Theatermagazin - Nationaltheater Mannheim April 2022
Die Märzausgabe des Theater Magazins des Nationaltheaters Mannheim. Weitere Infos und Programm: https://www.nationaltheater-mannheim.de/
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Sie nehmen sich des »Freischütz’« an: (v. l.) Heike Vollmer (Bühne), Roberto Rizzi Brignoli (Dirigat),<br />
Jan Dvořák (Kommando Himmelfahrt, Konzept & Regie), Kathi Maurer (Kostüm) und Thomas Fiedler<br />
(Kommando Himmelfahrt, Konzept & Regie)<br />
Jan Dvořák: Ja, absolut!<br />
Thomas Fiedler: Tatsächlich war für Jan<br />
und mich »Der Freischütz« die erste<br />
Zusammenarbeit anlässlich unserer<br />
Diplomarbeiten an der Hamburger<br />
Musikhochschule. Die freie Bearbeitung<br />
von Webers Werk, mit teils neukomponierter<br />
Musik von Jan, hat den Grundstein<br />
für unser gemeinsames Schaffen<br />
»Wir entwerfen<br />
eine neue Romantik<br />
auf den Trümmern<br />
unserer Zeit.«<br />
JAN DVOŘÁK<br />
Jan Dvořák: Und viele, viele schöne<br />
Projekte, unter anderem auch hier am<br />
Theater. Irgendwie ist Weber dabei vorbildlich<br />
geblieben: die Verbindung von<br />
Schauspiel und Oper, die Polystilistik,<br />
die Phantastik, der Anspielungsreichtum<br />
– da schließt sich ein Kreis.<br />
Für Euren »Freischütz« habt Ihr eine<br />
eigenständige Textfassung erarbeitet.<br />
Was ist das Besondere daran, welches<br />
Inszenierungskonzept liegt<br />
zugrunde?<br />
Thomas Fiedler: Uns interessiert es,<br />
historische Werke auf eine potenzielle<br />
Zukunft hin zu untersuchen …<br />
Jan Dvořák: …futurologisch sozusagen.<br />
Wir entwerfen eine neue Romantik auf<br />
den Trümmern unserer Zeit.<br />
KOMMANDO<br />
HIMMELFAHRT<br />
Kommando Himmelfahrt<br />
ist eine genreübergreifend<br />
arbeitende<br />
Theatergruppe<br />
um den Hamburger<br />
Komponisten Jan<br />
Dvořák, den Berliner<br />
Regisseur Thomas<br />
Fiedler und die<br />
Dramaturgin und<br />
Produktionsleiterin<br />
Julia Warnemünde.<br />
Kommando Himmelfahrt<br />
beschäftigt sich<br />
in meist großformatigen<br />
Produktionen<br />
zwischen Musiktheater,<br />
Performance<br />
und Videokunst mit<br />
Utopien und Mythen,<br />
untersucht ihr Potenzial<br />
und projiziert sie<br />
zurück auf die Gegenwart.<br />
Für das<br />
<strong>Nationaltheater</strong><br />
<strong>Mannheim</strong> erarbeitete<br />
die Gruppe unter<br />
anderem eine filmische<br />
Rekonstruktion<br />
der verschollenen<br />
Film-Revue »Wie<br />
werde ich reich und<br />
glücklich?« von<br />
Mischa Spoliansky<br />
auf der Opernbühne<br />
(2017), die Musiktheater-Installation<br />
»Salon des lumières«<br />
(2018) sowie die<br />
Konzertshow<br />
»<strong>Mannheim</strong> Requiem«<br />
(2018).<br />
Zeit – ganz konkret in den schrecklichen<br />
Ereignissen des Ukrainekriegs – zeigen,<br />
wie schnell das möglich ist. Wir haben<br />
daher den »Freischütz« in eine fiktive<br />
Zukunft verlegt, um die Geschichte so<br />
nah wie möglich an uns heranzuholen.<br />
Jan Dvořák: In welcher Beziehung<br />
stehen Technik und Wissenschaft zu<br />
unseren Gefühlen, zu unserer Identität?<br />
All diese geisterhaften Stimmen, Bilder<br />
und Klänge, die uns heute umgeben,<br />
hätte man ja früher als Spuk betrachtet.<br />
Was, wenn der Teufel nur die Verkörperung<br />
des Wissens ist, das man<br />
noch nicht hat?<br />
Worin besteht für Euch die<br />
Herausforderung im Umgang mit<br />
dem Stück?<br />
Thomas Fiedler: Da wir ja meistens<br />
unsere Stücke selbst schreiben, ist es<br />
schon eine Herausforderung, so ein<br />
traditionsreiches Werk auf die Bühne<br />
zu bringen. Aber Webers »Freischütz«<br />
ist eines der packendsten Musiktheaterwerke<br />
des 19. Jahrhunderts, und das<br />
macht wahnsinnigen Spaß.<br />
Jan Dvořák: Weber ist ein zwingender<br />
Melodiker und Rhythmiker – und beides<br />
immer im Dienst seiner Geschichte.<br />
Schließlich war er Sohn eines Theaterdirektors<br />
und einer Sängerin!<br />
Eurer »Freischütz« spielt im Jahr<br />
2048. Stellt Ihr Euch so die Zukunft<br />
vor?<br />
Thomas Fiedler: Nein, das ist keine<br />
wünschenswerte Zukunft. Aber man<br />
kann sich die Zukunft nicht aussuchen.<br />
Jan Dvořák: »Der Freischütz« stellt die<br />
Frage, wie und um was man kämpft…<br />
Thomas Fiedler: …besonders, wenn sich<br />
die Zukunft als unaufgeklärt und<br />
kriegerisch herausstellen sollte.<br />
gelegt. Daraus ist unsere Musiktheatergruppe<br />
Kommando Himmelfahrt mit<br />
Julia Warnemünde hervorgegangen.<br />
Thomas Fiedler: »Der Freischütz« spielt<br />
laut Weber in der Zeit nach dem<br />
Dreißigjährigen Krieg, einer Zeit, in der<br />
die Fundamente der Gesellschaftsordnung<br />
zerbrochen waren. Für uns<br />
stellte sich die Frage, ob solch ein<br />
Zustand womöglich auch uns blühen<br />
könnte. Die Erschütterungen der letzten<br />
DER FREISCHÜTZ<br />
Romantische Oper in drei Aufzügen<br />
von Carl Maria von Weber<br />
Premiere Fr, 08.04.<strong>2022</strong>, Opernhaus