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Michael Neureiter<br />

Vom Waidringer Kirchturm<br />

in das „Glockendorf Tirol“<br />

Die Restaurierung und Revitalisierung des Turmuhrwerks<br />

der Pfarrkirche Waidring<br />

Es begann im Oktober 2005: Nach einem Hinweis von<br />

Hans Steiner machte ich mich über Lofer auf den Weg<br />

nach Waidring, gleich nach der Landesgrenze zwischen<br />

Salzburg und Tirol. Hier erinnert am Pass Strub<br />

der pilzförmige Grenzstein mit der Jahreszahl 1606<br />

und dem Salzburger Landeswappen bzw. dem Tiroler<br />

Adler an den Vertrag, der im Oktober 1606 zwischen<br />

Erzherzog Maximilian als Graf zu Tirol und dem Salzburger<br />

Fürsterzbischof Wolf Dietrich von Raitenau die<br />

Grenzziehung zwischen der Herrschaft Kitzbühel und<br />

dem Landgericht Lofer regelte. 1 Der Grenzstein ist<br />

derzeit seitenverkehrt aufgestellt, der Tiroler Adler<br />

sollte richtig nach Waidring schauen und das Salzburger<br />

Landeswappen nach Lofer gerichtet sein. 2<br />

Nach der Ortschaft Strub öffnet sich der Blick auf<br />

das Dorf Waidring mit etwa 2100 Einwohnerinnen<br />

und Einwohnern am Fuß der Loferer Steinberge und<br />

der Steinplatte, am Dreiländereck zwischen Bayern,<br />

Salzburg und Tirol. Die Dorfansicht ist geprägt vom<br />

hohen Walmdach der barocken Kirche und dem<br />

schlanken Kirchturm mit seinem Zwiebelhelm.<br />

Im Turm fand der Besucher ein stark verrostetes<br />

Turmuhrwerk vor, das offensichtlich seit Jahrzehnten<br />

außer Funktion war. Die Pendelstange war<br />

abgeschnitten, die Seile und Gewichte fehlten, alte<br />

Zeiger voller Rost steckten im Werk. Der Turm war<br />

durch eine Rundum­Betonauskleidung innen noch<br />

beengter als gewöhnlich.<br />

Die Pfarrkirche zum heiligen Vitus<br />

Als 1991 in der Kirche archäologische Grabungen<br />

durchgeführt wurden, konnten im südlichen Chorbereich<br />

Fundamentreste von zwei Vorgängerkirchen<br />

aus romanischer Zeit (12./13. Jahrhundert) und aus<br />

der Gotik (laut Urkunden erbaut 1479–1505) entdeckt<br />

werden. Zusätzlich ergaben sich Hinweise auf<br />

einen frühmittelalterlichen Bau – vermutlich in der<br />

Frühphase der Christianisierung im 8. Jahrhundert.<br />

Darauf deutet auch der Pfarrpatron, der heilige Vitus,<br />

hin, der als solcher laut Güterverzeichnis des Bischofs<br />

Arno von Salzburg (um 790) im Umkreis von<br />

Waidring damals schon mehrfach vorhanden war –<br />

in Kufstein, Nußdorf am Inn und Zell am Ziller. 3 Es<br />

ist also anzunehmen, dass die Kirchen Zell am Ziller<br />

1 Das Innenzifferblatt am Chorbogen ist vermutlich außer<br />

Betrieb, seit der Turm für das neue Geläute 1938 innen mit<br />

einer Stützschale aus Beton versehen wurde.<br />

2 Die Pfarrkirche Waidring mit Pfarrhof (links) und alter Totenkapelle (rechts),<br />

gesehen von der Pillerseestraße<br />

35


