Mainstockheimer Leben - Rundblick Mainstockheim
Mainstockheimer Leben - Rundblick Mainstockheim
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Vor 200 Jahren, am 18. August 1811<br />
starb der <strong><strong>Mainstockheim</strong>er</strong> Johann<br />
Heinrich Zang in Würzburg. Eigentlich<br />
wäre das ein Grund für ein Jubiläum!<br />
Doch mit Wirkung vom 3. März<br />
2011 wurde notariell das Erlöschen der<br />
J.-H.-Zang-Gesellschaft bestätigt, was<br />
die Feierfreude deutlich dämpft.<br />
Zang wurde am 15. April 1733 in<br />
Zella-Mehlis (Thüringen) geboren.<br />
1748/49 wurde er Schüler bei Johann<br />
Sebastian Bach, worauf er selbst sehr<br />
stolz hinweist. Über Kloster Banz,<br />
Coburg und Bamberg kam Zang 1752<br />
durch Heirat nach Fröhstockheim und<br />
wurde im gleichen Jahr Kantor in<br />
<strong>Mainstockheim</strong>. Ein blühendes kirchenmusikalisches<br />
<strong>Leben</strong> setzte ein.<br />
Über 100 Kantaten hatte Zang komponiert<br />
und aufgeführt. Allerdings haben<br />
sich bisher nur sieben Kantaten als<br />
Musik von Zang identifi zieren lassen.<br />
Die Talente Zangs waren neben der<br />
Musik weit gefächert. Zang ließ 1762<br />
eine erste Schule des Schönschreibens<br />
„Calligraphia“ drucken, die mit<br />
38 Seiten zum umfangreichsten Werk<br />
seiner Art in dieser Zeit zählt (siehe<br />
Beispielseite „Da nun in dem ...“).<br />
Ab 1770 erstellte er Kupferstiche und<br />
so ereilte ihn 1786 die Ehre, Vergoldungsarbeiten<br />
und eine Messingplatte<br />
als Turmknopf-Urkunde für die<br />
St. Jakobskirche zu erstellen. Durch<br />
Weinhandel scheint er zu Reichtum<br />
gekommen zu sein. 1790 druckte er<br />
ein Lehrbuch zum Büttner-Handwerk.<br />
Bildnerisch erstellte er Musivgemälde.<br />
Das sind Collagen aus Naturmaterialien,<br />
die Landschaften nachbilden<br />
(im Mainfränkischen Museum erhalten).<br />
Für ein Musivbild für den Zaren<br />
von Russland scheint er eine mit 454<br />
Brillanten besetzte Uhr aus St. Petersburg<br />
erhalten zu haben!<br />
1804 erscheint in Nürnberg sein Buch<br />
über den Orgelbau „Der vollkommene<br />
Orgelmacher“. Zang tauschte sich mit<br />
dem Orgelbauer Voit aus und war als<br />
Orgelsachverständiger tätig. Dieses<br />
Werk wurde mehrmals aufgelegt und<br />
fand große Beachtung.<br />
Nach vielen persönlichen Schicksalsschlägen<br />
stirbt J. H. Zang 1811 im<br />
Würzburger Bürgerspital.<br />
Der <strong><strong>Mainstockheim</strong>er</strong> Oberlehrer<br />
Otto Selzer hat in den 1960er und<br />
7<br />
<strong><strong>Mainstockheim</strong>er</strong> Vergangenheit<br />
J. H. Zang nicht begraben, sondern neu aufl eben lassen!<br />
Alfons Glöggler<br />
Bestattermeister<br />
Luitpold-Baumann-Str. 12<br />
97337 Dettelbach<br />
Tel 0 93 24 – 9 98 30<br />
Vorsorge – Beratung – Betreuung<br />
70er Jahren erste Nachrichten über J.<br />
H. Zang zusammen getragen. Ludwig<br />
Ruf, ebenfalls „Dorfl ehrer“ und unermüdlicher<br />
ehrenamtlicher Archivar<br />
für das Gemeindearchiv, konnte auf<br />
den ersten Arbeiten Selzers aufbauen.<br />
1983 erklangen im Jahr der 250. Wiederkehr<br />
von Zangs Geburtstag erstmals<br />
wieder zwei Kantaten in der Jakobskirche<br />
unter der Leitung Michael<br />
Heckmanns.<br />
1986 wurde die Johann-Heinrich-<br />
Zang-Gesellschaft e.V. gegründet. Lud-<br />
wig Ruf war ihr Initiator, zeitlebens ihr<br />
Motor und erstellte mit der unermüdlichen<br />
Unterstützung des Schriftführers<br />
und seines Stellvertreters Hellmut<br />
Hertel zehn Folgen der „Mitteilungen<br />
der J.-H.-Zang-Gesellschaft“. Sie erscheinen<br />
von 1986 bis 98 und füllen<br />
einen Ordner. In ihnen werden alle<br />
gefunden Quellen zu Zang aufgeführt,<br />
übertragen und in den geschichtlichen<br />
Kontext gestellt. Die 34 Gründungsmitglieder<br />
kommen neben Mainstock-<br />
heim aus Reinbeck, Darmstadt, Bad<br />
Hersfeld und Marburg. Im Laufe der<br />
Zeit traten auch Bürger aus Zangs Geburtsort<br />
Zella-Mehlis bei.<br />
