INTERMOT IN KÖLN - Kradblatt
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fühlt schmaler geworden. Die nächsten<br />
Kurven folgten, dann eine Gerade über den<br />
Flugplatz wenn man die Linie erwischt.<br />
Hochschalten, Gas geben, Drehzahlbegrenzer,<br />
schalten und weiter. Die Augen waren<br />
immer wieder auf das Motorrad des Instruktors<br />
gerichtet. Der wird schon wissen<br />
was er tut. Er bremst, ich bremse, zwei<br />
Gänge runter. Es geht rechts durch den<br />
Aremberg und wieder beschleunigen. Die<br />
Fuchsröhre lese ich. Es geht durch eine<br />
Senke, sie drückt mich und mein Bike<br />
Richtung Boden, eine Kompression, die<br />
man bis in den Magen spürt. Fahre ich<br />
Motorrad oder Achterbahn?<br />
Keine Zeit zum Denken, ich sehe nur<br />
noch Bremslichter. Also Anker werfen und<br />
das richtig. So ging es durch den Adenauer<br />
Forst. Das war knapp, aber ich weiß<br />
warum mein Vordermann so gebremst<br />
hat. Da heißt es blind vertrauen, er kennt<br />
die Strecke, ich noch nicht. So ging es<br />
diese Runde weiter durchs Kesselchen<br />
und beim Klostertal blieb der Instruktor<br />
links. Oh je, ich sehe die Kurve nicht, okay<br />
er fährt sie links an, also muss es gleich<br />
nach rechts gehen und dem war<br />
auch so. Jetzt war wieder das Karussell<br />
zu sehen. Ich war schneller<br />
als beim ersten Mal, es rappelte<br />
weniger im Fahrwerk, aber<br />
ich war schräger. Jetzt hieß es<br />
noch einmal Gas geben und den<br />
Moment nutzte ich, um zu realisieren,<br />
wie viel Spaß es macht.<br />
Ich lobte mein Motorrad mit einem<br />
zärtlichen Klopfen auf der<br />
Verkleidung. Dafür wurde sie also<br />
gebaut, dachte ich.<br />
Endlich bekommt sie Auslauf<br />
und es macht einfach nur Spaß.<br />
Nächste rechts, wieder am<br />
Brünnchen vorbei, durch den<br />
Schwalbenschwanz und die lange<br />
...auf der Nordschleife<br />
Gerade der Döttinger Höhe kam zum Vorschein.<br />
Jetzt noch die Ausfahrt bekommen.<br />
Die war nötig. Ich stieg ab und mein<br />
Körper schüttete Glückshormone über<br />
Glückshormone aus. Mein Grinsen tat fast<br />
schon in den Wangen weh. Jetzt hieß es,<br />
das Geschehene erst einmal verarbeiten<br />
und jede noch kommende Runde einfach<br />
nur genießen und mit allen Sinnen aufsaugen.<br />
Die folgenden Runden verliefen ähnlich<br />
und jede ein wenig schneller und damit<br />
immer etwas intensiver. Dazwischen gab<br />
es immer wieder Pausen, da die Konzentration<br />
merklich nachließ. Man hatte an einigen<br />
Stellen dann das Gefühl die Kurven<br />
zu kennen und konnte dementsprechend<br />
tiefer und schneller durch fahren. Aber<br />
auch am Ende von diesem Tag konnte ich<br />
sagen: Alle Kurven kenne ich bei weitem<br />
noch nicht, geschweige denn weiß ich, wie<br />
man sie richtig anfährt. Darum nutze ich<br />
die Gelegenheit hier und möchte mich für<br />
die Arbeit der Instruktoren bedanken.<br />
So schnell der Tag begonnen<br />
hatte, eben so schnell neigte er<br />
sich im Hotel dem Ende zu. Beim<br />
Abendessen schloss man noch<br />
ein paar neue Bekanntschaften<br />
und freute sich insgeheim auf<br />
das Bett.<br />
Am nächsten Tag ging es<br />
wieder nach Hause, meine<br />
Sportlerin wurde mit ihren<br />
Satteltaschen wieder zum<br />
Touringbike und brachte<br />
mich wohlbehütet in die<br />
Die Autorin:<br />
Theresa ist Jahrgang 1984 und machte<br />
bereits mit 20 Jahren den Motorradführerschein.<br />
Die erste Saison begann 2005 mit<br />
einer blauen Kawasaki GPZ 500S. Die ersten<br />
Jahre war sie im Harz, Kyffhäuser und<br />
im Weserbergland unterwegs. Nach Beendigung<br />
des Studiums zur Diplom Verwaltungswirtin,<br />
zog sie ins Rhein-Main-Gebiet.<br />
Dort ist sie nun seit 2010 mit der<br />
Honda CBR 600RR im Odenwald, Taunus<br />
und am Rhein unterwegs. Ab und zu geht<br />
sie auch auf die Rennstrecke. Dabei kommen<br />
im Jahr knapp 10 000 Kilometer zusammen.<br />
Diesen und viele weitere - nicht nur für<br />
Frauen - interessante Artikel findet ihr auf<br />
www.fembike.de.<br />
Heimat. Auf dem Weg dorthin bin ich mit<br />
einem sehr sicheren Gefühl nach Hause<br />
gefahren. Meine Erwartungen an das Training<br />
auf der Nordschleife wurden mit diesem<br />
Gefühl in Gänze erfüllt und der Mythos<br />
Nordschleife hatte nun auch mich ergriffen.<br />
Im Ergebnis bleibt mir nur zu sagen,<br />
mein Vernunftsstreifen ist merklich geschmälert<br />
und ich selbst bin mir sicher,<br />
dass ich mich zu einem Wiederholungstäter<br />
ent wickeln werde, denn die Nordschleife<br />
hat unglaublich hohes Suchtpotenzial.<br />
Ich hoffe nur, dass sie uns<br />
Motorsportsfans erhalten bleibt.<br />
Wenn ich ehrlich bin, hat mich sogar<br />
der Rennstreckenvirus befallen. Seit diesem<br />
prägenden Erlebnis auf der Nordschleife<br />
konnte ich schon im LUK-Driving<br />
Center am Baden Airpark fahren und vor<br />
kurzem konnte ich ein paar Runden in Hockenheim<br />
drehen.<br />
Man hat auf der Rennstrecke das Gefühl<br />
sicherer zu sein. Man kann dort schneller<br />
fahren, hat keinen Gegenverkehr und wenn<br />
etwas sein sollte, gibt es viel Auslaufzone.<br />
Diese Grenzerfahrungen auf der Rennstrecke<br />
tragen dazu bei, dass ich mich wesentlich<br />
gelassener und auch sicherer durch<br />
den öffentlichen Straßenverkehr bewege.<br />
Es reicht völlig aus, für sich zu wissen,<br />
dass man schnell fahren kann, dass man<br />
das Motorrad tief in die Kurve schieben<br />
kann. Darum ist all das auf der Straße völlig<br />
überflüssig und unnötig, dort heißt es<br />
immer mit Reserven fahren. Wenn man<br />
dem Mythos Nordschleife verfällt, hat man<br />
dabei sogar einen Sicherheitsgewinn. Also<br />
lasst euch einfach Anstecken!<br />
Theresa Kaufbold<br />
Voll bezahlt, voll genutzt.<br />
Ein kleiner Vernunftsstreifen ist ok!