und Waidring „schon im 8. Jahrhundert bestanden<br />

haben müssen“. 4<br />

War die gotische Kirche aus dem Jahr 1505 5 zu<br />

eng geworden, war sie baufällig? 1757 begann nach<br />

dem Abbruch (mit Ausnahme des Turms) der Neubau.<br />

Dieser ging rasch vor sich, und 1764 wurde die<br />

neue Kirche geweiht – durch den Bischof von Chiemsee,<br />

Franz Karl Eusebius Graf von Waldburg­Trauchburg,<br />

6 zumal Waidring bis 1817 zum Bistum Chiemsee<br />

gehörte (seither zur Erzdiözese Salzburg).<br />

Der helle, freundliche Kirchenraum unter dem hohen<br />

Walmdach des Neubaus ist einschiffg, das Langhaus<br />

hat drei Joche. „Das erste Fresko hinter dem<br />

Chorbogen zeigt eine in illusionistischer Scheinarchitektur<br />

und eindrucksvoller Perspektive gemalte Glorie<br />

des Hl. Geistes“ und in der Mitte das reale „Heilig­<br />

Geist­Loch“. 7 Am Chorbogen findet sich vor diesem<br />

Fresko ein Innenzifferblatt mit kurzem Stunden­ und<br />

langem Minutenzeiger, das nicht mehr in Betrieb ist.<br />

An der Zeitanzeige des Innenzifferblatts orientierte<br />

sich als Organist ab November 1818 und bis zu seinem<br />

Tod 1851 Blasius Wimmer, der als Lehrer angestellt<br />

war und auch die Aufgabe des Mesners wahrnahm.<br />

Für seinen Dienst als Organist verfasste er bereits<br />

1819 ein Orgelbuch und ein Kirchenliederbuch.“ 8<br />

Das mit 22. Juli 1819 datierte Kirchenliederbuch<br />

enthielt neben „Frauenliedern“ und „Bußliedern“<br />

auch 23 „Weihnachtslieder“, davon acht mit Noten.<br />

Wie im Orgelbuch war auch hier das Lied Stille Nacht!<br />

Heilige Nacht! enthalten, und zwar schon ein halbes<br />

Jahr, nachdem es am Heiligen Abend 1818 in Oberndorf<br />

bei Salzburg erstmals erklungen war! Wimmer<br />

änderte die erste Zeile in „Heiliger Tag! Stille Nacht!“<br />

und fügte eine siebte Strophe hinzu:<br />

„Heiliger Tag! Stille Nacht! Kön’gen auch kundgemacht<br />

Durch denselben glänzenden Stern<br />

Tönt es laut in Nähe und Fern’:<br />

Jesus der Retter ist da.“ 9<br />

Als Mesner wird Wimmer auch täglich die 87 Stufen<br />

zur Turmuhr gestiegen und diese aufgezogen haben.<br />

Die Beschäftigung mit Blasius Wimmer war für mich<br />

der Ausgangspunkt für Stille­Nacht­Recherchen in<br />

Waidring – mit Hilfe von Ortschronist Hans Steiner –<br />

und für einen gründlichen Blick auf das Turmuhrwerk.<br />

Der Turm<br />

Der Kirchturm mit seiner „zierlichen Doppelhaube“<br />

wurde vor dem Neubau ab 1757 nicht abgebrochen. 10<br />

„Der im Kern spätgotische Ostturm wurde um 1780<br />

mit zwei durch Gesimse abgesetzte[] Glockengeschoße[]<br />

mit rundbogigen Schallöffnungen und einem<br />

Doppelzwiebelhelm ausgebaut.“ 11 An der unteren<br />

Zwiebel erinnert die dorfseitig angebrachte Jahreszahl<br />

1764 an die Kirchweihe der barocken Kirche.<br />

Es ist anzunehmen, dass die (bisher nicht terminlich<br />

nachgewiesene) Anschaffung der Turmuhr um<br />

