Festschrift 2020 – 30 Jahre Neugereuter Theäterle e.V.
Festschrift zum 30-jährigen Jubiläum des Neugereuter Theäterle.
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Ich habe ihn nie danach gefragt, aber ich glaube, er hat nicht ernsthaft mit mir gerechnet.
Pünktlich zur Premiere war ich aber zur Stelle und habe mich bei der Vorstellung köstlich
amüsiert. Mir war schnell klar: das will ich auch machen!
Und so kam es, dass ich ein paar Tage später tatsächlich ein Rollenbuch in die Hand
gedrückt bekam und ohne besseren Wissens auf die Probenbühne geschickt wurde. Auch
hierüber habe ich nie mit Jürgen gesprochen, aber seine erste Widmung in meinem Premierengeschenk
und die weitere Besetzung in den Folgestücken, lassen mich vermuten, dass
ich ihn nicht enttäuscht habe.
Nun sollte man meinen, dass sich mein Theater-Teppich recht schnell geknüpft hätte, aber
lassen Sie mich bestätigen, was Sie selbst auch wissen: nichts im Leben lässt sich „einfach“
so machen und kein Knoten wird geknüpft, ohne den Input anderer Menschen. Wer alleine
ist, ist einsam und verkümmert.
Wie gut, dass unser Theäterle für uns wie eine zweite Familie ist und es sich recht bald herausstellt,
wer nicht bereit ist, den Teppich gemeinsam zu knüpfen. Wie viele Spieler waren
schon bei uns, die meinten unsere Bühne zur eigenen Demonstration nutzen zu können?
Das funktioniert so nicht – weder im Ensemble, noch beim Publikum.
Und dennoch wurden auch die „Kurzspieler“-Knötchen verwoben. Schließlich ist es ja nicht
so, dass diese uns nicht auch etwas vermittelt hätten! Kein Teppich ist ohne Fehler, aber
die kleinen Patzer gehen im großen Ganzen unter.
Genauso verhält es sich mit unseren Produktionen. Sie sind handgemacht und mit einer
Unmenge Knoten geknüpft. Im Laufe der Jahre hat jeder von uns sein Scherflein dazu
beigetragen – viel Gutes, aber auch Schlechtes und dennoch nicht weniger Lehrreiches.
Aber weil wir diesen Teppich nicht nur für uns knüpfen, sondern auch für eine Unmenge
verschiedener Knötchen (unser Publikum!), ist er so unvergleichlich. Somit spanne ich
den Bogen zurück zu den Nomadenvölkern, die Teppiche zur Isolation und Dekoration
knüpfen. Ein Theaterabend isoliert für kurze Zeit von der realen Welt und er dekoriert das
Leben, wie es gerade gebraucht wird. Nichtsdestotrotz ist er so wahrhaftig wie das Leben
selbst. Jürgen hat immer gesagt: „Es gibt eine Realität auf der Bühne und eine im Leben!“
Jeder Theaterabend erschafft eine neue Welt, in die wir Sie alle mitnehmen. Leider (noch)
nicht mit einem fliegenden Teppich, aber – versprochen – wir arbeiten daran!
Inka Bauer
Regie Neugereuter Theäterle e.V.