24.12.2012 Aufrufe

Das Gesicht hinter den Nixen Stars bei «Sport in Zürich

Das Gesicht hinter den Nixen Stars bei «Sport in Zürich

Das Gesicht hinter den Nixen Stars bei «Sport in Zürich

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

14 / kolumne<br />

125 Jahre GC<br />

und e<strong>in</strong> alter Hut<br />

SePP reNggLI<br />

Die Fussballsektion des Grasshopper-Clubs<br />

<strong>Zürich</strong>, alias Heugümper,<br />

Domizil 8155 Niederhasli (<strong>bei</strong><br />

8156 Oberhasli), feierte kürzlich<br />

ihren 125. Geburtstag. <strong>Das</strong> Gründungsprotokoll<br />

trägt das Datum<br />

1.9.1886. Schatzmeister Nabholz<br />

Hermann, als Oberst der Schweizer<br />

Armee Landes- und künftiger<br />

GC-Verteidiger, spendierte 20<br />

Franken und ermöglichte damit<br />

<strong>den</strong> Import e<strong>in</strong>es Lederballs sowie<br />

blauweisser Jerseys und Mützen<br />

aus England. Die acht Gründungsmitglieder<br />

fuhren mit dem<br />

Rösslitram nach Hause; das im<br />

gleichen Jahr 1886 <strong>in</strong> Deutschland<br />

erfun<strong>den</strong>e Kraftfahrzeug namens<br />

Automobil hatte es noch nicht<br />

bis <strong>Zürich</strong> geschafft. Hier wohnten<br />

damals 28 099 Menschen, weit<br />

weniger als <strong>in</strong> Genf, Basel oder<br />

Bern. E<strong>in</strong>er dieser 28 099, Staatsschreiber<br />

Gottfried Keller, schrieb<br />

im GC-Gründungsjahr <strong>den</strong> politischen<br />

Roman «Mart<strong>in</strong> Salander»,<br />

und e<strong>in</strong> NZZ-Journalist kritisierte<br />

nach dem ersten GC-Spiel gegen<br />

e<strong>in</strong> <strong>in</strong>ternationales Polytechniker-Team<br />

(0:0) «das s<strong>in</strong>nlose<br />

Unterfangen, e<strong>in</strong>em schmutzigen<br />

Lederball nachzurennen, anstatt<br />

die Freizeit nutzbr<strong>in</strong>gender<br />

zu verwen<strong>den</strong>». Dieser Match war<br />

nur zustande gekommen, weil<br />

sich schon wenige Tage nach dem<br />

Taufakt fünf weitere sportbegeisterte<br />

Zürcher gegen e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>trittsgebühr<br />

von drei Franken dem zweit-<br />

ältesten Schweizer Fussballklub<br />

angeschlossen hatten, so dass GC<br />

nun e<strong>in</strong>e komplette Elf plus zwei<br />

Zuschauer stellen konnte.<br />

Aus 13 wur<strong>den</strong> seither 4000 Hoppers.<br />

Sie spielen Fuss-, Hand- und<br />

Basketball, Eis-, Land- und Unihockey,<br />

Curl<strong>in</strong>g, Tennis, Squash,<br />

Rugby und fühlen sich rudernd<br />

auch mit dem nassen Element<br />

vertraut. Alle 4000 zusammen<br />

bil<strong>den</strong> <strong>den</strong> grössten und erfolgreichsten<br />

polysportiven Schweizer<br />

Vere<strong>in</strong>. GC ist als Kürzel fast so<br />

bekannt wie CH und ZH.<br />

Am meisten Publizität beanspruchen<br />

die GC-Balltreter. Sie gehören<br />

(trotz FCB und FCZ) zusammen<br />

mit YB und Servette zu <strong>den</strong><br />

big Three im Schweizer Fussball.<br />

GC war 1898 allererster Schweizer<br />

Meister und wiederholte diesen<br />

Streich 26-mal. Landesrekord! Als<br />

1926 der Schweizer Cup debütierte,<br />

hiess der Gew<strong>in</strong>ner ebenfalls<br />

GC. Inzwischen wur<strong>den</strong> daraus<br />

18 Triumphe. Landesrekord! Doch<br />

GC ist weit mehr als Fussball. National<br />

und <strong>in</strong>ternational, fem<strong>in</strong><strong>in</strong>,<br />

