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Lebenskultur - Das Magazin - Ausgabe April 2022

Das Magazin „Lebenskultur“ wirft in jeder Ausgabe zu einem bestimmten, weit gefassten Thema einen tiefgehenden Blick auf bemerkenswerte Geschehnisse und Menschen mit Bezug zur Stadt, zur Region und darüber hinaus. Wechselnde lokale Autoren machen sich daran, unser Leben und unsere Kultur in allen ihren Ausprägungen in Form von Portraits, Berichten, literarischen Texten, Essays oder ähnlichem zu schildern. Selbstverständlich dürfen Fotos nicht fehlen. Derart entsteht eine ganz spezielle Chronik, in der sich die aktuelle Stadtgeschichte mit Wechselwirkungen bis zum Weltgeschehen hin wiederfindet.

Das Magazin „Lebenskultur“ wirft in jeder Ausgabe zu einem bestimmten, weit gefassten Thema einen tiefgehenden Blick auf bemerkenswerte Geschehnisse und Menschen mit Bezug zur Stadt, zur Region und darüber hinaus. Wechselnde lokale Autoren machen sich daran, unser Leben und unsere Kultur in allen ihren Ausprägungen in Form von Portraits, Berichten, literarischen Texten, Essays oder ähnlichem zu schildern. Selbstverständlich dürfen Fotos nicht fehlen. Derart entsteht eine ganz spezielle Chronik, in der sich die aktuelle Stadtgeschichte mit Wechselwirkungen bis zum Weltgeschehen hin wiederfindet.

