Nottwiler Auslese 2022
Nottwiler Geschichten zum Nachlesen
Nottwiler Geschichten zum Nachlesen
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<strong>2022</strong>
<strong>Nottwiler</strong> <strong>Auslese</strong> <strong>2022</strong>
Inhalt<br />
Wussten Sie … ?<br />
Editorial . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5<br />
Walter Steffen, Gemeindepräsident<br />
Geschichten, die das Leben schrieb<br />
Chronikteam . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6<br />
Dank an Christian Lanzendörfer<br />
Initiator der <strong>Nottwiler</strong> <strong>Auslese</strong> . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7<br />
Chronikteam<br />
10 Jahre Zentrum Eymatt<br />
Ein Rück- und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9<br />
Jacqueline Willimann<br />
Titelbild: Acht Notteler<br />
Frauen erzählen aus<br />
ihrem Erinnerungsschatz.<br />
Von links oben:<br />
Hedy Winiger, Ottilie<br />
Zimmermann, Josy<br />
Gerstenkorn, Marie-<br />
Theres Weingartner<br />
Unten: Margrit Imgrüt,<br />
Bernadette Egli, Erika<br />
Glanzmann, Heidi Egli<br />
Landfrauenküche mit Anita Estermann<br />
«SRF bi de Lüt» in Nottwil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17<br />
Edith Schwander<br />
Corona-Pandemie in Nottwil<br />
Der Alltag fällt aus dem Konzept . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21<br />
Monika Nöbauer<br />
Den Frauen eine Stimme geben<br />
Portraits und Erzählungen von Notteler Frauen . . . . . . . 27<br />
Familienfrau und «Gemeindekanzlerin» . . . . . . . . . . . . . 38<br />
Gaby Kindler und Jacqueline Willimann<br />
Internierte in Nottwil<br />
Fremdes Militär und helfende Hände . . . . . . . . . . . . . . . 43<br />
Monika Nöbauer<br />
<strong>2022</strong><br />
2<br />
<strong>Nottwiler</strong> <strong>Auslese</strong>
Trachtenweihe Jodlerklub Nottwil<br />
Eine neue Tracht zum 75-jährigen Jubiläum . . . . . . . . . . 47<br />
Edith Schwander<br />
Erweiterungsbauten Schweizer Paraplegiker-Zentrum<br />
Der Umbau ist abgeschlossen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51<br />
Stefanie Schlüter<br />
Bäckerei & Café Künzli Nottwil und Filiale Sursee<br />
Die Genussinsel hat Tradition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57<br />
Jacqueline Willimann<br />
30 Jahre Orgeljubiläum<br />
Die Geschichte der Orgel in der Pfarrkirche St. Marien . . 71<br />
Eva und Marco Brandazza<br />
Pensionierung von Anita und Stephan Troxler<br />
Herzschlag im Gleichklang der Glocken . . . . . . . . . . . . . 79<br />
Jacqueline Willimann<br />
Paralympic-Champion Marcel Hug<br />
Paralympionik mal vier . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87<br />
Jacqueline Willimann<br />
Jahrbuch<br />
Rückblick Gemeinderat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91<br />
Rückblick Bildungskommission . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95<br />
Rückblick Kirchenrat / Pfarrei . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100<br />
Vereinsjubiläen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105<br />
Nottwil in Zahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106<br />
Autorenangaben und Bildnachweis . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113<br />
<strong>Nottwiler</strong> <strong>Auslese</strong><br />
3 <strong>2022</strong>
Impressum <strong>Nottwiler</strong> <strong>Auslese</strong> <strong>2022</strong><br />
Herausgeberin Gemeinde Nottwil, Gemeinderat<br />
Chronikteam Jacqueline Willimann (Leitung), Beatrice Huser Winkler, Gaby Kindler,<br />
Monika Nöbauer, Edith Schwander, Stephan Troxler<br />
Grafik und Layout sgrafik.ch, Stäuble GmbH, Nottwil<br />
Druck Abächerli Media AG, Sarnen<br />
Auflage 2 200 Exemplare<br />
ISBN 978-3-033-09058-3<br />
© <strong>2022</strong> Gemeinde Nottwil, <strong>Nottwiler</strong> <strong>Auslese</strong>: Bei Verwendung von Texten,<br />
auch auszugsweise, ist die Quelle anzugeben.
Wussten Sie …?<br />
Editorial<br />
Liebe <strong>Nottwiler</strong>innen und <strong>Nottwiler</strong><br />
Sie dürfen sich auf eine spannende 4. Ausgabe der «<strong>Nottwiler</strong><br />
<strong>Auslese</strong>» freuen. Gerne nutze ich die Gelegenheit und mache<br />
Sie im Vorwort auf ein paar Themen «gluschtig».<br />
- Können Sie sich vorstellen, wie sich die Frauen in Nottwil<br />
behauptet haben, während die meisten Männer im Aktivdienst<br />
waren, und wie sie zu einem späteren Zeitpunkt<br />
dem Frauenstimmrecht gegenüber standen?<br />
- Wussten Sie, dass es auch in Nottwil Internierte gab?<br />
- Kaum zu glauben, aber im vergangenen Jahr durfte das<br />
Zentrum Eymatt bereits das zehnjährige Jubiläum feiern.<br />
- Gross war die Freude der Festgemeinde, als die Jodler*innen<br />
feierlich in der Kirche ihre neuen Trachten einweihen<br />
konnten.<br />
- Corona brachte teilweise auch das Leben in Nottwil ziemlich<br />
durcheinander. Ist Ihnen bekannt, dass auch in<br />
unserer Gemeinde ein Krisenstab wirkte?<br />
- Anita Estermann, die sympathische Landfrauenköchin, hat<br />
mit ihrem Auftritt beim Schweizer Fernsehen für Furore<br />
gesorgt und Nottwil in ein noch besseres Licht gerückt.<br />
- Anita und Stephan Troxler gehen in Pension, eine Tatsache,<br />
an die man sich zuerst gewöhnen muss.<br />
Diese und weitere Themen hat das Chronikteam unter der<br />
Leitung von Jacqueline Willimann für Sie zusammengestellt und<br />
Beiträge dazu verfasst. Das ehrenamtlich arbeitende Chronikteam,<br />
welches aus Beatrice Huser Winkler, Monika Nöbauer und<br />
Stephan Troxler besteht, konnte mit Edith Schwander und Gaby<br />
Kindler verstärkt werden. Ihnen allen und dem Grafiker Gregor<br />
Stäuble gebührt für ihr Wirken ein grosses Dankeschön.<br />
Walter Steffen, Gemeindepräsident<br />
Gemeinderat Nottwil<br />
Im März <strong>2022</strong><br />
Walter Steffen<br />
<strong>Nottwiler</strong> <strong>Auslese</strong><br />
5 <strong>2022</strong>
Geschichten,<br />
die das Leben schrieb<br />
Chronikteam<br />
Das Chronikteam von<br />
links: Monika Nöbauer,<br />
Stephan Troxler,<br />
Gaby Kindler,<br />
Jacqueline Willimann,<br />
Edith Schwander und<br />
Beatrice Huser Winkler<br />
Sehr geehrte Leserin, sehr geehrter Leser<br />
Liebe Nottelerinnen und Notteler<br />
Menschen schreiben Geschichten zum Staunen, zum Innehalten,<br />
zum Aufwühlen, zum Nachdenken, zum Liebgewinnen,<br />
zum Lachen, zum Sammeln. Für die Geschichten der <strong>Nottwiler</strong><br />
<strong>Auslese</strong> <strong>2022</strong> war das Chronikteam mehr denn je auf viele Personen<br />
aus der Bevölkerung angewiesen, die mit Offenheit über<br />
ihr Leben, über besondere Ereignisse, ihren Arbeitsalltag, Festivitäten,<br />
Freud und Leid berichteten und uns durch ihre Erzählungen<br />
viel von ihrer Persönlichkeit mitgegeben haben.<br />
Das Produkt überreichen wir Ihnen heute als kleines<br />
Geschenk. Und auch wenn Sie nicht zu den fleissigsten Leser*innen<br />
gehören, sind wir trotzdem überzeugt, dass Ihnen der eine<br />
oder andere Bericht gefallen wird.<br />
Das ganze Chronikteam wünscht Ihnen vergnügliche Lesemomente.<br />
<strong>2022</strong><br />
6<br />
<strong>Nottwiler</strong> <strong>Auslese</strong>
Dank an<br />
Christian Lanzendörfer<br />
Initiator der <strong>Nottwiler</strong> <strong>Auslese</strong><br />
Der schönen Sempachersee-Gegend sei Dank, dass Christian<br />
und Dorothée Lanzendörfer nach der Pensionierung und<br />
einer anschliessenden Weltreise ihr Wohndomizil 2012 von<br />
der Agglomeration Zürichs nach Nottwil verlegt haben.<br />
Der ehemalige Stadtschreiber und passionierte Reisefan hat<br />
besondere Qualitäten, die der Gemeinde Nottwil wesentlich<br />
zur Entstehung der «<strong>Nottwiler</strong> <strong>Auslese</strong>» (NA) verholfen<br />
haben.<br />
Am Neuzuzügerabend 2012 signalisierte Christian Lanzendörfer<br />
dem Gemeindepräsidenten Walter Steffen seine Bereitschaft,<br />
sich bei Bedarf ehrenamtlich für die Realisierung von<br />
besonderen Projekten zur Verfügung zu stellen Das Angebot<br />
nahm der Gemeinderat gerne an Beim ersten offiziellen<br />
Kontakt, verbunden mit der Benennung von anstehenden<br />
Ideen und Projekten, empfahl sich Christian Lanzendörfer für<br />
die Realisierung einer Gemeindechronik Für ihn als sicherer<br />
Schreiber und Fotograf war der Aufbau der fehlenden Notteler<br />
Chronik wie zugeschnitten, brachte er doch reiche Erfahrung<br />
Diese bisherigen vier<br />
Ausgaben der <strong>Nottwiler</strong><br />
<strong>Auslese</strong> tragen die<br />
Handschrift von<br />
Christian Lanzendörfer.<br />
<strong>Nottwiler</strong> <strong>Auslese</strong><br />
7 <strong>2022</strong>
Christian Lanzendörfer<br />
Nach der <strong>Nottwiler</strong><br />
<strong>Auslese</strong> entsteht ein<br />
eigenes Reisebuch auf<br />
seinem Computer<br />
bei der Entwicklung von Gemeindeinformations- und Vereinsorganen<br />
sowie weiteren Publikationen mit. Das in der Folge<br />
von Christian Lanzendörfer erstellte Konzept, ein Periodikum<br />
im Zweijahresrhythmus zu schaffen, überzeugte. Zusammen<br />
mit dem Chronikteam und dem Grafiker Gregor Stäuble hat er<br />
als Gründungsvater der «<strong>Nottwiler</strong> <strong>Auslese</strong>» 2014 eine Probenummer<br />
und die Ausgaben 2016 und 2018 geschaffen und bei<br />
der Nummer 2020 tüchtig mitgeholfen. Ende 2019 übergab er<br />
das solid aufgebaute Fundament der NA, um sich wieder vermehrt<br />
seiner Reiselust zuzuwenden.<br />
Christian Lanzendörfer wünscht sich, dass die <strong>Nottwiler</strong><br />
<strong>Auslese</strong> auch in Zukunft viele Leser*innen begeistern kann, und<br />
er freut sich noch heute über die interessanten Kontakte mit<br />
den vielen Personen, die er während seiner Recherchen kennengelernt<br />
hat.<br />
Der Gemeinderat und das Chronikteam danken Christian<br />
Lanzendörfer für die ehrenamtlich geleistete Pionierarbeit<br />
am geschichtlichen Zeitdokument und für die professionelle<br />
Arbeitsweise. Mögen ihm seine bevorstehenden Reisen mit<br />
seiner Frau interessante Themen und Fotosujets liefern, damit<br />
auch in Zukunft von ihm wieder anregende Geschichten zu<br />
lesen sind.<br />
<strong>2022</strong><br />
8<br />
Dank an Christian Lanzendörfer
10 Jahre Zentrum Eymatt<br />
Ein Rück- und Ausblick<br />
Das Strategieziel «Wir begleiten und unterstützen unsere<br />
Bevölkerung in allen Lebensphasen und -lagen» hat die<br />
Gemeinde Nottwil für die ältere Generation mit dem Zentrum<br />
Eymatt und den Alterswohnungen Awono vorbildlich umgesetzt.<br />
Nun kann das Alterszentrum mit zwischenzeitlich veränderter<br />
Führungsstruktur sein zehnjähriges Jubiläum feiern.<br />
Liebes Zentrum Eymatt<br />
Am 11. Februar 2021 konntest du deinen 10. Geburtstag<br />
feiern. Du hast es als modernes, gut konzipiertes Gebäude<br />
geschafft, in der Gemeinde Nottwil und in der Region einen<br />
besonderen Bekanntheitsgrad zu erlangen. Nach deinem<br />
erschwerten Werdegang von einem Standort zum anderen,<br />
den fortlaufend konzeptionellen Anpassungen, den bangen<br />
Minuten um dein Entstehen und der endlos scheinenden Planungsphase<br />
hast du schlussendlich durch den Landkauf des<br />
Grundstückes von Monika und Josef Brunner deine Heimat<br />
erhalten. Es scheint dir gut zu gehen. Du hast mit dem Bau<br />
der Alterswohnungen (AWONO) einen idealen Nachbarn<br />
erhalten, direkt vor dir steht eine Bushaltestelle, die wunderschöne,<br />
neu renovierte Kapelle Ey ziert deine Umgebung,<br />
durch die belebte Strasse erhältst du deine Beachtung, und<br />
deine offenen Türen werden von vielen Gästen genützt für<br />
Besuche, zum Verweilen in der Cafeteria oder im Gartenrestaurant<br />
bis hin zum Einkaufen der kreativ gestalteten Eigenprodukte<br />
der Bewohner*innen.<br />
Menschen, die bei dir zu Hause sind, schätzen die gemeinschaftlichen<br />
Räume, deine grosszügigen Zimmer, den sonnigen<br />
Garten mit seinen lauschigen Ruheinseln, das Gärtnern in<br />
den Hochbeeten oder die kurzen Spazierwege rund ums Haus.<br />
Menschen, die in deinen Mauern arbeiten, erfahren wir als<br />
kompetentes und eingespieltes Team.<br />
<strong>Nottwiler</strong> <strong>Auslese</strong><br />
9 <strong>2022</strong>
Viele Menschen nehmen in deinem Haus Abschied von<br />
ihrem Leben, lassen all ihr Liebgewonnenes zurück und finden<br />
in der Ewigkeit ihr Daheim. Bestimmt spürst du von allen<br />
Seiten die Würde ihnen gegenüber und ihren guten Geist, der<br />
sich für immer in alle Ecken verteilt. Trotz dieser traurigen<br />
Momente hast du Bestand.<br />
Die Konfrontation mit dem begrenzten Leben gibt den<br />
Bewohnenden das Bewusstsein, noch alles tun zu wollen, was in<br />
ihrer Möglichkeit steht. Durch die Aktivierung, die in einem speziellen<br />
Raum stattfindet, entstehen Kunstwerke, die unverkennbar<br />
dein Outfit zieren. Bestimmt liebst du es, wenn Feste wie<br />
der Rosentag, Geburtstage, Fasnacht, Weihnachten usw. gefeiert<br />
werden, denn dann geben alle alles. Die Düfte, die Gespräche, die<br />
Musik, das Lachen, das Verwöhntwerden – und die Gäste verleihen<br />
in diesen Momenten deinem Haus ein spezielles Ambiente.<br />
Im Gegensatz dazu bietest du mit dem wunderschön gestalteten<br />
«Raum der Stille» den Bewohnenden einen Rückzugsort<br />
an, den sie sehr schätzen, um Einkehr zu halten, zu beten, zu<br />
meditieren, den Glauben zu vertiefen und für sich alleine zu<br />
sein. Alles hat seine Zeit.<br />
Deine Festivitäten zum zehnjährigen Bestehen, geplant von<br />
einem Organisationskomitee, konntest du wegen der Corona-<br />
Pandemie nicht wie vorgesehen durchführen. Aber Hand aufs<br />
Herz: dein Festtag mit den feinen, clever durchdachten und einzigartigen<br />
Highlights ging unter die Haut und wurde deinen zehn<br />
Jahren, wenn auch nur intern gefeiert, mit Bestimmtheit gerecht.<br />
Und nun, liebes Zentrum Eymatt, startest du ins zweite<br />
Jahrzehnt. Unsere guten Wünsche für ein volles Haus, für<br />
Zufriedenheit, für eine gute Hausgemeinschaft, für Kontinuität,<br />
für eine ausgeglichene Rechnung und für Menschen, die für<br />
dein Inneres und Äusseres sorgen, sollen dich begleiten. Schön,<br />
dass es dich gibt! Happy Birthday!<br />
Alle, die dich schätzen<br />
In einem Gespräch standen Pius Bernet, Verwaltungsratspräsident,<br />
Renée Sigrist, Stv. Verwaltungsratspräsidentin, Karin<br />
Rubeli, Geschäftsführerin und Leiterin Pflege und Betreuung,<br />
für weitere Fragen Red’ und Antwort.<br />
Was macht Sie stolz auf die vergangenen zehn Jahre in<br />
Ihrer Arbeit für das Zentrum Eymatt?<br />
Karin Rubeli: Bei meinem Eintritt im November 2011 kam<br />
ich in ein Haus mit einer wunderbaren Hülle, dem aus meiner<br />
Sicht das Herz fehlte. Gemeinsam ist es uns gelungen, das Haus<br />
<strong>2022</strong><br />
10<br />
10 Jahre Zentrum Eymatt
lebendig, fröhlich und farbig zu gestalten. Das Zentrum kann<br />
in der Zwischenzeit einen sehr guten Ruf und einen regionalen<br />
Bekanntheitsgrad ausweisen und hat sich auf dem Markt<br />
bestens positioniert. Zudem freue ich mich, seit drei Jahren die<br />
Rechnung gewinnbringend abschliessen zu können. Eine Befragung<br />
für die Qualitätssicherung bei den Bewohner*innen und<br />
ihren Angehörigen zeigte uns auf, dass sich die Menschen im<br />
Zentrum Eymatt wohl fühlen und gerne da wohnen.<br />
Ich bin stolz auf unseren etablierten Ausbildungsstandard.<br />
Es ist unser Ziel, in Zukunft auch Fachkräfte HF (Höhere Fachschule)<br />
ausbilden zu dürfen.<br />
Renée Sigrist: Das gute Einvernehmen zwischen dem Verwaltungsrat<br />
und der Geschäftsführung, die Unterstützung des<br />
Campus durch den Gemeinderat und die Akzeptanz der Bevölkerung<br />
erachte ich als äusserst erfreulich. Wir können stolz<br />
sein, ein Alterszentrum in unserer Gemeinde im Angebot zu<br />
haben. Als ebenso gelungen und wichtig erachte ich die fortschrittliche<br />
Digitalisierung und die dauernde Qualitätssicherung,<br />
die fortwährend in Entwicklung bleiben sollen.<br />
Pius Bernet: Wir sind ein Dienstleistungsunternehmen auf<br />
hohem Niveau. Menschen finden im Zentrum Eymatt ein neues<br />
Zuhause und erhalten Unterstützung in<br />
der neuen Lebensgestaltung. Die «Software»<br />
des Hauses lebt, die gute Stimmung<br />
wurde durch die Führungscrew jahrelang<br />
aufgebaut. Dem Betriebsklima wird sehr<br />
viel Beachtung geschenkt, es hilft für das<br />
Wohlergehen aller und lässt es zu, neue<br />
Ressourcen zu entwickeln.<br />
