Umbruch Nr. 115 - BJCKM
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Ausflugstipp zum<br />
„Urtyp der Schreibmaschine“<br />
Dass es auch in der schönen Palz außer<br />
den Blitztippern noch etwas gibt, was mit<br />
dem „Schreibmaschinenschreiben“ zu tun<br />
hat, wird allen aus Nah und Fern in diesem<br />
kurzen Bericht „nähergebracht“. Da der Pfälzische<br />
Stenografenverband sein „Hundertjähriges“<br />
in diesem Frühjahr feierte, dient<br />
uns Pälzern dies als Anlass, auch über<br />
Dinge zu schreiben, über die man im Computerzeitalter<br />
gar nicht mehr nachdenkt oder<br />
nachdenken will. Könnt ihr euch vorstellen,<br />
mit einer Nadel über eine Tafel zu gleiten,<br />
und – wenn der richtige Buchstabe mit dieser<br />
Nadel erreicht ist – eine Taste zu bewegen?<br />
So musste vor exakt hundert Jahren<br />
eine der ersten Schreibmaschinen nämlich<br />
bedient werden. Keine Tastatur wie sie heute<br />
millionenfach auf Schreibtischen steht,<br />
keine zehn Finger, die in Windeseile einen<br />
Text eintippen. Die von AEG gebaute Mignon,<br />
Modell 4, funktionierte noch nach der<br />
Einfinger-Suchtechnik (mit der allerdings<br />
heutzutage auch immer noch der eine oder<br />
andere auf seiner Tastatur herumsucht). In<br />
einem Dorf im Landkreis Südwestpfalz mit<br />
dem Namen Heltersberg gibt es ein Heimatmuseum,<br />
in dem die Besucher diese archaische<br />
Schreibmaschinentechnik begutachten<br />
Foto: www.maschinensammlung.de<br />
und auch testen können, denn das Modell<br />
ist noch voll funktionsfähig.<br />
Mit einer Hand führte die Schreibkraft um<br />
1900 in Büros die Nadel. Die andere Hand<br />
betätigte die Drucktaste. Neben der Drucktaste<br />
befindet sich die Leertaste. Ganz so<br />
lahm, wie es auf den ersten Blick erscheint,<br />
war die Mignon jedoch nicht, wie der Museumsleiter<br />
Walter Brückner demonstriert. Mit<br />
einigem Geschick und Übung konnte doch<br />
noch recht flott getippt werden. Jeder „Blitztipper“<br />
würde sich dennoch wundern, wenn<br />
er dieses „Schreibgerät“ direkt anschauen<br />
würde und dann noch damit umgehen sollte<br />
oder wollte.<br />
Die Eintastermaschinen waren einst trotz<br />
der zeitgleich aufkommenden Konkurrenz<br />
durch die heute gebräuchliche Tastaturmaschine<br />
à la Remington sehr beliebt. Die Vorteile<br />
der Mignon: Das Geschriebene war sofort<br />
sichtbar, die Maschinen waren wesentlich<br />
billiger und das Typenrad konnte ausgewechselt<br />
werden, womit der Schrifttyp variiert<br />
werden konnte. Erst mit der Einführung<br />
der Kugelkopfmaschinen von IBM in den<br />
50er Jahren waren auch normale Schreibmaschinen<br />
in der Lage, den Typenträger<br />
auszuwechseln.<br />
Ganz so archaisch war die Technik übrigens<br />
doch nicht. Immerhin bedienen sich<br />
Kleinstcomputerproduzenten mittlerweile<br />
auch wieder der Einfingersuchtechnik, da<br />
die Tastatur zu groß für die kleinen Hochleistungsrechner<br />
ist. Und die heutige Jugend<br />
mit ihrer Vorliebe für Kurznachrichten via<br />
Handy, wie sie geduldig mit der kleinen<br />
Tastatur ihres Mobiltelefons Texte eintippen,<br />
die wären mit einem System wie bei Mignon<br />
regelrecht glücklich.<br />
Das Heltersberger Heimatmuseum befindet<br />
sich im Haus der Gemeindebücherei<br />
und ist dienstags von 15 bis 17 Uhr sowie<br />
freitags von 16 bis 18 Uhr und 19 bis 20 Uhr<br />
geöffnet. sg<br />
stenojugend <strong>115</strong> 7