Gedanken während der Fahrt<br />
waren:<br />
Das war es also - mein Kind sehe ich<br />
niemals wieder.<br />
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