Sozialversicherungsrechtlicher Status von mitarbeitenden ...
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I. Problemstellung:<br />
<strong>Sozialversicherungsrechtlicher</strong> <strong>Status</strong> <strong>von</strong> <strong>mitarbeitenden</strong><br />
Familienangehörigen und geschäftsführender Gesellschafter<br />
Häufig werden Familienangehörige in Dienstleistungsunternehmen, Arztpraxen,<br />
Apotheken, in der Gastronomie oder Handwerksbetrieben für ihre nächsten Verwandten<br />
tätig. Insbesondere ist es in Familienbetrieben häufig der Fall, dass die Ehepartner, Söhne,<br />
Töchter abhängig beschäftigt sind.<br />
Oft werden sie statusrechtlich als Beschäftigte zur Sozialversicherung angemeldet, ohne<br />
tatsächlich Beschäftigte im Sinne des § 7 SGB IV zu sein. Diese <strong>mitarbeitenden</strong><br />
Familienangehörigen nehmen eine Sonderstellung ein, da es bei eingehender Betrachtung<br />
durchaus der Fall sein kann, dass sie nicht Beschäftigte, sondern Selbständige, so genannte<br />
Mitunternehmer sind.<br />
Das führt dazu, dass gezahlte Sozialversicherungsbeiträge zur Rentenversicherung und<br />
Arbeitslosenversicherung im Versicherungsfall keine anspruchsbegründende Wirkung<br />
entfalten. Denn mangelt es an einem Versicherungspflichtverhältnis in der Renten- und<br />
Arbeitslosenversicherung, weil ein Beschäftigungsverhältnis tatsächlich nicht vorliegt, so<br />
begründet weder die Zahlung <strong>von</strong> Beiträgen noch die widerspruchslose Entgegennahme<br />
durch die Einzugstellen (gesetzliche Krankenkassen) einen Leistungsanspruch auf<br />
Rentenleistungen oder die Zahlung <strong>von</strong> Arbeitslosengeld.<br />
Die Betroffenen zahlen oft über Jahre hinweg Beiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung<br />
im guten Glauben abhängig beschäftigt zu sein und erfahren dann im Leistungsfall (z.B.<br />
Rechtsanwalts- und Steuerkanzlei RKKM<br />
Berlin und Dresden<br />
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Knaackstraße 22/24 10405 Berlin (am Wasserturm)<br />
Tel.: 030/484882-0 Fax: 030/48488248<br />
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insolvenzbedingte Arbeitslosigkeit), dass in ihrem Fall kein sozialversicherungspflichtiges<br />
Beschäftigtenverhältnis vorgelegen haben soll und dem entsprechend keine<br />
Leistungsanspruche bestehen.<br />
Die finanziellen Auswirkungen können erheblich sein.<br />
II. Altregelung<br />
Die Einzugstellen für die Sozialversicherungsbeiträge (gesetzliche Krankenkassen) nehmen<br />
auch die Beiträge für die Arbeitslosen- und Rentenversicherung entgegen, ohne eine<br />
gesamtverbindliche <strong>Status</strong>prüfung des Betroffenen vorzunehmen.<br />
Insbesondere bei der Beantragung <strong>von</strong> Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung wurde<br />
dann aber eine Prüfung der Arbeitnehmer- bzw. Beschäftigtenstellung vorgenommen.<br />
Wurde in diesem Zeitpunkt eine Mitunternehmereigenschaft festgestellt, blieb die<br />
vormalige Einstufung der Betroffenen durch die Krankenkassen ohne Bindungswirkung für<br />
die Agentur für Arbeit. Folge der Verneinung der Arbeitnehmerstellung war, dass der<br />
Antragsteller keine Ansprüche auf Arbeitslosengeld oder -hilfe hatte, obwohl oft jahrelang<br />
