Das Magazin Nr. 4
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Six Pianos<br />
Musizieren wie am Mischpult<br />
Lange hat man die Ahnen der elektronischen Clubmusik, im Speziellen<br />
des Techno, bei den sogenannten Krautrockern gesucht – jenen<br />
experimentellen deutschen Musikern, die als Jazzer gestartet<br />
im Dreieck zwischen Groove, Avantgarde und Elektronik hierzulande<br />
aber eine ganz eigenständige Popmusik-Avantgarde erschufen,<br />
die schließlich in konkreten Vorbildern der Clubmusik wie Kraftwerk<br />
oder Tangerine Dream kulminierten. Dreht man das widersprüchliche<br />
Wortungetüm Popmusik-Avantgarde um zu Avantgarde-Pop,<br />
könnte man schnell bei zwei Komponisten der Minimal Music landen:<br />
Steve Reich und Terry Riley.<br />
Sowohl Terry Riley als auch Steve Reich trugen in den 1960er Jahren<br />
mit ihren langen, repetitiven Stücken viel dazu bei, dass die<br />
sogenannte E-Musik anfing zu grooven, dass man sich von ihr forttragen<br />
lassen konnte. Geistig, aber eben auch körperlich. Es ist kein<br />
Zufall, das zu diversen Werken von Steve Reich Tanzchoreografien<br />
entstanden, von Alvin Ailey oder Béjart, vom New York City Ballet<br />
oder dem Paris Opéra Ballet. Und noch Anfang dieses Jahres hat<br />
Sasha Waltz eine Choreografie zu Terry Rileys »In C« erarbeitet. Der<br />
repetitive Groove, der zum Tanzen einlädt, ist ein Indiz, in der Minimal<br />
Music den wahren Vorläufer der Clubmusik zu sehen. Ein anderes<br />
ist vor allem bei Steve Reich die Art und Weise, wie er in seinen<br />
Kompositionen Elemente hinzufügt und wieder entfernt. Denn obwohl<br />
von Instrumenten live gespielt, hat man bei seinen Stücken<br />
den Eindruck, ein Studio-Wizzard würde die Tonspuren mit den<br />
verschiedenen Instrumenten langsam ein- und ausblenden. Tatsächlich<br />
sind diese Momente Ergebnis von dezenten Dynamikverschiebungen.<br />
Ebenso subtil ist das von Reich so benannte Phasing,<br />
bei dem zwei oder mehrere Instrumente bei gleicher Tonfolge minimal<br />
im Tempo variieren, so dass sie sich voneinander entfernen, ein<br />
Flirren oder gar ein Echo erzeugen, und sich anschließend wieder<br />
übereinanderlegen. All das kann man bei Steve Reichs »Six Pianos«<br />
hören und fühlen. Die Komposition aus dem Jahr 1973 spielen in<br />
der Philharmonie die sechs Pianisten um Initiator Gregor Schwellenbach<br />
– John Kameel Farah, Erol Sarp, Daniel Brandt, Paul Frick,<br />
Kai Schumacher und Schwellenbach selbst. Auch die Sechs sind<br />
mit ihrer eigenen Musik allesamt Grenzgänger zwischen E- und U-<br />
Musik, zwischen akademischer Musik und Pop.<br />
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