Die Sperrwirkung des § 371 Abs. 2 Nr. 1 - Kanzlei Dr. jur. Jörg ...

Wird beantragt, den Prüfungsbeginn zu verschieben, können als wichtige Gründe
z.B. eine Erkrankung des Steuerpflichtigen, seines steuerlichen Beraters oder
eines für Auskünfte maßgeblichen Betriebsangehörigen, beträchtliche Betriebsstörungen
durch Umbau oder höhere Gewalt anerkannt werden, § 5 Abs. 5 Satz
1 BPO. Dem Antrag des Steuerpflichtigen kann auch unter einer Auflage, z.B.
der Erledigung von Vorbereitungsarbeiten für die Prüfung stattgegeben werden,
§ 5 Abs. 5 Satz 2 BPO.
Vom Erscheinen des Betriebsprüfers ist die bloße Ankündigung einer Prüfung
zu unterscheiden. Mit Absendung der Prüfungsanordnung oder mit Erhalt der
Prüfungsanordnung, § 193 AO, ist die Sperrwirkung des § 371 Abs. 2 Nr. 1a AO
noch nicht entstanden 8 . Das Ankündigen des Erscheinens ist noch kein Erscheinen
9 . Auch in dem Telefonat mit dem Betriebsprüfer liegt noch kein Erscheinen
des Betriebsprüfers. Ruft der Betriebsprüfer den Steuerpflichtigen oder dessen
steuerlichen Berater an um einen Prüfungstermin zu vereinbaren, der dann in
Prüfungsanordnung 10 festgesetzt werden soll, liegt auch hierin kein Erscheinen
des Betriebsprüfers. Dies gilt selbst dann, wenn der Betriebsprüfer bei dem
Steuerpflichtigen persönlich erscheint, um mit ihm einen Prüfungstermin zu vereinbaren
11 . Der Betriebsprüfer ist also noch nicht erschienen. Eine strafbefreiende
Selbsanzeige ist dem Steuerpflichtigen A noch möglich.
Fall 2: Der Betriebsprüfer B nimmt die Prüfungsanordnung für den
10.11.07 mit und gibt sie persönlich bei dem Steuerpflichtigen A ab, da er
eine Prüfung bei einem anderen Steuerpflichtigen nur wenige Häuser weiter
durchzuführen hat.
Ist der Prüfer gemäß § 371 Abs. 2 Nr. 1a AO erschienen ?
Die Sperrwirkung des § 371 Abs. 2 Nr. 1a AO greift nur ein, wenn der Amtsträger
mit seinem Erscheinen die ernsthafte Absicht verfolgt, eine Prüfung im Sinn
des § 371 Abs. 2 AO durchzuführen. Die Möglichkeit einer strafbefreienden
Selbstanzeige verliert der Steuerpflichtige daher nicht, wenn der Amtsträger lediglich
deshalb bei ihm erscheint, um mit ihm private, dienstliche oder sonstige
Fragen zu besprechen, dem Steuerpflichtigen den Prüfungstermin mitzuteilen
oder mit diesem einen Termin abzustimmen oder wenn der Amtsträger nur deshalb
beim Steuerpflichtigen erscheint, um ihm die Möglichkeit einer strafbefreienden
Selbstanzeige zu nehmen (sog. Scheinhandlung) 12 .
Hingegen kann in einer informatorischen Vorbesprechung u.U. bereits der Anfang
der “materiellen Forschungstätigkeit” im Sinne einer steuerlichen Prüfung
liegen. Entsprechendes gilt für eine Betriebsbesichtigung, das Vertrautmachen
mit dem Buchungssystem und der Codierung elektronischer Buchungsmaschinen:
Auch hierin können notwendige Bestandteile der Prüfung zu sehen sein 13 .
Ob der Betriebsprüfer bei seinem Erscheinen (ausdrücklich oder konkludent)
erkennbar zum Ausdruck bringen muß, daß er in Prüfungsabsicht erschienen ist,
8
Kohlmann, § 371 RN 133; Franzen/Gast/Joecks, § 371 RN 142.
9
Kohlmann, § 371 RN 133.
10
§ 5 Abs. 1 BPO; BMF, Schr. Vom 13.02.1989, BStBl. I 1989, 14.
11
Franzen/Gast/Joecks, § 371 RN 142.
12
Kohlmann, § 371 RN 137 m.w.N.
13
Coring, DStR 1963, 373, 374; Kohlmann, § 371 RN 137.
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