Was schätzen die Bewohner*innen<br />
und ihre Angehörigen aus Ihrer<br />
Sicht am Zentrum Eymatt?<br />
Karin Rubeli: Bei der Umfrage haben die Pflege und die<br />
Betreuung sehr gut abgeschnitten. Besondere Zufriedenheit gibt<br />
es für die grosszügigen Einzelzimmer mit eigener Nasszelle, das<br />
Aktivierungsangebot, die Gartengestaltung, den Raum der Stille<br />
und den Bezug zum Betreuungs- und Pflegepersonal, das durch<br />
seine regelmässigen Einsätze und durch den daraus resultierenden<br />
Bekanntheitsgrad den Bewohner*innen Sicherheit gibt.<br />
Renée Sigrist: Die Grösse des Hauses ist ideal und deshalb<br />
auch übersichtlich. Die vielen Aktivitäten im Alltag sind wertvolle<br />
Momente, es läuft immer etwas, die Bewohner*innen<br />
haben Abwechslung.<br />
Das Geschäftsleitungsquartett<br />
(v.l.):<br />
Corina Steiger, Esther<br />
Zihlmann, Karin Rubeli,<br />
Hélène Hunziker<br />
10 Jahre Zentrum Eymatt<br />
11 <strong>2022</strong>
Veränderungen gehören zum Alltag<br />
Das erste Konzept mit den 34 Einzelzimmern und den<br />
sieben Wohneinheiten war vor zehn Jahren wohl überlegt und<br />
durch den ergänzenden Bau der AWONO mit den Alterswohnungen<br />
fortschrittlich und beispielhaft. Relativ kurze Zeit nach<br />
der Eröffnung erhöhte der Kanton generell die Bettenzahl für<br />
die Altersheime, was auch für das Zentrum Eymatt step by step<br />
eine Erweiterung möglich machte. Diese Ausgangslage, heute 50<br />
Bewohner*innen aufnehmen zu können, veränderte das Konzept.<br />
Um die Platzverhältnisse anzupassen, werden nun sukzessive<br />
die sieben Wohneinheiten der Zweieinhalb-Zimmer-Wohnungen<br />
in Einzelzimmer umgestaltet. Die Situation der Bewohner*innen,<br />
die ins Zentrum Eymatt eintreten, beruht nicht mehr<br />
auf genug Selbstständigkeit, um einen Haushalt, wenn auch<br />
mit leichter Unterstützung, zu meistern. Umso mehr wird ein<br />
besonderes Augenmerk auf ihre besonderen Fähigkeiten und<br />
Talente gelegt, die – manchmal noch im Schlummer-Modus vorhanden<br />
– gefördert werden. Dank dem Legat von Paula Häfliger<br />
konnte ein Raum im Untergeschoss entsprechend umgebaut<br />
und ein angrenzender Aussenbereich geschaffen werden. Dort<br />
entstehen mit Unterstützung des Kreativ-Teams der Aktivierung<br />
nun Kunstwerke, die Anlass geben für Ausstellungen, für deren<br />
Verkauf oder zur Dekoration des Hauses.<br />
Für die Leiterin Karin Rubeli wartet täglich eine Vielfalt<br />
von Arbeiten und Ereignissen, die nicht in gewohntem Mass<br />
planbar sind. «Jeder Tag fordert mich extrem heraus, aber ich<br />
kann abends mit Erfüllung und Genugtuung abschliessen, um<br />
dann am nächsten Morgen gestärkt wieder anzutreten», meint<br />
sie. Belastend wirke die Personalsituation. Verwaltungsratspräsident<br />
Pius Bernet sieht mit Besorgnis auf die von Covid 19 ausgelöste<br />
Krise. «Das Personal läuft am Limit, zurzeit ist im Pflegeberuf<br />
ein geregelter Tagesablauf kaum mehr möglich. Durch die<br />
hohe Belastung gibt es mehr Krankheitsausfälle und somit verteilen<br />
sich noch mehr Arbeitseinsätze auf die bleibenden Mitarbeiter*innen.<br />
Nicht wenige von ihnen wünschen sich eine Erholungszeit<br />
und kündigen, andere suchen sich einen neuen Job<br />
oder lassen sich durch ein höheres Lohnangebot abwerben.»<br />
Einbezug der Bevölkerung<br />
Auf die Frage, wie die Bevölkerung ins Leben des Zentrums<br />
Eymatt einbezogen wird, meinte Karin Rubeli: «Zu Beginn<br />
war die Schwelle, unbeschwert einmal das Zentrum Eymatt zu<br />
betreten, für viele Notteler*innen zu hoch. Wir öffneten das<br />
<strong>2022</strong> 12<br />
10 Jahre Zentrum Eymatt
Haus z. B. für den Elterntreff, wo die Kinder mit ihren Eltern<br />
zum Guetzlibacken oder Eierfärben kamen oder die Firmlinge<br />
mit den Bewohner*innen gemeinsam spielten. Langsam, aber<br />
stetig wuchs die Anzahl der Gäste, welche die Cafeteria, einen<br />
Anlass (Fasnacht) oder einen Gottesdienst besuchten. Heute<br />
erlebt das Haus einen regen Austausch mit Gästen aus nah und<br />
fern.» Besonders gefreut hat Karin Rubeli die Äusserung eines<br />
ehemaligen Kritikers des Zentrums, «Ich war ja ein Gegner bei<br />
der Abstimmung über das neue Altersheim. Heute muss ich<br />
sagen, dass ihr eure Arbeit sehr gut macht und es nicht mehr<br />
wegzudenken ist.»<br />
Änderung der Organisationsform<br />
2016 entlastete sich der Gemeinderat<br />
von seiner Hauptverantwortung für<br />
das Zentrum Eymatt und bildete eine AG<br />
mit dem Verwaltungsrat (VR) als kompetentes<br />
Gremium. Gemeinderätin und Stv.<br />
Verwaltungsratspräsidentin Renée Sigrist<br />
kann die beiden Führungsstile gut vergleichen.<br />
«Mit den fachspezifischen Spezialisten<br />
im VR haben wir Personen, die<br />
viel Berufserfahrung mitbringen, somit<br />
verteilt sich die grosse Verantwortung<br />
des Zentrums auf mehrere Schultern». Ihr<br />
umfassendes Netzwerk ist bei verschiedenen<br />
Themen hilfreich, nicht zuletzt<br />
bei der Personalsuche. Vorausschauend<br />
werden die Connections besonders wertvoll<br />
sein, wenn in ein paar Jahren infolge<br />
Pensionierungen in der Führungscrew<br />
Veränderungen anstehen.<br />
Für Karin Rubeli kam die Verselbstständigung<br />
zwei Jahre zu früh. «Die Etablierung<br />
der Alltagsgeschäfte im Betrieb<br />
war noch nicht abgeschlossen. Dennoch<br />
Facts and Figures<br />
zum Zentrum Eymatt<br />
Verwaltungsrat<br />
Pius Bernet, Präsident<br />
Renée Sigrist, Vize-Präsidentin<br />
Esther Peter-Spengeler, Mitglied<br />
Urs Masshardt, Mitglied<br />
Werner Steiger, Mitglied<br />
Operative Leitung<br />
Karin Rubeli, Geschäftsführung<br />
Hélène Hunziker, Leiterin Ökonomie<br />
Esther Steiger, Leiterin Gastronomie<br />
Esther Zihlmann, Leiterin Finanzen und<br />
Administration<br />
Statistische Angaben von Januar <strong>2022</strong><br />
70 Angestellte<br />
41 Vollpensen<br />
46 Betten<br />
ist die Professionalität eindeutig von Vorteil. Die schnellen<br />
Entscheidungswege, z.B. bei Mitarbeiter*innen-Anstellungen,<br />
erleichtern die Arbeit. Der VR verlangt viel, die Ansprüche<br />
an uns alle sind gestiegen, wir strengen uns mit allen Kräften<br />
an, ihnen gerecht zu werden. Wir wollen ein attraktives Haus<br />
bleiben, wo sich die Bewohner*innen wohl und zu Hause fühlen<br />
und das Personal gerne arbeitet.»<br />
10 Jahre Zentrum Eymatt<br />
13 <strong>2022</strong>
Astrid Bürkli,<br />
die dienstälteste Mitarbeiterin im Zentrum Eymatt<br />
Als Astrid Bürkli nach ihrer Familienphase am 1. Dezember 1998 in<br />
die Gruppe der freiwilligen Helfer*innen im Heim Oberey eintrat,<br />
ahnte sie noch nicht, wie sich ihr Werdegang im beruflichen und<br />
örtlichen Umfeld entwickeln würde. Schritt für Schritt stellte sie<br />
sich später zur Verfügung, die Ferienablösung in der<br />
Wäscherei, bei der Mitarbeit im Speisesaal, in der Reinigung<br />
und in der Pflege zu übernehmen. Die gelernte<br />
Verkäuferin bildete sich weiter, absolvierte 2006 die<br />
Ausbildung als SRK-Pflegerin und machte Kurse für Kinästhetik<br />
und Aromapflege. Zusammen mit ihrer reichen<br />
Erfahrung arbeitet sie seither als Mitarbeiterin Pflege<br />
auf einem Wohnbereich im Zentrum Eymatt.<br />
Als einer der eindrücklichsten Momente schildert sie<br />
das Betreten des neuen Zentrums, wo sie zusammen mit<br />
ihren zugeteilten Bewohnern über den roten Teppich,<br />
flankiert von Personen der Gemeindebehörde und der<br />
Heimleitung, in das neue Haus eintreten durfte. Das<br />
war ein Meilenstein, denn ab nun war alles viel grösser, heller,<br />
erleichternd, aber auch weitläufiger. Als grosse Qualität erachtet<br />
Astrid Bürkli die Tatsache, dass alle Zimmer über eine Nasszelle<br />
verfügen. Sie erinnert sich, wie einige Bewohner*innen sich<br />
wegen des Standortwechsels und um die Veränderung in ihrem<br />
Leben sorgten. Astrid Bürkli selber vermisst einzig die heimelige<br />
Stube, sie war das Kernstück, der Treffpunkt des Hauses, aber sie<br />
gibt auch zu bedenken, dass früher alles mit einem Treppenlift<br />
bewältigt werden musste – heute undenkbar. Drei Männer, die den<br />
Umzug mitgemacht haben, leben heute noch im Zentrum Eymatt.<br />
Astrid Bürkli schätzt das Arbeitsklima. «Wir helfen einander,<br />
haben einen sehr guten Teamgeist und werden gut geführt.»<br />
Selbst nach 23 Jahren geht sie täglich gerne zur Arbeit und<br />
schätzt den gegenseitigen Austausch mit den Bewohner*innen,<br />
auch die vertrauenswürdigen Gespräche, das Berücksichtigen der<br />
individuellen Bedürfnisse und die ganzheitliche Pflege. «Täglich<br />
müssen wir mit Veränderungen, Optimierungen und neuen Ideen<br />
umgehen können, das alles macht den Job so interessant. Ich<br />
wünsche mir weiterhin eine gute Zusammenarbeit, viele schöne<br />
Momente mit den Bewohner*innen, und dass ich ihnen die Unterstützung<br />
geben kann, damit sie zufrieden leben können». Ihre<br />
ruhige, bescheidene und pflichtbewusste Art wird sie bei diesen<br />
Vorhaben bestimmt positiv unterstützen.<br />
<strong>2022</strong> 14<br />
10 Jahre Zentrum Eymatt
Vanessa Flühler,<br />
die jüngste Mitarbeiterin im Zentrum Eymatt<br />
Ein Tipp von ihrer Grossmutter, die unmittelbar neben dem<br />
Zentrum Eymatt wohnt, führte Vanessa Flühler zum Erfolg. Die<br />
junge Frau suchte nach einem Fehlstart ihrer ersten Lehre als<br />
Medizinische Praxisassistentin eine neue Lehrstelle als Fachfrau<br />
Gesundheit und bewarb sich auf Anraten ihrer Oma im<br />
Zentrum Eymatt. Sie sagt: «Ich bin sehr dankbar, dass<br />
ich hier die Chance erhalten habe, meinen Beruf zu<br />
lernen. Es gefällt mir sehr gut, ich könnte es mir nicht<br />
besser vorstellen.» Nach einem Praktikumsjahr steht<br />
sie heute im ersten Lehrjahr, besucht wöchentlich an<br />
zwei Tagen die Schule und arbeitet während der restlichen<br />
Zeit in der Pflege. «Das Team ist sehr hilfsbereit<br />
und aufgestellt. Ich bekomme die fachliche und emotionale<br />
Unterstützung, die ich brauche. Auch die Grösse<br />
des Zentrums entspricht mir, ich kenne alle Mitarbeiter*innen<br />
und Bewohner*innen und fühle mich wohl in<br />
diesem Umfeld.»<br />
Vanessa Flühler hat schon vieles dazugelernt, der Umgang und<br />
die Kommunikation mit älteren Menschen fällt ihr, im Gegensatz<br />
zu früher, viel leichter. Die täglichen Erfahrungen stärken sie als<br />
Person, auch die Beziehung zum Tod ist für sie als junge Frau<br />
wertvoll, und sie betrachtet heute das Leben allgemein aus einem<br />
anderen Blickwinkel. Nach einem strengen Arbeitstag findet sie<br />
beim Malen und Zeichnen oder bei Treffen mit Familie, Freundinnen<br />
und Freunden ihre Erholung.<br />
Auf die Frage, wie die Zukunftspläne aussehen und ob<br />
es Wünsche, Träume, Visionen gebe, antworteten die<br />
Interviewpartner*innen:<br />
Pius Bernet: Unsere Strategie bei der Planung beruht auf der<br />
kontinuierlichen Weiterentwicklung. Wir wollen weder grosse<br />
Sprünge machen noch vorauseilen oder hintennach hinken.<br />
Wir wollen die coronabedingten Veränderungen annehmen<br />
und im Gleichschritt weitergehen. Wir streben eine rechtzeitige<br />
Planung an für die ersten anstehenden Sanierungsmassnahmen<br />
und für die Aktualisierung des IT-Bereichs. Mit Sicherheit legen<br />
wir den Fokus auf das Tagesgeschäft und setzen unsere Arbeit<br />
mit der gleichen Grundhaltung wie bisher fort. Ich wünsche mir<br />
für das Zentrum Eymatt, dass der sehr gute Hausgeist auf jeden<br />
Fall erhalten bleibt, dass die Empathie zum Wohlbefinden bei-<br />
10 Jahre Zentrum Eymatt<br />
15 <strong>2022</strong>
trägt, dass der Berufsstolz der Mitarbeiter*innen trotz grosser<br />
Herausforderungen erhalten und gestärkt bleibt, und dass Menschen<br />
für Menschen da sind.<br />
Renée Sigrist: Ich wünsche mir, dass der Eintritt in ein<br />
Pflegeheim nicht als Endstation betrachtet wird, sondern als<br />
Schritt in ein neues Zuhause, wo sich die Lebensqualität verbessert<br />
und sich im letzten Lebensabschnitt noch vieles positiv<br />
entwickeln kann.<br />
Karin Rubeli: «Ich wünsche mir weiterhin einen sorgsamen,<br />
empathischen Umgang mit den Bewohnenden. Sie sollen tagtäglich<br />
erfahren, dass sie wertvoll und wichtig sind.»<br />
1 «Weisch no»: die Jubiläumsbilderausstellung<br />
erinnert an bekannte<br />
Gesichter und prägende<br />
Erlebnisse in der Geschichte<br />
auf dem Weg<br />
vom Altersheim Oberey<br />
zum Zentrum Eymatt<br />
2 Die neue Wasserquelle<br />
am Brunnenplatz<br />
gilt als Wohlfühloase<br />
Jubiläums-Highlights<br />
Am 11. Februar 2021 am frühen Morgen waren die<br />
Mitarbeiter*innen dabei, ihr neues Jubiläums-T-Shirt<br />
aus den zur Verfügung gestellten vier Farben auszuwählen.<br />
Die bunte Crew überraschte die Bewohner*innen<br />
mit einem Verwöhn-Frühstücksbuffet umrahmt<br />
1 von feierlichen Worten der Geschäftsführerin Karin<br />
Rubeli. Vor dem Mittag enthüllte Hélène Hunziker,<br />
Leiterin Ökonomie, die Fotoausstellung «Weisch no?»,<br />
die viele Erinnerungen zur Bauzeit, der Züglete und<br />
zum neuen Leben im Zentrum Eymatt weckte. Originelle<br />
Schwarz-Weiss -Bilder erzählten Geschichten.<br />
Sie waren unter Mithilfe des Organisationskomitees<br />
aus einem Sammelsurium ausgewählt worden. Nach<br />
2 einem Festessen am Mittag und Abend kam der Glitzermoment<br />
– die Firma Bugano zündete ein Bodenfeuerwerk<br />
direkt vor dem Haus – und der Zauber spiegelte sich<br />
nicht nur in den Augen, er erfreute tief im Herzen.<br />
Karin Rubeli betont, dass jeweils am Elften jedes Monats<br />
bis Ende Februar <strong>2022</strong> ein kulinarischer Höhepunkt (Dessert,<br />
Frühstück …) vorgesehen war. Ein Geburtstagsgeschenk der<br />
besonderen Art ermöglichten mit ihrer Unterstützung der<br />
Rotary Club und weitere Sponsoren. Sie finanzierten einen<br />
Begegnungsplatz mit einem neuen Brunnen, der in einem ökumenischen<br />
Gottesdienst – umrahmt von Alphornklängen – eingeweiht<br />
wurde. Der feierliche Nachmittag fand mit der Musik<br />
der Luzerner Ländler Band unter der Leitung von Claudia Muff<br />
einen würdigen Abschluss. Abgerundet wurden die Feierlichkeiten<br />
mit einer besonderen Weihnachtswoche. All diese Glanzlichter<br />
im Jubiläumsjahr geben dem Zentrum Eymatt zu Recht<br />
den Beinamen «Stern im Alter».<br />
<strong>2022</strong> 16<br />
10 Jahre Zentrum Eymatt
Landfrauenküche<br />
mit Anita Estermann<br />
«SRF bi de Lüt» in Nottwil<br />
«Sie chöme us de ganze Schwiiz, sebe Landfroue us sebe<br />
Regione. Sie choche, bache ond ässe gärn ond sie schtelle<br />
sech im Wettbewerb om die beschti Regionalchuchi», so tönt<br />
es jeweils als Einstieg in die beliebte Freitagabend-Sendung<br />
SRF bi de Lüt.<br />
Was für die Zuschauer*innen wie ein gemütlicher<br />
Fernsehplausch daherkommt, bedeutet für die nehmerinnen eine recht anstrengende Woche<br />
Teil-<br />
Drehzeit vor Ort und eine intensive siebenwöchige<br />
Tour durch die Schweiz Mit dabei war im<br />
Herbst 2020 1) auch Anita Estermann aus Nottwil<br />
Auswahlprozedere<br />
Natürlich kocht Anita, wie ihre Familie einhellig sagt, Das Motiv des Edelweiss',<br />
eine der Lieblingsblumen<br />
von Anita,<br />
immer «guet und gnue» Täglich kommen saisonale Produkte<br />
aus Hof und Garten auf den Tisch – Milch, Fleisch, Gemüse, war in der Dekoration<br />
und auch im Menu<br />
Früchte, Beeren und Nüsse Dass sie aber einmal im Fernsehen<br />
ihr Können im Wettbewerb mit sechs anderen Bäuerinnen<br />
präsent.<br />
aus der ganzen Schweiz unter Beweis stellen sollte, das haben<br />
ihre Geschwister zu verantworten Sie haben Anita ohne ihr<br />
Wissen angemeldet<br />
Ganz klar war «SRF bi de Lüt – Landfrauenküche» für Anita<br />
schon immer ein wunderbarer Freitagabend-Fixpunkt in ihrer<br />
Agenda, die Sendung verpasste sie nie Kochen macht ihr Spass<br />
und Gäste zu verwöhnen ebenso Einmal selbst im Fernsehen<br />
den Kochlöffel zu schwingen, das konnte sie sich gut vorstellen<br />
und reizte sie ganz besonders Zudem waren mit dem Covid<br />
1) SRF bi de Lüt –<br />
Lockdown einige berufliche Tätigkeiten auf dem Hof (u a Hippotherapie<br />
/ Besuche) eingeschränkt, das gab Luft für Neues Folge<br />
02.10.2020/Staffel 14/<br />
2<br />
<strong>Nottwiler</strong> <strong>Auslese</strong><br />
17 <strong>2022</strong>
Anitas<br />
Landfrauenküche-Menu<br />
Gedeckte Gemüsesuppe<br />
mit Überraschung<br />
**<br />
Trutenfiletmedaillon<br />
mit Chammesauce<br />
**<br />
Marroni-Chüechli<br />
