titelthema - KV
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<strong>KV</strong>_09_2005 17.11.2005 9:22 Uhr Seite 15<br />
Zweiter statt Erster<br />
Brief: August Peter Gräff (Lu, Li)<br />
Mit großer Freude habe ich im Bericht gelesen, dass wiederum ein<br />
Kommers auf der Rudelsburg geschlagen wurde. Es ist eine sehr schöne<br />
Burg und eine herrliche Landschaft, die so treffend im bekannten<br />
Lied besungen wird.<br />
Leider ist ein kleiner Fehler unterlaufen: Es ist schon der zweite Rudelsburgkommers.<br />
Der erste, zumindest nach der Wiedervereinigung,<br />
fand unter großem Anklang im April 1996 statt. Mit rund 140 Teilnehmern<br />
war er ein respektables Treffen des <strong>KV</strong> und eine gute Darstellung<br />
unseres Kartellgedankens.<br />
Ich wünsche uns, dass durch die geplante Veranstaltung im Jahr 2006<br />
eine Tradition für die folgenden Aktiven gegründet wird.<br />
Wahlkampf und Steuersatz<br />
Brief: Manfred Bunte (Ask-Bg), Dipl.- Pol., früher Mitglied der<br />
Geschäftsführung des Bildungswerks der NRW-Wirtschaft<br />
In den AM (Nr. 8/2005) behauptet Kb Wolfgang Löhr, die „Angriffe“<br />
auf Kb Paul Kirchhof im Bundestagswahlkampf „waren von einer tief<br />
sitzenden Akademikerverachtung geprägt“. Wieso? Weil die Angriffe<br />
eigentlich „Diffamierungen und Falschmeldungen“ waren? Weil Schröder<br />
„von dem Professor aus Heidelberg“ redete? Wieso also Akademikerverachtung?<br />
Löhr schreibt keinen Grund. Muss man nicht eher davon<br />
reden, dass Akademikerhochachtung im Spiel war? Dass ein<br />
kluger Professor, ein Säulenheiliger entzaubert, dass der (Steuer)-<br />
„Papst“ zum wirren Priester degradiert und seine Botschaft als Teufelswerk<br />
entlarvt werden sollte – schließlich war Kirchhof allseits<br />
hochgeachtet und daher gefährlich für die SPD... Doch ganz abgesehen<br />
davon, ob die Angriffe von Akademikerverachtung oder Akademikerhochachtung<br />
geprägt waren – beide Thesen verdecken einen viel<br />
wichtigeren Sachverhalt, der am Fall Kirchhof deutlich geworden ist.<br />
Die „Verwendung“ von Kb Paul Kirchhof im Wahlkampf ist der CDU<br />
aus verschiedenen Gründen misslungen. Nicht nur deswegen, weil die<br />
Redner und die Plakate der SPD Kirchhofs „Flat-Tax“, seinen Einheitssteuersatz<br />
von 25 Prozent ab 20.000 Euro als mittelalterliche „Kopfsteuer“,<br />
als „radikal unsozial“ bewusst falsch dargestellt haben. Nicht<br />
nur, weil es in der CDU Absetzbewegungen vom Quereinsteiger gab.<br />
Vielmehr und vor allem deswegen, weil weder Merkel, noch Kirchhof,<br />
noch Ministerpräsidenten der CDU in der Öffentlichkeit deutlich machen<br />
wollten oder nicht deutlich machen konnten, dass Kirchhofs „Einheitssatz“<br />
kein Teufelszeug ist, sondern in den Sozialversicherungen<br />
ein alter Bekannter – in diesem System allerdings unter dem Namen<br />
Beitragssatz.<br />
FORUM<br />
„Ich habe keine Ahnung“<br />
Zum Nachruf auf Dr. Dr. Corrado Kardinal Bafile (EM d Un) in der vergangenen<br />
Ausgabe der AM schickt uns Prof. Jochen Ohnsorge einen<br />
Auszug aus dem „Spiegel“(Nr. 44/2003), in dem der damals 100-jährige<br />
Kb Bafile interviewt wird:<br />
Spiegel: Eminenz, was muss man tun, um 100 Jahre alt zu werden?<br />
Bafile: Ich habe keine Ahnung.<br />
Spiegel: Haben Sie bewusst gesund gelebt und um der Gesundheit<br />
willen auf das eine oder andere verzichtet?<br />
Bafile: Nein, überhaupt nicht. Ich habe nicht einmal darüber nachgedacht,<br />
was ich tun oder lassen sollte, um alt zu werden.<br />
Spiegel: Wie erklären Sie sich denn, dass Sie mit 100 Jahren so fit<br />
sind?<br />
Bafile: Ich weiß es einfach nicht. Und so weiß ich auch für andere<br />
Menschen, die mich manchmal danach fragen, keinen Ratschlag, was<br />
förderlich oder hinderlich sein könnte, wenn man alt werden will.<br />
Ich habe mein Leben immer in der Hand Gottes gesehen. Da war es,<br />
offensichtlich, gut aufgehoben.<br />
Jedes Arbeitseinkommen wird im Sozialsystem – bis zur Beitragsbemessungsgrenze<br />
– mit einer „Flat-Tax“ belastet. Dieser Einheitssatz<br />
beträgt 19,5 Prozent in der Renten-, 6,5 Prozent in der Arbeitslosen-,<br />
1,7 Prozent in der Pflege- und (im Durchschnitt) etwa 14 Prozent in der<br />
Krankenversicherung. Sind diese „Flat-Taxes“ alle „radikal unsozial“?<br />
Oder „ungerecht“? Dummerweise meinte auch Herr Wulff – unnötigerweise<br />
in der Öffentlichkeit – mit Gerechtigkeit könne man Kirchhofs<br />
Einheitssteuersatz nicht verbinden. „Gerecht“ sei nur ein progressiv<br />
verlaufender Steuertarif.<br />
In den Sozialversicherungen gibt es – von Anbeginn an – keine progressiven<br />
Beitragssätze! Im Sozialsystem gilt das Prinzip: gleiche<br />
Sätze, unterschiedlich hohe Beiträge. Warum sollte das Prinzip – übertragen<br />
auf das Steuersystem – in diesem ungerecht sein? Anders gewendet:<br />
Wenn nur progressiv gerecht ist, müssten dann nicht gestaffelte,<br />
progressive Beitragssätze in das Sozialsystem eingeführt werden?<br />
Sind die einheitlichen Beitragssätze in der Sozialversicherung<br />
kein Teufelszeug? Wie auch immer: Jede Forderung nach einer „Flat-<br />
Tax“ im Steuersystem erscheint – zunächst – in einem ganz anderen<br />
Licht, wenn man die alte Bekannte „Einheitssatz im Sozialsystem“ einbezieht,<br />
beide zusammendenkt. Voraussetzung ist allerdings, dass die<br />
alte Bekannte bekannt ist!<br />
AM 15