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2021-545

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D.a. 545 ... aktuell * Service November 2021

D.a. gibt Tipps zu Ihrem Recht .

§ Eltern können

sich durch

Tätowierung

des minderjährigen Kindes

wegen gefährlicher Körperverletzung

strafbar machen

(Oberlandesgericht Hamm, Beschluss

vom 02.09.2021 – 4 RVs

84/21 -).

Die Angeklagte hatte das gemeinsame

Sorgerecht mit dem Kindesvater

für ihre damals 14- jährige

Tochter. Im Übrigen war das städtische

Jugendamt Ergänzungspfleger

für die Bereiche Gesundheitsfürsorge

und Aufenthaltsbestimmungsrecht.

Im Sommer 2019 stach die

Angeklagte ihrer Tochter mit ihrem

Tätowiergerät eine Tätowierung am

rechten Unterarm. Eine wirksame

Einwilligung dafür lag nicht vor. Das

Amtsgericht hatte die Angeklagte

daraufhin wegen gefährlicher Körperverletzung

zu einer Freiheitsstrafe

von 10 Monaten verurteilt und die

Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt.

Auf die Berufung der

Angeklagten hat das Landgericht

die Freiheitsstrafe auf sechs Monate

herabgesetzt. Das Amtsgericht

wie auch das Landgericht haben in

dem Tätowiergerät ein gefährliches

Werkzeug i.S.v. § 224 Abs. 1 Nr. 2

StGB gesehen. Gegen das Urteil

wendet sich die Angeklagte mit der

Revision.

Die zulässige Revision hat zumindest

vorübergehend teilweise Erfolg

und führt zur Aufhebung der angefochtenen

Entscheidung und zur

Zurückverweisung der Sache.

Soweit das Landgericht nämlich die

Angeklagte wegen gefährlicher

Körperverletzung nach § 224 Abs. 1

Nr. 2 StGB verurteilt hat, tragen die

bisher getroffenen Feststellungen,

nach Ansicht des Oberlandesgerichts

Hamm, eine solche nicht.

Ein gefährliches Werkzeug muss

nach seiner objektiven Beschaffenheit

und nach der Art seiner Benutzung

im Einzelfall geeignet sein,

erhebliche Körperverletzungen

zuzufügen. Im vorliegenden Fall

fehlen nach Ansicht des OLG aber

D.a. 545/14

Aktuelle Urteile LIV

hinreichende Feststellungen dazu,

ob der konkrete Einsatz des Tätowiergerätes

geeignet war, erhebliche

Verletzungen hervorzurufen.

Diese Feststellungen seien deshalb

erforderlich, weil die bloße Eignung

überhaupt Verletzungen hervorzurufen,

nicht ausreicht. Ein Tätowiergerät

hat nicht per se eine solche

Eignung, sondern es kommt auf die

konkrete Art seiner Verwendung an.

Es muss also nach der konkreten

Art der Verwendung die Eignung

bestehen, die Funktionen oder das

Erscheinungsbild des Körpers

erheblich zu beeinträchtigen. Eine

Tätowierung kann nach den heute

gesellschaftlich allgemein vorherrschenden

Vorstellungen nicht an

sich schon als erhebliche Beeinträchtigung

des Erscheinungsbildes

in dem o.g. Sinne angesehen

werden. Eine Eignung zum Hervorrufen

erheblicher Verletzungen

erscheint allerdings durchaus denkbar,

etwa wenn das Tätowiergerät

nicht hinreichend desinfiziert wurde

und es deswegen zu schwerwiegenden

Entzündungen kommt oder

wenn sie in der Hand eines Ungeübten

falsch verwendet wird und

deswegen gravierendere Verletzungen

hervorruft. Vorliegend sei

lediglich festgestellt worden, dass

die Angeklagte keine gelernte

Tätowiererin ist, aber offenbar bei

sich selbst bereits mehrere Tätowierungen

angebracht hatte.

Nach Auffassung des OLG hätten

vorliegend daher nähere Feststellungen

etwa zur Art des Gerätes

getroffen werden müssen sowie

auch zur Erfahrung und Übung der

Angeklagten bei Anbringung von

Tätowierungen, also insbesondere,

ob die Tätowierungen aus der

Laienhand der Angeklagten nicht

zwangsläufig entstellend wirken und

welche Hygienemaßnahmen sie

ergriffen hat. Darüber hinaus kann

auch die konkrete Art der Verwendung

bedeutsam sein, also in

welcher Weise die Angeklagte das

Tätowiergerät eingesetzt hat (etwa:

Umfang der Druckausübung; Beeinträchtigung

der Bedienfähigkeit

nach Konsum berauschender Mittel

etc.).

“Hängt die Grünen“-Plakate

müssen entfernt werden

(OVG Bautzen, Beschl. vom

21.09.2021 - 6 B 360/21).

Die Antragstellerin, eine zur

Bundestagswahl am 26. September

2021 zugelassene Partei, hat im

Stadtgebiet der Antragsgegnerin

mehrere Wahlplakate in der Farbe

Grün aufgehängt. Die obere Hälfte

des Plakats wird von der Aufschrift

"HÄNGT DIE GRÜNEN!" ausgefüllt.

Die untere Hälfte bestimmen ein

Schriftzug mit dem Wortlaut "Wählt

Deutsch!" mit daneben einem Kreuz

für eine Stimmenabgabe sowie

(ganz unten) in Großbuchstaben

"DER DRITTE WEG".

Diese Wahlplakate der rechtsextremen

Kleinstpartei "Der Dritte Weg"

müssen abgehängt werden. Das

hat das Oberverwaltungsgericht

Bautzen am 21.09.2021 entschieden

und damit die anderslautende

Eilentscheidung des VG Chemnitz

gekippt. Die Plakate seien eindeutig

volksverhetzend, stellte das Obergericht

jetzt unanfechtbar in der Beschwerdeinstanz

klar. Die Plakate

stellen eine Gefahr für die öffentliche

Sicherheit dar. Parteien dürften

zwar Kritik auch in überspitzter und

polemischer Form äußern, so das

OVG, schließlich schütze das

Grundgesetz die Meinungsfreiheit.

Das habe aber dann Grenzen,

wenn in einer Äußerung gewichtige

Straftatbestände vorlägen. Das hier

umstrittene Plakatmotiv erfülle den

objektiven Tatbestand der Volksverhetzung,

stellte das Gericht fest.

Der Slogan beziehe sich auf die

Partei Die Grünen. Damit beurteilte

das OVG die Sache anders als

zuvor das VG Chemnitz. Das hatte

in erster Instanz entschieden, dass

die Plakate hängen bleiben dürfen,

wenn auch mit einem Abstand von

100 Metern zu Wahlpalakten der

Grünen.

Meinhard Brink

(Rechtsanwalt),

Am Birkhof 50,

Dedinghausen

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