Alles käuflich? - Kinderprostitution - younicef.de
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16<br />
Zuflucht:<br />
Das Mädchen<br />
Sy Nan erlebte<br />
einen Albtraum<br />
Foto: Klaus<br />
Müller-Reimann<br />
terre <strong>de</strong>s hommes<br />
för<strong>de</strong>rt das CWCC<br />
mit durchschnittlich<br />
rund 35.000 Euro<br />
pro Jahr.<br />
Asien<br />
Frau Oung hat überlebt<br />
Eine Kambodschanerin kämpft für Frauen und Mädchen<br />
Wenn es nach <strong>de</strong>n Gesetzen<br />
<strong>de</strong>s normalen Menschenverstan<strong>de</strong>s<br />
ginge, wäre Chantol<br />
Oung schon lange tot. Dann<br />
wäre sie irgendwann in <strong>de</strong>r<br />
Zeit zwischen 1975 und 1979<br />
auf einem <strong>de</strong>r gefürchteten<br />
To<strong>de</strong>smärsche, zu <strong>de</strong>nen<br />
die Roten Khmer in Kambodscha<br />
Millionen von Menschen<br />
zwangen, vor Entkräftung<br />
zusammengebrochen,<br />
verhungert, erschlagen o<strong>de</strong>r<br />
erschossen wor<strong>de</strong>n – so wie<br />
fast drei Millionen ihrer<br />
Landsleute.<br />
Chantol Oung hat überlebt,<br />
an<strong>de</strong>rs als ihr Vater und<br />
ihre Brü<strong>de</strong>r: Sie wur<strong>de</strong>n von<br />
<strong>de</strong>r Familie getrennt; Chantol<br />
hat sie nie wie<strong>de</strong>rgesehen. Das damals achtjährige<br />
Mädchen irrte mit seiner Mutter kreuz und<br />
quer durch das Land, bis sie schließlich in einem<br />
Flüchtlingslager an <strong>de</strong>r thailändisch-kambodschanischen<br />
Grenze lan<strong>de</strong>ten. Dort lernte Chantol<br />
in einer vom UN-Flüchtlingskommissariat organisierten<br />
Schule lesen und schreiben. 1979 zog sie<br />
nach <strong>de</strong>r Vertreibung <strong>de</strong>r Roten Khmer durch<br />
die vietnamesischen Truppen nach Phnom Penh,<br />
wo sie sich als Anwältin betätigte. 1992 half sie<br />
als offizielle Beobachterin, die ersten freien<br />
Wahlen unter Aufsicht <strong>de</strong>r Vereinten Nationen<br />
zu überwachen.<br />
Mit <strong>de</strong>r Öffnung <strong>de</strong>s Lan<strong>de</strong>s seit 1992, mit<br />
<strong>de</strong>n internationalen Beobachtern, UN-Soldaten,<br />
Managern und Beratern, kamen auch neue Probleme:<br />
Die Zahl <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>rprostituierten und<br />
HIV-Infizierten ist sprunghaft gestiegen, immer<br />
mehr Frauen und Mädchen wer<strong>de</strong>n verschleppt<br />
und misshan<strong>de</strong>lt, die Öffnung <strong>de</strong>s Marktes hat<br />
Konsumbedürfnisse geweckt, <strong>de</strong>ren Befriedigung<br />
sich die wenigsten leisten können.<br />
Opfer <strong>de</strong>r Gewalt<br />
Die Folge ist eine »Kultur <strong>de</strong>r Gewaltsamkeit«,<br />
die in Kambodscha zu einem erschreckend alltäglichen<br />
Phänomen gewor<strong>de</strong>n ist. Insbeson<strong>de</strong>re<br />
kambodschanische Frauen und Mädchen lei<strong>de</strong>n<br />
darunter, dass ihre Ehemänner, Väter o<strong>de</strong>r Brü<strong>de</strong>r<br />
ihre Frustration wegen ihrer Armut und Chancenlosigkeit<br />
in Alkohol ertränken und dann an ihnen<br />
auslassen. »Fast täglich war ich als Anwältin mit<br />
<strong>de</strong>rartigen Fällen konfrontiert«, sagt die mittlerweile<br />
32-jährige Chantol Oung, »und irgendwann<br />
war mir klar, dass ich dagegen etwas tun musste.«<br />
So entstand die I<strong>de</strong>e zur Gründung <strong>de</strong>s ersten<br />
kambodschanischen Zentrums für Frauen und<br />
Mädchen, die Opfer von Gewalt und Missbrauch<br />
gewor<strong>de</strong>n waren. Mitte 1997 konnte mit Hilfe von<br />
terre <strong>de</strong>s hommes das »Cambodian Women’s Crisis<br />
Center« seine Pforten öffnen. Seither wur<strong>de</strong>n 500<br />
Frauen und Mädchen aufgenommen – etwa ein<br />
Drittel von ihnen jünger als 18 Jahre. Die meisten<br />
sind mit Mühe ihren gewalttätigen Ehemännern<br />
entkommen, die sie geschlagen, vergewaltigt und<br />
nicht selten an Bor<strong>de</strong>lle verkauft o<strong>de</strong>r vermietet<br />
haben.<br />
So wie die 16-jährige Sy Nan: Das Mädchen, das<br />
im Frauenhaus <strong>de</strong>s CWCC selbstvergessen seine<br />
Puppe kämmt, wur<strong>de</strong> schwer misshan<strong>de</strong>lt, von<br />
ihrem Onkel vergewaltigt und schließlich von<br />
ihrem Stiefvater in ein Bor<strong>de</strong>ll gezwungen. »Sie<br />
wur<strong>de</strong> tief verletzt und wird sehr lange brauchen,<br />
das zu überwin<strong>de</strong>n«, sagt Chantol Oung. Im Zentrum<br />
fin<strong>de</strong>t Sy Nan nicht nur Schutz und Beistand,<br />
sie nutzt auch die Möglichkeit, an einem Kochkurs<br />
teilzunehmen.<br />
Was soll aus <strong>de</strong>n Frauen wer<strong>de</strong>n, die im Zentrum<br />
Unterschlupf fin<strong>de</strong>n? Chantol Oung hat nicht<br />
für je<strong>de</strong> eine Lösung: »Das kambodschanische<br />
System, die ineffiziente Bürokratie, die korrupte<br />
Polizei und die <strong>de</strong>sinteressierte Justiz – das sind die<br />
Probleme, die wir angehen müssen. Dann bessert<br />
sich auch die Lage <strong>de</strong>r Frauen«, sagt sie. Und sie<br />
lässt keinen Zweifel daran, dass sie mit dieser<br />
Überzeugung, die ihren erstaunlichen Lebensweg<br />
bisher bestimmt hat, auch etwas für die Opfer <strong>de</strong>r<br />
Gewalt in ihrem Land tun kann.<br />
Wolf-Christian Ramm