Zwischen Wahlkampf und Regierungsverantwortung - Centrum für ...
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nicht nur einen Vorgeschmack auf seinen künftigen Umgang mit dem grünen<br />
Koalitionspartner, sondern zielte auch darauf ab, seine innerparteilichen Widersacher in<br />
die Schranken zu weisen. Bündnis ‘90/Die Grünen vermochten vor dem Hintergr<strong>und</strong><br />
dieser Strategie Schröders – dazu kamen ihr schwaches Abschneiden bei der<br />
B<strong>und</strong>estagswahl sowie ihre fehlende Regierungserfahrung auf B<strong>und</strong>esebene – nur<br />
wenig Einfluss auf sachpolitische Entscheidungen zu nehmen (Bergmann 1999: 325).<br />
Um ihrer Anhängerschaft trotzdem Erfolge vorweisen zu können, richteten die Grünen<br />
den Fokus ihrer Verhandlungsstrategie auf die Maximierung von Regierungsämtern,<br />
deren Besetzung der Parteiführung als Mittel zur Befriedung der zahlreichen<br />
Parteiflügel <strong>und</strong> -gruppierungen diente. Aufgr<strong>und</strong> dessen gingen die Bündnisgrünen mit<br />
der bewusst hohen Forderung von vier Ministerposten in die Gespräche, wodurch<br />
zumindest auf diesem Feld Verhandlungsspielraum gewonnen werden konnte. Dabei<br />
stützten sie ihre Forderung insbesondere auf die nötige Einhaltung der Frauenquote. Als<br />
Reaktion wollte die SPD ihrem Partner nur zwei Ministerien zugestehen, um das<br />
Verhandlungsergebnis von drei Ministern vorzubereiten, <strong>und</strong> sprach zudem kühl von<br />
einem Zweckbündnis, um zu demonstrieren, dass die Grünen ersetzlich seien, 17 was den<br />
‚Projekt’-Charakter der Koalition fraglich erscheinen lässt, den auch Egle <strong>und</strong><br />
Zohlnhöfer anzweifeln (2007). Tatsächlich konstatierten Beobachter schon bald nach<br />
der Wahl Schröders, dass der vermeintlich durch die rot-grüne Regierung vollzogene<br />
„Zeitenwechsel“ (Weidenfeld 1999: 60 ff.) in Wirklichkeit nicht nur politisch bedingt,<br />
sondern vielmehr auch auf verschiedenste andere, zum Teil langfristige Faktoren<br />
zurückzuführen war.<br />
Während die Verteilung der Ressorts gewöhnlich zu Konflikten zwischen den<br />
angehenden Koalitionsparteien führt, löste dieser Vorgang 1998 insbesondere<br />
innerparteiliche Auseinandersetzungen bei SPD <strong>und</strong> Bündnis ‘90/Die Grünen aus. Im<br />
Blickpunkt der politischen Berichterstattung stand dabei vor allem das Ringen um die<br />
Macht zwischen dem designierten B<strong>und</strong>eskanzler Schröder <strong>und</strong> dem Parteivorsitzenden<br />
Oskar Lafontaine. Dessen Versuch, das ihm bereits zugewiesene Finanzministerium um<br />
die Verantwortlichkeiten <strong>für</strong> Gr<strong>und</strong>satzfragen der Wirtschaftspolitik <strong>und</strong> Konjunktur<br />
sowie Europaangelegenheiten zu erweitern <strong>und</strong> damit zu einem ‚Superministerium’<br />
nach angelsächsischen Vorbild auszubauen, stieß auf heftigen Widerstand seitens<br />
Schröders, aber auch des Koalitionspartners. Die grüne Personaldebatte dagegen war<br />
gezeichnet von ausgeprägten Kämpfen zwischen dem linken Flügel um Jürgen Trittin<br />
<strong>und</strong> den von Fischer geführten ‚Realos’ (Bergmann 1999: 319 f.).