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neue Wohnformen sprengen das Mietrecht - Mieterverband

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trecht<br />

mieter stellen. In einer WG dürfen<br />

die verbleibenden Bewohnerinnen<br />

und Bewohner dabei etwas wählerischer<br />

sein als eine gewöhnliche Vermieterschaft.<br />

Sie dürfen eine Interessentin<br />

oder einen Interessenten<br />

auch ablehnen, weil die Chemie<br />

nicht stimmt. Lehnen sie hingegen<br />

von fünf oder zehn Bewerbern alle<br />

ab, liegt der Verdacht nahe, <strong>das</strong>s sie<br />

ohnehin keine Nachmieterschaft<br />

wollen. Dann wird <strong>das</strong> ausziehende<br />

WG-Mitglied seine Mietzinszahlungen<br />

einstellen können. Letztlich ist<br />

es aber eine Ermessensfrage, ob tatsächlich<br />

eine zumutbare Nachmieterschaft<br />

vorhanden war und <strong>das</strong><br />

ausziehende WG-Mitglied von seinen<br />

Verpflichtungen befreit ist.<br />

Ein- und Auszugsprotokoll<br />

Auch in einer WG stellt sich beim<br />

Auszug oft die Frage nach einer Entschädigung<br />

für die Abnutzung.<br />

Grundsätzlich gilt dabei: Normale<br />

Abnutzung geht zu Lasten der Vermieterschaft,<br />

für übermässige Abnutzung<br />

hat die Mieterschaft eine<br />

Entschädigung zu leisten. Dabei ist<br />

jedoch die Altersentwertung zu berücksichtigen.<br />

Diese ist anhand der<br />

paritätischen Lebensdauertabelle<br />

zu berechnen, die der Schweizerische<br />

Mieterinnen- und <strong>Mieterverband</strong><br />

zusammen mit dem Schweizerischen<br />

Hauseigentümerverband<br />

erarbeitet hat. Ein Beispiel: Die Mieterin<br />

hat in einem achtjährigen<br />

Spannteppich Löcher verursacht.<br />

Das ist ein Fall von übermässiger Abnutzung.<br />

Da ein Spannteppich von<br />

durchschnittlicher Qualität gemäss<br />

Wie bestimmt man den Zeitwert von Möbeln?<br />

rsp. In unserer flexiblen Gesellschaft<br />

liegt auch die «möblierte Miete» im<br />

Trend. Wer aus dem Ausland zuzieht,<br />

mietet sich – zumindest in der<br />

ersten Zeit -– häufig eine fertig eingerichtete<br />

Behausung. Und wer sich<br />

vorübergehend im Ausland niederlässt,<br />

vermietet seine Wohnung in<br />

der Schweiz oft vollständig möbliert<br />

weiter. Auch in WGs bringt oft<br />

nicht jedes Mitglied seine eigenen<br />

Möbel mit.<br />

Bei der möblierten Miete sind<br />

beim Auszug vielfach die Möbel abgenutzt.<br />

Dafür schuldet die ausziehende<br />

Mieterschaft ebenfalls eine<br />

Entschädigung, wenn es sich um einen<br />

Fall von übermässiger Abnutzung<br />

handelt. Dabei ist die Altersentwertung<br />

aber viel schwieriger zu<br />

Mieten & Wohnen 8 | 2011<br />

Tabelle eine Lebensdauer von zehn<br />

Jahren hat, muss die aus der Wohnung<br />

ausziehende Mieterschaft<br />

höchstens 80 Prozent eines <strong>neue</strong>n<br />

Spannteppichs bezahlen.<br />

schäden benennen<br />

Gemäss Gesetz schuldet ein ausziehender<br />

Mieter nur dann eine Entschädigung<br />

für übermässige Abnutzung,<br />

wenn die Hauptmieterschaft<br />

dies ihm unmittelbar nach der Wohnungsabgabe<br />

mitteilt. Dies gilt in<br />

Untermietverhältnissen genauso.<br />