mit Baumnussparfait<br />
und Himbeersauce<br />
Steckbrief<br />
Anita Estermann-Bucheli<br />
geboren: 1969<br />
verheiratet: mit Franz Estermann<br />
3 Kinder: Julia, Cyril, Joel<br />
Berufe: Bäuerin und<br />
Mitarbeiterin Hippotherapie<br />
(Pferde führerin)<br />
Im Frühjahr 2020 erfolgte eine erste Kontaktaufnahme,<br />
ein Anruf des Schweizer Fernsehens. Frau<br />
Michelle Ehrensperger, Produzentin der beliebten<br />
Freitag-Abendsendung «Landfrauenküche», besuchte<br />
darauf die Estermanns in Nottwil, sie wollte sich einen<br />
ersten Eindruck von Haus und Hof machen. Passte<br />
der Betrieb ins Konzept, gab er etwas Besonderes her,<br />
waren die Hofprodukte speziell und doch bodenständig,<br />
ist der Einsatz der Bäuerin auf dem Hof vielseitig?<br />
Ein weiteres Kriterium für die Auswahl der Kandidatinnen<br />
war die regionale Verteilung der Mitstreiterinnen,<br />
also reine Glückssache. Anita und ihre Familie<br />
konnten vor der kritischen, aber auch motivierenden<br />
Musterung bestehen und bekamen die Zusage.<br />
Drei verschiedene Menüs mussten der Redaktion<br />
vorgelegt werden; sie sollten die verschiedenen<br />
Produkte des Betriebes beinhalten, dabei auch<br />
der Saison (Sendezeit im Herbst) Rechnung tragen,<br />
also waren eher herbstliche Genüsse gefragt. Einen<br />
Monat vor den Dreharbeiten auf dem Hof (3. bis 8.<br />
August) wurde das definitive Menü von der Redaktion<br />
festgelegt. Anita musste die Rezeptur des<br />
Menüs mit genauen Mengenangaben und Kochzeiten<br />
schriftlich einreichen. «Das war eine Heidenarbeit,<br />
sonst läuft bei mir das Kochen ganz spontan<br />
und Handgelenk mal Pi», meinte sie rückblickend.<br />
Anitas Woche (3. bis 8. August 2020)<br />
Anita ging als zweite Kandidatin ins Rennen. Das Drehbuch<br />
für die ganze Sendung erhielten die Estermanns schon vorgängig<br />
und konnten sich gut vorbereiten.<br />
In rund der Hälfte der sechzig Minuten Sendezeit wurden<br />
ein Portrait des Betriebes, der Familie und eine typische Arbeitswoche<br />
vorgestellt. So war ein Dreierteam (Produktionsleitung /<br />
Kamera / Ton) die ganze Woche dabei und schaute der Familie<br />
Estermann über die Schulter – bei der Arbeit, in der Freizeit,<br />
beim Kochen und bei der Vorbereitung für den Samstag.<br />
Samstag 8. August – Die Landfrauen kommen zu Besuch<br />
Schon am Vorabend deckte und dekorierte Anita im angrenzenden<br />
Schopf den Tisch für das Landfrauen-Essen. Überall<br />
blitzten Edelweisse hervor, das Hauptmotiv für die Dekora-<br />
<strong>2022</strong> 18<br />
Landfrauenküche mit Anita Estermann
tion überraschte auch in verschiedenen<br />
Variationen beim<br />
Anrichten des Menüs. «Ich<br />
mag diese Blume ganz besonders»,<br />
sagte Anita mit einem<br />
Lächeln.<br />
Der Samstag, sonnig und<br />
heiss, war endlich da, der<br />
Adrenalinspiegel stieg. Jetzt<br />
galt es ernst. Das Aufnahmeteam<br />
des Schweizer Fernsehens<br />
war auf acht Personen<br />
erweitert worden. Sie legten<br />
Kabel für Beleuchtung in der<br />
Küche und im angrenzenden<br />
Essraum. Auch alle Beteiligten<br />
wurden verkabelt, der<br />
Zuschauer daheim wollte ja<br />
hautnah mithören, wenn diskutiert,<br />
geseufzt und lamentiert<br />
wurde.<br />
Am Samstag, kurz nach dem Mittagessen, ertönte endlich<br />
das Postautohorn: «Düdado»! Die Landfrauen entstiegen<br />
dem Oldtimer-Fahrzeug. Es folgte eine herzliche Begrüssung,<br />
anschliessend wurden die Gäste mit einem Apéro verwöhnt.<br />
Anita und ihre Schwägerin mussten sich bald vom munteren<br />
Treiben verabschieden und die Kochschürzen umbinden.<br />
Obwohl das Menü ganz minutiös geplant und der Zeitplan klar<br />
definiert war, kam manchmal doch etwas Hektik auf. Das Vegi-<br />
Menü war fast im Trubel untergegangen, das Dessert mit dem<br />
Baumnussparfait musste einen Moment zu lange auf seinen<br />
krönenden Auftritt warten und doch – insgesamt konnten<br />
die beiden Köchinnen sehr zufrieden sein mit dem Resultat.<br />
Geschafft!<br />
Echte Vertrautheit mit<br />
den Pferden: Anita als<br />
Mitarbeiterin in der<br />
Hippotherapie<br />
Rückblick und Reaktionen<br />
«Es war eine gute Erfahrung; ich konnte mitverfolgen,<br />
welch grosser Aufwand für eine lockere Stunde Sendezeit nötig<br />
ist. Unglaublich, wie viel Filmmaterial produziert wurde, und<br />
manchmal waren wir schon etwas enttäuscht, wenn eine besonders<br />
gelungene Szene (nach unserer Einschätzung) einfach herausgeschnitten<br />
wurde», meinte Anita rückblickend. Die Reisen<br />
zu den andern sechs Landfrauen in alle Landesteile beurteilt sie<br />
Landfrauenküche mit Anita Estermann<br />
19 <strong>2022</strong>
1<br />
2<br />
1 Gekonnt posiert Anita<br />
Estermann vor der Kamera<br />
bei der Herstellung<br />
der Marroni-Küchlein<br />
2 Dekorationskünstlerin<br />
beim letzten Schliff<br />
3 Haus und Garten im<br />
Eyhof im Blumenmeer<br />
4 Franz Estermann als<br />
Hobby-Kameramann<br />
rückt seine Frau Anita<br />
ins Rampenlicht<br />
3<br />
4<br />
als spannend, aber auch kräftezehrend. Anita fühlte sich nach<br />
den intensiven Wochen ziemlich ausgelaugt, würde aber einer<br />
weiteren Beteiligung ganz bestimmt wieder zustimmen.<br />
Franz Estermann hatte einen entscheidenden Anteil am<br />
Gelingen des Abends, war er doch, wie Anita betont, bei aller<br />
Hektik ein Fels in der Brandung. Sein Einsatz als Service-Fachmann<br />
wurde von den Kontrahentinnen extra gewürdigt, er servierte<br />
die Speisen und kredenzte den Hauswein gekonnt und<br />
mit Charme.<br />
Die Bewertung des Menüs und der Dekoration gehört zum<br />
Sendekonzept, war aber nach Meinung von Anita nicht ganz so<br />
stimmig. Zu Beginn wurde eher strenger bewertet, im Verlauf<br />
der Zeit entwickelte sich der Umgang unter den Kandidatinnen<br />
als freundschaftlich und wohlwollend, und die Benotung fiel<br />
auch demzufolge auch höher aus.<br />
Familie Estermann bekam im Nachhinein von Jung und<br />
Alt viele positive Reaktionen. Gratulationen aus Nottwil und<br />
Umgebung, von Freunden und völlig Unbekannten durfte sie<br />
entgegennehmen. Eine Anfrage kam sogar aus Neuseeland –<br />
also «SRF bi de Lüt» weltweit!<br />
<strong>2022</strong> 20<br />
Landfrauenküche mit Anita Estermann
Corona-Pandemie in Nottwil<br />
Der Alltag fällt aus dem Konzept<br />
Die Corona-Pandemie versetzte die Schweiz und miteingeschlossen<br />
auch Nottwil zum ersten Mal von März bis<br />
Mai 2020 in einen Lockdown 1) . Ausgehbeschränkungen,<br />
geschlossene Geschäfte und Restaurants, die lahmgelegte<br />
Kultur, das blockierte öffentliche Leben gehören zu der<br />
Ausnahmesituation mit der Devise «zu Hause bleiben».<br />
Diese noch nie erlebte Situation bedeutet eine grosse Herausforderung<br />
für die Bevölkerung. Der Lockdown, eine durch<br />
die Pandemie verursachte, bis anhin völlig unbekannte Ausnahmesituation,<br />
ist angekommen. Menschen müssen sich vor<br />
einer Ansteckung schützen. Das können sie nur, wenn sie die<br />
behördlich verordneten Hygienemassnahmen befolgen: mindestens<br />
eineinhalb Meter Abstand halten, Hände waschen und<br />
desinfizieren, in den Ellbogen husten und ausserfamiliäre Kontakte<br />
vermeiden. Das Sars-Cov-2 Virus, bekannt unter Covid-<br />
19, ist sehr ansteckend und kann tödlich sein. Für infizierte<br />
Personen gelten die Isolations- und Quarantäneregeln.<br />
Nur Geschäfte zur lebensnotwendigen Versorgung und<br />
Gesundheitseinrichtungen bleiben offen, auch der öffentliche<br />
Verkehr wird aufrechterhalten. Die Gemeinde Nottwil rekrutiert<br />
in kürzester Zeit einen kompetenten Krisenstab, der Informationen<br />
an die Bevölkerung weitergibt, Hilfestellungen anbietet<br />
und als Ansprechstelle gilt.<br />
Nachbarschaftshilfe und «Hausarrest»<br />
Die Solidarität unter den <strong>Nottwiler</strong>*innen ist gross. Man<br />
hilft sich gegenseitig und ist füreinander da, erledigt Einkäufe<br />
und Botengänge für die Risikogruppe der über 65-Jährigen, die<br />
besonders Vorsicht halten müssen. Die Verordnung des Bundesrates,<br />
das Haus nur in dringenden Fällen zu verlassen, schränkt<br />
1) Lockdown (engl.) =<br />
Ausgangssperre<br />
<strong>Nottwiler</strong> <strong>Auslese</strong><br />
21 <strong>2022</strong>
04.03.20 16:41<br />
Massnahmen des Bundesrates<br />
am 16. März 2020<br />
- Öffentliche und private Veranstaltungen<br />
sind verboten<br />
- Alle Läden, Märkte, Restaurants, Bars<br />
sowie Unterhaltungs- und Freizeitbetriebe<br />
wie Museen, Bibliotheken,<br />
Kinos, Konzert- und Theaterhäuser,<br />
Sport zentren, Schwimmbäder und Skigebiete<br />
werden geschlossen<br />
- Betriebe, die den Abstand nicht einhalten<br />
können wie Coiffeursalons und<br />
Kosmetikstudios werden geschlossen<br />
- Die Versorgung der Bevölkerung mit<br />
Waren des täglichen Gebrauchs ist<br />
sichergestellt<br />
- Apotheken, Arztpraxen, Spitäler und<br />
Kliniken bleiben geöffnet, müssen<br />
aber nicht dringende Eingriffe und<br />
Therapien verschieben<br />
- Tankstellen, Bahnhöfe, Banken, Poststellen,<br />
öffentliche Verwaltung,<br />
soziale Einrichtungen und Hotels<br />
bleiben offen<br />
- Betriebskantinen, Lieferdienste für<br />
Mahlzeiten, Take-aways bleiben offen<br />
Neues Coronavirus<br />
SO SCHÜTZEN<br />
WIR UNS.<br />
NEU<br />
Abstand halten.<br />
Zum Beispiel:<br />
• Ältere Menschen durch genügend<br />
Abstand schützen.<br />
• Beim Anstehen Abstand halten.<br />
• Bei Sitzungen Abstand halten.<br />
www.bag-coronavirus.ch<br />
Gründlich<br />
Hände waschen.<br />
Erstes offizielles<br />
Plakat des BAG vom<br />
05.03.2020<br />
Aktualisiert am 4.3.2020<br />
Aktualisiert am 5.3.2020<br />
WEITERHIN WICHTIG:<br />
das Alltagsleben massiv ein Vor allem<br />
ältere, alleinstehende Personen treffen<br />
die Schutzmassnahmen hart Die Distanzierung<br />
von Familienangehörigen und<br />
die soziale Isolation führen zu Vereinsamung<br />
und beeinflussen das Wohlbefinden<br />
der Betroffenen Beschäftigte in systemrelevanten<br />
Berufen gehen ihren Tätigkeiten<br />
nach, alle andern, auch die Schulen,<br />
bekommen eine absolute Ausnahmesituation<br />
verordnet Primar-, Sekundar- und<br />
Kantonsschüler*innen werden per Homeschooling<br />
unterrichtet – eine Herausforderung<br />
für die Familien und für die Lehrpersonen<br />
Die Kinder müssen zu Hause<br />
bleiben, den Eltern wird Home-Office<br />
verordnet, die Arbeitsplätze, besonders<br />
in kleinen Wohnungen, sind knapp Die<br />
Situation erfordert gute Nerven, Humor,<br />
Kreativität und Einfühlungsvermögen,<br />
um alles gemeinsam und mit Gelassenheit<br />
zu meistern<br />
Neuentdeckungen dank Corona<br />
Wer kann, geht in die Natur Lange<br />
Spaziergänge mit Einhalten der Abstands<br />
regeln sind angesagt Der Frühling<br />
mit seinen milden Temperaturen spielt<br />
glücklicherweise mit Der Einfallsreichtum der Einheimischen<br />
kennt keine Grenzen Einige holen die Picknickkörbe<br />
aus dem Keller, um sich für einen Apéro oder<br />
Imbiss bei der Flüss-Kapelle zu treffen, den herrlichen<br />
Ausblick auf den Sempachersee zu geniessen im Bewusstsein,<br />
dass diese Krise definitiv auch ihre positive<br />
Seite hat Andere versammeln sich draussen am Gartentisch<br />
zu einer gemütlichen Jassrunde<br />
Am See, im Buchwäldli, im Notteler- und Eier-<br />
Wald trifft man immer wieder auf Freunde und<br />
Bekannte und unterhält sich über die neusten<br />
Nachrichten der Corona-Massnahmen und der Bundesratsentscheide<br />
Damit die Decke zu Hause nicht auf den Kopf<br />
fällt, halten sich auch Familien im Freien auf, treffen sich zum<br />
Austoben und Durchatmen mit anderen Auch Kinder sind über<br />
In Taschentuch oder<br />
Armbeuge husten und<br />
niesen.<br />
Hände schütteln<br />
vermeiden.<br />
Bei Fieber oder<br />
Husten zu Hause<br />
bleiben.<br />
Nur nach telefonischer Anmeldung<br />
in Arztpraxis oder Notfalstation.<br />
Scan for translation<br />
<strong>2022</strong> 22<br />
Corona-Pandemie in Nottwil
die Ausnahmesituation bestens informiert. «Was, du bist schon<br />
65 Jahre alt. Darfst du überhaupt noch raus?» Ein achtjähriges<br />
Mädchen trifft den Nagel auf den Kopf. Ebenso hält die Corona-<br />
Pandemie auch Jugendliche und junge Erwachsene in Bann. Ihr<br />
Bedürfnis nach Ablenkung in Jugendclubs und nach Freizeitaktivitäten<br />
wird stark eingeschränkt und führt teilweise zu körperlicher<br />
und psychischer Belastung.<br />
Das Leben spielt sich mehr denn je in den Häusern und<br />
Wohnungen ab. Es wird geputzt und umgestaltet – und dank<br />
dem Internet wird das bestellte Material nach Hause geliefert.<br />
In den Gärten herrscht Hochbetrieb: Umgraben, Pools anlegen,<br />
Wintergärten planen – vieles, was schon lange auf dem Eis<br />
lag, wird endlich angepackt. Die Restaurants sind geschlossen.<br />
Die Motivation, sich selber hinter den Herd zu stellen, hat bei<br />
vielen die Leidenschaft fürs Kochen geweckt.<br />
Wenn der Stau zum Fremdwort wird<br />
Durch Homeoffice oder durch Arbeitsausfälle hat sich der<br />
Alltagsverkehr massiv reduziert. Staumeldungen sind seltener<br />
geworden, die Ruhe ist ungewohnt und wirkt beinahe unheimlich.<br />
Vereinbarte Termine werden abgesagt, alles muss von zu<br />
Situation der Betriebe in Nottwil<br />
während des Lockdowns<br />
- Während zwei Monaten konnten die<br />
Ausfallstunden beim Bund abgerechnet<br />
werden.<br />
- Finanzielle Einbussen konnten mit<br />
Rückstellungen aufgefangen werden.<br />
- Mitarbeitende erhielten 80 % Kurzarbeitsentschädigung<br />
und waren auf<br />
Abruf bereit.<br />
- Das Arbeitsvolumen ging vorübergehend<br />
zurück, einiges konnte aufgearbeitet<br />
werden.<br />
Gastronomiebetriebe<br />
- Investitionen in Sicherheitskonzepte,<br />
Ungewissheit über Öffnung / Schliessung,<br />
Personalmangel, Unsicherheit<br />
betreffend Gästefrequenz<br />
Isolation / Quarantäne<br />
Quarantäne und Isolation sind Massnahmen,<br />
um die Infektionskette zu<br />
unterbrechen und die Weiterverbreitung<br />
des Virus einzudämmen.<br />
Eine Person, die eine bestätigte oder<br />
vermutete Infektion hat, muss mind. 10<br />
Tage zu Hause in Quarantäne bleiben<br />
und jeden Kontakt zu anderen Personen<br />
vermeiden.<br />
Eine Person, die positiv auf Corona<br />
getestet ist, muss bis 48 Stunden nach<br />
Abklingen der Symptome in Isolation<br />
– d. h. in einem geschlossenen Raum –<br />
bleiben, und jeden Kontakt zu anderen<br />
Personen vermeiden.<br />
Corona-Pandemie in Nottwil<br />
23 <strong>2022</strong>
Hause aus erledigt werden, und die Menschen sind sich einig,<br />
dass es so etwas noch nie gegeben hat.<br />
Die Auftragslage in den Betrieben ist unterschiedlich, die<br />
Verunsicherung über die Fortführung auch. Kündigungen<br />
werden ausgesprochen. Der Bundesrat sagt Wirtschaftshilfen<br />
zu, was zur Beruhigung beiträgt. Eine Verbesserung und Normalisierung<br />
der Situation ist 2020 jedoch noch nicht in Sicht.<br />
Abstand halten im<br />
Zentrum Eymatt bildlich<br />
dargestellt<br />
Überall Verzicht auf Kontakte<br />
Das Alterszentrum Eymatt treffen die Massnahmen besonders<br />
hart. Für die Bewohnenden, Mitarbeitenden und Angehörigen<br />
bedeutet diese Zeit eine grosse Herausforderung. Das<br />
oberste Ziel ist die Fernhaltung des Virus vom ganzen Haus. Von<br />
den Leitungspersonen und Mitarbeiter*innen wird ein besonderer<br />
Effort verlangt; die täglich wechselnden Beschlüsse und<br />
Weisungen der Behörden müssen, zusätzlich zu den gewohnten<br />
Arbeiten und Abläufen, umgesetzt werden.<br />
Hygiene-Massnahmen, Abstände einhalten, das Desinfizieren<br />
der Tische und der bewohnten Räume, Isolation, dauernd<br />
<strong>2022</strong> 24<br />
Corona-Pandemie in Nottwil
wechselnde Schutzkleidung sind nur ein paar Zusatzmassnahmen<br />
der vielen Vorschriften. Erfreulicherweise können alle<br />
Aufgaben zügig erledigt werden, auch dank den ehemaligen<br />
Mitarbeitenden, die rasch und bereitwillig ihre Unterstützung<br />
anbieten. Mit einer guten Portion Humor, viel Offenheit, Flexibilität<br />
und Hilfsbereitschaft werden die Aufgaben gemeinsam<br />
gemeistert, und heute kann mit Stolz gesagt werden, dass es in<br />
dieser Zeit keine einzige Corona-Erkrankung gab.<br />
Besuche sind keine möglich. Als Kompensation und zum<br />
Zeitvertreib werden vermehrt Aktivitäten angeboten, welche<br />
die Gemeinschaft im Zentrum Eymatt fördern und Abwechslung<br />
