Notensystem Ein für Tango Argentino - Lix
Notensystem Ein für Tango Argentino - Lix
Notensystem Ein für Tango Argentino - Lix
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
19 Form F 67-82 neu 16.06.2004 20:58 Uhr Seite 3<br />
ist. Zum einen fallen so Annotationsfehler<br />
einfacher auf: Inkonsistenzen zwischen den<br />
Noten <strong>für</strong> den Führenden und den Folgenden<br />
deuten auf Stellen hin, an denen sich der<br />
Notierende geirrt haben könnte. Des weiteren<br />
ist das Ableiten der Noten <strong>für</strong> den Folgenden<br />
aus den Noten <strong>für</strong> den Führenden eine<br />
mühselige Aufgabe. Das Lesen der Noten<br />
wird deutlich erleichtert, wenn man direkt<br />
die Bewegungen des Folgenden mitlesen<br />
kann. Und schließlich fördert die gleichzeitige<br />
Notation von Führungsimpuls und resultierenden<br />
Bewegungen die Reflektion und<br />
das Verständnis von Führung.<br />
Die zweite zusätzliche<br />
Anforderung betrifft<br />
einen Punkt,<br />
den ich bisher in der<br />
Diskussion ausgeklammert<br />
habe: die<br />
Musik. Sie ist ein wesentlicher<br />
Faktor bei<br />
der Synchronisierung<br />
der gemeinsamen Bewegung<br />
und damit<br />
Teil der Führung.<br />
Eduardo Arquimbau<br />
schreibt in [2]: „Die<br />
Musik fordert Bewe-<br />
o<br />
gungen, der <strong>Tango</strong><br />
geht seinen Weg<br />
durch den Kopf über<br />
x<br />
das Gefühl in die<br />
Beine’’. Choreographien<br />
sind in ihrer<br />
Ausdruckskraft und<br />
Wirkung stark von den Bezügen zur Musik<br />
abhängig. Es wäre also wünschenswert, die<br />
Notation zusammen mit den Noten <strong>für</strong> die<br />
Musik aufschreiben zu können, so daß daraus<br />
hervorgeht, an welcher Stelle der Musik<br />
welche Figur getanzt wird. Auf diese Weise<br />
läßt sich auch gegebenenfalls ein spezielleres<br />
<strong>Notensystem</strong> <strong>für</strong> Tanz mit der universellen<br />
Benesh Movement Notation ergänzen.<br />
Andere Systeme<br />
zum Argentinischen <strong>Tango</strong><br />
Es gibt bereits Ansätze zur systematischen<br />
Beschreibung des Argentinischen <strong>Tango</strong>. Das<br />
System von Rodolfo Dinzel ist strenggenommen<br />
kein Notationssystem, sondern<br />
ein Katalogisierungsprojekt. Er unterscheidet<br />
3060 Figuren (siehe auch [2], Seite 34f). In<br />
[5] entwickelt er Diagramme, in denen Pfeile<br />
zwischen Bezeichnungen <strong>für</strong> die Figuren die<br />
Kombinationsmöglichkeiten und Beziehungen<br />
zwischen den verschiedenen Figuren im<br />
<strong>Tango</strong> andeuten.<br />
Mauricio Castro [3, 4] hat ein System mit eher<br />
didaktischen Zielen entwickelt. Es fügt<br />
sich in eine lange Tradition ein, Tanzfiguren<br />
über eine grafische Darstellung der<br />
<strong>Tango</strong> danza|Nr. 3 · 2004<br />
Schrittfolgen <strong>für</strong> beide Partner anzugeben.<br />
Die Bildfläche steht <strong>für</strong> den Tanzboden, und<br />
auf ihr finden sich mit Nummern versehene<br />
und durch Pfeile verbundene Abbildungen<br />
der Füße der Tanzenden. Damit erfüllt das<br />
System sicherlich Beneshs Forderung nach<br />
visueller Notation. Die übrigen Anforderungen<br />
des letzten Abschnitts werden<br />
allerdings nicht erfüllt. Zum einen wird<br />
durch die grafischen Beschreibungen automatisch<br />
der Grad von Richtungsänderungen<br />
vorgegeben. Da der wichtigste Bezugspunkt<br />
