Bauwirtschaft Tunesien
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<strong>Bauwirtschaft</strong><br />
<strong>Tunesien</strong>
<strong>Tunesien</strong> - <strong>Bauwirtschaft</strong><br />
Branche kompakt:<br />
<strong>Tunesien</strong> - <strong>Bauwirtschaft</strong> (Juni 2012)<br />
Tunis (gtai.) - Die Baukonjunktur <strong>Tunesien</strong>s wird im verbleibenden Jahr 2012 weiter anziehen. Dennoch<br />
kann sie sich auch weiterhin nur teilweise von der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung abkoppeln, die<br />
sich - trotz Verbesserungen - bislang noch nicht konsolidiert hat. Wichtigste Voraussetzung für Wachstum<br />
2012 und 2013 bleibt, dass Regierungshandeln wieder greift und vor allem in den Regionen des<br />
Hinterlandes Stabilität einkehrt. Für deutsche Unternehmen gibt es bei komplexeren Bauprojekten<br />
Beteiligungschancen.<br />
Marktentwicklung/-bedarf<br />
In <strong>Tunesien</strong>s <strong>Bauwirtschaft</strong> fallen - im Vergleich zu der von Groß- und Prestigeprojekten geprägten<br />
Mena-Region (Nordafrika und Mittlerer Osten) - Auftragsvolumina und ingenieurstechnische<br />
Ansprüche eher gering aus. Das nordafrikanische Land kann allerdings als gutes regionales<br />
Sprungbrett dienen. Denn ein Teil der tunesischen Bauunternehmen und Ingenieurbüros verfügt<br />
über langjährige Erfahrungen auf dem afrikanischen Markt. Augenscheinlich drängen gegenwärtig<br />
vor allem türkische Bauunternehmen nach <strong>Tunesien</strong>. Auch italienische Firmen sind zunehmend<br />
vertreten. Bei den Akteuren aus Südeuropa ist dem Vernehmen nach vor allem die Krise in<br />
den heimischen Märkten Anlass für die verstärkte Erschließung <strong>Tunesien</strong>s.<br />
Im Jahr 2011 ist die tunesische Wirtschaft real um circa 2,2% geschrumpft. Für 2012 ist ein Wachstum<br />
von 2,8% prognostiziert, das allerdings nicht ausreicht, um die gestiegene Arbeitslosigkeit zu<br />
reduzieren. Es ist daher zu erwarten, dass soziale Konflikte das Mittelmeerland weiterhin kennzeichnen<br />
werden. Angesichts schwacher Industrieexporte wird die Baubranche - neben dem<br />
Tourismus - eine positive Rolle bei der (nur mäßigen) Erholung der tunesischen Wirtschaft spielen.<br />
Der Sektor wird sich aber nicht vollständig vom Transformationsprozess im Land abkoppeln können,<br />
der trotz Verzögerungen und Rückschlägen bislang als Erfolg zu werten ist. Der Verlauf der<br />
Baukonjunktur ist jedoch auch mit eher brancheninternen Risiken behaftet: Tunesische Unternehmen<br />
klagen über Proteste von Bauarbeitern, Bummelstreiks, Knappheit qualifizierter Arbeitskräfte<br />
und eine Verschlechterung der Arbeitsqualität. Gleichzeitig gäbe es übertriebene Gewährleistungsforderungen<br />
der Banken und eine „schikanöse und unsachgemäße“ Bearbeitung seitens der<br />
Verwaltungsbehörden.<br />
Trotz der skizzierten Schwierigkeiten konnte die tunesische Baukonjunktur im 1. Halbjahr 2012 anziehen.<br />
Zu verdanken ist dies vor allem einer verstärkten Aktivität im Privatsektor, insbesondere<br />
beim Ausbau von Privathäusern. Noch im Januar 2012 lag der gängige Stimmungsindex für den<br />
Bausektor bei -23, im April schon bei +0,7 Punkten. In der vierteljährlichen Umfrage des Wirtschaftsinstituts<br />
CTVIE verweisen Firmenchefs neben der besseren Auftragslage im Privatsektor auf<br />
