Chronik_SPD_Niederjosbach
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
für den Untertaunuskreis in Langenschwalbach - hierzu gehörten Niederjosbach und
Vockenhausen damals - erwirken. Der Wirt „Zum grünen Baum“ versuchte den Anordnungen
der Obrigkeit gerecht zu werden. Das hatte die Folge, dass die
Sympathisanten der Sozialdemokratie seine Gaststätte nicht mehr besuchten. Die
Einnahmen blieben aus. Und bald war sein Lokal wieder Treffpunkt der vaterlandslosen
Gesellen. So nannte man SPD- und Gewerkschaftsanhänger.
In dem „Mitglieder-Verzeichnis des Kreis-Wahlvereins im ersten Nassauischen Wahlkreis,
bestehend aus den vormaligen Amtsbezirken Homburg, Usingen, Hochheim,
Königstein, Höchst, Idstein und dem Ortsbezirk Rödelheim (Gegr. 1.1.1897)“ - wahrscheinlich
aus dem Jahre 1906 - sind aus Niederjosbach namentlich genannt bei der
Filiale Niedernhausen:
Abt, Josef, * 6.1.1854 in Niedernhausen, wohnhaft in Niederjosbach, Zugang am
2.2.1893.
der Filiale Kelkheim:
Lind, Peter, Schreiner, * 24.6.1881 in Niederjosbach, Zugang am 8.3.1902
dem Arbeiter-Wahlverein Eppstein und Umgebung:
Knöll, Fritz * 15.12.1853 in Berkersheim, Fabrikarbeiter, wohnhaft in Niederjosbach,
Zugang am 1.2.1906.
Eine Zusammenstellung der SPD im Main-Taunus-Kreis aus dem Jahre 20067
registriert für Niederjosbach im Jahre 1911 = 12 Mitglieder im Arbeiter-Wahlverein,
1912 = 15 Mitglieder, 1913 = 10 Mitglieder, 1914 = 6 Mitglieder. Die örtliche
Organisation dürfte der Arbeiter-Wahlverein Eppstein und Umgebung gewesen sein.
Obwohl die SPD zu Kaiser Wilhelms Zeiten überwacht und verfolgt wurde, ja zeitweise
verboten war, standen ihr viele Niederjosbacher nahe. Bei der Landtagswahl
1890 fuhr sie 61,4 % der Stimmen ein, und 1903 erzielte sie 51,3 % der Stimmen.
Nach mündlicher Überlieferung 8 war August Bebel, * 1840, + 1913, gelernter Stellmacher,
der Gründer der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands, oft zu Gast in
Niederjosbach. Hier besuchte er den Stellmacher (Wagner) Johann Dinges, * 1850 +
1934, Eppsteiner Straße 5. Beide hatten sich als Wandergesellen kennengelernt. Im
Einvernehmen mit den heutigen Hauseigentümern, Klaus und Regina Schrott, wird
hier eine Gedenktafel angebracht.
Nach dem 1.Weltkrieg rief der Sozialdemokrat Philipp Heinrich Scheidemann am
9.November 1918 in Berlin die deutsche Republik aus. Die sozialdemokratische
Regierung hatte die politischen und wirtschaftlichen Probleme des verlorenen Krieges
zu lösen. Auf gütlichem Wege wollte sie erreichen, die Deutschland auferlegten
Lasten der Reparationsleistungen an die Siegermächte erträglicher zu gestalten.
Abgeschafft hat die an der Regierung beteiligte SPD das Drei-Klassen-Wahlrecht, das
Wahlalter wurde auf das 21. Lebensjahr festgesetzt und das Frauenwahlrecht eingeführt.
Ein großer Schritt in Richtung Gleichberechtigung der Menschen in Deutschland.
Nun war auch in Niederjosbach die Zeit vorbei, sich als SPD-Anhänger zu verstecken.
Eine neue Zeit war angebrochen. Aber die Hetze, die Verleumdungen und
Unterstellungen durch die Rechten und die Konservativen hörten nicht auf.
Novemberverbrecher, vaterlandslose Gesellen, Gottlose und rotes Gesindel waren
ständige Beschimpfungen. Trotz gründlicher Recherchen konnten für diese Zeit keine
Unterlagen über das Bestehen einer Organisation und deren Mitglieder gefunden
werden. Auch mündliche Überlieferungen fehlen nahezu. In den Polizeiberichten sind
keine Dokumente, denn die SPD war nicht mehr verboten. Im August 1932 melden
die Gendarmen von Eppstein und Niedernhausen, dass es in Eppstein, Ehlhalten,
7 von Dr. Dieter Reuschling, Hofheim/Ts
8 von Frau Lily Burggraf, geborene Dinges, geb. 1922, Enkelin des Johann Dinges
17