EDUCATION 5.20
Alt und Jung
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Mittelschule/Berufsbildung | Ecoles moyennes/Formation professionnelle<br />
Mittelschulbericht 2020<br />
DAS GYMNASIUM IST<br />
BEREIT FÜR DIE ZUKUNFT<br />
Rolf Marti<br />
Fotos: zvg<br />
Mit dem Mittelschulbericht 2020 legt der Kanton Bern zum<br />
vierten Mal seit 2009 eine Standortbestimmung zum gymnasialen<br />
Bildungsgang vor. Was hat sich in den letzten Jahren getan?<br />
Wo steht das Gymnasium heute? Wohin geht die Reise?<br />
Ein Überblick.<br />
Rund um das Gymnasium hat sich in den letzten Jahren vieles<br />
verändert, was sich auf den gymnasialen Bildungsgang auswirkt.<br />
2017 ist die Generation «Passepartout» an den Gymnasien angekommen,<br />
2018 haben die Volksschulen den Lehrplan 21 eingeführt,<br />
seit Längerem fordert die Politik die Stärkung der überfachlichen<br />
Kompetenzen und der MINT-Fächer (Mathematik,<br />
Informatik, Naturwissenschaften, Technik) sowie mehr Bildung<br />
für nachhaltige Entwicklung. Hinzu kommt die fortschreitende<br />
Digitalisierung.<br />
Gemäss Mittelschulbericht reagiert das Gymnasium agil auf<br />
diese Entwicklungen. Zum Beispiel mit dem Lehrplan 2017: Er hat<br />
die Fremdsprachenfächer auf die neuen Anforderungen ausgerichtet,<br />
das selbst organisierte Lernen in den Unterricht integriert,<br />
den Fächern Mathematik und Naturwissenschaften mehr<br />
Gewicht verliehen und die Bildung für nachhaltige Entwicklung<br />
in allen Fachlehrplänen festgeschrieben. Mit der Einführung des<br />
Fachs Informatik wurde zudem die Vermittlung digitaler Kompetenzen<br />
ausgebaut.<br />
Evolution statt Revolution<br />
Auch die einzelnen Schulen und die Lehrpersonen reagieren<br />
auf die Veränderungen. Sie probieren Neues aus und entwickeln<br />
den Unterricht weiter. Dabei kommt dem Austausch mit den<br />
zuführenden und den abnehmenden Bildungsstufen grosse Bedeutung<br />
zu. Um die Generation «Passepartout» dort abzuholen,<br />
wo sie beim Übertritt steht, wurde beispielsweise der Dialog mit<br />
den Volksschulen intensiviert – bis auf Stufe der Lehrpersonen.<br />
Auch mit den Hochschulen findet ein institutionalisierter Austausch<br />
statt.<br />
MITTELSCHULBERICHT 2020<br />
Der Mittelschulbericht 2020 wurde vom Mittelschul- und Berufsbildungsamt<br />
des Kantons Bern verfasst. Er steht – ebenso wie<br />
die Berichte 2009, 2013, 2017 – als Download zur Verfügung.<br />
www.be.ch/mittelschulen > Publikationen<br />
Ist das Gymnasium also fit für die Zukunft? Die Kommission Gymnasium-Hochschule<br />
(KGH) schreibt in ihrem Strategiepapier, es<br />
sei «grundsätzlich gut aufgestellt», um anstehende Herausforderungen<br />
zu meistern. Sie fordert daher «keine tief greifenden<br />
strukturellen Änderungen», sieht jedoch auch Bereiche für eine<br />
Weiterentwicklung (siehe Interview mit Bruno Moretti). Die entsprechenden<br />
Innovationen könnten innerhalb der bestehenden<br />
Strukturen realisiert werden. Es brauche keine Revolution, sondern<br />
eine Evolution.<br />
Übertragbares statt träges Wissen<br />
Eine permanente Herausforderung ist der Übergang an die<br />
Hochschulen. Die Gymnasien müssen den Erwerb der basalen<br />
Studierkompetenzen weiterhin fördern. Dies gilt speziell für die<br />
überfachlichen Kompetenzen. Selbstständig arbeiten, Verantwortung<br />
für das eigene Lernen übernehmen: Solche Qualitäten sind<br />
für den Erfolg im Studium zentral. Hinzu kommt die Fähigkeit,<br />
Wissen in andere Kontexte zu transferieren. Das Gymnasium – so<br />
fordert die KGH – solle weniger träges Wissen, sondern mehr<br />
Kompetenz zur Anwendung des erworbenen Wissens vermitteln.<br />
Das wirft die Frage nach der Unterrichtsorganisation auf.<br />
Mit welchem Unterricht kann die Übertragung von erworbenem<br />
Wissen am besten gefördert werden? Soll vermehrt fächerübergreifend<br />
und themenorientiert unterrichtet werden? Überlegungen<br />
zu diesen Fragen sind für die Weiterentwicklung des<br />
gymnasialen Bildungsgangs zentral.<br />
Flexibilisierung und Individualisierung<br />
Auch der Umgang mit der zunehmenden Heterogenität der<br />
Schülerschaft beschäftigt die Gymnasien. Hier stellt sich die<br />
Frage, inwieweit der Heterogenität durch eine stärkere Individualisierung<br />
des Bildungsgangs Rechnung getragen werden kann,<br />
ohne dabei auf die Vergleichbarkeit der Anforderungen zu verzichten.<br />
Die Digitalisierung eröffnet zwar neue Organisationsformen;<br />
die Einführung digitaler Unterrichtsformen muss jedoch<br />
mit einer didaktischen und methodischen Reflexion einhergehen.<br />
Die Schulen brauchen dabei den nötigen Freiraum, um den Unterricht<br />
weiterzuentwickeln.<br />
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