1780 mit der Turmerhöhung erfolgt ist.<br />

Die Glocken<br />

Die Glocken von Waidring haben eine wechselvolle<br />

Geschichte, vier Geläute sind belegt: Schon nach der<br />

Turmaufstockung 1780 muss es Glocken gegeben<br />

haben, mindestens zwei waren auch als Schlagglocken<br />

für die neue Turmuhr erforderlich. Die weiteren<br />

Entwicklungen hat Josef Kral in Glockengedächtnis<br />

Tirol. Die Glockenkunde des P. Augustin Jungwirth 12<br />

vorgelegt. Darüber hinausgehende Informationen<br />

erhielt ich im persönlichen Kontakt mit Kral.<br />

1862 wurde von der Firma Johann Grassmayr,<br />

Innsbruck­Wilten, ein Geläute mit vier Glocken und<br />

insgesamt 1587 Kilogramm Gewicht geschaffen:<br />

„Für die 1764 geweihte Kirche goss Gr 1862 folgendes<br />

Geläute.“ 13 Diese vier Glocken wurden im Ersten<br />

Weltkrieg 1916/17 abgehängt und eingeschmolzen.<br />

An ihre Stelle trat 1922 ein Provisorium von drei<br />

Stahlglocken, hergestellt von Böhler, Kapfenberg:<br />

Dieses Geläute hatte ganze 891 Kilogramm.<br />

1938 kam es zu einer großzügigen Spende des (mit<br />

seinen Eltern) langjährigen Waidringer Sommergastes<br />

Alexander Kreuter, eines deutschen Wirtschaftsjuristen<br />

mit einem bemerkenswerten Werdegang: 1918<br />

war er Referent der deutschen Delegation für den<br />

Friedensvertrag von Versailles, dann vielfach im Bankwesen<br />

engagiert. Im Zweiten Weltkrieg war Kreuter,<br />

inzwischen Mitglied der Allgemeinen SS, bald nach<br />

der Kapitulation Frankreichs 1940 in Schlüsselfunktionen<br />

der dortigen Finanzwirtschaft tätig. 14<br />

1938 schenkte er der Pfarre ein Bronzegeläute mit<br />

dem Gesamtgewicht von 9292 Kilogramm, es wurde<br />

von der Firma Schilling in Apolda gegossen und am<br />

2. Oktober 1938 geweiht. 15 Die größte der fünf Glocken<br />

mit dem Namen „Deutschland“ und 5305 Kilogramm<br />

trug und trägt eine Widmung an Kreuters Eltern „im<br />

Jahre der Erfüllung deutscher Einheit 1938“. 16 In der<br />

Liste der größten Glocken Österreichs liegt die<br />

„Deutschland“ hinsichtlich des Gewichts auf Platz 21. 17<br />

Waidring hatte 1938 mit dem neuen Geläute ein<br />

großzügiges Geschenk erhalten, Waidring hatte damit<br />

aber auch ein gewichtiges Problem: Hatte das<br />

Geläute aus dem Jahr 1862 noch 1587 Kilogramm gewogen,<br />

so wog das neue Geläute fast das Sechsfache.<br />

Es war daher notwendig, die Tragkraft des zarten<br />

Turms wesentlich zu verstärken. Dazu wurde dieser<br />

innen mit einer ca. 30 bis 40 Zentimeter dicken<br />

Stahlbetonauskleidung versehen und für das Vielfache<br />

an Glockenlast gesichert. Dieser Umbau hatte<br />

natürlich auch Folgen für das Turmuhrwerk: Es wurde<br />

an die noch größere Enge angepasst, die Verbin­<br />

36


3 Die für das schwere Geläute erforderliche 20 Zentimeter dicke Innenschale des Turms wurde vermutlich 1938 ergänzt.<br />

