UNIon - Europa-Universität Viadrina Frankfurt
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[<strong>UNIon</strong>]<br />
Geschichte<br />
Georg Sabinus – Humanist, gekrönter Poet, Professor und Diplomat<br />
VON STADTARCHIVAR<br />
RALF-RÜDIGER TARGIEL<br />
„ ... Reich auch ist an Schätzen die Stadt; gar<br />
mancherlei Waren Führt in belastetem Kiel täglich<br />
der Fremdling herein. Edel ist die Gesittung<br />
des Volkes; nicht wie sie am Arktos, Sondern<br />
wie sie zu sein pflegt im italischen Land. Auch<br />
nicht wohnen die Menschen daselbst in ärmlichen<br />
Hütten, Sondern im herrlichen Bau prächtiger<br />
Häuser zumeist, Deren Giebel geschmückt<br />
sich erheben mit ragenden Zinnen, Wie sie ein<br />
Fürstenpalast trug in vergangener Zeit. ...“<br />
Diese ins Deutsche übertragenen Zeilen stammen<br />
aus dem lateinischen Lobgedicht, mit dem<br />
1541 zum Besuch der Stadt und ihrer infolge<br />
der Reformation umgestalteten <strong>Universität</strong> aufgerufen<br />
wurde. Sein Autor war der <strong>Frankfurt</strong>er<br />
Professor für Rhetorik und Poesie Georg Sabinus.<br />
Er hieß eigentlich Georg Schuler und hatte<br />
die Rechte in Wittenberg studiert. Seit 1528<br />
nannte er sich Sabinus nach Aulus Sabinus, einem<br />
der vertrautesten Freunde Ovids, fühlte er<br />
sich doch mehr von der klassischen Literatur<br />
angezogen. Die lateinische Dichtkunst wurde<br />
zum Hauptzweck seines Studiums. Sein Ziel war<br />
es, dem römischen Dichter Ovid „an Feinheit<br />
der Sprache und des Versbaus“ gleich zu tun.<br />
In diesem Jahr begehen wir den 500. Geburtstag<br />
dieses Professors, der am 23. April 1508 in<br />
Brandenburg an der Havel geboren wurde.<br />
Durch seinen Aufenthalt in <strong>Frankfurt</strong> wurde er<br />
zum Bannerträger der <strong>Viadrina</strong> und erlangte Bedeutung<br />
für ganz Brandenburg als Gelehrter,<br />
neulateinischer Dichter, Schriftsteller und Diplomat.<br />
Er begründete in <strong>Frankfurt</strong> eine neulateinische<br />
Dichterschule, zu der solche Namen wie<br />
Michael Abel, Johannes Bocer, Michael Haslob<br />
und Christoph Stummel zählten. Seine Gedichte,<br />
die Sabinus seit 1538 unter dem Titel “Poemata“<br />
(1544, 1558) in jeweils erweiterten Ausgaben<br />
herausgab, wurden wegen ihres großen<br />
poetischen Gehalts gerühmt. Zeitgenossen sagten<br />
über ihn: „Unter den Sängern der Deutschen<br />
da bist Du, Sabinus, der erste; Eines schöneren<br />
Sterns kann sich die Mark nicht erfreu`n.“<br />
Im Frühjahr 1538 kam Georg Sabinus mit seiner<br />
jungen Frau Anna, sie war die älteste Tochter<br />
von Philipp Melanchthon und Luthers Patenkind,<br />
nach <strong>Frankfurt</strong> (Oder) und konnte schon<br />
bald vom Rektor Kaspar Schulz in die Matrikel<br />
eingetragen werden. Mit der Ankunft des Doktors<br />
der Rechte, gekrönten Dichters, Ritters und<br />
päpstlichen Hofpfalzgrafen, der zahlreiche Humanisten<br />
bis weit nach Italien zu seinem Freundeskreis<br />
zählte, verband die <strong>Universität</strong> große<br />
Hoffnungen. Georg Sabinus übernahm im<br />
Sommersemester 1538 eine Professur für Rhetorik<br />
und Poesie und wurde im Jahr darauf zum<br />
Rektor gewählt.<br />
Zuvor hatte Kurfürst Joachim II. für die Umgestaltung<br />
der besonders wegen der fehlenden finanziellen<br />
Ausstattung daniederliegenden <strong>Viadrina</strong>,<br />
den Ratschlag Melanchthons eingeholt.<br />
Unter dessen ersten personellen Vorschlägen<br />
war – wie anzunehmen ist – auch der Name sei-<br />
Georg Sabinus (1508-1560).<br />
ABBILDUNG: STADTARCHIV FRANKFURT (ODER)<br />
nes Schwiegersohnes. Dem Kurfürst war Sabinus<br />
seit längerem bekannt. Schon sein Vater<br />
Kurfürst Joachim I. hatte Sabinus bei dessen<br />
Studien unterstützt. Als Joachim II. bald nach<br />
seinem Regierungsantritt 1535 nach Krakau reiste,<br />
um sich mit Hedwig, der Tochter des polnischen<br />
Königs Siegismund I. zu vermählen, befand<br />
sich auch Sabinus in seinem Gefolge. Mit<br />
der Berufung von Sabinus begann die Reihe der<br />
vor allem aus Wittenberg kommenden Neuberufungen,<br />
mit denen sich der Kurfürst zuerst<br />
vorsichtig zur Umgestaltung der <strong>Viadrina</strong> anschickte.<br />
Bald nach ihrer Ankunft richtete sich die Sabinus<br />
in <strong>Frankfurt</strong> ein. Er kaufte sich an der Nordseite<br />