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VON JOHANN SCHLEICH<br />

Die Brauereibesitzerin<br />

Josefine Hold<br />

Die Geigenlehrerin und<br />

Pianistin Mina Knittelfelder<br />

Dr. Olga Lehmann trat<br />

bereits 1904 als Pianistin auf.<br />

Emma Posch wurde 2018<br />

Obfrau des Stadtchors.<br />

Prof. Ella Kasteliz<br />

Feldbachs starke und kreative Frauen<br />

Ob als „Gräfin vom Raabtal“, als „Geigerin,<br />

die Musik im Blut“ hat, als erste Obfrau<br />

des Stadtchores oder als Künstlerin, spielten<br />

Frauen in der Gesellschaftsgeschichte von<br />

Feldbach vielfach eine wichtige Rolle. Doch<br />

einige von diesen erfolgreichen Feldbacher<br />

Frauen sind im Laufe der Zeit in Vergessenheit<br />

geraten, wie wir in dieser Serie noch<br />

sehen werden. Wegen der doch erheblichen<br />

Anzahl an verdienstvollen Feldbacher Frauen<br />

und dem vorgegebenen Platzrahmen für diese<br />

Dokumentation, musste ich mich bei jeder<br />

Frau, von meiner Warte aus gesehen, auf die<br />

wesentlichsten Leistungspunkte beschränken<br />

und diese Dokumentation auf einige Folgen<br />

aufteilen.<br />

Brauereibesitzerin Josefine Hold<br />

(geb. 1852, verst. 1927)<br />

Die Spurensuche nach erfolgreichen Frauen<br />

beginnt wegen der fehlenden Aufzeichnungen<br />

mit der Brauereibesitzerin Josefine<br />

Hold erst im 19. Jahrhundert. Sie hat mit<br />

dem Bau der Villa Hold, dem Brauhaus-Hotel<br />

(später Gewerbehaus, Hauptplatz 30),<br />

dem Braukeller und der Gruftkapelle am<br />

Stadtfriedhof bis zum heutigen Tag deutliche<br />

Spuren hinterlassen. Nicht umsonst<br />

wurde sie bereits zu Lebzeiten als „Gräfin<br />

vom Raabtal“ bezeichnet. Doch Aufstieg<br />

und Fall reichten sich bei dieser Frau schnell<br />

die Hände, sodass sie ihren Feldbacher Besitz<br />

bereits 1902 verkaufen musste.<br />

Mina (verst. 1938) und Mitzi Knittelfelder<br />

Völlig in Vergessenheit geraten sind Mina<br />

Knittelfelder mit ihrer Tochter Mina („Mitzi“).<br />

Die geniale Geigerin und Pianistin<br />

Mina war die erste Frau, die in den Männergesangsverein<br />

(heute Stadtchor) eindringen<br />

konnte und 1936 sogar als außerordentliches<br />

Mitglied aufgenommen wurde.<br />

Erstmals findet man die beiden Frauen im<br />

Jahr 1904 bei der Liedertafel des Männergesangsvereines<br />

in einem Programmheft. Als<br />

besondere Ehrerbietung wird in der Chronik<br />

des Männergesangsvereines erwähnt, dass<br />

der Männerchor mit Fahne 1938 am Begräbnis<br />

von Mina (Mutter) teilnahm.<br />

Vom Feldbacher Damenchor zum Stadtchor<br />

Bereits 1904 bestand in Feldbach auch ein<br />

Damenchor, der am 19. Juni im Weißen Saal<br />

der Brauerei bei der Liedertafel des Männergesangsvereines<br />

mitwirkte. Bei dieser<br />

Liedertafel treffen wir auch erstmals auf<br />

die beiden Feldbacher Musikerinnen Mina<br />

Knittelfelder (Violinsolo) und am Klavier<br />

ihre Tochter Mina „Mitzi“ Knittelfelder.<br />

Den Ton bei derartigen gemischten Konzerten<br />

mit Damen- und Männerchor gab<br />

der Männerchor an. <strong>Das</strong> nächste Mal wird<br />

der Damenchor bei der Faschingsliedertafel<br />

des Männergesangsvereines am 25. Februar<br />

1906 erwähnt. Bei dieser Faschingsliedertafel<br />

treffen wir wieder auf eine mitwirkende<br />

Frau. Es ist die Feldbacherin Olga Lehmann,<br />

die das „Lied der Deutschen in Österreich“,<br />

das der Männerchor sang, am Klavier<br />

begleitete. Namentlich kennen wir 1909 die<br />

beiden Chorsängerinnen Anna Ledinegg und<br />

Adrienne Maier.<br />

Ab 1948 bemühte sich der Männergesangsverein,<br />

den Frauenchor aufzunehmen. In<br />

der Chronik steht: „Nicht unerwähnt soll<br />

bleiben, dass unter anderem der Beschluss<br />

gefasst wurde, zur Hebung der Sängerfreudigkeit,<br />

wie überhaupt zur klaglosen Aufrechterhaltung<br />

der Vereinstätigkeit mit den<br />

sangeskundigen Frauen und Mädchen Feldbachs<br />

Unterhandlungen auf Angliederung<br />

mit lockerer Bindung anzubahnen. Der neu<br />

gewählte Obmann (Rechtsanwalt Dr. Rudolf<br />

Ressl) erklärte sich bereit, die Angelegenheit<br />

in Kürze spruchreif zu machen.“<br />

Der Frauenchor wurde 1950, anlässlich des<br />

100-jährigen Bestehens des Männergesangsvereines,<br />

mit dem Männerchor vereint. In<br />

der MGV-Chronik steht: „Obmann Dr. Ressl<br />

überreichte nach eingehender Würdigung<br />

der Leistungen des Frauenchores im Auftrage<br />

des Jubelvereines (100 Jahre MGV)<br />

als sichtbares Zeichen ihrer Zugehörigkeit<br />

zum Vereine jedem Mitgliede des Frauenchores<br />

das Vereinsabzeichen.“ Jetzt hatte<br />

der Frauenchor eine Obfrau und der Männerchor<br />

einen Obmann. Jahrzehnte danach<br />

wurden beide Chöre von einem Obmann geführt.<br />

Und es dauerte bis 2018, also 168<br />

Jahre, bis die erste Frau, Emma Posch, den<br />

„gemischten“ Stadtchor als Obfrau übernehmen<br />

konnte. Der von Männern bis in das<br />

21. Jahrhundert dominierte Chor steckt im<br />

Jahr <strong>2022</strong> in einer Männerkrise. Rund zwei<br />

Drittel der Chormitglieder sind Frauen.<br />

Prof. Ella Kasteliz (geb. 1911, verst. 1989)<br />

Auf künstlerischer Ebene schrieb die Presse<br />

1921 von der zehnjährigen Geigerin Ella<br />

Kasteliz, dass sie ein „musikalisches Wunderkind“<br />

sei. Kastleliz wurde als berühmteste<br />

blinde Geigerin Österreichs und als<br />

Frau, die Musik im Blut habe, bezeichnet.<br />

Bei mehr als 5000 Konzertabenden war sie<br />

in 15 Staaten der Welt zu hören. Sie war<br />

die Besitzerin des weithin sichtbaren „Ansitzes<br />

Geigenstöckl am Frauenhügel“ am<br />

Stadtrand von Feldbach. Kasteliz war unter<br />

anderem auch Geigenschülerin der zuvor<br />

genannten Mina Knittelfelder.<br />

18 MAGAZIN „LEBENSKULTUR“ - STADT FELDBACH

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