4 Das Turmuhrwerk mit starkem Rostbefall vor dem Abbau für die Restaurierung<br />

5 Eines der beiden alten Zeigerpaare, links der kurze Minutenzeiger, rechts der lange Stundenzeiger<br />

dung zum Zifferblatt im Chorbogen ging verloren,<br />

die Schlaghebel für Viertelstunden und Stunden<br />

wurden aus Platzgründen geknickt.<br />

Auch das Geläute von 1938 ging teilweise verloren,<br />

es wurde im Zweiten Weltkrieg mit Ausnahme<br />

der „Großen“ für Kriegszwecke enteignet und eingeschmolzen.<br />

So kam es, dass 1958 wieder der gleiche Spender,<br />

Alexander Kreuter, tätig wurde: Er dürfte sich nach<br />

dem Kriegsende rasch an die neuen Gegebenheiten<br />

angepasst und sich arrangiert haben, 18 engagierte<br />

sich in vielen kulturellen Belangen und erhielt 1959<br />

den Bayerischen Verdienstorden. Kreuter finanzierte<br />

1958 in Ergänzung zur noch vorhandenen „Deutschland“<br />

vier neue Glocken mit den gleichen Namen,<br />

wie sie die eingeschmolzenen getragen hatten: „Heimat“,<br />

„Glaube“, „Friede“ und „Liebe“; sie wurden nun<br />

von der Firma Schilling in Heidelberg gegossen – geführt<br />

von einem Sohn des Betreibers jener Firma<br />

Schilling in Apolda, aus der die eingeschmolzenen<br />

Glocken stammten. Das komplettierte volle Geläute<br />

hatte und hat nun 9674 Kilogramm. „So kann das Geläute<br />

Waidrings zu den schönsten und größten in<br />

Österreichs gezählt werden.“ 19 Vielleicht ist es auch<br />

die engste Glockenstube?<br />

Alexander Kreuter starb 1977 und wurde in Waidring<br />

begraben. Eine Tafel aus Bronze erinnert an seiner<br />

Ruhestätte, der ehemaligen Totenkapelle auf dem<br />

Waidringer Friedhof, mit dem Hinweis auch auf den<br />

Dienst der Glocken als Läutglocken und Uhr­Schlagglocken:<br />

„Gerufen und ungerufen wird Gott da sein.“<br />

Das Turmuhrwerk am alten Platz<br />

Das Turmuhrwerk Waidring ist um 1780 entstanden:<br />

Die drei Teilwerke liegen nebeneinander, das Gehwerk<br />

in der Mitte, das Viertelschlagwerk (vom Betrachter<br />

gesehen) vorne und das Stundenschlagwerk hinten.<br />

Den Antrieb besorgten drei (verlorene) Gewichte.<br />

Aus der Entstehungszeit stammen auch zwei Zeigerpaare,<br />

die an recht kleinen Zifferblättern montiert<br />

waren: Die Zeiger sind von der Mitte bis zur Spitze<br />

nur 37 bzw. 50 Zentimeter lang. Diese alte Zeigerstellung<br />

mit kurzem Minuten­ und langem Stundenzeiger<br />

findet man noch heute öfters, zum Beispiel in der<br />

Stadt Salzburg in St. Peter, an der Kollegienkirche<br />

und am Glockenspielturm. Der Grund wird darin liegen,<br />

dass mit der höheren Genauigkeit von Uhren<br />

auch deren Ergänzung mit Minutenzeigern erfolgte.<br />

Da lange Stundenzeiger schon vorhanden waren,<br />

konnten die neuen Minutenzeiger nur kürzer sein.<br />

Im späten 19. Jahrhundert wurde das Uhrwerk<br />

umgebaut, möglicherweise im Zuge der Anschaffung<br />

des neuen Geläuts 1862? Dabei wurde die Hemmung<br />

vom früheren Ankergang nach Clement auf<br />

den Graham’schen Gang umgebaut, und sie erhielt<br />

das bestehende Pendel mit großer Blech­Pendellinse,<br />

die zur Einstellung der Genauigkeit sowohl mit<br />

einer Flügelschraube verstellbar als auch nachfüllbar<br />

ist.<br />

Bei diesem Umbau wurde auch das Kontrollzifferblatt<br />

mit zwei Zeigern ergänzt. Die Form des Kontrollzifferblatts<br />

ist einem Schwarzwälder Lackschild<br />

mit Bogen nachempfunden und lässt auf die Turmuhrenbauerfamilie<br />

Jäger schließen: Ähnliche Zifferblätter<br />

haben die Turmuhrwerke der Augustinerkirche<br />

in Rattenberg (umgebaut 1857), der Pfarrkirche<br />

Virgen (gebaut 1879) und der Kirche St. Stefan in<br />

Mori (im Trentino; gebaut 1877). 20<br />

Keine Vergleiche konnten bisher zur Form der<br />

fünf kunstvollen Gestellbekrönungen gefunden werden:<br />

Sie stammen auch aus dem 19. Jahrhundert.<br />

Ganz einfache Rollwerke haben die vertikalen Lagerbänder,<br />

die aus der Entstehungszeit des Werks im<br />

18. Jahrhundert datieren.<br />

Weitere „Behandlungen“ des Waidringer Werks<br />

im 20. Jahrhundert lassen sich mit Schweißspuren<br />

belegen und mit der Reparatur von zwei Zähnen des<br />

Hakenrads.<br />

37


6 Das Kontrollzifferblatt wurde im 19. Jahrhundert ergänzt.<br />

7 Ein sicherer Hinweis auf den Umbau ist die Tatsache, dass es am Waidringer Werk Marken aus mehreren „Generationen“ gibt: Im Bild ein<br />

Gestellknoten mit der ursprünglichen Markierung mit acht Punkten und den späteren arabischen Ziffern.<br />