des Marktes am Rathaus [später Junkerstraße<br />
22] ein Haus. Für den Umbau verschuldete er<br />
sich. Das Grundstück mit dem engen Hof und<br />
einem Seitenanbau mit einer offenen Galerie,<br />
von der Sabinus dann den im Hof versammelten<br />
Studenten Vorlesungen hielt, trug marktseitig<br />
die übersetzte lateinische Inschrift „Klein<br />
zwar ist diese Stätte zum Wohnen, indessen Sabinus<br />
Weilet darin, deshalb wählte Calliope<br />
sie!“ Auch ein Gärtchen an der Oder „wo er<br />
durch die Vermittlung seiner italienischen Freunde<br />
südliche Pflanzen anzubauen versuchte“ besaß<br />
die Familie.<br />
Nach Joachims Übertritt zum neuen Glaubensbekenntnis<br />
im November 1539 wurde der Umbau<br />
zur reformierten <strong>Universität</strong> forciert, wobei<br />
Sabinus eine wichtige Rolle spielte. 1540 wurde<br />
eine neue Lehrverfassung eingeführt. Die <strong>Viadrina</strong><br />
erhielt nach und nach mit der Güterübertragung<br />
aufgehobener Klöster in <strong>Frankfurt</strong> und<br />
der Altmark eine auskömmliche finanzielle Ausstattung,<br />
in dessen Folge weitere bedeutende<br />
Lehrkräfte für <strong>Frankfurt</strong> gewonnen werden<br />
konnten. Die Bedeutung des Lebuser Bischofs<br />
als Kanzler wurde immer mehr zurückgedrängt<br />
und zur landesherrlichen Überwachung der<br />
neuen Lehrverfassung im Juli 1540 drei (dann<br />
vier) Superintendenten bestimmt. Sabinus war<br />
einer von ihnen und hatte fortan über die<br />
Durchführung der Lektionen und Disputationen<br />
und über den Fleiß der Legenten zu wachen.<br />
Die Zahl der Immatrikulationen stieg, sollten<br />
doch künftig die <strong>Viadrina</strong>-Absolventen bei der<br />
Besetzung der Pfarrer-, Prediger, Schulmeisteroder<br />
Stadtschreiberstellen in der Mark bevorzugt<br />
werden.<br />
Während Sabinus hier in der folgenden Zeit<br />
Rhetorik-Vorträge über Werke Ovids und Ciceros<br />
hielt, plante im fernen Königsberg Herzog<br />
Albrecht von Preußen ein akademisches Gymnasiums<br />
zu errichten. Sabinus als Rektor dafür<br />
vorgeschlagen, nahm an und verließ im Juli<br />
1544, nur wenige Wochen nach dem Reichstag<br />
zu Speyer, auf dem er vom brandenburgischen<br />
Kurfürsten seine Entlassung erbat, die <strong>Universität</strong><br />
<strong>Frankfurt</strong>. Einige seiner <strong>Frankfurt</strong>er Studenten<br />
folgten ihm. Dort in Königsberg und am<br />
herzoglichen Hof fand er mit seiner Familie eine<br />
glänzende Aufnahme und erreichte, dass die<br />
Schule gleich als <strong>Universität</strong> eröffnet wurde.<br />
Mehr als 10, wenn auch nicht sehr glückliche<br />
Jahre blieb Sabinus in Königsberg. 1547 – im<br />
Jahr als seine Frau starb - legte er infolge theologischer<br />
Streitigkeiten das Amt des Rektors nieder.<br />
1555, nachdem er zuvor noch einmal kurzzeitig<br />
auf Wunsch des Herzogs das Rektorat<br />
übernommen hatte, erhielt er den erbetenen<br />
Abschied und trat als kurfürstlicher Rat und Professor<br />
erneut in den Dienst des brandenburgischen<br />
Kurfürsten. So kam er nach <strong>Frankfurt</strong> zurück,<br />
wo er mit seiner zweiten Ehefrau wieder in<br />
sein wahrscheinlich bis dahin vermietetes Haus<br />
in der Junkerstraße einzog. Schon bald darauf,<br />
für das Wintersemester 1556, übernahm er wieder<br />
das Amt des Rektors. Neben seiner Vorlesungstätigkeit<br />
unternahm er als brandenburgischer<br />
Gesandter mehrere Reisen. Dabei fand er<br />
besonders in Polen – wo er wegen der Mitbelehnung<br />
des kurbrandenburgischen Hauses auf<br />
das Herzogtum Preußen verhandelte – eine<br />
glänzende Aufnahme, was nicht zuletzt ein erhöhter<br />
Zustrom polnischer Adliger zum <strong>Frankfurt</strong>er<br />
Studium nach sich zog. Auf seiner letzten<br />
Reise, die ihn nach Venedig und Trient führte,<br />
erkrankte er. Am 2. Dezember 1560, nur zwei<br />
Wochen, nachdem er wieder nach <strong>Frankfurt</strong> zurückgekehrt<br />
war, verstarb Sabinus. Unter großer<br />
Anteilnahme wurde er in einem ausgemauerten<br />
Grab vor dem Hauptaltar der Marienkirche beigesetzt.<br />
In den Sarg legte man ihm ein Kästchen<br />
mit seinen Gedichten.<br />
1563 brachte sein Schwiegersohn Eusebius Menius<br />
in Wittenberg eine neue Ausgabe seiner<br />
Gedichte heraus.<br />
Eintragung des Besitzes von G. Sabinus im<br />
„Wiesenbuch“ 1548.