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Chronik_SPD_Niederjosbach

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Niederjosbach und die SPD

Die Anfänge

Eine demokratische Gesinnung zu haben, oder gar das Streben nach einer

parlamentarischen Republik, war in den Köpfen der Herrschenden bis zum Ende des

1. Weltkriegs Verrat am deutschen Volk. Demokratisches Gedankengut, getragen von

Liberalen und Sozialdemokraten, machte seinerzeit den Regierenden und

Konservativen in Staat und Kirchen das Leben schwer. Es standen doch ihre Pfründe

auf dem Spiel. Deshalb erließ die Reichsregierung das Gesetz gegen die gemeingefährlichen

Bestrebungen der Sozialdemokratie 1 . Stand bei den Liberalen der Drang

nach persönlicher Freiheit im Vordergrund, kam bei den Sozialen noch die Forderung

nach einer menschenwürdigen Arbeitswelt und der Teilhabe an den Gewinnen aus

der Produktion dazu. Die Arbeiter und nichtselbständigen Handwerker waren die

Unterdrückten, Benachteiligten und Ausgebeuteten der Gesellschaft. Auch viele Selbständige,

in ihren ersten Berufsjahren auf Wanderschaft gewesene Handwerker,

pflegten das Gedankengut der SPD. Handwerker und Arbeiter waren es, die in der

zweiten Hälfte des 19.Jahrhunderts den Geist der sozialen Demokratie trugen und

verbreiteten. Multiplikatoren des sozialdemokratischen und gewerkschaftlichen Gedankengutes

waren in erster Linie der Arbeitsplatz und der Weg dorthin. Die Arbeiterschaft

reagiert auf das "Sozialistengesetz" mit Misstrauen und Feindschaft gegen den

Staat. Wer sich vorher in der SPD engagierte, macht nun in zahlreichen Vereinen mit,

die als Tarnorganisationen allenthalben gegründet wurden: In Sport-, Gesang- und

Geselligkeitsvereinen wurden die Mitglieder zusammengehalten.

In der Dokumentation der Geschichte der SPD im Raum Eppstein nehmen die Ereignisse

während der Zeit des Sozialistengesetzes einen breiten Raum ein; schon deshalb,

weil in dieser Zeit sozialdemokratische Arbeit ganz besonders überwacht wurde.

Das Spitzelunwesen hatte Konjunktur.

Wählte man in Eppstein am Beginn der achtziger Jahre des 19. Jahrhunderts oft "freisinnig"

(also bürgerlich-liberal), so wandelte sich das nach Aufhebung des

Sozialistengesetzes. In Eppstein und Vockenhausen stieg der Stimmenanteil der SPD

trotz Unterdrückung der Meinungsfreiheit auf über 60 %. Die Lage im Raum Eppstein

/ Vockenhausen wurde in der Zeit von 1878 - 1890 - so lange war das Sozialistengesetz

in Kraft - von den Behörden an Hand der Bürgermeister- und Polizeiberichte

als insgesamt ruhig bezeichnet. Doch wurde immer wieder auf die geheime Agitation

der Sozialdemokraten hingewiesen. Bald sprach sich herum, wer in Niederjosbach

und in den Nachbardörfern zu sozialdemokratischen Tendenzen neigte oder sie gar

offen kundtat. In den Gemeinden Bremthal und Ehlhalten mit seiner katholischen und

besonders konservativen Bevölkerung sowie der landwirtschaftlichen Struktur waren

Sozialdemokraten selten. Bei Wahlen siegten immer die Kandidaten des Zentrums.

In Niederjosbach änderte sich das ab etwa 1890 entsprechend der Zahl, in der die

zunehmende Schar der Arbeitnehmer infolge des Bahnbaus und der späteren Einrichtung

des Bahnhofs Niederjosbach ihr Brot außerhalb des Dorfes verdiente.

1 Sozialistengesetz wurde am 19. Oktober 1878 im Reichstag des Deutschen Kaiserreichs verabschiedet, trat drei

Tage später in Kraft und galt bis zum 30. September 1890.

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