in den Alltag bringen. Es wird viel Zeit im Freien verbracht.<br />
Einige Bewohner*innen arbeiten am Hochbeet, jäten,<br />
giessen, freuen sich über die Ernte, und andere stricken mit<br />
Begeisterung. Berührend sind die Andachten im Raum der Stille,<br />
begleitet von Musik, und die stimmigen Stammtisch-Abende<br />
am Feuer. Nicht trotz, sondern wegen des «Abstand Haltens» ist<br />
die Eymatt zu einer grossen Familie zusammengerückt. Mit viel<br />
Geduld und Ruhe ertragen die Bewohner*innen die Massnahmen.<br />
«Wir haben schon schlimmere Zeiten erlebt, vor allem im<br />
Zweiten Weltkrieg. Jetzt haben wir ein Dach über dem Kopf, für<br />
uns wird sehr gut gesorgt, und all das wissen wir zu schätzen.»<br />
Angehörige können im Parterre lediglich durch eine Glasscheibe<br />
mit den Bewohner*innen in Kontakt treten, winken<br />
sich zu oder unterhalten sich mit ihnen von der Umgebung<br />
aus, wenn sie auf dem Balkon sind. Enkelkinder schreiben den<br />
Grosseltern Nachrichten mit Kreide auf den Parkplatz. Tablets<br />
werden angeschafft und Gespräche mit Sichtkontakt sind auf<br />
diese Weise möglich. Die Eymatt-Administration steht in ständigem<br />
Kontakt mit den Angehörigen, was sehr zur Beruhigung<br />
der Situation beiträgt.<br />
Kirche ohne Gottesdienste<br />
Während dieser Zeit müssen sich die Gläubigen mit Fernsehübertragungen<br />
oder Live-Streams von Messen zufriedengeben.<br />
In der Pfarrkirche St. Marien finden keine Gottesdienste<br />
mehr statt. Am Palmsonntag wird die Kirche wie jedes Jahr mit<br />
Palmenbäumen geschmückt, sie bleibt für die Besucher*innen<br />
offen und kann jederzeit aufgesucht werden. An Ostern wird<br />
die Heilige Messe ohne Gottesdienstbesucher*innen gefeiert.<br />
Stellvertretend für alle wird die Osterfeier von fünf Pfarreimitarbeitenden<br />
durchgeführt. So konnten auch die österlichen<br />
Rituale der Osterwasser- und Osterkerzenweihe stattfinden.<br />
Corona-Pandemie in Nottwil<br />
25 <strong>2022</strong>
Wegen der Ansteckungsgefahr werden die Weihwassergefässe<br />
in der Kirche geleert, das Weihwasser in kleine Fläschchen<br />
abgefüllt und zum Mitnehmen bereitgestellt. Die Erstkommunion<br />
der Drittklässler*innen wird auf später verschoben.<br />
Im Kirchenchor finden keine Proben mehr statt, Projekte<br />
mit befreundeten Chören werden von einem Tag auf den andern<br />
abgesagt und die Frage, wie es weiter gehen soll, steht im Raum.<br />
Es wird improvisiert. Die Sänger*innen erhalten Whats-App-<br />
Sprachnachrichten mit Liedern und Klavierbegleitung und so<br />
kann nach Bedarf individuell zu Hause geprobt werden. Ältere<br />
Chormitglieder lassen sich überzeugen, beschaffen sich ein<br />
Smartphone, nehmen die Hilfe der Enkel in Anspruch und sind<br />
bald schon begeistert, was dieses Gerät alles hergibt.<br />
Meisterschaftsabbruch<br />
Der Abbruch der Saison und der Hallentrainings kommt<br />
für den Fussballclub Nottwil und auch für die Handballerinnen<br />
der Spono Eagles unerwartet. Beim FC können Juniorentrainings<br />
noch durchgeführt werden unter der Bedingung,<br />
dass alle Spieler*innen im Sportdress auf dem Platz erscheinen<br />
und nachher auf direktem Weg wieder nach Hause gehen. Alle<br />
haben ihr eigenes Desinfektionsmittel dabei, trinken ist nur aus<br />
der eigenen Flasche erlaubt und Mundschutz ist obligatorisch.<br />
Die Kabinen und das Clubhaus bleiben geschlossen. Man hält<br />
sich strikt an die Vorgaben des Verbandes, schliesslich müssen<br />
nicht nur die Spieler*innen, sondern auch die Trainer*innen<br />
geschützt werden. Die Spielerinnen des Spono Eagles-Teams<br />
entscheiden sich für ein individuelles Training draussen in<br />
der freien Natur und erstellen sich einen eigenen, fixen Trainingsplan.<br />
Aussichten und Chancen<br />
Die Corona-Pandemie hat grossmehrheitlich die Welt<br />
stillgelegt, vieles hat sich verändert und hat zu einem neuen<br />
Bewusstsein beigetragen. Der Umgang mit dem unbekannten<br />
Virus hat sich mittlerweile eingespielt. Die Vorgaben des Bundesrates<br />
und der Kantone werden nach wie vor immer wieder<br />
aktualisiert in der Hoffnung, dass ein Leben ohne Einschränkungen<br />
wieder möglich wird.<br />
<strong>2022</strong> 26<br />
Corona-Pandemie in Nottwil
Den Frauen eine Stimme geben<br />
Portraits und Erzählungen von Notteler Frauen<br />
Das lange Leben einiger Notteler Frauen gibt Anlass zur<br />
Rückblende – nicht nur, weil sich die Einführung des<br />
Frauenstimmrechts 2021 zum fünfzigsten Mal jährt, sondern<br />
der Geschichten wegen, deren Ursprung bis in die Zeit<br />
des Zweiten Weltkrieges zurückgeht.<br />
Die zwischen 82- und 92-Jährigen haben aus ihrer Fülle<br />
von Erinnerungen geschöpft und ihren Lebensläufen Stimme<br />
verliehen: Sie waren teilweise gezeichnet von harter Arbeit,<br />
Ängsten und Geringschätzung, aber auch beschwingt von<br />
Glücksmomenten und der Teilhabe an grossen Entwicklungsprozessen<br />
in der Menschheitsgeschichte.<br />
Dem Ereignis vom 7. Februar 1971, der Abstimmung<br />
über das Frauenstimmrecht in der Schweiz, das die Männer<br />
mit knapp zwei Dritteln Ja-Anteil angenommen haben, ging<br />
ein Jahrhunderte andauernder langer Prozess voraus – initiiert<br />
durch überzeugte Frauenrechtlerinnen. Sie bahnten den<br />
Weg zur Gleichberechtigung, die heute noch nicht vollständig<br />
ist, aber im Wesentlichen zu mehr Rechten der Frauen<br />
beigetragen hat.<br />
Das Interview mit den acht Notteler Frauen ergab wider<br />
Erwarten über diese Zeit ein anderes Bild. Restlos alle haben<br />
bestätigt, dass sie damals das Frauenstimmrecht nicht interessiert<br />
habe und keine hatte sich dafür eingesetzt. Das Thema sei<br />
in den Familien nicht diskutiert worden, und vereinzelt hätten<br />
es die Frauen auch abgelehnt. Offensichtlich waren sie mit dem<br />
Politisieren ihrer Männer und dem politischen System einverstanden.<br />
Unsicherheiten kamen erst nach der Abstimmung auf,<br />
frau war sich nicht gewohnt, sich mit Politik auseinanderzusetzen,<br />
sich eine eigene Meinung zu bilden. In den Anfängen<br />
mussten die Ehemänner die Stimmzettel ausfüllen. Diese politi-<br />
<strong>Nottwiler</strong> <strong>Auslese</strong><br />
27 <strong>2022</strong>
Name<br />
Bernadette Egli-<br />
Helfenstein<br />
Heidi Egli-Müller<br />
Josy Gerstenkorn-<br />
Zimmermann<br />
Adresse Neu Figlisberg 2 Figlisberg 2 Höflimatte 3<br />
Geburtsjahr 1936 1934 1935<br />
Zivilstand<br />
Kinder<br />
verheiratet<br />
mit Alois Egli<br />
5 Mädchen<br />
1 Knabe<br />
verwitwet<br />
war verheiratet mit<br />
Josef Egli<br />
4 Mädchen<br />
3 Knaben<br />
verwitwet<br />
war verheiratet mit<br />
Fritz Gerstenkorn<br />
1 Mädchen<br />
1 Knabe<br />
Aufgewachsen Buttisholz Ruswil Unterehrendingen<br />
Ausbildung, Arbeit<br />
machte die Bäuerinne<br />
nschule,<br />
Pfarrköchin,<br />
in verschiedenen<br />
Haushalten gearbeitet<br />
machte die Bäuerinne<br />
nschule,<br />
in verschiedenen<br />
Haushalten gearbeitet<br />
Geschäftsfrau,<br />
hatte mit Fritz zusammen<br />
eine grosse Gärtnerei<br />
in Kriens<br />
Berufswunsch Krankenschwester Getraute sich früher<br />
nicht, einen Berufswunsch<br />
zu äussern.<br />
Besonderes<br />
war in jungen Jahren<br />
in der Jungfrauenkongregation<br />
(ähnlich<br />
Blauring) als Fahnenträgerin<br />
bei Prozessionen<br />
im Einsatz.<br />
durfte in der 4. Klasse<br />
Handharmonikaunterricht<br />
nehmen<br />
und musizierte als<br />
Sonntagsvergnügen<br />
zusammen mit ihren<br />
Geschwistern.<br />
Floristin<br />
kam nach der Pensionierung<br />
nach Nottwil.<br />
sche Zurückhaltung entsprach keineswegs dem enormen Engagement,<br />
das die Frauen für ihre Familien, für Haus, Hof oder<br />
Geschäft aufbrachten.<br />
Harte Kriegsjahre<br />
Im Zweiten Weltkrieg wurden alle diensttauglichen<br />
Männer für die Mobilmachung einberufen. Sie verliessen<br />
Familie und Betrieb für ungewisse Zeit, und alle Arbeit blieb<br />
in der Verantwortung der Frauen zurück. «Mein Vater war in<br />
der Kavallerie eingeteilt und musste dazu das eigene Pferd<br />
<strong>2022</strong> 28<br />
Den Frauen eine Stimme geben
Erika Glanzmann-<br />
Winzenried<br />
Margrit Imgrüt-Wicki<br />
Marie Theres Weingartner-Portmann<br />
Hedy Winiger-<br />
Lustenberger<br />
Seefeld 9 Sonnenrain 1A Sonnenrain 1A Bernern 3<br />
1935 1935 1940 1938<br />
verheiratet<br />
mit Hans Glanzmann<br />
2 Mädchen<br />
1 Knabe<br />
verwitwet,<br />
war verheiratet mit<br />
Franz Imgrüt<br />
4 Mädchen<br />
3 Knaben<br />
verwitwet,<br />
war verheiratet mit<br />
Franz Weingartner<br />
2 Mädchen<br />
2 Knaben<br />
verwitwet,<br />
war verheiratet mit<br />
Edy Winiger<br />
1 Mädchen<br />
2 Knaben<br />
Belp bei Bern Schüpfheim Buttisholz Nottwil<br />
Zahntechnikerin,<br />
Spezialistin für<br />
Goldkronen und<br />
Spangen<br />
machte die Bäuerinnenschule,<br />
Haushälterin und<br />
Verkäuferin<br />
machte die Bäuerinnenschule,<br />
Stelle in Haushalt<br />
machte die Bäuerinnenschule,<br />
Haushälterin im<br />
Elternbetrieb<br />
Kindergärtnerin<br />
Coiffeuse, Verkäuferin<br />
lebte mit ihrer Familie<br />
acht Jahre in den<br />
USA, in New Hampshire,<br />
Pennsylvania<br />
und Californien. Hans<br />
arbeitete als Konstruktionsingenieur.<br />
musste als Schwiegertochter<br />
viel einstecken,<br />
hatte aber<br />
später mit Franz ein<br />
zufriedenes Leben.<br />
lebte mit ihrer Familie<br />
dreissig Jahre in<br />
Frankreich auf einem<br />
Landwirtschaftsbetrieb<br />
und kam nach<br />
dem Tod ihres Mannes<br />
2015 nach Nottwil<br />
zurück.<br />
ist ununterbrochen<br />
seit 1955 im Kirchenchor<br />
aktiv. Dort hat<br />
sie auch ihren Mann<br />
kennengelernt.<br />
mitnehmen», erzählt Marie-Theres Weingartner. Hin und<br />
wieder waren Knechte da, die im Stall und auf dem Feld<br />
mitwirkten. Die Kinder mussten zum Überleben tüchtig mit<br />
anpacken, ohne ihre Mithilfe wäre der Betrieb eingegangen<br />
und eine Hungersnot eingetroffen. «Wir Familienmitglieder<br />
waren alle vor dem Radio versammelt und mussten<br />
mitanhören, dass der Krieg ausgebrochen sei. Hitlers dröhnende<br />
Worte erschreckten. Wir Kinder bekamen vieles mit<br />
und hatten oft Angst», erzählt Erika Glanzmann. Und die<br />
Aussage von Hitler ‹Die Schweiz, das kleine Stachelschwein,<br />
nehmen wir im Rückweg ein›, fuhr derart ein, dass Berna-<br />
Den Frauen eine Stimme geben<br />
29 <strong>2022</strong>
dette Egli es heute noch rezitieren kann. «Wir hörten weit<br />
weg die Bomben fallen. Um die Hoffnung nicht zu verlieren,<br />
haben wir oft den Rosenkranz gebetet.»<br />
Margrit Imgrüt erinnert sich gut an diese Zeit: «Wir waren<br />
neun Kinder. Unsere Mutter musste alles selber machen. Wir<br />
wohnten in einem alten Haus ohne Heizung, das WC war ausserhalb<br />
und der Stall weiter entfernt. Das Essen war sehr karg. Wir<br />
suchten bei anderen Bauern nach der offiziellen Ernte das ganze<br />
Feld nach unentdeckten Kartoffeln ab, um eine Mahlzeit sicherzustellen.»<br />
Andere wiederum suchten nach abgebrochenen Ähren,<br />
um daraus etwas Mehl zum Backen mahlen zu können. Das<br />
Metzgen in den Kriegsjahren war verboten, um die Grundversorgung<br />
des Landes sicherzustellen. Heidi Egli erzählt: «Das Schlachten<br />
war nicht erlaubt. Trotzdem hat mein Vater einmal einem<br />
Schwein das Leben beendet. Es war Winter und der weisse Schnee<br />
verfärbte sich vom Blut des Tieres in einen roten Teppich. Ehe<br />
die Spuren verwischt werden konnten, kam der Landjäger in die<br />
Gegend und entdeckte die verbotene Tat. Wir Kinder hatten grosse<br />
Angst, dass Vater verhaftet werde. Der Polizist drückte dann beide<br />
Augen zu und mit den Worten «Wo kein Kläger, ist kein Henker»<br />
gönnte er der Familie die Koteletts und die Würste.<br />
Normalerweise gab es früher für die Kinder kein Fleisch.<br />
Den Freitag hielt man gemäss katholischem Glauben für alle<br />
fleischlos. Das Brot buk man wöchentlich einmal, das war verbrauchsmässig<br />
besser, denn die knusprigen Brotlaibe fanden zu<br />
grossen Absatz, und dafür reichten die Mehlvorräte nicht aus.<br />
Altbackenes Brot war weniger beliebt. «Bei uns hatte jedes Kind<br />
ein Brotsäckli, das die Mutter jeweils mit der Tagesration füllte»,<br />
gesteht Erika Glanzmann.<br />
In bester Erinnerung aus den Kriegsjahren sind den Frauen<br />
die Lebensmittelmarken, genannt «Märkli». Sie regelten die Verteilung<br />
der rationierten Lebensmittel zum Beispiel 500 Gramm<br />
Mehl oder 250 Gramm Fleisch. Ohne sie war kein Einkauf<br />
möglich, und die Familie musste dann natürlich noch über<br />
das nötige Geld verfügen, um die Ware bezahlen zu können.<br />
Oft wurden die Kinder beauftragt, die monatlich zugeteilten<br />
Marken auf der Gemeindekanzlei abzuholen, die dann von<br />
einigen zu Hause in Wochencouverts verteilt wurden, um die<br />
Sicherheit für Nahrung bis Monatsende zu gewährleisten.<br />
Die Schreckminuten, wenn die Sirenen die Kriegsflugzeuge<br />
ankündigten und die Fenster mit dunklen Vorhängen verhüllt<br />
werden mussten, lösten nicht nur bei den Kindern grosse Angst<br />
aus. Hedy Winiger erzählt: «Ich war als Kind am Reinigen der<br />
Aussentreppe und habe den Knall einer Bombe aus weiter Ferne<br />
<strong>2022</strong> 30<br />
Den Frauen eine Stimme geben
gehört.» Niemand konnte die Dauer des Krieges abschätzen.<br />
Furcht, Unsicherheit, Nahrungsmittelknappheit, harte Arbeit,<br />
Sehnsucht nach den Vätern prägten den Alltag.<br />
Die Männer hatten während der Mobilmachung selten<br />
Urlaub. Margrit Imgrüt weiss noch ganz genau, wie ihr Vater im<br />
Dezember 1943 wieder einmal zuhause war. Er musste vor dem<br />
Weihnachtstag wieder zurück an die Front, deshalb haben sie<br />
die Familienweihnachtsfeier ein paar Tage vorgezogen. «Mutter<br />
mahnte uns, wir sollten das ja niemandem erzählen.»<br />
Bernadette Egli vergisst den Moment nie, als sie im September<br />
1945 zusammen mit ihren Geschwistern von der Schule<br />
nach Hause kam und eine Hausiererin, die ihrer Mutter die<br />
Ware anpries, sagte: «Hört Kinder! Alle Kirchenglocken läuten<br />
heute in der ganzen Schweiz den Frieden ein.»<br />
Heidi Egli gibt eindrücklich einen Moment nach dem<br />
Kriegsende wieder: «Ein unbekannter Mann stand vor dem<br />
Haus. Wir Kinder erkannten unseren Vater nicht.»<br />
Schule und Ausbildung<br />
Alle Frauen haben ihre Schulzeit<br />
vollständig absolviert, doch den meisten<br />
wurde der Berufswunsch verhindert. Im<br />
Bauerntum war es üblich, dass die Töchter<br />
zu Hause im Haushalt gebraucht wurden.<br />
Die Knaben hingegen durften eine Berufsschule<br />
in Angriff nehmen. In der Familie<br />
von Bernadette Egli mussten sich die<br />
beiden Schwestern jeweils abwechseln –<br />
die eine arbeitete zu Hause, die andere in<br />
einem fremden Haushalt. Die Bäuerinnenschule<br />
war die gefragteste Ausbildung für<br />
junge Frauen, nur zwei der Befragten konnten ihren Traumberuf<br />
ausüben. Erika Glanzmann lernte Zahntechnikerin und bildete<br />
sich als Spezialistin für Goldkronen und Zahnspangen weiter,<br />
und Josy Gerstenkorn machte eine Floristinnen-Anlehre bei<br />
Blumen Gähwiler in Luzern. Die anderen fünf Frauen waren<br />
Fachfrauen im Führen eines Haushaltes und konnten teilweise<br />
auch an anderen Stellen arbeiten. Marie-Theres Weingartner<br />
durfte ihren Wunschberuf, die Ausbildung zur Kindergärtnerin,<br />
nicht erlernen. Es dauerte lange, bis sie Vaters Entscheid<br />
akzeptieren konnte, sie absolvierte die Bäuerinnenschule im<br />
Kloster Frauenthal und arbeitete an einer Stelle im Zugerbiet.<br />
Margrit Imgrüt nahm ihre erste Stelle mit sechzehn Jahren an:<br />
Bei verheirateten<br />
Lehrerehepaaren durfte<br />
normalerweise zu diesen<br />
Zeiten die Frau nach<br />
der Vermählung nicht<br />
mehr unterrichten. Eine<br />
Ausnahme war Agatha<br />
Stutz-Willi, die Frau<br />
von Lehrer Leopold<br />
Stutz sen., die in der<br />
Zeit, während ihr Mann<br />
in der Mobilmachung<br />
war, im Schulzimmer<br />
gebraucht wurde.<br />
Den Frauen eine Stimme geben<br />
31 <strong>2022</strong>
Kirchenchorausflug<br />
Fasnachtstreiben zu den<br />
Nachbarshöfen<br />
«Ich war Haushälterin bei einer Familie in<br />
Sursee, die noch ein Neugeborenes hatte,<br />
verdiente 60 Franken pro Monat und<br />
musste dann wieder gehen, weil der Frau<br />
das Geld für meinen Lohn fehlte. Später<br />