eine günstigere Finanzausstattung der tunesischen Bauunternehmen. Staatliche Bauprojekte hingegen<br />
stagnieren. Allerdings könnte sich hier die Auftragslage aufhellen, sobald die angekündigten<br />
Regierungsprogramme im ländlichen Straßenbau und im Wohnungsbau tatsächlich in ihrer<br />
Breite in Angriff genommen werden.<br />
Germany Trade & Invest www.gtai.de<br />
1
<strong>Tunesien</strong> - <strong>Bauwirtschaft</strong><br />
2 Branche kompakt<br />
Bauausgaben im Nachtragshaushalt 2012 (Auszug) 1)<br />
Ministerien Budget in Mio. tD 2) Anmerkungen / Projekte<br />
Ausrüstung und<br />
Wohnungsbau<br />
1.162.700 969 Mio. tD allein für laufende Straßenbauprojekte<br />
mit Schwerpunkt auf ländliche<br />
Regionen 3). Sozialer Wohnungsbau 4)<br />
Transport 175,1 unter anderem Instandhaltungsmaßnahmen;<br />
Elektrifizierung; Modernisierung<br />
Rollmaterial; Weiterbau S-Bahn Tunis<br />
Landwirtschaft 766,7 unter anderem 82,8 Mio. tD für die Trinkwasserversorgung;<br />
42,1 Mio. tD für Bewässerungsanlagen<br />
Tourismus 65,0 unter anderem 6,6 Mio. tD für die Instandsetzung<br />
von Infrastruktur in Touristengebieten<br />
Umwelt 179,1 121,1 Mio. tD für die Abwasserreinigung;<br />
vier neue Abwasseranlagen, Projekte zur<br />
Modernisierung und technische Studien;<br />
26,6 Mio. tD Abfallbehandlung<br />
1) Zusammenstellung von Germany Trade & Invest aus den Angaben des tunesischen Finanzministeriums. Ohne Gewährleistung, dass alle für<br />
den Bau relevanten Projekte erfasst sind.<br />
2) tD = Tunesischer Dinar; 1 tD = rund 0,51 Euro<br />
3) Zweifel, ob Gelder für die Straßenbauprojekte zügig vorankommen, sind erlaubt.<br />
4) Laut Pressemeldungen 20 Mio. Euro für die Instandsetzung benachteiligter Stadtviertel und 30 Mio. Euro für den Bau von Sozialwohnungen.<br />
Quelle: Ministère des Finances Tunisien; April 2012<br />
In den kommenden Jahren sollen rund 150.000 neue Sozialwohnungen entstehen. Bei diesen Vorhaben<br />
setzt die Regierung auf zinsgünstige Kredite, insbesondere von Fonds aus den arabischen<br />
Golfstaaten. Bei Tourismusprojekten oder etwa der Entwicklung moderner Einkaufs- und Bürozentren<br />
für den gehobenen Bedarf sind 2012, jedoch eher 2013 Investitionen vor allem wiederum seitens<br />
Geldgeber aus der arabischen Golfregion zu erwarten. <strong>Tunesien</strong> hat sich trotz seiner nur<br />
10,5 Mio. Einwohner zu einem regional bedeutenden Gesundheitsmarkt entwickelt. Unmittelbar<br />
vor dem Sturz des Ben-Ali-Regimes gab es eine Reihe von Ankündigungen für den Bau neuer Privatkliniken.<br />
Nach einer Unterbrechung ist teils mit deren Wiederauflage oder auch mit ganz neuen<br />
Projekten zu rechnen.<br />
Im Mai veröffentlichte das Ministerium für Investitionen und internationale Kooperationen eine<br />
Liste mit 75 Großprojekten und einem Gesamtvolumen von 6,3 Mrd. Euro, die sie als besonders<br />
wichtig erachtet und für die die tunesische Regierung Partner sucht. Auf den Straßenbau entfallen<br />
Vorhaben mit einer Investitionssumme von rund 2,9 Mrd.; auf den Transportsektor (Hafenbau und<br />
Schienenverkehr) 650 Mio. Euro, auf den Agrarsektor rund 690 Mio. Euro. Zu letzterem Bereich<br />
zählen auch Staudämme. Darüber hinaus ist der Bau dreier Krankenhäuser gelistet (66,7 Mio. Euro).<br />
Die Chancen auf eine zügige Realisierung dieser Großprojekte sind allerdings als eher gering einzuschätzen.
