Berufsschule 2020-2
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ZU HAUSE<br />
Home-Office und<br />
Distance-Learning<br />
Aus der Sicht einer Mutter, einer Berufsschullehrerin und<br />
einer Gewerkschafterin … Ein Bericht aus Wien.<br />
VON NICOLE FEICHTINGER<br />
Am Freitag, den 13. März <strong>2020</strong>, war es für<br />
mich traurige Gewissheit – die Schulen<br />
schlossen ihre Tore – kein direkter Kontakt<br />
mit den Schülerinnen und Schülern im Unterricht!<br />
In Windeseile wurden sämtliche Plattformen für<br />
den Online-Unterricht durchforstet, studiert und<br />
aktiviert. Laptops und/oder Notebooks wurden<br />
für die Schülerinnen und Schüler organisiert, Aufgaben<br />
auf Homepages geladen, Schulmailadressen<br />
benutzt und bekanntgegeben. Die Digitalisierung<br />
konnte in wenigen Tagen fast flächendeckend<br />
umgesetzt werden. In Krisenzeiten werden wohl<br />
Kräfte wachgerüttelt, die sonst im Verborgenen<br />
schlummern.<br />
EIN NEUER TAGESABLAUF<br />
Viele unserer Schülerinnen und Schüler im Handel<br />
waren aber auch vor Ort und haben gezeigt, dass sie<br />
ein wichtiger Motor für die Wirtschaft sind. Plötzlich<br />
stieg das Ansehen des Lehrberufs, aber auch das<br />
des Lehrers. Schule ist eben nicht nur ein Ort der<br />
Wissensvermittlung! Es geht um soziale Bindungen,<br />
um die Beziehungsebene und die Tatsache, dass<br />
der Lehrer als Person in einem Bildungssystem<br />
nicht online ersetzbar ist.<br />
Für mich persönlich war es eine Umstellung – bisher<br />
war die Digitalisierung noch nicht wirklich<br />
angekommen. Als Lehrerin und Mutter<br />
schulpflichtiger Kinder war die erste Herausforderung,<br />
einen geregelten Tagesablauf<br />
zu organisieren – und alles, was dazu<br />
gehört. Aber ich hatte Glück, denn meine<br />
Töchter gehören zu den ehrgeizigen und<br />
interessierten Schülerinnen, und so habe<br />
ich sie, wenn überhaupt, nur begleitet – und dafür<br />
möchte ich hier an dieser Stelle ein großes DANKE-<br />
SCHÖN an meine beiden Mädels sagen!<br />
Dadurch war und ist es für mich eine ruhige, besonnene<br />
Zeit – es geht uns körperlich und psychisch gut<br />
– nur der soziale Kontakt zur Außenwelt fehlt! Die<br />
Freude über die Schulöffnung ab 18. Mai <strong>2020</strong> war<br />
vor allem für die Jüngere ein lang ersehntes Ereignis.<br />
Meine Töchter schätzen ihre Lehrerinnen und Lehrer<br />
sehr, und auch ich durfte mich über viele Schülerinnen<br />
und Schüler freuen, die zugaben, dass die Schule,<br />
die anderen Lehrlinge, aber auch wir, die Lehrerinnen<br />
und Lehrer, fehlen! Das tat gut, denn es ging mir nicht<br />
anders.<br />
Einiges wird in so einer Situation nichtig, manches<br />
komplett uninteressant. Der tägliche Kampf um meinen<br />
Laptop wurde mit einem Zeitplan besiegt, die<br />
tägliche Frage nach dem Mittag- und Abend essen<br />
war nach ungefähr zwei Wochen erledigt, als ich<br />
feststellte, dass wir genug an Kochbüchern im Haus<br />
haben und ich meiner Kreativität freien Lauf lassen<br />
konnte. In den ersten Wochen wurde unter anderem<br />
geputzt, ausgemistet, gebacken und viel gelesen –<br />
unglaublich, wie viele Bücher ein Heim bei uns gefunden<br />
haben und trotzdem nicht gelesen wurden. Aber<br />
nach dem ersten Schock über diesen Lockdown kam<br />
Ehrgeizig und interessiert: Jasmin und Victoria<br />
Feichtinger arbeiten sehr selbstständig.<br />
6 • www.goed-berufsschule.at 2-20