30.10.2021 Aufrufe

Ottakringer Flaneur Ausgabe 3

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

16 Nachtleben

Am Gürtel steht bald ein

großer Geburtstag an: Das Chelsea

wird 35 Jahre alt. Chef Othmar

Bajlicz lässt es daher im November

ordentlich krachen.

Als Othmar Bajlicz 1982 sein Karriereende

als Profifußballer bekannt gab,

begann er einen Bürojob und merkte

schnell, dass hackeln von 9 to 5 nicht

das war, was ihn glücklich machen

würde. Man muss dazu wissen, dass

Fußballprofis damals so viel verdient

haben wie Fabrikarbeiter. Man war

meilenweit von den Gehaltsexzessen

der heutigen Ligen entfernt. Ein wenig

konnte sich der Rockfan dennoch

zusammensparen, um seine Leidenschaft

zum Beruf zu machen. Die

Kinks und die Rolling Stones waren

große Favoriten, aber auch die aus

England nach Wien schwappende New

Wave und die Punkbewegung

begeisterten den Ex-Profi. Und

so eröffnete der Rock-Fan in

der Piaristengasse 1 einen Live-

Club, das legendäre Chelsea. Ein

Club, der das Wiener Nachtleben

nachhaltig und bis heute prägen

sollte.

Als Anwohnerbeschwerden zunahmen

und der heutige Standort in den

U-Bahnbögen am Lerchenfelder Gürtel

frei wurde, übersiedelte der Club. Das

ist inzwischen über 30 Jahre her. Müde

ist Bajlicz aber noch lange nicht: „Solange

ich auf zwei Beinen stehe, wird

es das Chelsea geben.“ Soundgarden

haben hier, bevor sie berühmt wurden,

gespielt. Die Toten Hosen waren

regelmäßig zu Gast und auch heute

noch schauen sie auf ein paar Drinks

nach ihren Wien-Konzerten bei Othmar

vorbei. Mit Campino ist er mal

bis in die frühen Morgenstunden am

Naschmarkt versackt, aber das ist eine

andere Geschichte. Die Ärzte, Cornershop,

Beth Ditto, Sleaford Mods, Die

Aeronauten, Stereo Total, Die Sterne,

Turbonegro — sie alle und noch viele,

viele mehr waren seitdem zu Gast und

die Liste ließe sich beliebig verlängern.

Text: Lars Bulnheim

„Solange

ich auf zwei

Beinen stehe,

wird es das

Chelsea

geben.“

Fußball-Liveübertragungen, bevorzugt

aus der englischen Premier League,

aber auch die Serie A sowie die österreichische-

und die deutsche Bundesliga

werden dort gezeigt. Der Name

„Chelsea“ ist kein Zufall: An einem

festen Platz am Tresen verfolgt Othmar

Bajlicz dort mit einem Guinness

in der Hand seinen Lieblingsverein,

den FC Chelsea. Am Wochenende wird

es abends bummvoll — Indierock und

Artverwandtes wird von wechselnden

DJs aufgelegt. Zum 35-jährigen Jubiläum

des Clubs lässt man es nochmal

ordentlich krachen: Vom 10. bis

zum 25. November finden fast täglich

Livekonzerte statt. Den Anfang macht

UK-Punklegende TV Smith, der einzige

Gast aus dem Ausland diesmal, weil

coronabedingt noch wenige internationale

Acts auf Tour sind.

Aber Lokalmatadore wie Attwenger,

Austrofred und Bulbul stehen ebenfalls

auf dem Programm wie auch

Franz Fuexe aus Niederösterreich.

Mit Geburtstagen kennt man sich im

Chelsea aus: Wayne Kramer, Gitarrist

der legendären Protopunks MC5 aus

Detroit feierte dort seinen fünfzigsten

Geburtstag und bekam eine Torte mit

ordentlich Marmelade auf die Bühne

geliefert mit der Aufschrift: „Kick out

the Jam(s)!“. Auf 50 Jahre kommt das

Chelsea auch noch – jede Wette. Ein

Prosit auf die nächsten 15 Jahre.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!