„Es ist eigentümlich, was für eine<br />
Faszination von diesem Mann Johann<br />
Heinrich Zang ausgeht. Immer<br />
wieder habe ich es erlebt, wie Menschen<br />
von seiner Ausstrahlung getroffen<br />
und gefangen wurden. Wenn<br />
hier zum ersten Mal unser gesamtes<br />
Wissen über diesen außerordentlichen<br />
Geist zusammengefaßt dargelegt wer-<br />
Der Text lautet: „Da nun in dem Schreiben, auf eine ge/schickte Anfaßung der<br />
Feder, auch vieles ankommt:/ So ist dahin zusehen, daß die Kinder, gleich Anfangs/<br />
die Feder mit dem rechten Daumen und langen Finger/ halten, wie beygesetzte<br />
Figur zeiget: Der vordere/ Finger aber, wird nur oben über die Feder<br />
hergeleget/ und im wenigsten damit gehalten. Bey dieser Hal/tung wird sich<br />
niemals ein Kind ein ungeschick/tes Knebeln angewöhnen.<br />
Zang scribs: et sculps“ (dt.: Zang hat es geschrieben und gestochen)<br />
den konnte, so meinen wir, daß damit<br />
nicht nur eine interessante, sondern<br />
eine wichtige Information aus der<br />
Geschichte unseres Dorfes, unserer<br />
Kirchengemeinde, ja unseres ganzen<br />
Landes gegeben wurde. Der Kantor<br />
Zang verdient eine breite Würdigung,<br />
die seiner Bedeutung entspricht“. Dies<br />
schreibt Ludwig Ruf 1983 in der Festschrift<br />
zu Zangs 250. Geburtstag und<br />
nimmt es für sich selbst sehr ernst. In<br />
den kommenden Jahren arbeitete er<br />
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unermüdlich an der Aufarbeitung des<br />
Zangschen <strong>Leben</strong>s und spürte Nachkommen<br />
wie Werken nach. Auf seine<br />
Initiative wird das alte Schulhaus zum<br />
„J. H. Zang-Haus“ erhoben und der<br />
Schulhof zum „Zang-Hof“.<br />
Hellmut Hertel übertrug die Kompositionen<br />
Zangs für Aufführungszwecke.<br />
Kantaten-Aufführungen in<br />
Zella-Mehlis, Kitzingen und <strong>Mainstockheim</strong><br />
folgten. Der große Wunsch<br />
einer Aufführung einer Zang-Kantate<br />
durch den Windsbacher Knabenchor<br />
wurde lange Zeit angestrengt und fi -<br />
nanziell durch das Ansparen von Geldern<br />
vorbereitet. Jedoch kam bis zur<br />
Vereinsaufl ösung keine Aufführung<br />
zustande.<br />
Dem Kassenwart Hugo Reiter bleibt<br />
nach Aufl ösung des Vereins die Aufgabe,<br />
das verbliebene Vermögen von<br />
17.000 Euro an die evangelische<br />
Kirchengemeinde <strong>Mainstockheim</strong>s<br />
zu übertragen. Gemäß eines Paragraphen<br />
aus der Vereinssatzung fällt ihr<br />
das Vermögen bei Aufl ösung zu, „die<br />
es ausschließlich und unmittelbar für<br />
gemeinnützige, mildtätige und kirchliche<br />
Zwecke zu verwenden hat.“ Der<br />
Kirchenvorstand beschloss, es für die<br />
Förderung von Konzerten zu verwenden.<br />
<strong>Mainstockheim</strong> hatte mit J. H. Zang in<br />
seiner Geschichte eine außergewöhnliche<br />
Künstlerpersönlichkeit. Mit der<br />
Johann-Heinrich-Zang-Gesellschaft<br />
e.V. hatte <strong>Mainstockheim</strong> eine historische<br />
Gesellschaft, die zum wissenschaftlichen<br />
Knotenpunkt der Aufarbeitung<br />
eines Künstlers am Ende des<br />
18. Jahrhunderts wurde.<br />
„Eine weitere Pfl ege des Andenkens<br />
Zangs und die Unterstützung der Aufführung<br />
von Werken Zangs können<br />
auch erfolgen, ohne dass die rechtliche<br />
Form eines eingeschriebenen<br />
Vereins erforderlich sei“, meint das<br />
Protokoll der letzten Mitgliederversammlung<br />
2009.<br />
Dies sollte tatsächlich realisiert werden!<br />
Text: Dagmar Ungerer-Brams (Mitarbeit:<br />
Hugo Reiter)<br />
Bild- und Quellenmaterial:<br />
Mitteilungen und Archiv der Johann-<br />
Heinrich-Zang-Gesellschaft e.V.<br />
sowie Gemeindearchiv.<br />
Seltene Gelegenheit:<br />
Aufführung einer Zang-Kantate<br />
Pfi ngstsonntag, 12. Juni, 09:30 Uhr<br />
Evang. Stadtkirche Kitzingen<br />
„Also hat Gott die Welt geliebt“<br />
Kantate für Soli, Chor und<br />
Orchester zum Pfi ngstfest<br />
Solisten, Paul-Eber-Kantorei,<br />
Orchester Amadé<br />
Leitung: Carl Friedrich Meyer