Ausgewählte Großprojekte (in Mio. US$)<br />
Projekt Wert Entwickler Stand<br />
Tunis Financial Harbour 3.000 Gulf Finance House<br />
/ Demtas Group<br />
Entwurf<br />
Nahverkehrsnetz<br />
Großraum Tunis<br />
Quelle: Meed Projects, April 2012<br />
Wegen eines wachsenden Häuserbestands und eines überdurchschnittlich schnell steigenden<br />
Energieverbrauchs nimmt die Energieeffizienz von Gebäuden schon seit geraumer Zeit einen<br />
wichtigen Stellenwert in der wirtschaftspolitischen Diskussion ein. Seit dem Sturz des Ben-Ali-<br />
Regimes im Januar 2011 hat es keine neuen Initiativen für die Umsetzung und Weiterentwicklung<br />
von Energieeffizienz im Bausektor gegeben, das Thema bleibt allerdings virulent. Für die Förderung<br />
von Energieeffizienz in Gebäuden ist die Agence Nationale pour la Maîtrise de l’Energie<br />
(ANME) zuständig. Als wichtigstes Element zur Förderung der erneuerbaren Energien und der<br />
Energieeffizienz galt bislang der sogenannte Plan Solaire Tunisien (PST). Um neue Impulse zu generieren,<br />
gibt es seit März 2012 eine internationale Ausschreibung der ANME zur Novellierung des<br />
Plans. Informationen zu Effizienzstandards, Öko-Zertifizierungen und Bestimmungen zur Gebäudeeffizienz<br />
im Neubau sind auf einer Webseite (www.enerbat.nat.tn) veröffentlicht. Bei Verbesserungen<br />
der Rahmenbedingungen ist ein stark wachsender Markt für energieeffizientes Bauen zu<br />
erwarten.<br />
Produktion/Branchenstruktur<br />
2.100 Société Tunisienne<br />
du Réseau Ferroviaire<br />
Rapide (RFR)<br />
El Haouaria Power Plant 1.500 STEG (staatlicher<br />
Stromversorger)<br />
Straßen-Rehabilitation<br />
Renovierung Bardo<br />
Museum<br />
550 Directorate General<br />
of Bridges and<br />
Pavements<br />
Ausschreibung<br />
Ausschreibung<br />
250 Musée le Bardo Studien<br />
Ausschreibungen<br />
(laufend)<br />
Der Anteil des Bausektors - ohne Baustoffe - am BIP lag 2010 bei 4,5%; der Umsatz erreichte 2,8 Mrd. tD.<br />
Rund 440.000 Personen waren 2011 in der <strong>Bauwirtschaft</strong> tätig (Stand Mai 2011). Das sind circa 14%<br />
der Beschäftigten. Bei Ausschreibungen haben die wenig spezialisierten tunesischen Unternehmen<br />
großes Interesse an Partnerschaften mit europäischen Firmen. Trotz hoher Arbeitslosigkeit<br />
sind qualifizierte Arbeiter für den Bausektor in <strong>Tunesien</strong> knapp. Großbaustellen kommen bei Bauprojekten<br />
mit Qualitätsanspruch oder technisch schwierigeren Vorhaben (etwa Spannbeton)<br />
kaum ohne ausländische Mitarbeiterstäbe aus.<br />
Germany Trade & Invest www.gtai.de<br />
3
<strong>Tunesien</strong> - <strong>Bauwirtschaft</strong><br />
4 Branche kompakt<br />
Baufirmen in <strong>Tunesien</strong> (Auswahl Generalunternehmen)<br />
Firma Internetadresse<br />
Chaabane et Cie www.chaabanecie.com.tn/<br />
Somatra-Get (staatlich) www.somatra-get.com.tn<br />
Afrique Travaux www.afriquetravaux.com.tn<br />
Ent. Gloulou Mohamed et Salem (EGMS) www.egms.com.tn<br />
Société de Routes et de Bâtiments (SOROUBAT) www.soroubat.com<br />
Société Bouzguenda Frères www.sbf.com.tn<br />
ETEP www.etep-group.com/<br />
Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest, Mai 2012<br />
Der Baustoffindustrie (einschließlich Glas und Keramik) fällt in <strong>Tunesien</strong> mit einem BIP-Anteil am<br />
gewerblichen Sektor von 8 bis 9% ein verhältnismäßig hohes Gewicht zu. Im Jahr 2008 umfasste der<br />
Sektor mehr als 700 Unternehmen, davon 427 mit über neun Mitarbeitern. 28 Unternehmen gelten<br />
als reine Exportunternehmen, die demnach Steuerprivilegien in Anspruch nehmen können.<br />
60 Branchenfirmen weisen eine ausländische Beteiligung auf. Auch das Baustoffunternehmen<br />
Knauf ist in <strong>Tunesien</strong> vertreten. 2011 war ein äußerst schwieriges Jahr für den Industriezweig, der<br />
gegenüber 2010 um 12,2% schrumpfte.<br />
Die tunesische Zementproduktion ist grundsätzlich gut aufgestellt und kann den wachsenden<br />