im <strong>Tango</strong> der Partner ist, spielt aber bei<br />
einer Drehung der exakte Drehwinkel im<br />
x<br />
o<br />
Abb. 2: Pablo Villarraza und Dana Jazmin Frigoli tanzen<br />
verschiedene Sacadavarianten. Darunter sind<br />
die Noten <strong>für</strong> die ensprechenden Momente<br />
vom führenden Pablo angegeben, und weiter<br />
darunter die <strong>für</strong> die folgende Dana.<br />
Raum keine bedeutende Rolle. Geübte<br />
Tänzer sind ohnehin in der Lage, Figuren so<br />
anzupassen, daß man dabei nahezu jede<br />
beliebige Richtungsänderung tanzen kann.<br />
<strong>Ein</strong> damit zusammenhängendes Problem<br />
ist die Schwierigkeit, im System von Castro<br />
eine Figur parallel zu den Noten eines<br />
Musikstückes zu notieren. Und schließlich<br />
können die Noten <strong>für</strong> eine erfolgreich<br />
geführte Figur sicherlich nicht aus den Noten<br />
des Führenden erschlossen werden, da in<br />
den Beschreibungen die Informationen über<br />
den Oberkörper und essentielle Führungsimpulse<br />
fehlen.<br />
Beide hier erwähnten Systeme werden im<br />
Kontext von bestimmten <strong>Tango</strong>schulen eingeführt,<br />
die beispielsweise Details der Haltung<br />
vorgeben, welche von anderen Lehrern<br />
auch anders unterrichtet werden. Die in den<br />
folgenden Abschnitten vorgestellte Tanznotation<br />
versucht Figuren möglichst losgelöst von<br />
bestimmten Stilrichtungen und <strong>Tango</strong>schulen<br />
zu beschreiben.<br />
<strong>Ein</strong> <strong>Notensystem</strong> <strong>für</strong> <strong>Tango</strong><br />
Dieser Abschnitt enthält eine Skizze einer Beschreibungssprache<br />
<strong>für</strong> Argentinischen <strong>Tango</strong>.<br />
Das Ziel soll nicht sein, <strong>Tango</strong> zu formalisieren<br />
oder zu definieren, denn das ist unmöglich;<br />
ebensowenig ist es möglich, mit einem<br />
solchen <strong>Notensystem</strong><br />
<strong>Tango</strong> zu lernen.<br />
Es handelt sich vielmehr<br />
um ein Gedankenexperiment,inwieweit<br />
man mit einem<br />
möglichst einfachen<br />
<strong>Notensystem</strong> die in Abschnitt<br />
3 formulierten<br />
vier Prinzipien erfüllen<br />
kann, und möglichst<br />
viele verschiedene Figuren<br />
damit unterscheiden<br />
kann.<br />
Wenn ich im folgenden<br />
wir schreibe, meine ich<br />
o<br />
das im Sinn von der<br />
x<br />
Leser und ich. Außerdem<br />
will ich im folgenden<br />
den Reichtum der<br />
deutschen Sprache ausnutzen,<br />
die sich ein<br />
grammatisches Geschlecht leistet, und vereinbare<br />
aus Bequemlichkeit, daß der<br />
führende Partner männlich und der folgende<br />
Partner weiblich ist.<br />
Das <strong>Notensystem</strong> beschränkt sich auf die<br />
Beschreibung von fünf führungsrelevanten<br />
Faktoren beim <strong>Tango</strong>. Diese sind hier kurz erwähnt<br />
und werden später genauer behandelt.<br />
w Gewicht. Steht der Tänzer auf dem linken<br />
oder auf dem rechten Bein.<br />
w Ausrichtung des Oberkörpers. Ist der<br />
Tänzer relativ zu seiner Laufrichtung<br />
mit dem Oberkörper nach links,<br />
geradeaus, oder nach rechts gewandt.<br />
w Impulse des Oberkörpers. Beispielsweise<br />
Impulse, die eine Drehung beim Partner<br />
auslösen.<br />
w Zustand der Beine relativ zum Partner.<br />
Gekreuzt oder offen.<br />
w Schritte. Von wo nach wo geht das<br />
unbelastete Bein.<br />
Especial 73