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32 Geschichte der Magie Geschichte der Magie 33<br />
eine zerstörte Grabstätte wieder herrichten<br />
lassen, nachdem ihm ein Spukgeist im<br />
Traum sein Leid geklagt hatte.<br />
Auch hatten die Tempel oft ihre eigene Bibliothek<br />
zur Sammlung meist wissenschaftlicher<br />
Schriften und ihre eigenen Observatorien.<br />
Die Priester waren also Sternendeuter,<br />
Gelehrte, Ärzte und oft auch Stadtverwalter<br />
zugleich. Doch gerade weil sie diese vielen<br />
Aufgaben in sich vereinten, waren sie auch<br />
Magier, die mit Hilfe ihrer Gottheiten heilten<br />
oder Wissen aufbewahrten. Und damit diese<br />
Kräfte nicht versiegten, mussten sie rein<br />
sein. Es wurden schlichte Leinengewänder<br />
getragen, enthaltsam gelebt, zweimal in der<br />
Nacht und zweimal am Tag gebadet. Nur<br />
ausgebildeten Priestern und Novizen war es<br />
gestattet, den Tempel zu betreten. Das einfache<br />
Volk musste seine Opfergaben vor den<br />
Tempelpforten ablegen.<br />
Göttliche Magie<br />
Der ägyptische Begriff „heka“ steht für Zauberkraft<br />
oder Magie. „Heka“ ist die übermächtige<br />
Zaubersubstanz, die sich von den<br />
Göttern über den Pharao bis hin zu gewissen<br />
Menschen abstufte und diese befähigte, in<br />
ihren Taten über manche gegebenen Regeln<br />
hinwegzugehen und außerordentliche Taten<br />
zu vollbringen. Es ist die Kraft, die Lebenserhaltung<br />
und Wachstum fördert und alles,<br />
was dieses gefährden würde, abwehrt. „Heka“<br />
konzentriert sich im Körper der Magie<br />
ausübenden Person und bringt sie dadurch<br />
auch den Göttern näher. Als „weret-hekau“<br />
wurden viele Götter gerühmt, was sich mit<br />
„groß an Zauberkraft“ übersetzen lässt.<br />
Zeitweise hielt „heka“ in Ägypten sogar den<br />
Status einer Gottheit, wurde also personifiziert<br />
und dessen Verehrung zu einem Kult.<br />
Nur ist es schwierig, ägyptische Magie zu<br />
definieren, denn sie deckte einen gesamtreligiösen<br />
Anwendungsbereich ab und somit<br />
auch einen gesamtgesellschaftlichen, da in<br />
der ägyptischen Gesellschaft nahezu alles auf<br />
religiöse Aspekte zurückzuführen war oder<br />
auf ihnen aufbaute.<br />
Doch die eigentliche Praxis der Magie daraus<br />
hervorzuheben, gestaltet sich gerade durch<br />
ihre übergreifende Präsenz als schwierig. Eines<br />
ihrer Gesichter zeigte sich in dem vermeintlichen<br />
Zwiespalt zwischen den sakralen<br />
Kulten der Priester, in denen sie ihre Götter<br />
inbrünstig verehrten, und bestimmten Ritualen,<br />
die beispielsweise in Krisenzeiten notwendig<br />
wurden, in denen die Götter nicht<br />
zum Handeln gebeten, sondern gezwungen<br />
wurden.<br />
Auch der ägyptische Totenkult weist vielerlei<br />
komplexe magische Riten und Handlungen<br />
auf. Die kreative Kraft des gesprochenen<br />
Wortes nahm hier einen besonderen Stellenwert<br />
ein. Ein wichtiges Beispiel für die in<br />
Ägypten üblichen Riten innerhalb des Totenkultes<br />
stellt das sogenannte Mundöffnungsritual<br />
dar. Dieses Ritual wurde den<br />
Mumien kürzlich Verstorbener innerhalb der<br />
siebentägigen Einbalsamierung zuteil. Man<br />