Eigenbedarf decken. Darüber hinaus konnten in den letzten Jahren rund 1 Mio. t jährlich in die<br />
hochpreisigen Nachbarländer (vor allem Algerien) exportiert werden. Die Jahreskapazität für Zement<br />
liegt bei 9 Mio. t. Im Bau ist gegenwärtig ein Werk mit einer Kapazität von 2 Mio. jato. Produktionsstopps,<br />
Spekulationen und der illegale Export hatten 2011 allerdings eine Knappheit des Baustoffs<br />
zur Folge, sodass Zement importiert werden musste. 2011 brach die Produktion gegenüber<br />
dem Vorjahr um 17% ein. In der Mena-Region gilt Zement als geradezu strategisches Gut; in<br />
<strong>Tunesien</strong> gibt es einen staatlich verordneten Preis für Zement und dementsprechend bei Knappheit<br />
einen Schwarzmarkt.<br />
Geschäftspraxis<br />
In <strong>Tunesien</strong> müssen staatliche Aufträge ab 50.000 tD (rund 25.250 Euro) öffentlich ausgeschrieben<br />
werden. In der Vergangenheit wurden öffentliche Aufträge in der Regel an tunesische Firmen vergeben.<br />
Ausländische Unternehmen erhalten den Zuschlag meist dann, wenn es um Sonderprojekte<br />
mit besonderen Know-how-Anforderungen geht. Die Berücksichtigung eines tunesischen Inputs<br />
empfiehlt sich aus Kostengründen und zur Steigerung der Erfolgsaussichten. Beobachter<br />
sprechen bei öffentlichen Aufträgen von einer aufwendigen Bearbeitung bei Ratenzahlung, insbesondere<br />
bei der letzten Tranche gestaltet sich der Zahlungsprozess zäh. Verfahren sind oftmals rein<br />
innerbürokratischen Regeln unterworfen; dieser Zustand hat sich seit der Revolution (noch) nicht<br />
verbessert. Notwendig für das <strong>Tunesien</strong>geschäft ist eine gute Zahlungssicherung. Gegenwärtig beklagen<br />
Bauunternehmen einen schleppenden Zahlungsvollzug staatlicher Auftraggeber. Dagegen<br />
soll sich die Zahlungsmoral im Privatsektor verbessert haben. Tunesische Geschäftsleute
schätzen in hohem Maße die deutsche Qualität und Zuverlässigkeit, sie können aber gleichzeitig<br />
als über Gebühr harte Preisverhandler auftreten. Hilfreich sind Französischkenntnisse und französischsprachige<br />
Unterlagen.<br />
Kontaktadressen<br />
Bezeichnung Internetadresse Anmerkungen<br />
AHK <strong>Tunesien</strong> http://tunesien.ahk.de Anlaufstelle für deutsche<br />
Unternehmen<br />
Ministère de l’Equipement www.mehat.gov.tn/ Ministerium für öffentliche<br />
Ausrüstung<br />
Observatoire National des<br />
Marchés Publics<br />
www.marchespublics.gov.tn öffentliche Ausschreibungen<br />
Ministère de Transport www.transport.tn/ Ministerium für Transportwesen<br />
(wichtig für Ausschreibungen)<br />
Fédération Nationale du<br />
Bâtiment<br />
Fédération Nationale des<br />
Entrepreneurs de Bâtiments<br />
et des Travaux Publics<br />
(FNEBTP)<br />
Agence Foncière d’Habitation<br />
(AFH)<br />
www.utica.org.tn Verband der privaten<br />
<strong>Bauwirtschaft</strong><br />
fnebtp@planet.tn Verband der staatlichen<br />
<strong>Bauwirtschaft</strong><br />
www.afh.nat.tn/ Städteplanung und<br />
Wohnungsbau; Teil des<br />
Ministeriums für öffentliche<br />
Ausrüstung<br />
Germany Trade & Invest www.gtai.de<br />
5
Kontakt<br />
Impressum<br />
Herausgeber: Germany Trade and Invest<br />
Gesellschaft für Außenwirtschaft und Standortmarketing mbH<br />
Villemombler Straße 76<br />
53123 Bonn<br />
Tel.: +49 (0)228/24993-0<br />
Fax: +49 (0)228/24993-212<br />
E-Mail: info@gtai.de<br />
Internet: www.gtai.de<br />
Autor: Fausi Najjar, Tunis<br />
Redaktion: Daniela Vaziri<br />
Tel.: +49 (0)228/24993-329<br />
E-Mail: Daniela.Vaziri@gtai.de<br />
Ansprechpartnerin:<br />
Meike Eckelt<br />
Tel.: +49 (0)228/24993-278<br />
E-Mail: Meike.Eckelt@gtai.de<br />
Redaktionsschluss: Juni 2012<br />
Bestell-Nr.: 17111<br />
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Germany Trade & Invest<br />
Gefördert vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie und vom Beauftragten der<br />
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Bundestages.
Germany Trade & Invest www.gtai.de<br />
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