bei einer Bauernfamilie in Littau war es<br />
unter anderen meine Aufgabe, jeweils vor<br />
dem Frühstück den Boden zu bohnern.»<br />
Stellengesuche fanden sie in der Zeitung.<br />
Oft waren es auch Mund-zu-Mund-Informationen,<br />
die zur Stellenvermittlung verhalfen.<br />
Bernadette Egli war begeisterte<br />
Pfarrköchin in Emmen und Meggen. Ihrer<br />
Kochkünste wegen verstand sie es, auch<br />
aus Resten leckere Menüs zuzubereiten<br />
und brauchte daher wenig Haushaltungsgeld. Für die Einkäufe<br />
wurden die Männer eingespannt, welche die Ware mit der Hutte<br />
transportierten.<br />
Freizeitbeschäftigungen und Hobbys waren für die meisten<br />
Frauen kein Thema. Einige sangen mit im Kirchenchor oder<br />
tanzten in der Trachtengruppe mit. Den freien Sonntagnachmittag<br />
nutzte Hedy Winiger zum Beispiel, um mit ihrer Kollegin<br />
zusammen zur Flüsskapelle zu spazieren. Auf dem Weg<br />
hätten sie zweistimmig ihre Lieblingslieder gesungen. «Mit<br />
der Familie machten wir aber jährlich einen Tagesausflug mit<br />
dem Auto, verbunden mit einer Passfahrt und einem<br />
Picknick.» Erika Glanzmann war schon als Kind vom<br />
Turnen angetan, und sie wäre mit grosser Leidenschaft<br />
gerne trainieren gegangen. Ihr Vater war sehr<br />
streng und verbot ihr das Hobby. Mehr Verständnis<br />
brachte ihre Mutter auf und bot ihr eine mögliche<br />
Variante an. «Schau, du gehst nun jeweils am<br />
Mittwoch die Milch holen und hast dann für diesen<br />
Botengang einfach etwas länger. Unterdessen kannst<br />
du unbemerkt ins Turnen gehen.» So überlisteten<br />
sie den Entscheid des Vaters. Erika war zeitlebens<br />
eine gute Turnerin und allgemein eine begeisterte<br />
Sportlerin.<br />
Natürlich tobten sich die Kinder viel im Freien<br />
aus, Krieg hin oder her. Dazu gehörte auch im Winter<br />
das Schlitteln, der Weg führte zum Beispiel von der<br />
Bernern bis hinunter zur Kantonsstrasse. «Um an<br />
Tempo zu gewinnen, zog ich die Schlittschuhe an<br />
und übernahm die Funktion der Vorleiterin», erin-<br />
<strong>2022</strong> 32<br />
Den Frauen eine Stimme geben
nert sich Hedy Winiger 1959 wurde die Strasse asphaltiert, die<br />
starke Staubentwicklung im Sommer, die jeweils mit Wassersprühen<br />
eingedämmt wurde, hatte damit ein Ende<br />
Beim Thema Fasnacht oder Kilbi begannen die Augen der<br />
Frauen zu strahlen Diese Jahreshöhepunkte boten vielen auch<br />
die Möglichkeit, ihre Männer kennen zu lernen «Ab achtzehn<br />
Jahren hatten wir die Erlaubnis, am Fastnachtsball teilzunehmen<br />
Meine Mutter hatte für uns junge Frauen Zigeunerkostüme<br />
genäht Manch einer wurde da auf die Schippe genommen,<br />
auch bei den Besuchen der Nachbarhäuser», weiss Hedy Winiger<br />
zu berichten Auch das Tanzen hatte damals einen grossen Vergnügungscharakter,<br />
und viele Paare sind sich dabei zum ersten<br />
Mal begegnet Heidi Egli ärgerte sich an jedem Güdisdienstag<br />
über die Polizeistunde: «Ich konnte es nicht begreifen, dass der<br />
Fastnachtsumzug und das Festen und Tanzen am Güdisdienstag<br />
stattfinden mussten Wir genossen es in vollen Zügen, aber um<br />
Mitternacht wurde alles still, der Aschermittwoch und die Fastenzeit<br />
begannen An einem anderen Fastnachtstag hätten wir<br />
noch bis in die Morgenstunden weiterfeiern können »<br />
… und danach<br />
Mit den Bekanntschaften und Liebesbeziehungen kamen<br />
neue Perspektiven in das Leben der jungen Frauen Die meisten<br />
heirateten relativ früh, einige waren froh, sich vom Elternhaus<br />
trennen zu können und selbständig zu werden Zusammen mit<br />
ihrem Mann bauten sie eine eigene<br />
Existenz auf Alle gründeten eine<br />
Familie Einige von ihnen erlebten<br />
es noch in Nottwil, wie sie<br />
vor der Geburt zum Pfarrer gehen<br />
mussten, um sich den Muttersegen<br />
einzuholen Der Pfarrer<br />
betete mit der schwangeren Frau<br />
für eine gute Geburt und gab<br />
ihr den Segen Nach der Entbindung<br />
war es für die junge Mutter<br />
Pflicht, sich aussegnen zu lassen,<br />
damit sie wieder rein in den Gottesdienst<br />
gehen konnte Dieses<br />
Ritual wurde entweder in der<br />
Spital kapelle oder beim Pfarrer in Nottwil eingeholt, wurde<br />
bis in die Sechzigerjahre gepflegt und war für die jungen<br />
Frauen damals eine Selbstverständlichkeit<br />
Moritz Müller (der Vater<br />
von Heidi Egli) erhielt<br />
ein Telegramm an die<br />
Front mit der Ankündigung<br />
der Geburt einer<br />
seiner Töchter<br />
Den Frauen eine Stimme geben<br />
33 <strong>2022</strong>
Getauft wurden die Kinder meistens zwei, drei Tage nach<br />
der Geburt im Spital. Vater, Grosseltern, Götti, Gotte gingen<br />
anschliessend essen und feiern, der jungen Mutter war das<br />
nicht vergönnt, sie war im Wochenbett. In den Kriegsjahren<br />
brauchten der abwesende Vater und der Pate an der Taufe Vertretungspersonen.<br />
Über die Schwangerschaften freuten sich die Frauen meistens.<br />
Es gab auch Reaktionen, die zu Tränen führten, sie waren<br />
vielleicht Ausdruck von Erschöpfung, von Arbeitslast, von<br />
Existenznot. Verhütungsmittel gab es generell keine, nur ganz<br />
selten, wenn die Mutter eine Schwangerschaft wegen lebensbedrohlicher<br />
Folgen vermeiden musste (zum Beispiel bei Gelbsucht),<br />
gab es Tabletten. Diese Medikamente lösten unerträgliche<br />
Nebenerscheinungen aus, weiss eine betroffene Frau. «Es<br />
war weder für den Mann noch für die Frau einfach, auf die<br />
Sexuali tät verzichten zu müssen. Aber als Empfängnisverhütung<br />
blieb uns keine andere Wahl».<br />
Frau und Kirche<br />
Der Sonntagsgottesdienst war Pflicht. Die Mütter der<br />
Frauen besuchten täglich die Messe, auch die Kinder mussten<br />
pro Woche mehrmals in die Frühmesse. Josy Gerstenkorn klagt:<br />
«Am Morgen vor der Schule mussten wir zweimal pro Woche in<br />
die Frühmesse, im Winter war es bitter kalt, wir froren, und zu<br />
Hause angekommen, hatten wir kaum Zeit für ein Frühstück».<br />
In Nottwil wurde man während des Unterrichts an einem Nachmittag<br />
in der Christenlehre unterrichtet. Nach der Schulzeit<br />
bis zur Volljährigkeit fand diese am Sonntag nach dem Gottesdienst<br />
statt. Wer anwesend war, konnte in einem Karton<br />
unter seinem Namen ein Schnürchen einziehen. Abwesende<br />
der Sonntagsmesse oder der Christenlehre mussten eine Beichte<br />
und Busse ablegen.<br />
Der Pfarrer hatte alles im Griff. Er predigte über Erziehungsmassnahmen,<br />
verkündete Parolen für die Abstimmungen<br />
von der Kanzel, entschied, ob die Bauern nach einer andauernd<br />
schlechten Wetterphase ausnahmsweise am Sonntag heuen<br />
durften oder nicht.<br />
Die Frauen waren meistens dem Mütterverein beigetreten.<br />
Die Aktivitäten waren ganz anders als heute, sie trafen<br />
sich allmonatlich zum gemeinsamen Gebet. Margrit Imgrüt<br />
hatte nicht das Verlangen nach einem Beitritt. «Meine Schwiegermutter<br />
veranlasste es gegen meinen Willen, mich durch<br />
meine Schwägerin anzumelden. Über mich wurde verfügt, ich<br />
<strong>2022</strong> 34<br />
Den Frauen eine Stimme geben
hatte als eingeheiratete Schwiegertochter kein Mitspracherecht.<br />
Dreizehn Jahre lang habe ich gelitten an der Geringschätzung,<br />
den Konflikten, den Ungerechtigkeiten. Erst nach dem Tod der<br />
Schwiegereltern begann ein schönes Leben mit Franz und den<br />
Kindern.»<br />
Arbeitsentlastung durch Entwicklungen<br />
Es ist in der heutigen Zeit kaum nachvollziehbar, wieviel<br />
Zeit der Haushalt früher beansprucht hat. Jahraus, jahrein<br />
sassen mindestens zehn Personen am Tisch, bei Feldarbeit<br />
brachten die Frauen den Männern eine Zwischenverpflegung<br />
am Morgen um zehn Uhr, nachmittags ein Zvieri und ein «Zfüfi»,<br />
bevor dann nach dem Melken das Nachtessen<br />
auf dem Tisch stehen musste. Die<br />
meisten kochten mit Feuer, hatten versenkte<br />
Pfannen, kochten auf diese Weise<br />
auch Vorräte ein, sterilisierten, dörrten<br />
und füllten Gläser mit Fleisch, Früchten,<br />
Konfitüre, Gemüse ein – eine unglaubliche<br />
Arbeit. Heidi Egli erinnert sich an<br />
ihren ersten elektrischen Herd, er war<br />
eine Sensation, und an den 1969 eingelegten<br />
Plattenboden in der Küche. Er<br />
ersetzte den alten Holzboden.<br />
Als absolut grösste Erfindung in<br />
dieser Zeit galt die Waschmaschine, die<br />
ab in den Sechzigerjahren in den Haushaltungen<br />
Einzug hielt. Alle Frauen blickten zurück in die Zeit<br />
davor, wo sie im Rhythmus von drei oder vier Monaten die<br />
Wäsche gewaschen haben. Obwohl die Kleider wöchentlich<br />
nur einmal gewechselt wurden, gab es von einer Grossfamilie<br />
Unmengen von Schmutzwäsche. Diese wartete im Estrich auf<br />
den Waschtag, wurde am Vortag in Lauge eingelegt und mit<br />
dem Stöpsel vom gröbsten Schmutz befreit, bevor dann die<br />
Frauen mit der Hilfe einer Stör-Waschfrau die weiteren Vorgänge<br />
mit Waschbrett und Kernseife vollzogen. Der Vater heizte<br />
am Morgen tüchtig ein, damit das Wasser im Waschhafen zum<br />
Kochen kam. Darin wurde vor allem die Weisswäsche gekocht,<br />
dann gespült und mit einer offenen Winde geschleudert. Die<br />
Kinder halfen beim Ausdrehen der Leintücher mit, bevor diese<br />
an dem von Baum zu Baum gespannten Seil zum Trocknen aufgehängt<br />
wurden. Keine Frau trauert diesem Waschprozedere<br />
nach, die Waschmaschine war eine grosse Entlastung.<br />
Handbetrieb beim Auswinden<br />
der Wäsche<br />
Den Frauen eine Stimme geben<br />
35 <strong>2022</strong>
Die vorgespannte Kuh<br />
ersetzt in Kriegszeiten<br />
das Zugpferd<br />
1 Ein «Bundessack»<br />
gefüllt mit Korn bestimmt<br />
für die Landesversorgung<br />
2 Kartoffelernte während<br />
des Krieges<br />
3 Getreideernte: alle<br />
Hände wurden gebraucht<br />
4 Die Frauen binden<br />
Garben<br />
«Auch die Küchenmaschine mit ihren verschiedenen Funktionen<br />
war in der Küche begehrt, zeit- und kräftesparend»,<br />
meint Bernadette Egli Die wenigsten Haushalte verfügten<br />
früher über ein Telefon Es war gang und gäbe, dass für die<br />
Nachbarn Telefonate entgegengenommen und die Nachrichten<br />
durch die Kinder in die Nachbarhäuser überbracht wurden So<br />
auch Hedy Winiger: «Ich bekam dafür als Belohnung zwanzig,<br />
wenn es gut ging fünfzig Rappen Einmal musste ich einem<br />
Nachbarn eine Botschaft über den Unfalltod eines Verwandten<br />
überbringen »<br />
Das Radio, das in vielen Haushalten in den Kriegsjahren<br />
Einzug fand, brachte Neuigkeiten aus dem Weltgeschehen ins<br />
Haus Für lokale Nachrichten trafen sich die Nachbarsfrauen<br />
hin und wieder zu einem Schwatz, vernahmen beim Kirchgang<br />
die «Neusten» oder tauschten sich bei Treffen des Müttervereins<br />
oder später im Turnen aus<br />
Summa summarum<br />
Sieben Frauen haben erzählt Die Aufzeichnungen sind<br />
Mosaiksteine aus den Erinnerungen ihres Lebens und sind nicht<br />
vollständig Sie beziehen sich im Wesentlichen auf die Rolle der<br />
Frau, ihre Stellung, ihre Wünsche, ihre Rechte und Pflichten<br />
Auch wenn heute gewisse Sachen unvorstellbar sind, federn die<br />
Frauen die Erinnerungen an das harte Leben ab «Wir waren<br />
glücklich und viele wunderschöne Erinnerungen bereichern<br />
unser Leben»<br />
<strong>2022</strong> 36<br />
Den Frauen eine Stimme geben
1<br />
2<br />
3<br />
4<br />
Das Chronikteam dankt den Beteiligten für ihre Offenheit<br />
und für den Einblick in ihr bewegtes Leben Sie bereichern uns<br />
und unsere Nachwelt mit wertvollen Eindrücken, die nur aus<br />
solchen direkten Erzählungen gewonnen werden können Uns<br />
sassen sieben zufriedene, gesprächige, gepflegte und weltoffene<br />
Menschen gegenüber, deren Leistung wir alle grossen Respekt<br />
zollen, und die ein wertvolles Erzählbuch in ihrem Herzen<br />
tragen, von dem wir einen Teil davon weitergeben dürfen<br />
Den Frauen eine Stimme geben<br />
37 <strong>2022</strong>
Den Frauen eine Stimme geben<br />
Familienfrau und «Gemeindekanzlerin»<br />
«Ich habe die Arbeit in der Gemeindekanzlei über alles<br />
geliebt ... !»<br />
Ottilie Zimmermann-Röösli war eine der wenigen öffentlich<br />
berufstätigen Frauen in der Nachkriegszeit<br />
Die 91-jährige <strong>Nottwiler</strong>in erinnert sich gerne an ihre rund<br />
30jährige «Berufszeit» (von 1953 bis 1983) an der Seite ihres<br />
Mannes, dem Gemeindeschreiber Anton Zimmermann. Obwohl<br />
sie in den Kriegsjahren als Mädchen keine eigentliche Lehre<br />
machen konnte, erkannte ihr Vater ihr Flair für alles, was<br />
seine eigenen Kanzleiarbeiten (in Nottwil) anbelangte – und<br />
«erlöste» sie vorzeitig von einem nachschulischen Welschlandaufenthalt.<br />
Mit der in Nottwil gesammelten Erfahrung erhielt<br />
sie 1951 eine Stelle in Entlebuch – und später in Schüpfheim.<br />
Nach ihrer Heirat unterstützte sie neben ihren Aufgaben<br />
als Familienfrau drei Jahrzehnte lang ihren Mann auf der<br />
Gemeindekanzlei, der die Nachfolge ihres Vaters in Nottwil<br />
antrat. Nicht umsonst wurde sie scherzhaft ab und zu als<br />
«Frau Kanzlerin» bezeichnet.<br />
Kaum zu glauben, dass Ottilie Zimmermann-Röösli über<br />
90 Jahre alt ist. Wenn man ihr gegenübersitzt, spürt man ihre<br />
lebendige Energie, ihre sprühende Lebensfreude und ihr ungebrochenes<br />
Interesse an allem, was lokal und international vor<br />
sich geht. Ihre Augen sind hellwach, blitzen zwischendurch<br />
auch mal schelmisch auf – und immer wieder spürt man: Da<br />
sitzt eine Frau, die mit sich und ihrem Leben im Reinen ist –<br />
dankbar für die Chancen, die ihr geboten – und von ihr genutzt<br />
wurden.<br />
Als (Vor-)Kriegskind an Widerständen gewachsen<br />
Bereits als Neunjährige verlor Ottilie Röösli ihre Mutter –<br />
im Jahr der Mobilmachung vor dem Zweiten Weltkrieg 1939.<br />
Ihr erstes Frauenvorbild war in der Folge ihre Tante Martha<br />
<strong>2022</strong><br />
38<br />
Den Frauen eine Stimme geben
(eine Schwester ihrer Mutter), welche ein Jahr lang den Familienhaushalt<br />
ad interim führte, bevor sich der Vater ein zweites<br />
Mal vermählte: mit Emma Käch.<br />
In der Buttisholzer Primarschule unterrichteten neben<br />
Männern auch einige Frauen. «Ich liebte es, in die Schule zu<br />
gehen und Neues zu lernen … », erinnert sich die 91-Jährige.<br />
Die Sekundarschule, welche sie – kurz zuvor nach Nottwil<br />
gezogen – wiederum in Buttisholz absolvierte, «erfuhr» sie sich<br />
im buchstäblichen Sinne täglich mit dem Velo – bei Wind und<br />
Wetter. Manchmal hatte es so viel Schnee, dass sie zu Fuss<br />
gehen musste.<br />
Weibliche Vorbilder mit speziellen Frauenbiografien,<br />
welche sie für ihr Leben inspiriert hätten, hatte sie damals noch<br />
keine. «Ich weiss aber noch, dass ich immer gerne mit alten<br />
Kanzleibüchern des Vaters ‹gespielt› habe, auch als ich noch<br />
nicht gut lesen konnte. Sie faszinierten mich als eine Welt, die<br />
zu erforschen ich mir spannend vorstellte.»<br />
Willkommene Rettung aus dem Welschlandjahr<br />
Was für Knaben nach der obligatorischen Schulzeit selbstverständlich<br />
war, war damals für die Mädchen noch Zukunftsmusik:<br />
eine reguläre Berufslehre zu absolvieren. Die meisten<br />
Mädchen, die nicht in der eigenen Familie anpacken mussten,<br />
machten deswegen ein auswärtiges Haushaltlehrjahr – oder<br />
einen Welschlandaufenthalt.<br />
Ottilie Röösli, geboren am 29. Mai 1930, wuchs mit drei Geschwistern<br />
in Buttisholz auf, wo sie auch die Primarschule besuchte.<br />
1942 zog die Familie nach Nottwil (Berufung des Vaters zum<br />
Gemeindeschreiber). Die Sekundarschule absolvierte sie in Buttisholz.<br />
Das Welschlandjahr, welches sie 1945 in einem Ursulinenkloster<br />
in Pruntrut begann, nahm ein vorzeitiges Ende, da ihr<br />
Vater sie für Kanzleiarbeiten nach Hause zurückrief. Es folgten<br />
Praxisjahre in der väterlichen Kanzlei – und ein weiteres Welschlandjahr<br />
in Pully. Von 1951 bis 1953 arbeitete sie auf den Gemeindekanzleien<br />
Entlebuch und Schüpfheim. 1953 heiratete sie Anton<br />
Zimmermann, der die Nachfolge in der Kanzlei ihres Vaters antrat.<br />
Das Paar zog in das Mehrfamilienhaus «Flora» – vis-à-vis des<br />
alten Schulhauses, in welchem die Kanzlei damals beheimatet<br />
war. Vier Kinder vervollständigten die Familie: drei Töchter und<br />
ein Sohn. Die mittlerweile verwitwete Ottilie Zimmermann-Röösli<br />
wohnt heute noch im oberen Geschoss der «Flora».<br />
Den Frauen eine Stimme geben<br />
39 <strong>2022</strong>
So kam Ottilie Röösli 1945 in ein gestrenges Ursulinenkloster<br />
