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StartUp-Impuls - Institut für Journalistik und ...

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dOPing<br />

stiMMungsaufheLLer<br />

in der kLassikszene<br />

dass manche hochleistungssportler<br />

zu Medikamenten greifen,<br />

um ihre Leistung zu steigern,<br />

wissen alle. aber auch aus der<br />

klassikszene sind solche fälle<br />

bekannt. Prof. dr helmut Möller<br />

aus Berlin hat sich auf berufliche<br />

Belastungen von Musikern spe-<br />

zialisiert <strong>und</strong> weiß, unter welchem<br />

druck sie stehen.<br />

Saitensprung: Opernsänger Endrik Wottrich<br />

hat die Diskussion um Doping in der<br />

Klassikszene angestoßen. Er behauptet,<br />

dass viele Profimusiker Medikamente<br />

einnähmen, um dem großen Leistungsdruck<br />

gewachsen zu sein. Wie schätzen<br />

Sie dieses Problem ein?<br />

Möller: Der Leistungsdruck, der auf Musikern<br />

lastet, ist in der Tat enorm. Das<br />

liegt zum einen an den neuen Produktionsmöglichkeiten:<br />

Aufnahmen werden<br />

unter Laborbedingungen produziert <strong>und</strong><br />

falsche Töne retuschiert. Das Publikum<br />

erwartet im Konzert dieselbe Qualität,<br />

<strong>und</strong> das wissen die Musiker. Sie stellen<br />

oft Ansprüche an sich, die sie gar nicht<br />

erfüllen können. Hinzu kommt der wachsende<br />

Konkurrenzkampf. Ein Weg, mit<br />

dem Druck umzugehen, ist die Einnahme<br />

von Medikamenten. Wissenschaftlich<br />

ist es allerdings sehr schwer, konkrete<br />

zahlen zu gewinnen, da Auftrittsangst ein<br />

Tabuthema ist. Aber nach meiner Erfahrung<br />

<strong>und</strong> den bestehenden Studien zu<br />

dem Thema würde ich schätzen, dass 10<br />

bis 25 Prozent der Berufsmusiker zu Medikamenten<br />

greifen, um ihre Angst in den<br />

Griff zu bekommen.<br />

Was sind das <strong>für</strong> Mittel, die gegen Auftrittsangst<br />

eingenommen werden?<br />

16<br />

Die meistverbreiteten Mittel sind die Betablocker,<br />

durch die der Herzrhythmus<br />

konstant niedrig gehalten <strong>und</strong> so ein Gefühl<br />

von Ruhe <strong>und</strong> Sicherheit vermittelt<br />

wird. Die zweite Stoffgruppe sind Benzodiazepine,<br />

die im Gehirn die Angsterregung<br />

unterdrücken <strong>und</strong> muskelentspannend<br />

wirken, wie das Valium. Auch die<br />

Serotonin-Wiederaufnahmehemmer, also<br />

die Antidepressiva, sind beliebt. Denn<br />

Angst <strong>und</strong> Depression sind quasi Geschwister<br />

– stimmungsaufhellende Mittel<br />

wirken gleichzeitig angsthemmend.<br />

Ist es ethisch vertretbar, dass Ärzte einen<br />

solchen Medikamentenmissbrauch unterstützen?<br />

In bestimmten Situationen kann ein Medikament<br />

durchaus helfen, solange es<br />

sich um zeitlich begrenzte Einnahmen<br />

handelt. Bei ständiger Auftrittsangst löst<br />

das Medikament allein allerdings keine<br />

Probleme. Daher sollte ein Arzt darauf<br />

drängen, psychologische Hilfe in Anspruch<br />

zu nehmen.<br />

Greifen einige Musiker auch zu härteren<br />

Mitteln, zum Beispiel illegalen Drogen?<br />

Illegaler Drogenmissbrauch ist wohl eher<br />

ein Rock-/Pop-Phänomen. Alkohol ist hingegen<br />

auch im Klassikbereich sehr verbreitet<br />

<strong>und</strong> wird vor allem nach dem Konzert<br />

zur Entspannung konsumiert. Aber<br />

auch hier kann ich Ihnen keine konkreten<br />

zahlen nennen.<br />

Kann sich der Medikamentenmissbrauch<br />

auch negativ auf das Spiel auswirken?<br />

Bei der falschen Dosis kann es natürlich<br />

sein, dass sich die Medikamente auf die<br />

Reaktionsfähigkeit, das Sehen oder Hören<br />

auswirken. Daher muss jeder Musiker<br />

zunächst mit den Medikamenten experimentieren<br />

<strong>und</strong> die Dosierung in einer<br />

Probesituation testen.<br />

Was gibt es <strong>für</strong> Alternativen, mit Auftrittsangst<br />

umzugehen?<br />

Es bieten sich vor allem Entspannungsmethoden<br />

wie Yoga, autogenes Training<br />

oder Qigong an. Jeder Musiker muss<br />

selbst herausfinden, was zu ihm passt.<br />

Außerdem sollte man bei der Wahl seines<br />

Lehrers <strong>und</strong> orchesterleiters darauf achten,<br />

dass er eine positive Einstellung zu

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