Das heisst, die Hauptmieterschaft<br />

muss nach der Abgabe innert weniger<br />

Tage eine so genannte Mängelrüge<br />

einreichen, mit eingeschriebenem<br />

Brief oder einem Schreiben,<br />

dessen Empfang der Untermieter bestätigt.<br />

In der Mängelrüge muss der<br />

Betrag der geforderten Entschädigung<br />

noch nicht beziffert, aber die<br />

geltend gemachten Schäden müssen<br />

benannt werden. Eine ernsthafte<br />

Aussicht auf eine Entschädigung für<br />

übermässige Abnutzung besteht im<br />

Streitfall zudem nur, wenn beim<br />

Einzug und beim Auszug ein Zustandsprotokoll<br />

des betreffenden<br />

Zimmers erstellt wurde.<br />

Gerade in WGs verzichtet man<br />

häufig auf fast alle Formalitäten.<br />

Dann muss man sich halt im Gespräch<br />

um eine faire Lösung bemühen.<br />

Ist <strong>das</strong> nicht möglich, kann<br />

man sich an die Mietschlichtungsbehörde<br />

wenden. Diese unterbreitet<br />

oft auch dann einen fairen Kompromissvorschlag,<br />

wenn rechtlich eigentlich<br />

nichts zu machen ist.<br />

Ruedi Spöndlin<br />

bestimmen als bei festen Bauteilen.<br />

Die paritätische Lebensdauertabelle<br />

umfasst keine Möbel, die nicht eingebaut<br />

sind. Somit gibt es kaum einen<br />

verbindlichen Massstab für die<br />

Abschreibung.<br />

Über Erfahrung beim Bestimmen<br />

des Zeitwerts von Möbeln verfügen<br />

am ehesten die Sachversicherer. Dazu<br />

Selma Frasa-Odok vom Schweizerischen<br />

Versicherungsverband: «Der<br />

Zeitwert bei Möbeln wird einzelfallweise<br />

geschätzt. Die Vielfalt der Einrichtungsgegenstände<br />

(Tisch, TV,<br />

Geschirr usw.) wie auch die unterschiedliche<br />

Qualität lassen eine Pauschalisierung<br />

auf einer Tabelle nicht<br />

zu. In der Sachversicherung spielt<br />

der Zeitwert nur eine untergeordnete<br />

Rolle.»<br />

BAuspArEn<br />

der MV rüstet sich<br />

zum Abstimmungskampf<br />

Im Jahr 2012 kommen<br />

verschiedene Vorlagen zum<br />

Bausparen und zur Besteuerung<br />

von Wohneigentum<br />

zur Abstimmung. Der MV<br />

ist für den Kampf gerüstet.<br />

Voraussichtlich bereits im März<br />

2012 wird die erste der beiden<br />

Bauspar-Volksinitiativen aus dem<br />

Kreis des Hauseigentümerverbands<br />

vors Volk kommen. Die zweite soll<br />

im Juni zur Abstimmung gelangen.<br />

Unter den Titeln «Bausparinitiative»<br />

und «Eigene vier Wände dank Bausparen»<br />

sollen <strong>neue</strong> Steuerschlupflöcher<br />

für Gutverdienende und Vermögende<br />

geöffnet und Personen mit<br />

Steuergeldern gefördert werden, die<br />

<strong>das</strong> gar nicht brauchen.<br />

Der Schweizerische Mieterinnenund<br />

<strong>Mieterverband</strong> (SMV) wird diese<br />

uMZugsquotE<br />

Viele sind mobil<br />

Tiefe Leerstände und häufige<br />

Umzüge schliessen sich<br />

nicht aus.<br />

Das Immobilienportal Homegate<br />

und die Zürcher Kantonalbank<br />

(ZKB) erstellen jährlich eine Studie,<br />

welche die Umzugshäufigkeit der<br />

Schweizerinnen und Schweizer unter<br />

die Lupe nimmt. Als Basis dienen<br />

die Nachsendeaufträge der Post: Wer<br />

umzieht, lässt sich bekanntlich<br />

meist die Post an die <strong>neue</strong> Adresse<br />