in Pruntrut und hatte fürchterliches Heimweh («Unsere Briefe<br />
wurden gelesen – und zensiert»). Ihr Vater, der dies wohl gespürt<br />
haben mochte, «erlöste» sie dann nach vier Monaten vorzeitig<br />
und rief sie nach Hause zurück. Er erinnerte sich an ihr Interesse<br />
für seine Kanzleiarbeiten und führte sie nach und nach in seine<br />
Aufgaben ein. So kam sie quasi in den Genuss einer «Anlehre»<br />
und konnte während vier Jahren wertvolle Berufserfahrungen<br />
sammeln. Heute würde man sagen: «Learning by doing».<br />
Berufstätig mit – und ohne Lohn<br />
Ihr <strong>Nottwiler</strong> «Praxisausweis» verhalf ihr 1951 – auch ohne<br />
Lehre – zu einer regulären Stelle auf der Gemeindekanzlei Entlebuch.<br />
Dort ging Ottilie Röösli in ihrem geliebten Arbeitsfeld<br />
so richtig auf. «Es machte mir auch nichts aus, am Samstag<br />
etwas länger zu arbeiten, wenn ich mit einem Auftrag noch<br />
nicht ganz fertig geworden war. Ich hätte dies nie als Überstunden<br />
angesehen. Ich wollte einfach meine Arbeit gut und richtig<br />
machen.» Als Lohn erhielt sie damals 200 Franken pro Monat –<br />
plus Kost und Logis vor Ort.<br />
In diesen Jahren lernte sie zu Hause in Nottwil ihren späteren<br />
Ehemann, Toni Zimmermann, kennen. Da er als Nachfolger<br />
ihres Vaters vorgesehen war, konnte sie mit ihm an den freien<br />
Wochenenden über schwierige oder noch unbekannte Arbeitsfelder<br />
«fachsimpeln», was sie sehr schätzte. Vor ihrer Heirat 1953,<br />
die wegen des plötzlichen Todes ihres Vaters verschoben werden<br />
musste, trat sie noch eine halbjährige Stelle auf der Schüpfheimer<br />
Gemeinde an. Für ihre spätere Arbeit in Nottwil habe sie nie<br />
Lohn erhalten, stellt Ottilie Zimmermann klar. «Es war damals<br />
einfach üblich, dass die Frauen ihre Männer bei ihrer Arbeit so<br />
gut als möglich unterstützten – auf ganz verschiedene Weise.»<br />
Statt Mutterschaftsurlaub «Homeoffice»<br />
Nach ihrem Einzug ins «Flora», 1953, lief es im Leben von<br />
Ottilie Zimmermann rund: Sie unterstützte ihren Mann von<br />
Anfang an auf der Gemeindekanzlei im Büro, im Archiv und am<br />
Schalter, welche sich damals noch im alten Schulhaus befand.<br />
Nach und nach kamen ihre vier Kinder auf die Welt. Wie hat<br />
sie denn dies alles unter einen Hut gebracht? «Ich bezog natürlich<br />
jedes Mal 14 Wochen Mutterschaftsurlaub», erklärt sie mit<br />
Schalk in den Augen.<br />
«Nein, im Ernst: ich konnte pensummässig schon vor- und<br />
nachgeben, und vieles habe ich in dieser Zeit in Heimarbeit<br />
erledigt – heute nennt man das wohl ‹Homeoffice› …»<br />
<strong>2022</strong><br />
40<br />
Den Frauen eine Stimme geben
Eine grosse Entlastung in der Zeit als «Familienfrau» bot<br />
auch ihre Schwägerin, Rös Zimmermann, welche viele Jahre<br />
für alle kochte.<br />
Neben den Einträgen (und deren Nachkontrolle) ins Steuerregister<br />
führte sie viele Jahre lang praktisch selbständig<br />
das Zivilstandsregister der Gemeinde Nottwil. «Für die Permission<br />
musste ich beim Kanton zuerst eine Schriftprobe<br />
einreichen», schmunzelt sie. «Anscheinend waren sie damit<br />
zufrieden …»<br />
Als «Frau Kanzlerin» geschätzt und respektiert<br />
Mit viel Herzblut und Engagement – weit übers Pflichtmass<br />
hinaus – erfüllte Ottilie Zimmermann ihren Dienst in<br />
der Gemeindekanzlei bis zur Pension ihres Mannes, 1983.<br />
Während dieser Zeit erhielt sie gemäss eigenen Aussagen<br />
kaum Reaktionen von anderen Frauen zu ihrer besonderen<br />
Rolle. Offenbar wurde ihre «Arbeitsteilung» still akzeptiert<br />
und respektiert. In vielen anderen Berufsfeldern war dies ja<br />
ebenfalls üblich.<br />
«Von den Männern wurde ich eigentlich immer freundlich<br />
behandelt», erinnert sie sich. «In der Metzgerei wurde ich vom<br />
ehemaligen Grossrat Franz Bannwart senior manchmal spasseshalber<br />
als ‹Frau Kanzlerin› angesprochen …einmal sogar als<br />
‹Frau Adenauer› …»<br />
Nach ihrer aktiven Zeit und der Umstrukturierung der<br />
Gemeindekanzlei (mit Steuer- und Sozialamt) erhielt sie<br />
dennoch indirekte positive Feedbacks: «Ihr habt euren Job<br />
gut gemacht – und viel gekrampft». Vielen wurde erst damals<br />
bewusst, was das Ehepaar an den vielen Fronten geleistet hatte.<br />
Zum 90. Geburtstag sei eine Gruppe ehemaliger Gemeinderäte<br />
zu Besuch gekommen – mit Blumen und anerkennenden<br />
Worten. Das habe sie sehr gerührt.<br />
«Ausbildungen für Mädchen – und die Waschmaschine»<br />
Wohl weil sie ihre Selbstwirksamkeit in ihrem geliebten<br />
Berufsfeld bereits täglich erfahren durfte, bedeutete die<br />
Einführung des Frauenstimmrechts (Kanton Luzern: 1970)<br />
für Ottilie Zimmermanns Leben keine neue «Errungenschaft».<br />
«An unserem Familientisch wurden aktuelle Themen<br />
seit jeher immer ausgiebig besprochen und diskutiert», erinnert<br />
sie sich. Über die Frage, welche Innovation / Technologie<br />
zu Gunsten der Frauen im Verlauf ihres Lebens am bedeutsamsten<br />
gewesen sei, muss sie nicht lange nachdenken. Die<br />
Antwort kommt beinahe wie aus der Pistole geschossen: «Die<br />
Den Frauen eine Stimme geben<br />
41 <strong>2022</strong>
Waschmaschine!». Wer noch weiss, wie mühsam und kräftezehrend<br />
die Waschtage für eine Familie mit Kindern davor<br />
waren, kann dies gut nachvollziehen.<br />
Als immaterielle Errungenschaft nennt sie jedoch im gleichen<br />
Atemzug die Berufsausbildung für Mädchen. «Ich hätte in<br />
meiner Zeit so gerne eine richtige Lehre machen wollen, doch<br />
es war damals einfach nicht möglich.»<br />
«Gleitende Arbeitszeiten» – und indirekte Komplimente<br />
Wie haben denn ihr Mann und ihre Kinder ihre damals<br />
ausser gewöhnliche Berufstätigkeit wahrgenommen? Gab es<br />
diesbezüglich Äusserungen – Reaktionen? Der jüngste Sohn<br />
Toni habe nach der Schule ganz unkompliziert in der Kanzlei<br />
bei seinen Eltern vorbeigeschaut, wenn er das Bedürfnis danach<br />
gehabt habe, erzählt Ottilie Zimmermann. Doch ihre Tochter<br />
Käthy (damals schon etwas älter) habe sich einmal beklagt:<br />
«Nie bist du da, wenn wir von der Schule heimkommen …».<br />
Sie hätte damals wohl eine «Anlaufstation» zum Erzählen und<br />
Verarbeiten gebraucht. Das habe ihr zu denken gegeben. Fortan<br />
habe sie darauf geachtet, ihre Arbeit anders einzuteilen. Bei<br />
Schulende kam sie jeweils rechtzeitig nach Hause – dafür habe<br />
sie über den Mittag etwas länger gearbeitet.<br />
Von ihrem Mann habe sie eigentlich keine direkten Komplimente<br />
bekommen. «Toni war kein Mann der grossen Worte»,<br />
schmunzelt sie. «Aber ich spürte stets seine stille Wertschätzung.<br />
Oft erfuhr ich im Nachhinein über Dritte, dass er bei<br />
einem Lob über unsere Arbeit meist gesagt hat: Das war nur<br />
möglich, weil Ottilie mir dabei geholfen hat.»<br />
Wenn sie nochmals neu anfangen könnte, würde sie in<br />
ihrem Leben alles genau so machen, wie sie es getan hat, resümiert<br />
Ottilie Zimmermann in einem zufriedenen Rückblick auf<br />
ihr Leben. «Wissen Sie – ich habe meine Arbeit in all den<br />
Jahren so sehr geliebt! Das war mein eigentlicher ‹Lohn›, für<br />
den ich noch heute dankbar bin.»<br />
<strong>2022</strong> 42<br />
Den Frauen eine Stimme geben
Internierte in Nottwil<br />
Fremdes Militär und helfende Hände<br />
Während des Zweiten Weltkrieges nahm die Schweiz von<br />
1940 bis 1945 ausländische Soldaten als Internierte auf. Sie<br />
wurden im ganzen Land verteilt und in Lagern unter gebracht.<br />
In Nottwil wurde die Turnhalle des alten Schulhauses zu<br />
einer als Lager definierten Unterbringungsstätte für ausländische<br />
Armeeangehörige umfunktioniert. Die Männer wurden<br />
zu Arbeitseinsätzen ausserhalb der Lager eingeteilt, da<br />
viele Schweizer Aktivdienst leisten mussten und deshalb<br />
ihren Beschäftigungen nicht nachgehen konnten.<br />
Fremdes Militär und helfende Hände<br />
In Nottwil waren vor allem Franzosen, Deutsche und Italiener<br />
interniert Sie wurden zu Arbeitseinsätzen in den heimischen<br />
Betrieben und auf den Bauernhöfen eingeteilt Die<br />
Männer fehlten überall und daher schätzten die Leute die sätze der fremden Soldaten sehr<br />
Ein-<br />
Die Regierung hatte den Bauern die Aufgabe erteilt, den<br />
Grad der Selbstversorgung so weit wie möglich zu erfüllen Die<br />
Armee sammelte für ihre Dienste alle Pferde von den Höfen ein,<br />
obwohl sie dringend für schwere Arbeiten gebraucht worden<br />
wären Die Rationierung der Nahrungsmittel brachte viele in<br />
eine Notsituation, deshalb bedeutete die Hilfe der Internierten<br />
eine grosse Erleichterung für die Bevölkerung<br />
Auf der Gemeindekanzlei in Nottwil konnten ab 1940<br />
vor allem die landwirtschaftlichen Betriebe Arbeitskräfte<br />
anfordern, die tageweise für die Mithilfe zugeteilt wurden<br />
Die Internierten hatten jedoch weder Freiheiten noch<br />
Selbstbestimmung, am Abend mussten sie jeweils in<br />
die Turnhalle zurückkehren, um dort die Nacht zu bringen<br />
ver-<br />
Geschnitzter Holzstab<br />
eines Internierten<br />
<strong>Nottwiler</strong> <strong>Auslese</strong><br />
43 <strong>2022</strong>
Bewegung der Militärund<br />
Zivil bevölkerung<br />
Ein naher Kontakt zur Zivilbevölkerung sollte unter allen<br />
Umständen vermieden werden Liebesbeziehungen und Eheschliessungen<br />
mit einheimischen Frauen waren verboten Aus<br />
diesem Grund wurden die Männer auf den Bauernhöfen regelmässig<br />
ausgewechselt und auch in den Lagern ständig verschoben<br />
Der Unterschied zwischen Internierten und Einheimischen<br />
musste durch deren Kleidung klar erkennbar sein Die Soldaten<br />
trugen ihre Uniform oder – wenn sie die Grenze in Zivilkleidung<br />
überschritten hatten – eine blaue oder gelbe Armbinde<br />
am linken Arm Die Bewilligung für private Einladungen, das<br />
Annehmen von Kleidung oder Besuche im Wirtshaus mussten<br />
von der Eidgenössischen Kommission für Internierung und<br />
Hospitalisierung (EKIH), die für die Organisation und Überwachung<br />
der Internierten zuständig war, erteilt werden<br />
1) eine kleine Hacke<br />
Kindheitserinnerungen<br />
Anton Huber, 1932*, in Ober Huprächtigen, erinnert sich<br />
sehr gut an diese Zeit: «Im Juli 1940, ich war damals in der<br />
zweiten Klasse, haben wir Kinder zugeschaut, wie sich die neuangekommenen<br />
Männer am ersten Morgen auf dem Schulhausplatz<br />
sammelten und unter Aufsicht eines Offiziers Achtungsstellung<br />
einnahmen Unserem Hof wurden zwei Franzosen<br />
zugeteilt, ich erinnere mich auch gut an ihre Namen, Pierret<br />
und Clement »<br />
Ein Glücksfall war der Soldat Pierret, ein Bauer aus Frankreich<br />
Gemäss seinen Anweisungen fertigte er zusammen mit<br />
dem heimischen Schmied ein Hackeli 1) mit sehr kurzem Schaft<br />
<strong>2022</strong> 44<br />
Internierte in Nottwil
an Dieses Werkzeug war damals ein Novum und eine Arbeitserleichterung<br />
und tatsächlich, die Kartoffel- und Rübenernte<br />
auf Huprächtigen ging plötzlich viel leichter von der Hand<br />
Auch die Zeit, als zwei sympathische Italiener einen Winter<br />
lang im Einzeleinsatz 2) auf dem Hof stationiert waren, geht<br />
nicht vergessen Sie haben mit den Kindern abends Hausaufgaben<br />
gemacht und schon bald haben diese auch Italienisch<br />
gesprochen und gerechnet<br />
Jahre später – in bereits fortgeschrittenem Alter – gab es<br />
von einigen ehemaligen Internierten Überraschungsbesuche auf<br />
Huprächtigen – das waren berührende Momente für alle Beteiligten,<br />
an die sich Anton Huber sehr gerne erinnert<br />
Das Kreuz im Grundacher<br />
Viktor Jost vom Grundacher berichtet,<br />
dass eines Tages der Sohn von Jean<br />
Sicard auf dem Hof erschien Er suchte<br />
das Kreuz mit geschnitzter Inschrift,<br />
welches sein Vater während der Internierung<br />
in der Schweiz gezimmert hatte<br />
Von seinem Vater hatte er lediglich die<br />
Information erhalten, dass das Kreuz<br />
an einem See stehen solle Am Bodensee<br />
hatte er mit der Suche begonnen und<br />
nach langem Erkunden um zahlreiche<br />
Seen, fand er das Kreuz schliesslich in<br />
Nottwil Die Freude war auf beiden Seiten<br />
sehr gross Verbundenheit und freundschaftliche<br />
Kontakte zwischen den zwei<br />
Familien blieben von da an über viele<br />
Jahre bestehen<br />
Jean Sicard posiert<br />
1941 vor seinem Kreuz<br />
im Grundacher, das<br />
noch heute am selben<br />
Standort zu finden ist.<br />
2) beim Einzeleinsatz<br />
mussten die Internierten<br />
nicht ins Lager zurück,<br />
sie durften auf dem<br />
Bauernhof übernachten<br />
Internierte in Nottwil<br />
45 <strong>2022</strong>
In der Jahreschronik der<br />
Schule hat Lehrer Leopold<br />
Stutz am 20. Juli<br />
1940 einen Eintrag über<br />
den Einzug und am<br />
25. Januar 1941 über<br />
den Abzug der Internierten<br />
gemacht.<br />
Juristischer Sinn von Internierung<br />
Staatlich organisierter Freiheitsentzug mit dem Ziel der Isolierung<br />
der Gruppen von der übrigen Bevölkerung. Die schweizerische<br />
Behörde teilte die Flüchtlinge aufgrund völkerrechtlicher Vereinbarungen<br />
in verschiedene rechtliche Kategorien ein. Grundlegend<br />
war die Unterscheidung zwischen Militär- und Zivilflüchtlingen.<br />
Heimkehr<br />
Nachdem die Deutsche Armee Frankreich besetzt hatte,<br />
wurde zwischen Deutschland und Frankreich ein Waffenstillstand<br />
geschlossen, und die französischen Armeeangehörigen<br />
konnten 1941 die Schweiz bereits wieder verlassen.<br />
Die meisten der übrigen Internierten wurden nach Kriegsende<br />
1945 repatriiert 3) . Die Heimreise in ihre stark verwüstete<br />
Heimat mussten sie gegen ihren Willen antreten. Alle kehrten<br />
jedoch nicht zurück. Trotz Kontaktverbot mit der Bevölkerung<br />
während der Internierung wurden Ehen mit Schweizerinnen<br />
geschlossen und Familien gegründet.<br />
Wie viele Internierte in Nottwil stationiert waren, ist nicht<br />
dokumentiert. Im Schultagebuch wird am 20. Juli 1940 die<br />
Ankunft von 500 französischen Armeeangehörigen erwähnt.<br />
Viele wurden in andere Lager nach Willisau und Sursee verteilt.<br />
Am 25. Januar 1941 verliessen 227 französische Soldaten<br />
Nottwil mit dem Zug um 05.25 Uhr in Richtung Genf.<br />
3) repatriieren =<br />
in das Heimatland<br />
zurückführen<br />
Herzlichen Dank an Christian Stachon aus Neuenkirch,<br />
der uns freundlicherweise Unterlagen über die Internierung in<br />
der Schweiz während des Zweiten Weltkrieges zur Verfügung<br />
gestellt hat. <br />
<strong>2022</strong> 46<br />
Internierte in Nottwil
Trachtenweihe Jodlerklub Nottwil<br />
Eine neue Tracht zum 75-jährigen Jubiläum<br />
Am 11. Oktober 2020 konnte der Jodlerklub Nottwil jubilieren<br />
und auf 75 Jahre Singen und Jodeln zurückschauen.<br />
Der Verein wollte sich zu diesem Jubiläum mit einer neuen<br />
Tracht ein ganz besonderes Geschenk machen. Diese wurde<br />
in der Pfarrkirche Sankt Marien der Bevölkerung präsentiert<br />
und im Festgottesdienst feierlich gesegnet.<br />
Erntedankgottesdienst mit Trachtenweihe<br />
am 11. Oktober 2020<br />
Das Jubiläum «75 Jahre Jodlerklub Nottwil» sollte gemäss<br />
Planung im Jahr 2020 mit verschiedenen Anlässen gebührend<br />
gefeiert werden. Als fulminante Höhepunkte standen die<br />
Weihe der neuen Tracht und das Fest mit der Bevölkerung auf<br />
dem Programm. Corona wirbelte alles tüchtig durcheinander,<br />
und ein Event nach dem andern musste schweren Herzens<br />
abgesagt werden. Das Jubiläumskonzert im Frühjahr fiel ins<br />
Wasser und das grosse Fest mit allen Sponsoren sowie der<br />
Apéro für die ganze Bevölkerung mussten auf unbestimmte<br />
Zeit verschoben werden.<br />
Der Verein liess es sich trotz erschwerter Verhältnisse nicht<br />
nehmen, die neue Tracht feierlich einzuweihen und der Öffentlichkeit<br />
mit Stolz und Freude zu präsentieren. Unter Berücksichtigung<br />
der strengen Corona-Vorschriften fand der lang<br />
ersehnte Festakt am Erntedanksonntag, am 11. Oktober 2020, in<br />
der wunderbar passend geschmückten Kirche statt. Es ging der<br />
versammelten Festgemeinde unter die Haut, als die Jodler*innen<br />
mit dem «Geburtstagsjuitz» von Fredy Wallimann feierlich<br />
im neuen Gewand in die Kirche einzogen. Dieser eindrückliche<br />
Moment berührte jedes Herz, und die ausgestrahlte Freude<br />
übertrug sich auf alle Gottesdienstbesucher*innen.<br />
Ein weiterer Höhepunkt des Tages war das Lied «S’muess<br />
vo innä cho». Dieses wunderbare Werk schenkten die Part-<br />