8 Das Hakenrad: oben ein gelöteter Zahn, darunter ein „Zahnersatz“<br />

Die Restaurierung<br />

Die Restaurierung der vielen Einzelteile des komplett<br />

zerlegten Werks erfolgte durch eine behutsame<br />

händische Reinigung mit Bewahrung der Schmiedehaut,<br />

dabei konnte die Befundung wesentlich vertieft<br />

werden. Bei der Reinigung war wegen der Staubbelastung<br />

und wegen Corona ein Mund­Nasen­<br />

Schutz geboten. Dann wurde die Oberfläche mit<br />

Bleiseife gegen Rost gesichert. Das Kontrollzifferblatt<br />

musste durch Schriftenmalermeister Helmut<br />

Guttmann gründlich überarbeitet werden. Für die<br />

Neuaufstellung der Uhr war der Einbau eines antiken<br />

Zeigerwerks erforderlich, diesen besorgte<br />

Schmiedemeister Hans Otty.<br />

Die Turmuhr im Glockendorf<br />

Heute werden österreichweit nur noch in vier Gießereien<br />

Glocken im Vollerwerb gegossen – zwei davon<br />

liegen in Waidring. 21 Im futuristisch anmutenden<br />

„Biatron“ am Parkplatz der Bergbahnen Waidring/<br />

Steinplatte wurde 2019 das „Glockendorf Tirol“ (Obmann<br />

Andreas Kals) eröffnet, zu dem auch das Meisterstück<br />

des Waidringers Josef Hauser gehört, der<br />

Turm einer gotischen Kathedrale en miniature samt<br />

Uhren und Glockengeläute – und nun auch die restaurierte<br />

Turmuhr aus der Pfarrkirche.<br />

Das historische Turmuhrwerk hat im „Glockendorf<br />

Tirol“ einen neuen Standort gefunden. Die Besucherinnen<br />

und Besucher können die Uhrzeit auf<br />

dem Skelettzifferblatt und dem Kontrollzifferblatt<br />

sehen und durch die zwei neuen Schlagglocken hören,<br />

die in der Firma Kunst­ und Glockenguss Richard<br />

Foidl entstanden und 10 bzw. 6 Kilogramm<br />

wiegen.<br />

Das Projekt der Restaurierung und Revitalisierung<br />

der historischen Turmuhr wurde aufgrund eines Vertrags<br />

zwischen der Pfarre Waidring (Sr. Bar bara<br />

Grundschober) und dem Verein Glockendorf Tirol<br />

möglich und durch das Land Tirol und das Bundesdenkmalamt<br />

gefördert. Der Plan für den neuen Ort,<br />

an dem die historische Uhr anschaulich (und hörbar)<br />

wird, stammt vom in Waidring gebürtigen Architekten<br />

Richard Steger, das Design von Gerald Pilz.<br />

9 Die Reinigung und die Oberflächensicherung mit Wachs führten zu einem dauerhaften Schutz.<br />

10 Die Gestellbekrönungen zeugen von der Schmiedekunst im 19. Jahrhundert.<br />

11 Das renovierte Kontrollzifferblatt erinnert an die Schwarzwälder Lackschilduhren.<br />

38


„Unsere posttraditionelle Gesellschaft braucht<br />

wieder eine gedächtnisgeleitete Kultur“, meint der<br />

Salzburger Prälat und Kunsthistoriker Johannes Neuhardt.<br />

22 Das Bedenken der Geschichte von Uhren und<br />

Glocken, ihrer Technik und Funktionsweise, aber<br />

auch ihrer Intentionen mag ein klein wenig dazu beitragen.<br />

Das „Glockendorf Tirol“ bietet gute Zugänge.<br />

Bildnachweis<br />

Abb. 1–8, 10–14: Foto horologium (www.horologium.at); Abb. 9: Foto<br />

Salzburg24/Wurzer<br />

Anmerkungen<br />

1 Vgl. Peter Husty u. Regina Kaltenbrunner: Denkmäler an Salzburgs<br />

Straßen (= Schriftenreihe „Baudokumentationen der Landesbaudirektion“,<br />

35). Salzburg 1998, S. 171.<br />

2 Ich danke Peter Waldhäusl für den Hinweis auf die seitenverkehrte<br />

Aufstellung.<br />

3 Vgl. Kirchenführer Pfarrkirche St. Vitus und St. Nikolaus in Waidring.<br />

Salzburg, 4. Aufl. 2013, S. 3.<br />