nachschicken.<br />

Was ergab der Umzugsreport zwischen<br />

Juni 2010 und 2011? Im Kanton<br />

Zürich wird am häufigsten umgezogen.<br />

Man registrierte rund<br />

100’000 Wohnungswechsel, dies bei<br />

einem Gesamtwohnungsbestand<br />

von 670’000 Einheiten. Dies ergibt<br />

mit 14,6 Prozent die höchste Umzugsquote<br />

aller Kantone. Auf den<br />

weiteren Plätzen dieser «Zügel-Hitparade»<br />

liegen der Kanton Zug (14,5<br />

Prozent), Basel Stadt (13,9 Prozent)<br />

und die Westschweizer Kantone<br />

Neuenburg (13,4 Prozent) und Waadt<br />

(12,9 Prozent). In den Bergkantonen<br />

Wallis, Graubünden oder auch im<br />

Tessin wird weniger gezügelt. Hier<br />

liegt die Quote unter 10 Prozent.<br />

Setzt man diese Zahlen in Bezug zu<br />

ungerechten und unnötigen Geschäfte,<br />

wie in M&W schon mehrfach<br />

dargelegt, bekämpfen. Es geht<br />

nicht an, <strong>das</strong>s der Staat auf der einen<br />

Seite die Fördermittel für günstige<br />

Wohnungen auf ein Minimum herunterschraubt<br />

und handkehrum<br />

<strong>neue</strong> Steuermittel für <strong>das</strong> Wohneigentum<br />

ausgeben will. Die Schweiz<br />

braucht keine <strong>neue</strong>n Steuerprivilegien<br />

für Gutgestellte.<br />

Der MV weiss in diesem Kampf<br />

den Bundesrat, den Ständerat und<br />

die Kantone mit sich. Diese wehren<br />

sich gegen die hohen Steuerausfälle,<br />

welche die Zwangseinführung des<br />

Bausparens zur Folge hätte. Ebenfalls<br />

vors Volk kommt nächstes Jahr<br />

die HEV-Initiative «Sicheres Wohnen<br />

im Alter». Der Zeitpunkt ist noch unbestimmt.<br />

Der MV wird auch diese<br />

Vorlage bekämpfen, da sie Hausbesitzern<br />

weitere Privilegien zuschanzen<br />

will und damit die Steuerungerechtigkeit<br />

noch vergrössert.<br />

den tiefen Leerwohnungsziffern, so<br />

mag die Mobilität auf den ersten<br />

Blick überraschen. Sind Wohnungen<br />

doch leichter zu finden, als man<br />

denkt? Die Praxis zeigt <strong>das</strong> Gegenteil,<br />

vor allem in den Agglomerationen.<br />

Des Rätsels Lösung liegt wohl<br />

darin, <strong>das</strong>s über informelle Netze gezügelt<br />

wird: Man gibt die Wohnung<br />

oft unter der Hand weiter. Tiefe Leerstände<br />

und hohe Umzugsquoten<br />

schliessen sich also nicht aus.<br />

Wohnungsnot ist Mietzinsnot<br />

Der Umzugsreport von Homegate<br />

und ZKB wird allerdings von einigen<br />

Medien, die gerne die Wohnungsnot<br />

herunterspielen, als Beweis für die<br />

Untauglichkeit der Leerwohnungsziffern<br />

genommen. Auch der Hauseigentümerverband<br />

ist auf diesen Zug<br />

aufgesprungen und stellt den Wert<br />

dieser Statistik in Abrede. Aber dadurch<br />

lässt sich die Tatsache nicht<br />

aus der Welt schaffen, <strong>das</strong>s der Wohnungsmarkt<br />

schwierig geworden<br />

und <strong>das</strong>s die Bezeichnung «Wohnungsnot»<br />

zumindest in den Agglomerationen<br />

gerechtfertigt ist. Vor allem<br />

dann, wenn unter der Not nicht<br />

nur eine quantitative, sondern eine<br />

qualitative verstanden wird: Die<br />

Wohnungsnot ist zuallererst eine<br />

Mietzinsnot.<br />

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