<strong>Nottwiler</strong> <strong>Auslese</strong><br />
47 <strong>2022</strong>
S’muess vo innä cho<br />
Melodie Emil Wallimann<br />
Text Robi Kuster<br />
Wenn müed scho tuesch zum Bett us cho<br />
i Tag voll Leid und Sorgä,<br />
de macht es Liäd dich wieder froh.<br />
S’erhellt dier s’Gmüet am Morgä.<br />
Ja mir Jodler wüssids scho,<br />
ä Jutz muess teuf vo innä cho!<br />
Mit Härzbluet singä im ne Chor,<br />
i’r Chilä und bim Probä.<br />
Das öffnet üs mängs Freudetor.<br />
Chönntsch all die Zyt nur lobä.<br />
Jodlerfründschaft macht üs froh,<br />
denn s’Jutze tued vo innä cho.<br />
S’isch üsri Heimat und Kultur,<br />
diä nur im Chor chasch gspüüre.<br />
Für mänge Jodlerfründ isch’s Kur,<br />
wenn Sympathie chund füüre.<br />
Hoffid drumm bim Zämestoh,<br />
dass d’Botschaft tued vo innä cho.<br />
ner*innen der Jodler*innen dem Verein<br />
zum Jubiläum. Die gelungene Uraufführung<br />
wurde mit anhaltendem Applaus<br />
vom Publikum gewürdigt.<br />
Im Gleichzug wie Pfarrer Heinz Hofstetter<br />
der reichen Gaben aus Feld und<br />
Flur im Erntedank- Gottesdienst gedachte,<br />
dankte Stefan Marti, Präsident des Jodlerklubs,<br />
allen Sponsoren, die diese Trachtenweihe<br />
mit finanzieller, materieller oder<br />
anderer Unterstützung möglich gemacht<br />
hatten. Mit dem Lied «Mit dym Säge»<br />
von Jost Marty gab der Jodlerklub gute<br />
Wünsche und Dankbarkeit mit auf den<br />
Weg. Zum Schluss des Festgottesdienstes<br />
schritten die Jodler*innen, den «Geburtstagsjutz»<br />
singend, durch den Mittelgang.<br />
Langsam verklangen die Töne des<br />
Gesangs, aber die Bilder, die Eindrücke<br />
dieses feierlichen Gottesdienstes bleiben<br />
als wertvolle Erinnerung zurück.<br />
Kleider machen Leute<br />
Die neue Tracht wurde dem Atelier<br />
Büttiker AG, Pfaffnau, in Auftrag gegeben.<br />
Neben den Farben petrol, schwarz und rot<br />
sticht vor allem die Mohnblumen-Stickerei am Gilet-Revers ins<br />
Auge. «Die gewählten Farben der Tracht senden eine Botschaft<br />
aus», so erklärte Markus Büttiker in seinem Grusswort anlässlich<br />
der Trachtenweihe. «Petrol wirkt elegant, romantisch, aber<br />
auch träumerisch und widerspiegelt zudem einen Hauch Freiheit.<br />
Mit Rot assoziiert man Leidenschaft, Treue und Liebe,<br />
und nicht zuletzt ist es die Wappenfarbe der Gemeinde Nottwil.<br />
Schwarz hingegen wirkt edel und feierlich.»<br />
Die Krönung der Tracht liegt in der Mohnblumenstickerei<br />
am Gilet-Revers und am Latz der Frauentracht. Dem griechischen<br />
Gott Morpheus wird zugeschrieben, dass er den Mohn als<br />
Blume der Träume und Fantasie bezeichnet habe. «Die Mohnblume»,<br />
so meinte Herr Büttiker, «verbindet eine starke, leuchtend<br />
rote Färbung mit einer äusserst filigranen Gestalt. Ihre<br />
seidigen, leicht zerknitterten Blütenblätter werden gar schnell<br />
vom Winde verweht und übrig bleibt nur die Samenkapsel. Die<br />
Mohnblüte symbolisiert die Lebensfreude und ist ein klares<br />
<strong>2022</strong> 48<br />
Trachtenweihe Jodlerklub Nottwil
Zeichen des Moments, des Augenblicks. Ihre Vergänglichkeit<br />
soll uns bewusst machen, wie schnell einzigartige Momente<br />
verfliegen, und umso mehr sollen wir sie geniessen.» Die Mohnblüten<br />
passen also perfekt zum Jubiläums-Motto «75 Johr jutze,<br />
singe, fröhlech si!»<br />
Die Jodlerinnen-Tracht<br />
Zum ersten Mal in der Vereinsgeschichte präsentieren<br />
sich die Jodlerinnen in einer einheitlichen Tracht. Sie ist eine<br />
Anlehnung an die Luzerner Frauentracht.<br />
Was meinen die Jodlerinnen Erika Estermann-Disler, Priska<br />
Meier-Kunz und Karin Schmid-Müller dazu? «Zu der modernen,<br />
pfiffigen Männertracht wünschten wir uns eine passende,<br />
harmonische Frauentracht. Die kreative, begeisternde Art und<br />
Beratung von Markus Büttiker inspirierte uns, und überzeugt<br />
konnten wir diesen Schritt machen. Wir haben viele Stunden<br />
diskutiert, getüftelt, ausprobiert, geändert … und sind so zum<br />
Ergebnis der schönen Frauentracht gekommen. Sie besteht<br />
aus einer weissen Stehkragenbluse mit Klöppelspitzen, einem<br />
schwarzen Rock und Oberteil, einer Seidenschürze in gebrochenem<br />
Bordeaux, die Handtasche und der Latz sind mit der<br />
bekannten Mohnblumenstickerei versehen. Der filigrane Halsund<br />
Ohrschmuck wurde speziell für uns angefertigt, wunderschön<br />
und edel! Unsere Tracht gefällt uns sehr gut und wir<br />
bekommen viele Komplimente dafür.»<br />
Aus den Geschichtsbüchern des Vereins<br />
Der 2. Weltkrieg hielt die ganze Welt noch fest im Griff.<br />
Trotzdem trafen sich am 5. März 1945 acht sangesfreudige<br />
Männer zur Gründungsversammlung des Jodlerklubs Seerose<br />
Nottwil. Schon bald gesellten sich weitere Jodler hinzu, so<br />
dass bereits am 1. August der erste Auftritt stattfinden konnte.<br />
Mit der ab 19. August angegliederten Trachtengruppe fand am<br />
6. Januar 1946 das erste Konzert zusätzlich mit einem Theater<br />
statt. Der Erfolg gab dem jungen Verein Auftrieb. Jährlich,<br />
anfänglich sogar zweimal pro Jahr, konzertierte der Klub und<br />
bot dem Publikum ein anspruchsvolles und abwechslungsreiches<br />
Programm – so auch noch heute. An der ersten Generalversammlung<br />
wurde der Name auf Jodlerklub Nottwil geändert.<br />
Unter diesem Namen trat der Verein noch im gleichen Jahr in<br />
den Zentralschweizerischen Jodlerverband ZSJV ein. So konnte<br />
der junge Verein bereits das Jodlerfest in Luzern 1946 besu-<br />
1<br />
2<br />
1 Unvergängliche<br />
Mohnblumen am Gilet<br />
der Jodler<br />
2 Erika Estermann<br />
präsentiert als Novum<br />
die einheitliche Frauentracht<br />
Trachtenweihe Jodlerklub Nottwil<br />
49 <strong>2022</strong>
chen. Fast ohne Unterbruch war der Jodlerklub Nottwil an den<br />
Jodlerfesten des eigenen Verbandes oder anderer Verbände mit<br />
dabei und genoss als besonderer Höhepunkt natürlich immer<br />
wieder das Eidgenössische Jodlerfest, das alle drei Jahre stattfindet.<br />
Fast immer wurde der Einsatz der Jodler*innen mit der<br />
Bewertung «sehr gut» belohnt.<br />
Heute umfasst der Verein 26 Jodler*innen aus Nottwil<br />
und Umgebung, das jüngste Mitglied ist 40 Jahre, das älteste<br />
doppelt so alt. Für sie ist der Klub ein wichtiges Stück Heimat,<br />
der mit seinem Gesang und den kirchlichen Anlässen das kulturelle<br />
Dorfleben mitgestaltet.<br />
Der jubilierende<br />
Jodlerklub<br />
Schlussbouquet<br />
Traditionsgemäss wird am ersten Freitag nach Jahresbeginn<br />
am Neujahrsapéro der <strong>Nottwiler</strong> Stern verliehen. Diese<br />
Auszeichnung der Gemeinde und der Kirchgemeinde geht an<br />
<strong>Nottwiler</strong> Persönlichkeiten, Vereine oder Gruppierungen, die<br />
sich in besonderem Masse für die Gemeinde in kultureller oder<br />
sozialer Hinsicht verdient gemacht haben.<br />
Am 7. Januar <strong>2022</strong> fand diese Ehrung Corona-bedingt im<br />
kleinen Rahmen in der Kirche St. Marien statt. «Was bedeutet<br />
Ihnen Heimat?», fragte Raffaela Roth, Mitglied der Kulturpreisjury,<br />
die versammelten Gäste in der Einleitung. Heimat, so<br />
führte sie aus, sei ein Gefühl der Zufriedenheit und Dankbarkeit,<br />
der Zusammengehörigkeit und Tradition.<br />
Passender könnten die Werte für den nominierten Preisträger<br />
nicht sein, denn voller Freude<br />
durfte der Jodlerklub den <strong>Nottwiler</strong><br />
Stern 2020/2021 entgegennehmen<br />
und damit seinem Festjahr das Sahnehäubchen<br />
aufsetzen. «Danke für<br />
eure Präsenz während den 75 Jahren<br />
und für das aktive Mittragen der<br />
Vereinskultur und danke, dass ihr in<br />
Nottwil das wunderbare Brauchtum<br />
bewahrt, lebt und weitergebt», so<br />
schloss Raffaela Roth die Laudatio.<br />
Der Applaus und die herzlichen Gratulationsworte<br />
waren der krönende<br />
und auch versöhnliche Abschluss<br />
der langen, durch Verschiebungen<br />
und Absagen geprägten Jubiläumsaktivitäten.<br />
<strong>2022</strong> 50<br />
Trachtenweihe Jodlerklub Nottwil
Erweiterungsbauten<br />
Schweizer Paraplegiker-Zentrum<br />
Der Umbau ist abgeschlossen<br />
Nach fünf Jahren Planung und fünf Jahren Bauzeit<br />
wurden im Herbst 2020 die neuen Bereiche im Schweizer<br />
Paraplegiker-Zentrum in Betrieb genommen.<br />
Die Aufgabe war knifflig. Sobald man neben ein bestehendes<br />
Gebäude einen Neubau stellt, wird das Bestehende<br />
zum «Alten». Die Bewohnerinnen und Bewohner möchten ins<br />
moderne Haus umziehen, das besser zu ihren Bedürfnissen<br />
passt. Das alte Haus war bisher eine Selbstverständlichkeit,<br />
es prägte ihr Leben und funktionierte. Doch jetzt entstehen<br />
Grenzen zwischen den Gebäuden. Und Fragen tauchen auf: Wer<br />
kommt in den Neubau? Was bleibt im alten Teil?<br />
Neu gestalteter Eingangsbereich<br />
vor der<br />
Schwimmhalle<br />
<strong>Nottwiler</strong> <strong>Auslese</strong><br />
51 <strong>2022</strong>
Blick in eines der<br />
neuen Multispace-<br />
Grossraumbüros<br />
Dieser Herausforderung stellten sich die Architekten von<br />
Hemmi Fayet. Ihnen war wichtig, dass genau dieses Gefühl<br />
und Bedürfnis nicht entsteht. So haben sie den bestehenden<br />
Teil sanft und sorgfältig verändert, damit er mit den Neubauten<br />
eine Einheit bildet – eine hochmoderne Klinik, die viel grösser<br />
ist und neue räumliche Qualitäten bietet, die aber ihren angestammten<br />
Charakter beibehalten hat.<br />
Dieser architektonische Kerngedanke hängt eng mit der<br />
Bedeutung des Schweizer Paraplegiker-Zentrums für Menschen<br />
mit einer Querschnittlähmung zusammen. Das SPZ ist für viele<br />
ein Zuhause, in das sie immer wieder gerne zurückkommen.<br />
Deshalb wollten die Architekten es im Sinne der ursprünglichen<br />
Vision weiterbauen. Das Gebäude wurde optimiert, erweitert<br />
und so angepasst, dass es rundum erneuert in die Zukunft<br />
gehen kann. Beim klaren Statement für das Bestehende fallen<br />
immer wieder der Respekt für die Ideen von SPZ-Gründer<br />
Guido A. Zäch und deren ursprüngliche Umsetzung durch die<br />
Basler Architekten Wilfrid und Katharina Steib auf. Ihr eleganter<br />
Gebäudekomplex von 1990 ist modern geblieben. Dem<br />
wollten Hemmi Fayet nicht einfach ihre Ästhetik überstülpen.<br />
Diese Haltung zieht sich wie ein roter Faden durch alle Erweiterungen<br />
auf dem Campus.<br />
Sinnvolle Klinikerweiterung<br />
Trotzdem hat sich sehr viel verändert auf dem Campus. Mit<br />
dem neuen Nordtrakt schliesst ein markanter Riegel den Klinikkomplex<br />
Richtung Sempachersee ab. Darin befinden sich die<br />
<strong>2022</strong> 52<br />
Erweiterungsbauten Schweizer Paraplegiker-Zentrum
Akutmedizin und die Intensivstation. Auf der Südseite schiebt<br />
sich das neugebaute Besucherzentrum ParaForum mit seiner<br />
runden Glasfront wie ein Kuchenstück zwischen die bestehenden<br />
Gebäude. Zudem wurde ein ganzer Büroneubau in den<br />
Innenhof des SPZ eingepasst. Die Bettenhäuser und der Reha-<br />
Trakt wurden renoviert, Passerellen gebaut, eine Tiefgarage<br />
entstand, eine Sporthalle, ein Therapiegarten und vieles mehr –<br />
während der Klinikbetrieb normal weitergeführt wurde. Insgesamt<br />
vergingen gut zehn Jahre, seit das Zürcher Büro Hemmi<br />
Fayet Architekten die Ausschreibung gewonnen hatte.<br />
Vor dem Umbau musste die Grundsatzentscheidung gefällt<br />
werden: «Wollen wir nur die behördlichen Auflagen erfüllen<br />
und anstehende Renovationen ausführen? Oder möchten wir<br />
den Patientinnen und Patienten auch zukünftig eine optimale<br />
Versorgung anbieten können?» Eine wichtige Rolle spielte auch<br />
die betriebswirtschaftliche Analyse, wie die angestrebte Qualität<br />
erbracht werden kann. Das Resultat: Statt für eine provisorische<br />
Bettenstation, die man nach der Renovation wieder<br />
abgerissen hätte, entschieden sich die Verantwortlichen für<br />
eine sinnvolle Klinikerweiterung. Dies umso mehr, als die Auslastung<br />
oft über hundert Prozent lag und die Betreuung der<br />
Betroffenen an Kapazitätsgrenzen stiess.<br />
Aussenansicht des<br />
neuen Nordtrakts mit<br />
der Fensterfront der<br />
Intensivstation<br />
Erweiterungsbauten Schweizer Paraplegiker-Zentrum<br />
53 <strong>2022</strong>
Freundliche Begrüssung:<br />
Der Eingang zum Para-<br />
Forum<br />
Hell, freundlich, geräumig<br />
Im neuen Nordtrakt geben Fenster vom Boden bis zur Decke<br />
den Blick auf den Sempachersee und die umgebende Natur frei.<br />
Die schönsten Zimmer bekam die Intensivpflegestation (IPS),<br />
denn in Nottwil können IPS-Aufenthalte bei Frischverletzten<br />
bis zu zehn Wochen dauern. Die Atmosphäre ist hell und ruhig,<br />
am Bett stehen nur jene Apparate, die für die Behandlung nötig<br />
sind. Das Sonnenschutzglas dunkelt automatisch ab und senkt<br />
die Wärmeaufnahme. Besonders schätzen die Patientinnen und<br />
Patienten, dass sich die Fenster öffnen lassen und so eine Verbindung<br />
zur Aussenwelt ermöglicht wird.<br />
Auf der neuen Intensivstation müssen die Mitarbeitenden<br />
weiterhin hohe Anforderungen erfüllen. Aber der Alltag gestaltet<br />
sich heute viel angenehmer. Die sechzehn Einzelzimmer sind<br />
hochmodern ausgerüstet. Den betroffenen Menschen bieten sie<br />
den Blick auf den Sempachersee und eine Orientierungshilfe. Es<br />
sind einladende Räume, geflutet von Tageslicht. Die Deckenlampe<br />
kann Licht in verschiedenen Farben abgeben und so die<br />
Stimmung beeinflussen. Die teils sperrigen Geräte blockieren<br />
nicht den Bodenraum, sondern hängen an der Decke, an der sie<br />
sich auch verschieben lassen. Das steigert die Flexibilität. Es<br />
gibt mehr Platz, und alles wirkt aufgeräumter. Eine Erleichterung<br />
ist zudem der Deckenlift, mit welchem sich die Patientinnen<br />
und Patienten aus dem Bett heben lassen.<br />
<strong>2022</strong> 54<br />
Erweiterungsbauten Schweizer Paraplegiker-Zentrum
Auffallend ist die Ruhe. Die neue Intensivstation bietet<br />
viel mehr Intimsphäre als vorher, und der geringere Lärmpegel<br />
reduziert die akute Verwirrtheit. Die Mitarbeitenden loben<br />
die aufgeräumte Technik und dass sie von einem Vorraum<br />
aus immer zwei Zimmer gleichzeitig im Auge haben, ohne sie<br />
betreten zu müssen. So werden Ruhestörungen vermieden.<br />
Im Anschluss an die IPS und in den zwei Stockwerken<br />
darüber befindet sich die akutmedizinische Abteilung. Hier<br />
bleiben Patientinnen und Patienten nach einem akuten Ereignis<br />
oder einer Operation für eine kurze Zeit. Es sind ebenfalls<br />
Einzelzimmer, da Akutpatienten oft Ruhe benötigen. Ein<br />
typisches Kennzeichen von Nottwil findet man auch im Nordtrakt:<br />
Die Balkone vor den Patientenzimmern. Sie bieten einen<br />
zusätzlichen Aussenraum – und der Einbezug der Natur unterstützt<br />
die Rehabilitation.<br />
Offen für Besucher*innen<br />
Eine einladende, halbrunde Glasfront begrüsst Gäste bei<br />
ihrem Besuch in Nottwil. Im Besucherzentrum ParaForum erhalten<br />
Interessierte spannende Einblicke in die Welt von Menschen<br />
mit einer Querschnittlähmung.<br />
Das ParaForum wurde im September 2019 eröffnet und<br />
bietet auf 400 Quadratmetern eine multimediale, interaktive<br />
Ausstellung in Form einer fiktiven Wohngemeinschaft mit vier<br />
Betroffenen unterschiedlichen Alters. Die Besucherinnen und<br />
Besucher lernen Eigenheiten einer Wohnung kennen, die auf<br />
die Bedürfnisse von Querschnittgelähmten zugeschnitten ist.<br />
Man wird sich bewusst, dass im Alltag vieles nicht mehr im<br />
gewohnten Tempo geht, etwa bei der Körperpflege. Das Para-<br />
Forum bietet die Möglichkeit, sich ans Handbike oder in den<br />
Rollstuhl zu setzen und zu spüren, wie sich das anfühlt. Eine<br />
3D-Animation bringt näher, welche Auswirkungen Rückenmarkverletzungen<br />
haben, Kurzfilme zeigen, wie ein Eingriff<br />
im Operationssaal abläuft, wie ein Tetraplegiker mit gelähmten<br />
Fingern einen Computer bedient oder wie ein Paraplegiker sich<br />
aus dem Bett in den Rollstuhl transferiert.<br />
Agile Planung als Erfolgsrezept<br />
Im Nachhinein kann die agile Planung, dank dem die strengen<br />
Kosten- und Zeitvorgaben eingehalten wurden, als «Erfolgsrezept»<br />
bezeichnet werden. Durch die aktive Einbindung der<br />
SPZ-Fachleute konnte die jeweils bestmögliche Umsetzung ent-<br />
Erweiterungsbauten Schweizer Paraplegiker-Zentrum<br />
55 <strong>2022</strong>
Auf dem Campus ist<br />
eine kleine Stadt entstanden.<br />
wickelt werden. Zudem gab es Testzimmer, in denen Lösungsvarianten<br />