und maskul<strong>in</strong>, Junioren und Senioren,<br />

Mannschaft und E<strong>in</strong>zel, zu<br />

Wasser und auf dem Land gewannen<br />

die Heuschrecken pro GC-<br />

Jahr m<strong>in</strong>destens sechs Meistertitel.<br />

Weltweit am erfolgreichsten<br />

waren die Ruderer mit zwei Olympiasiegen,<br />

17 EM-Goldmedaillen<br />

und dem WM-Doppelzweier Bürg<strong>in</strong>-Studach.<br />

Schweizweit führt<br />

die Tennissektion die GC-Rangliste<br />

an: 62 NLA-Interclub-Championats<br />

und 76 SM-Titel.<br />

GC ist Blauweiss. <strong>Das</strong> entschied<br />

1896 die Schweizerische Football<br />

Association. Sie verbot dem<br />

soeben gegründeten Aussersihler<br />

Emporkömml<strong>in</strong>g FCZ die Zürcher<br />

Farben, worauf dieser zähneknirschend<br />

Rotweiss wählte.<br />

<strong>Das</strong>s er nach 13 rotweissen Jahren<br />

doch noch Blauweiss wer<strong>den</strong><br />

durfte, verdankt der FCZ der<br />

schon damals grassieren<strong>den</strong> Zürcher<br />

Sportplatzmisere. GC fand<br />

1909 ke<strong>in</strong> geeignetes Terra<strong>in</strong>, zog<br />

sich schmollend aus der Meisterschaft<br />

zurück und verliess sogar<br />

<strong>den</strong> nationalen Verband. Diese<br />

Absenz dauerte sieben Jahre und<br />

kostete GC die blauweisse Exklusivität.<br />

Ehe am 28. April 1929 die<br />

neue Sportanlage Hardturm e<strong>in</strong>geweiht<br />

wer<strong>den</strong> konnte, rekognoszierten<br />

die GC-Fussballer so<br />

ziemlich alle m<strong>in</strong>destens 150 m<br />

langen und 100 m breiten, rechteckigen,<br />

mehr oder weniger ebenen<br />

kühe- und schwe<strong>in</strong>elosen<br />

Zürcher Wiesen.<br />

Die GC-Fussballer rekognoszierten<br />

so ziemlich alle<br />

m<strong>in</strong>destens 150 m langen<br />

und 100 m breiten, rechteckigen,<br />

mehr oder weniger<br />

ebenen kühe- und schwe<strong>in</strong>elosen<br />

Zürcher Wiesen.<br />

Spender und Gönner gab es stets<br />

viele, doch der absolute GC-<br />

Glücksfall hiess Walter Schoeller<br />

(1889–1979). Gute Freunde nannten<br />

ihn Bölle, weil er Ende des vorletzten<br />

Jahrhunderts als e<strong>in</strong>ziger<br />

Primarschüler se<strong>in</strong>er Klasse e<strong>in</strong>e<br />

Taschenuhr besass. Im alten Zürcher<br />

Dialekt war die Uhr e<strong>in</strong> Böl-<br />

September 2011<br />

le. Es blieb <strong>in</strong>des nicht <strong>bei</strong>m Bölle.<br />

Schoellers Güter häuften sich. Der<br />

GC-Mäzen wurde Herrscher über<br />

e<strong>in</strong> globales Textil- und Wollgarnimperium,<br />

war während 42 Jahren<br />

GC-Zentralpräsi<strong>den</strong>t und stellte<br />

1934 se<strong>in</strong>em Vere<strong>in</strong> das damals riesige<br />

Hardturm-Sportareal unentgeltlich<br />

zur Verfügung. Trotzdem<br />

hatten Generationen von Matchbesuchern<br />

Bedauern mit dem reichen<br />

Mann, der <strong>in</strong> jungen Jahren<br />

neunfacher Schweizer Meister <strong>in</strong><br />

vier verschie<strong>den</strong>en Sportarten (Rudern,<br />

Tennis, Landhockey, Fussball)<br />

gewesen war. Denn er trug<br />

stets, im Sommer und W<strong>in</strong>ter, im<br />

Frühl<strong>in</strong>g und Herbst, <strong>den</strong> gleichen<br />

uralten Schlapphut. E<strong>in</strong>mal, nach<br />

e<strong>in</strong>em Cupsieg, schien das Schicksal<br />

der abgewetzten schwarzen<br />

Antiquität besiegelt. Nach e<strong>in</strong> paar<br />

We<strong>in</strong>degustationen aus dem Pokal<br />

warf Capta<strong>in</strong> Sever<strong>in</strong>o M<strong>in</strong>elli auf<br />

der Heimfahrt zwischen Bern und<br />

<strong>Zürich</strong> die präsidiale Kopfbedeckung<br />

übermütig aus dem Schnellzug.<br />

Alle lachten ob dem neuartigen<br />

Hattrick, nur der hutlose Präsi<strong>den</strong>t<br />

blieb ernst. Sehr ernst! Er<br />

wollte se<strong>in</strong>en alten Hut zurück.<br />

Schoeller soll, so erzählt die Legende,<br />

e<strong>in</strong>e Suchaktion organisiert<br />

haben. Sie kostete, so erzählt die<br />

Legende, mehr als 1000 Franken.<br />

Und sie war, so erzählt die Legende,<br />

von Erfolg gekrönt. Der Landstreicher,<br />

der <strong>den</strong> alten Hut gefun<strong>den</strong><br />

hatte, wollte ihn nicht behalten.<br />

Er war ihm zu schäbig. So kam<br />

Walter Schoeller wieder zu se<strong>in</strong>em<br />

alten Hut und ich zu dieser Story,<br />

die ebenfalls e<strong>in</strong> alter Hut ist.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!