Quality Engineering 05.2020
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:: Im Fokus: Future Trends<br />
Daneben wurde im Projekt auch eine mobile Prüfvariante<br />
entworfen. Dabei wird das Prüfteil von der Kamera<br />
eines Tablets aus unterschiedlichen Perspektiven erfasst,<br />
mit dem CAD-Modell registriert und abgeglichen.<br />
Damit ist dann eine handgeführte, visuelle Inspektion<br />
durch den Nutzer möglich – zum Beispiel außerhalb des<br />
Werkes bei einem Zulieferer. „In einem nächsten Schritt<br />
arbeiten wir daran, auch Tiefeninformationen auf diese<br />
Weise zu verarbeiten, um Deformationen am Objekt erkennen<br />
zu können“, berichtet Graf.<br />
Unterschiedliche Beleuchtung fordert die Technik<br />
Ein AR-Kontrollsystem des Fraunhofer IGD prüft in der Montage, ob alle Bestandteile vorhanden<br />
sind, ob die richtigen Teile verbaut wurden und ob alle für den nächsten Verarbeitungsschritt<br />
korrekt positioniert sind Bild: Fraunhofer IGD<br />
AR spielt seine Stärken<br />
vor allem bei komplexen<br />
Aufgaben aus, sagt Marc<br />
Schütz von PTC<br />
Bild: PTC<br />
AR-Systeme sorgen bei<br />
Variantenumstellungen<br />
für Flexibilität, so Holger<br />
Graf vom Fraunhofer<br />
IGD Bild: Fraunhofer IGD<br />
gen müssen erst eintrainiert werden und brauchen dafür<br />
eine große Menge an Referenzbildern. „Der Lernaufwand<br />
bei diesen Systemen ist sehr hoch“, sagt Holger<br />
Graf, Leiter der Abteilung Virtual & Augmented Reality<br />
beim Fraunhofer IGD. „Und wenn man jetzt an agile<br />
Produktionsprozesse denkt, dann ist es unwirtschaftlich,<br />
eine Produktionslinie mit den unterschiedlichsten<br />
Varianten, die hergestellt werden, zu prüfen.“<br />
Mit dem System auf Basis von Augmented Reality ist<br />
man dagegen deutlich flexibler. „Wenn eine Variantenumstellung<br />
innerhalb eines Tages in der Produktionslinie<br />
stattfindet, können wir schnell umrüsten“, so Graf.<br />
„Man muss nur das CAD-Modell der neuen Variante einschwemmen<br />
und dann die Prüffälle aufsetzen.“<br />
Prozess könnte auf Prüfstopp verzichten<br />
Auch der Fertigungsprozess selbst könnte dank der Lösung<br />
beschleunigt werden. Denn das zu prüfende Objekt<br />
– zum Beispiel der Unterbau beziehungsweise das<br />
Fahrgestell eines Autos – fährt unter das Kamera-Array,<br />
bleibt dort stehen, wird aufgenommen und dann geprüft.<br />
„Mithilfe von Augmented Reality lassen sich Objekte<br />
aber auch dynamisch erfassen“, erklärt Graf. „Die<br />
Linie muss also nicht unbedingt anhalten.“ Das heißt:<br />
Die Produktion könnte theoretisch in einem durchgehenden<br />
Fluss laufen – ohne einen Prüfstopp. Derzeit<br />
wird dies jedoch noch nicht umgesetzt, da die nachfolgenden<br />
Prozesse ebenfalls an einen definierten Produktionstakt<br />
angepasst sind.<br />
Auch bei Scrutinize 3D lässt sich der Nutzen der AR-<br />
Lösung quantifizieren. „Es gibt dafür Modellrechnungen“,<br />
sagt Graf. „Laut diesen liegen die Einsparungen<br />
gegenüber traditionellen optischen Prüfsystemen, die<br />
eingelernt werden müssen, pro Produktionslinie im höheren<br />
sechsstelligen Bereich.“<br />
Solche und andere Projekte belegen zwar den Nutzen,<br />
den Augmented Reality in der Qualitätssicherung haben<br />
kann. Doch für den Einsatz der Technologie auf breiter<br />
Ebene muss noch an einigen Punkten gearbeitet werden.<br />
Eine Herausforderung für Augmented Reality in Fertigungsprozessen<br />
sind unter anderem noch die Produktionsumgebungen.<br />
Dort haben die Systeme mit zum<br />
Teil schwierigen Bedingungen zu kämpfen – wie etwa<br />
unterschiedlichen Beleuchtungssituationen oder komplexen<br />
Hinterschneidungen. Herausfordernd sind auch<br />
Situationen, in denen Objekte in einer Menge von hochreflektierenden<br />
lackierten Teilen erkannt werden sollen.<br />
„Wir arbeiten bereits an entsprechenden Optimierungsverfahren“,<br />
sagt Graf. Dabei spielen auch Verfahren der<br />
künstlichen Intelligenz eine wichtige Rolle.<br />
Verbesserungsbedarf gibt es zudem bei den Datenbrillen.<br />
Diese sind noch nicht an den Einsatz in der Fertigung<br />
angepasst. Es fehlt an notwendigen Funktionen<br />
wie etwa dem Objektracking.<br />
Außerdem müssen auch bestimmte Voraussetzungen<br />
erfüllt sein, um AR in der Fertigung nutzen zu können.<br />
Die zugrunde liegenden Daten müssen strukturiert<br />
und in ausreichender Qualität vorliegen. „Unternehmen<br />
brauchen ein gutes Daten- und Konfigurationsmanagement“,<br />
so Schütz von PTC. „Wenn es keinen Zugriff auf<br />
die Daten in jeder Konfiguration gibt, dann lässt sich die<br />
Konfiguration auch nicht prüfen.“<br />
Das Potenzial für den Einsatz von AR in der Qualitätssicherung<br />
sei jedoch sehr groß, so Schütz. Daher plant<br />
PTC, Anfang des kommenden Jahres eine spezielle Lösung<br />
für die Qualitätssicherung auf den Markt zu bringen.<br />
Um das Thema AR weiter voranzutreiben, hat sich<br />
PTC außerdem mit dem deutschen Startup Ioxp verstärkt.<br />
Das Unternehmen entwickelt kognitive Augmented<br />
Reality, die mit Künstlicher Intelligenz arbeitet. Eines<br />
der Einsatzgebiete: die Qualitätssicherung.<br />
■<br />
Webhinweis<br />
Welche Möglichkeiten die Technologie<br />
von Ioxp eröffnet, zeigen Videos<br />
unter: http://hier.pro/EJE0A<br />
16 <strong>Quality</strong> <strong>Engineering</strong> <strong>05.2020</strong>