4 Kurt Anton Mitterer: Die Patrozinien der Diözese Salzburg unter<br />

besonderer Berücksichtigung der Heiligenverehrung im 8. und<br />

9. Jahrhundert. In: Mitteilungen der Gesellschaft für Salzburger<br />

Landeskunde, 132 (1992), S. 7–127, hier S. 50.<br />

5 Vgl. Dehio Tirol (= Handbuch der Kunstdenkmäler Österreichs).<br />

4. neubearb. Aufl. Wien 1960, S. 228.<br />

6 Vgl. Kirchenführer (wie Anm. 3), S. 4.<br />

7 Ebd., S. 6.<br />

8 Anna Holzner: „Stille Nacht!“ 1819 in Waidring. In: Blätter der<br />

Stille Nacht Gesellschaft, Folge 56 (Dezember 2017). Oberndorf<br />

bei Salzburg 2017, S. 1–6, hier S. 2.<br />

9 Ebd., S. 2.<br />

10 Dehio Tirol (wie Anm. 5), S. 228.<br />

11 https://de.wikipedia.org/wiki/Pfarrkirche_Waidring (30.11.2020).<br />

12 Josef Kral (Hg.): Glockengedächtnis Tirol. Die Glockenkunde des<br />

P. Augustin Jungwirth (= Schriftenreihe des Archivs der Erzdiözese<br />

Salzburg, 21). Lienz 2019, S. 286–289.<br />

13 Ebd.<br />

14 Zur ersten Orientierung diente: https://de.wikipedia.org/wiki/<br />

Alexander_Kreuter (9.1.2021). Kreuter, in den Unterlagen der SS<br />

als zahlendes Mitglied geführt, behauptete nach dem Zweiten<br />

Weltkrieg, seine Verbindung zur SS sei „rein nominell und nur aus<br />

wirtschaftlichen Gründen“ erfolgt (James Stewart Martin: Alle<br />

Honorable Men, Boston 1950, S. 206).<br />

15 Neueste Zeitung, 1. Oktober 1938, S. 5.<br />

12 Das futuristische Biatron beherbergt die Glockenwelt mit historischen<br />

Zeugnissen kunstvollen Handwerks.<br />

16 Kral, Glockengedächtnis (wie Anm. 12), S. 288. In den Kitzbüheler<br />

Nachrichten erschien am 1. Oktober 1938 ein Auszug aus einer<br />

Begutachtung des Geläutes durch den Erfurter Domorganisten<br />

Otto Janson.<br />

17 Vgl. Jörg Wernisch: Glockenkunde von Österreich. Lienz 2006,<br />

S. 1081.<br />

18 Zu Kreuters Entwicklung nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs<br />

war ein Hinweis aus der DDR auf den amerikanischen Brigadegeneral<br />

William J. Draper zu finden: „General Draper nahm sich den<br />

Oberst der SS Alexander Kreuter, dessen Rang entsprechend der<br />

offziellen amerikanischen Politik automatisch seine Verhaftung<br />

nach sich gezogen hätte, als seinen persönlichen Berater“ (Dokumentation<br />

der Zeit: ddz, Berlin, Hefte 337–348). Dieses Engagement<br />

war eine direkte Verletzung von General Eisenhowers Befehl,<br />

dass kein Deutscher, der Mitglieder der NSDAP gewesen war, einen<br />

wichtigen Job innehaben könne. General Draper ging noch weiter<br />

und setzte zwei Reiseaufträge für Kreuter durch, der wie er vor<br />

dem Krieg für die Investment Bank Dillon, Read and Co. gearbeitet<br />

hatte (The Courier­Journal, Louisville, Kentucky, 1. 10. 1947, S. 16).<br />

19 Kirchenführer (wie Anm. 3), S. 4.<br />

20 Vgl. Gebhard Jäger u. Josef Walser: „D’Uhrner“. Die Turmuhrenmacher<br />

Jäger aus Kappl im Paznaun. Kappl o. J., S. 141, 156 u. 242.<br />

21 Vgl. Folder Glockenwelt. Waidring 2019, https://glockendorf.tirol/site/assets/files/2979/glockendorf_folder­web.pdf<br />

(23.12.2020).<br />

22 Johannes Neuhardt: Mein Salzburg. Die verkaufte Schönheit.<br />

Salzburg 2020, S. 8.<br />

13 Das neu platzierte Turmuhrwerk mit dem „Dom“ von<br />

Josef Hauser<br />

14 Das renovierte Turmuhrwerk in der „Glockenwelt Tirol“ mit Turmuhrmacher Michael<br />

Neureiter (links) und Richard Foidl, der die beiden neuen Schlagglocken goss<br />

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