glaubte dadurch den Toten zu ermächtigen,<br />
auch nach seinem Tod seine körperlichen<br />
Funktionen nutzen zu können.<br />
Mundöffnungsritual<br />
(Papyrus Hunnefer um 1290 v.u.Z.)<br />
Ein weiteres Beispiel stellen hier die so genannten<br />
„Verklärungen“ dar, in denen mittels<br />
bestimmter Beschwörungen und Anrufungen<br />
der meist durch einen Schlangenbiss oder<br />
Skorpionstich Verstorbene transformiert<br />
werden sollte, auf dass er im Jenseits lebensfähig<br />
war, da sein Körper vergiftet wurde.<br />
Bei einem Überlebenden sah die Behandlung<br />
anders aus. Dieser sollte dann vielmehr in<br />
seinen Zustand vor der Schädigung gebracht<br />
werden, oder wenigstens vor potentieller Gefahr,<br />
beispielsweise durch Schlangen, bewahrt<br />
werden.<br />
Es ging also für den Einzelnen in erster Linie<br />
um die magische Lebensbewältigung im eigenen<br />
persönlichen Bereich. In der Öffentlichkeit<br />
hingegen beschäftigte er sich ausschließlich<br />
mit der täglichen Ausübung der<br />
Kulte.<br />
Magie war also kein Seitenzweig der Religionen<br />
und Kulte, sondern ein fest integrierter<br />
und nicht wegzudenkender Bestandteil dessen.<br />
Magische und medizinische Literatur<br />
Wie schon erwähnt, hatte jeder Tempel seine<br />
eigene Bibliothek und somit auch seine eigenen<br />
umfangreichen Ritual- und Spruchsammlungen.<br />
Nur unterlagen die Umsetzungen<br />
der Riten auch strengsten Geheimhaltungsvorschriften.<br />
Diese Vorschriften hatten<br />
einzig und allein den Zweck, die eigene<br />
Kunst vor Nichtinitiierten oder profanem<br />
Gebrauch zu schützen. Magie und Geheimnis<br />
verschmolzen also zu einer Einheit.<br />
Doch selbst das Netz aus Geheimhaltung hatte<br />
Maschen und hielt Laien wie Hirten oder<br />
Bauern nicht davon ab, den einen oder anderen<br />
Spruch bei akuten alltäglichen Gefahren<br />
wie zum Beispiel bei der Begegnung mit<br />
wilden Tieren oder bei Krankheiten zu rezitieren.<br />
So kam es, dass manche den Priestern<br />
vorbehaltene Schrift zu so genanntem „gesunkenem<br />
Kulturgut“ und damit profaniert<br />
wurde.<br />
Auffällig ist auch die Ähnlichkeit zwischen<br />
den „Totentexten“ und den „Zaubertexten“,<br />
auch wenn die Anwendungen, also sowohl<br />
Begräbnisse als auch Alltagsmagie, sich hier<br />
jeweils in Aufwand und Umsetzung stark<br />
voneinander unterscheiden.<br />
Darstellung des Osiris im Totenbuch<br />
(ca.1391-1353 v.u.Z.)<br />
In vielen der magischen Rezitationen finden<br />
sich kleinere Mythen wieder, die dem magischen<br />
Kontext entsprechen und die Rezitation<br />
bekräftigen sollen. Gerne wird hierbei auf<br />
die Konstellation zwischen Isis und Horus<br />
zurückgegriffen, was oft bei Heilungstexten<br />
der Fall war. Aber darauf komme ich später<br />
noch einmal zurück.<br />
Magische Texte im Alten Ägypten waren oft<br />
in drei Teile strukturiert. Der erste Teil war<br />
der Titel mit dem Zweck, gefolgt von einem<br />
Rezitativ, welches von unterschiedlichster<br />
Länge sein konnte. Abgeschlossen wurde der<br />
Text mit dem dritten Teil, den genauen Instruktionen<br />
an den Magier, welche Requisiten<br />
benötigt wurden und auf welche Schritte<br />
zu achten war.