Versicherungsbeiträge gezahlt worden waren. Eine Rückforderung der gezahlten Beiträge<br />
war und ist wegen der gesetzlichen Verjährungsfrist maximal für nur vier Jahre möglich.<br />
III. Neuregelung seit dem 1. Januar 2005<br />
Die Neuregelung der Problematik der Sozialversicherungspflicht für mitarbeitende<br />
Familienangehörige erfolgte mit dem IV. Gesetz für moderne Dienstleistungen am<br />
Arbeitsmarkt, das allgemein als „Hartz IV“ bekannt ist und zum 1. Januar 2005 in Kraft<br />
trat.<br />
Mit Wirkung zum 1. Januar 2005 wird das bei der Bundesversicherungsanstalt für<br />
Angestellte (BfA) angesiedelte Clearingstellenverfahren (<strong>Status</strong>feststellungsverfahren) auf<br />
mitarbeitende Familienangehörige und geschäftsführende GmbH-Gesellschafter<br />
ausgeweitet. Der Hintergrund dieser Änderung ist die fehlende leistungsrechtliche Bindung<br />
der Arbeitsverwaltung (Agentur für Arbeit) an die Entscheidungen der Einzugsstellen und<br />
die sich daraus ergebende Rechtsunsicherheit auf Seiten der Betroffenen.<br />
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Während die Einzugstellen (gesetzliche Krankenkassen) früher keine umfängliche Prüfung<br />
bezüglich des Vorliegens des Beschäftigtenstatus durchführten, werden sie nunmehr<br />
gesetzlich dazu verpflichtet, in den nachfolgenden Fällen einen <strong>Status</strong>feststellungsantrag<br />
an die Clearingstelle der BfA zu richten.<br />
Diese Antragspflicht besteht, wenn sich aus der Meldung des Arbeitgebers ergibt, dass der<br />
Beschäftigte Angehöriger des Arbeitgebers oder geschäftsführender Gesellschafter einer<br />
GmbH ist.<br />
In diesem Fall muss die BfA auf Grund des entsprechenden Antrags der Einzugsstelle eine<br />
versicherungsrechtliche Beurteilung vornehmen. Zu diesem Zweck werden die Meldungen<br />
nach der Datenerfassungs- und Übermittlungsverordnung (DEÜV) um die Angabe<br />
erweitert, ob der Beschäftigte:<br />
1. zum Arbeitgeber in einer Beziehung als Ehegatte, Lebenspartner,<br />
Verwandter oder Verschwägerter in gerade Linie bis zum 2. Grad<br />
steht, bzw.<br />
2. als geschäftsführender Gesellschafter einer GmbH tätig ist.<br />
Parallel dazu wurde § 336 SGB III neu gefasst. Stellt die Clearingstelle der BfA<br />
Versicherungspflicht per Verwaltungsakt fest, so ist auch die Bundesagentur für Arbeit an<br />
die Feststellung leistungsrechtlich gebunden.<br />
Im Ergebnis wird damit die versicherungsrechtliche Beurteilung bei einer zentralen Stelle<br />
(BfA) konzentriert und deren Entscheidungen auch für die anderen<br />
Sozialversicherungsträger rechtlich verbindlich. Das ist neu und soll die bestehende<br />
Rechtsunsicherheit beseitigen.<br />
Dieses automatische Clearing- bzw. <strong>Status</strong>feststellungsverfahren gilt jedoch nur für so<br />
genannte Neufälle, d.h., für Beschäftigungsverhältnisse, die <strong>von</strong> der Gesetzesänderung<br />
zum1. Januar 2005 erfasst werden.<br />
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IV. Abgrenzungskriterien zur Unterscheidung <strong>von</strong> abhängiger Beschäftigung und<br />
Selbständigkeit <strong>von</strong> Familienangehörigen<br />
Für die Feststellung der Arbeitnehmerstellung eines Ehegatten oder sonstigen<br />
Familienangehörigen, der bei seinem Partner beschäftigt ist, haben sich in der<br />
Rechtsprechung verschiedene Kriterien herausgebildet, die jedoch nicht abschließend sind.<br />
Diese Kriterien können auch nur Indizien für eine Arbeitnehmerstellung sein, so dass eine<br />
Prüfung für jeden konkreten Einzelfall zu erfolgen hat. Das Arbeitsverhältnis bei<br />
Ehegattenbeschäftigung wird anhand sehr formaler Merkmale geprüft.<br />
Wichtig ist, dass das Arbeitsverhältnis klar vereinbart, ernsthaft gewollt und tatsächlich<br />
durchgeführt worden ist.<br />
1. Für eine Arbeitnehmerstellung sprechen <strong>von</strong> Familienangehörigen:<br />
• Zahlung des ortsüblichen oder tariflichen Lohnes auf ein eigenes Konto und freie<br />
Verfügung über das Gehalt<br />
• Ersatz einer fremden Arbeitskraft<br />
• Fremdbestimmte, weisungsgebundene Tätigkeit<br />
• Abführung <strong>von</strong> Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträgen<br />
• Verbuchung des Entgelts als Betriebsausgabe<br />
• Umfang der Arbeitsleistung geht über familienrechtliche Verpflichtungen hinaus, es<br />
liegt gerade nicht die bloße Erfüllung familiärer Pflichten vor ( z. B. wegen<br />
Personalmangels, Erkrankung des Ehepartners, Liquiditätsschwierigkeiten, aus<br />
unterhaltsrechtlichen Gesichtspunkten)<br />
2. Gegen eine Arbeitnehmerstellung und für eine Mitunternehmereigenschaft sprechen:<br />
• Mehrarbeit auch an Sonn- und Feiertagen ohne finanziellen oder Freizeitausgleich<br />
• Herausgehobene Position im Unternehmen<br />
• Selbständige Entscheidungen im Familienbetrieb<br />
• Eigenes unternehmerisches Risiko (z.B. Zeichnung <strong>von</strong> Krediten,<br />
Ehegattenbürgschaften)<br />
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• Beteiligung am Unternehmenserfolg<br />
• Gesellschaftsanteile<br />
• Angehöriger verfügt über wesentliche Branchenkenntnisse und lenkt Geschicke des<br />
Betriebes wesentlich mit („Kopf und Seele des Betriebes“)<br />
V. Fazit<br />
Trifft die Problematik der Sozialversicherungspflicht <strong>von</strong> <strong>mitarbeitenden</strong><br />
Familienangehörigen auf ihren Betrieb zu, so ist dringend die Durchführung eines<br />
<strong>Status</strong>feststellungsverfahrens anzuraten. Diese <strong>Status</strong>klärung ist auch für Altfälle zulässig.<br />
Einerseits gewinnt man auf diesem Weg Klarheit über die bestehende Arbeitnehmer- bzw.<br />
Beschäftigteneigenschaft, andererseits ist die Befreiung <strong>von</strong> der Sozialversicherungspflicht<br />
wesentliche Voraussetzung für Rückforderungsansprüche <strong>von</strong> überzahlten Beiträgen.<br />
Um zu unrecht gezahlte Beiträge im Rahmen eines Beitragsrückerstattungsverfahrens<br />
zurückfordern, ist die Befreiung <strong>von</strong> der Sozialversicherungspflicht unerlässlich.<br />
Zu unrecht gezahlte Beiträge zur Arbeitslosenversicherung können nur für einen Zeitraum<br />
<strong>von</strong> vier Jahren zurückgefordert werden, darüber hinaus sind die Ansprüche aufgrund der<br />
Verjährung nicht mehr durchsetzbar.<br />
Sollten Sie weitergehende Fragen haben oder Unterstützung benötigen, stehen wir Ihnen<br />
gern zur Verfügung. Wir empfehlen insbesondere bei „Altfällen“, negative Entscheidungen<br />
der Bundesagentur für Arbeit überprüfen zu lassen und nötigenfalls eine sozialgerichtliche<br />
Klärung herbeizuführen.<br />
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