in der Praxis erprobt wurden, bevor man sie definitiv<br />
einbaute. Und in einem «Sounding-Board» brachten die Patientinnen<br />
und Patienten ihre Sichtweise ein. Ein Ort zum Wohlfühlen<br />
– das Ergebnis kann sich sehen lassen. Auf dem Campus ist<br />
eine kleine Stadt entstanden, in der frischverletzte Menschen<br />
mit Querschnittlähmung sechs bis neun Monate zur Rehabilitation<br />
wohnen und sich entsprechend wohlfühlen sollen. Wer<br />
hier lebt, benötigt kein originelles Hotelzimmer, sondern optimale<br />
Funktionalität. Dazu eine warme Ambiance und individuelle<br />
Freiräume, zum Beispiel für persönliche Bilder.<br />
Beim ersten Bau des Schweizer Paraplegiker-Zentrums von<br />
1990 gingen die Verantwortlichen sehr sorgfältig mit den Spendengeldern<br />
um, indem sie eine möglichst langlebige Lösung<br />
angestrebt haben. Die gleiche Haltung prägt auch das Konzept<br />
des «Weiterbauens» der heutigen Campusarchitekten.<br />
Die grosse Baustelle ist definitiv weg. Kleinere Baustellen<br />
wird es weiterhin geben, beispielsweise für die neue Kinderkrippe.<br />
Aber eines ist sicher. Das SPZ ist «à jour» und für die<br />
Zukunft gut aufgestellt.<br />
<strong>2022</strong> 56<br />
Erweiterungsbauten Schweizer Paraplegiker-Zentrum
Bäckerei & Café Künzli Nottwil<br />
und Filiale Sursee<br />
Die Genussinsel hat Tradition<br />
Mitten in der Nacht herrscht in der Backstube Hochbetrieb.<br />
Frühmorgens sind die Regale im Laden gefüllt mit mancherlei<br />
Brotsorten. Tag für Tag ist es ein Genuss, die hochwertigen<br />
Produkte essen zu dürfen. Meisterbäcker Urs Künzli<br />
setzt auf traditionelles Handwerk und gewinnt mit seinem<br />
Angebot Kundschaft weit über die Region hinaus.<br />
Wenn die Strassen noch leer sind, Finsternis und Nachtruhe<br />
herrschen, geht es in der Backstube der Bäckerei Künzli richtig<br />
zur Sache. Um zwei Uhr beginnt die Verarbeitung der Teige, die<br />
bereits am Vorabend geknetet wurden, um sie bis dahin aufgehen<br />
und ruhen zu lassen. Bestimmte Brotsorten, so das Sauerteigbrot,<br />
entstehen aus einem Teil Anstellgut 1) , Mehl, Salz und<br />
Wasser und werden durch den Gärprozess von 48 Stunden zu<br />
einem bekömmlichen Brotweggen, der geschmacklich und in<br />
der Frischhaltung unübertreffbar ist. Die Gemächlichkeit der<br />
Teige ist das Einzige, dem man in der Backstube Zeit lassen<br />
muss. In unglaublicher Geschwindigkeit hingegen bringt Urs<br />
Künzli den Teig in die entsprechende Brotform, den sein Mitarbeiter<br />
Armin zuvor im Eiltempo geteilt, gewägt und auf die<br />
Arbeitsfläche geworfen hat, als sei das ein Spitzensport. So entstehen<br />
in Windeseile die Pfünderli, die auf bemehlten, rundum<br />
mit einer Stoffbahn belegten Tablaren zum Backen bereitgestellt<br />
werden. Urs und Armin erhalten im Stundentakt Verstärkung<br />
durch Mitarbeiter*innen, bis das Backteam sechs und die<br />
Konditoreiabteilung drei Personen zählt.<br />
Für das Kleingebäck ist eine Person ab zwei Uhr zuständig.<br />
Sie bäckt die diversen Gipfeli, Mutschli, Weggli und alle<br />
süssen Kleingebäcke wie Nussgipfel, Schoggibrötli, Meitschibei,<br />
und vieles andere mehr, das bereits am Vortag hergestellt und<br />
im Kühlraum gelagert worden ist. Nebenbei frittiert sie gekonnt<br />
die Berliner und Zigerkrapfen, bis sie herrlich duftend zum<br />
1) Sauerteigsatz =<br />
beiseite gestellter ungebackener<br />
Teig für den<br />
Gärprozess<br />
<strong>Nottwiler</strong> <strong>Auslese</strong><br />
57 <strong>2022</strong>
Auskühlen auf die Tablare gelegt werden. In einem fahrbaren<br />
Rechen haben viele Bleche Platz, die mit Teiglingen bestückt<br />
sind. Dieser Rechen wird in einen hohen Backschrank (Umluftofen)<br />
geführt, wo er sich automatisch dreht, um dabei einen<br />
gleichmässigen Backerfolg zu erzielen.<br />
Alle Brote werden mit gekonnter Technik in den 1974 eingebauten,<br />
vier Etagen zählenden Backofen geschossen (Bäckerausdruck<br />
für hineinschieben). Nach der Backzeit und einem<br />
fachmännischen Prüfblick werden sie mit dem Schüssel (Brotschaufel)<br />
herausgenommen.<br />
Der Ofen wird herausgehudelt. Dabei werden mit einem<br />
Sack die Brosamen entfernt, damit keine verbrannten Rückstände<br />
zurückbleiben.<br />
Die grosse Erfahrung und die Leistungsbereitschaft des<br />
Teams machen es möglich, täglich hunderte von Kundinnen<br />
und Kunden mit den begehrten Produkten zufriedenzustellen.<br />
Als Beobachterin spürt man, dass es in der Backstube ein<br />
festes Zeitfenster gibt, denn um halb sechs Uhr müssen alle<br />
Tagesprodukte bereitgestellt sein; der eine Teil für die Filiale<br />
Sursee, der andere für den Laden in Nottwil und der dritte für<br />
Wiederverkäufer und Gastronomie-Kunden. Urs Künzli junior<br />
macht sich mit beladenem Auto auf den Weg zum Ausliefern. Er,<br />
der Weltmeister-Seilzieher 2) , der die Ausbildung als Backstubenchef<br />
abgeschlossen hat und zurzeit in der Ausbildung zum Meisterbäcker<br />
steht, hat die besten Voraussetzungen für eine in Aussicht<br />
gestellte Betriebsübernahme. Täglich packt er an, vertritt<br />
seinen Vater bei dessen Abwesenheit und bringt sich mit guten<br />
Ideen und Vorschlägen ein. Dass ihn nichts so schnell aus der<br />
Fassung bringt, zeigt seine ruhige, aber speditive Arbeitsweise.<br />
Er hat das Bäckergen in sich, er vertritt die Familie Künzli in<br />
dritter Generation, denn sein Grossvater hatte die Bäckerei an<br />
der Kantonsstrasse einst übernommen und ausgebaut.<br />
2) Urs Künzli ist Mitglied<br />
des Seilziehclubs<br />
Nottwil und wurde mit<br />
der Schweizer Nationalmannschaft<br />
dreimal<br />
Weltmeister: 2010 mit<br />
der U19 (bis 560 kg)<br />
in Südafrika, 2013 mit<br />
der U23 (bis 600 kg) in<br />
Assen (NL) und 2014 in<br />
Wisconsin (USA).<br />
Geschichte<br />
Bäckereiinhaber Urs Künzli ist wie seine Vorfahren ein Ur-<br />
Notteler. Sein Urgrossvater hatte mit seiner Frau sieben Kinder<br />
und war in der Landwirtschaft im Hübeli erfolgreich tätig.<br />
Er war begütert, ihm gehörte, etwas übertrieben gesagt, halb<br />
Nottwil: die Käserei, die Metzgerei, das Restaurant Bahnhof. Er<br />
gründete zusammen mit Robert Schürch sen. eine Genossenschaft,<br />
besass eine Käserei in Gunzwil und eine in Buttisholz<br />
sowie weitere Grundstücke in Nottwil. Weil einige seiner Kinder<br />
den Umgang mit Geld nicht beherrschten, von ihrem Vater<br />
<strong>2022</strong> 58<br />
Bäckerei & Café Künzli Nottwil und Filiale Sursee
aber trotzdem immer unterstützt wurden, musste der Urgrossvater<br />
seine Grundstücke nach und nach verkaufen. Die Liegenschaft<br />
Hübeli kam damals in den Besitz der Familie Bannwart.<br />
Seine Söhne Alois und Hans Künzli waren die Tüchtigsten unter<br />
den Nachkommen. Alois war Bäckermeister und hatte seinen<br />
Laden im Haus des Restaurants Krone in Nottwil gepachtet.<br />
Hans Künzli bekam das Restaurant Bahnhof, wo er erfolgreich<br />
wirtete und nebenbei noch eine kleine Landwirtschaft betrieb.<br />
Dadurch legten Hans und Berta Künzli-Stalder zusammen den<br />
Grundstein für die Kochleidenschaft in der Familie. Selbst sein<br />
Sohn Werner musste nach der Bäckerlehre noch die Ausbildung<br />
zum Koch machen. Er lernte dann wunschgemäss den Kochberuf<br />
während dreier Jahre im ‹Wilden Mann› in Luzern, arbeitete<br />
anschliessend in der Sommersaison in Stansstad im Restaurant<br />
Winkelried und dann mit derselben Küchenbrigade im<br />
Winter im ‹Davoserhof› in Davos.<br />
Eine eigene Bäckerei<br />
Vater Hans legte das Fundament für die Zukunft seines<br />
Sohnes Werner. Es war ihm bekannt, dass die Bäckerei im Dorf<br />
verkauft werden sollte und zum damaligen Besitzer, Bäcker<br />
Zwimpfer, pflegte er gute Kontakte. Zwimpfer war kinderlos<br />
und beschäftigte sich gedanklich mit einer Veräusserung<br />
1 Die von Keilriemen<br />
angetriebenen<br />
Teig maschinen waren<br />
damals eine Arbeitserleichterung.<br />
Gebacken<br />
wurde im Holzofen. Es<br />
war bestimmt nicht<br />
immer einfach, die richtige<br />
Temperatur für die<br />
Backware zu erreichen.<br />
2 Handgeschriebene<br />
Rezepte von Werner<br />
Künzli<br />
1 2<br />
Bäckerei & Café Künzli Nottwil und Filiale Sursee<br />
59 <strong>2022</strong>
Früh übt sich … Urs<br />
Künzli hilft seinem<br />
Vater beim Formen der<br />
Nussgipfel<br />
der Bäckerei. Hans kündete Zwimpfer deshalb sein Interesse<br />
an, falls es zu einem Verkauf kommen sollte. 1953 kam der<br />
Handel zustande, Grossvater Hans Künzli erwarb für seinen<br />
Sohn Werner und seine Frau Marie-Theres Künzli-Egli das Haus<br />
an der Kantonsstrasse.<br />
Ab 1954 betrieb Werner Künzli zusammen mit seiner Frau<br />
Marie-Theres die kleine Bäckerei. Ihre vier Buben (Stephan *1955,<br />
Daniel 1957 – 2019, die Zwillinge Benno und Urs *1958) belebten<br />
den strengen Alltag im Bäckereibetrieb. Urs Künzli<br />
erzählt, dass sie alle tüchtig mitarbeiten mussten.<br />
Während andere Kinder im Freien spielen konnten,<br />
bürsteten sie Backbleche, reinigten in der Osterzeit<br />
die Osterhasenformen und verpackten Nussstengel in<br />
Tüten. Aus jenen Zeiten blieben den Buben bestimmt<br />
einige Backkniffs und -tricks hängen.<br />
Seine kreative Ader zeigte sich natürlich später in<br />
seinem Beruf. Urs führt sie zurück auf seine Kindheit.<br />
«Wir mussten uns oft selber helfen. Unsere Mutter<br />
hatte zum Beispiel wenig Zeit, um mit uns Hausaufgaben<br />
zu machen. Wir wurden zur Selbständigkeit<br />
erzogen, haben oft eine Lösung selber ausgetüftelt –<br />
manchmal mit Erfolg, manchmal ohne. Der Spielraum<br />
hat uns Freiheit gegeben, Neues zu entdecken und Erfahrungen<br />
zu sammeln. Ich glaube, das hat uns Kindern eine solide Grundlage<br />
und eine gewisse Kreativität mit auf den Weg gegeben».<br />
«Kehri»<br />
Urs Künzli erinnert sich, wie er mit ihrem Mitarbeiter<br />
Othmar Nauer auf die «Kehri» (= Einkehren in den Häusern<br />
und Betrieben) gehen durfte. Sie brachten das Brot in die abgelegenen<br />
Höfe, betrieben dabei Ortsgeografie, kannten dadurch<br />
alle Leute, alle Hauseinrichtungen (oft war der Küchenboden<br />
noch ein Erdboden) und lernten dabei die Hierarchien in den<br />
Familien kennen. «Die Bäuerin hatte meistens keine Rechte,<br />
das Sagen hatte die Grossmutter, sie gab die Bestellungen auf»,<br />
erinnert sich Urs. Für die Bäckerei war die Kehri eine gute Einnahmequelle.<br />
Lebensgeschichten aus der Bäckerei<br />
Früher war im Bäckereiladen noch eine kleine Lebensmittelabteilung<br />
integriert. 1963 vergrösserte Werner Künzli diesen<br />
zum ersten Mal. 1974 gab es im Zusammenhang mit der Erwei-<br />
<strong>2022</strong><br />
60<br />
Bäckerei & Café Künzli Nottwil und Filiale Sursee
terung der Backstube noch einen Anbau für ein USEGO-Lebensmittelgeschäft.<br />
Mutter Künzli war zeitlebens im Laden berufstätig.<br />
Sie, die Freundlichkeit in Person, wuchs in der Zimmerrüti<br />
in Nottwil auf und kannte Werner seit ihrer Kindheit. Sie verliebte<br />
sich in Werner im Dorf Mariastein, wo sie als Verkäuferin<br />
arbeitete, und Werner in der Dorf-Bäckerei angestellt war.<br />
Später, in der Bäckerei in Nottwil, schmiss sie den Verkauf und<br />
unterstützte ihren Mann, wo sie nur konnte. Werner Künzli war<br />
interessiert an Politik und Sport und auch nebenamtlich sehr<br />
aktiv. Er war Schulpflegepräsident, wurde später Kirchenratspräsident,<br />
und in seiner Amtszeit wurde die Innenrenovation<br />
der Pfarrkirche durchgeführt.<br />
Der plötzliche Tod seiner Frau Marie-Theres am 11. September<br />
1985 traf ihn und die ganze Familie sehr hart. Sie verstarb<br />
mit 57 Jahren in den Ferien im Berner Oberland an einer Lungenembolie.<br />
In Elisabeth Oertig fand Werner später dann seine<br />
zweite Frau, mit der er noch glückliche Jahre verbringen durfte.<br />
Werner bezog im Zentrum Eymatt eine Wohnung, während dem<br />
seine Frau in einem Pflegezimmer war, und von dort aus ging er<br />
bis ins 88. Lebensjahr zum Mithelfen noch täglich in die Bäckerei.<br />
Obwohl ihm seine Söhne einen geruhsameren Lebensabend<br />
gegönnt hätten, erachtete er es als seine Pflicht, beim Brotbacken<br />
unterstützend mitzuwirken. Werner Künzli starb 2015.<br />
Entwicklung der Bäckerei<br />
1984 eröffnete sich der Familie Künzli die Gelegenheit, eine<br />
Filiale im Oberstädtli in Sursee zu übernehmen. Die Lokalitäten<br />
und die Verhältnisse waren der Familie bestens bekannt,<br />
weil sie den Vorgänger, Bäcker Robert Weber, schon seit 17<br />
Jahren mit Brot beliefert hatte. Das Eckhaus zur Hirschengasse<br />
hatte eine ganz kleine Backstube und bescheidene Raumverhältnisse.<br />
Mit grossem Engagement, besonders auch von Mutter<br />
Marie-Theres Künzli, entstand dort nach einem kleinen Umbau<br />
die von der Kundschaft sehr geschätzte «Bäckerei / Konditorei<br />
Künzli Sursee». Im Jahr 2002 konnte Urs Künzli die Bäckerei<br />
Oberstadt 12 käuflich erwerben. 2004 wurde das Eckhaus total<br />
renoviert mit Verkaufsladen im Erdgeschoss und zwei darüber<br />
liegenden Wohnungen. Der Bäckerladen belebt zusammen mit<br />
den anderen Geschäften das Städtli Sursee. An der Gansabhauet<br />
im November ist der Laden mit dem Stand auf dem Vorplatz<br />
und seinen klassischen Produkten Martinibrot, Gansbiber<br />
und Sonnen-Butterguetzli, sowie an den Markttagen mit den<br />
saisonalen Hausspezialitäten ein beliebter Anziehungspunkt.<br />
Bäckerei & Café Künzli Nottwil und Filiale Sursee<br />
61 <strong>2022</strong>
Das Pensionsalter von Vater Werner Künzli nahte. Urs<br />
Künzli bestand 1986 im Alter von 28 Jahren die Meisterprüfung,<br />
um für die Übernahme des Geschäftes gewappnet zu sein. Der<br />
Tod seiner Mutter war jedoch derart einschneidend – sie fehlte<br />
überall und die Mehrarbeit, die anfiel, war kaum zu bewältigen,<br />
so dass Urs mit den Gedanken spielte, die Meisterprüfung aufzugeben.<br />
Vater Werner motivierte seinen Sohn aber zur Weiterführung<br />
der Schule. Zum Glück … 1989 fand die Übergabe der<br />
Bäckerei an Urs statt. Seine Pläne und Ziele, den Lebensmittelbereich<br />
zu verkleinern oder gar wegzulassen sowie die Bäckerei<br />
zu vergrössern und durch ein Café zu erweitern, gelangen nicht<br />
alle auf Anhieb. 1989 war der Lebensmittelladen der Einzige im<br />
Dorf, daher war er nicht wegzudenken. Als dann Denner und<br />
SPAR die Einkaufsmöglichkeiten in Nottwil erweiterten, wagte<br />
sich Urs an die Planung einer Erweiterung der Bäckerei mit<br />
einem Café. Aber die Raumhöhe im Erdgeschoss, es fehlten fünf<br />
Zentimeter, liess die Baubewilligung platzen und der Wunsch<br />
nach einem Café war vorerst ausgeträumt.<br />
Dennoch wurde 1993 ein grösseres Bauvorhaben mit<br />
dem Neubau der Backstube realisiert. Als Ersatz-Backstube<br />
diente während eines Dreivierteljahres ein Raum bei Otto’s in<br />
Sursee. Die entstandene ebenerdige Backstube mit Tageslicht<br />
erleichtert seither die Arbeitsabläufe und ermöglicht speditives<br />
Schaffen.<br />
Hausschwamm als «Retter»<br />
Die Ferienplanung von Hanny und Urs Künzli mit ihren<br />
vier Kindern wurde kurz vor dem Packen durch eine Hiobsbotschaft<br />
jäh unterbrochen. Als sie im Keller die Koffern holen<br />
wollten, entdeckten sie im Mauerwerk einen Hausschwamm,<br />
der sich wegen Feuchtigkeit im Holz und in der ganzen Mauer<br />
verbreitet hatte. Eine Riesen-Renovation der ganzen Mauer,<br />
die Stück für Stück abgebrochen und neu aufgebaut werden<br />
musste, stabilisierte das Haus wieder. Der Bauführer riet dabei<br />
Urs Künzli, die Bauarbeiten gleichzeitig für die Absenkung des<br />
Bodens zu nutzen, um das gewünschte Café zu realisieren. Die<br />
Belohnung für das mühsame Bauprozedere war dann die Bewilligung<br />
für das Café Künzli, das für die Eröffnung aber noch<br />
eines Wirtes bedurfte. Urs absolvierte die erforderliche Ausbildung<br />
erfolgreich und erlangte das Wirtepatent. So bereichert<br />
seit 1998 das Café mit seinen 30 Sitzplätzen nun das gastronomische<br />
Angebot in Nottwil und gilt als gemütliche und kulinarische<br />
Genussinsel.<br />
<strong>2022</strong><br />
62<br />
Bäckerei & Café Künzli Nottwil und Filiale Sursee
Die Kochkünste, die Vater Werner Künzli beherrschte und<br />
die er schon früh mit ersten Catering-Einsätzen (zum Beispiel<br />
beim Abschlussessen der Lehrer*innen Ende Schuljahr) unter<br />
Beweis stellte, inspirierte auch Urs zum Kochen. Täglich gibt<br />
es im Café Tagesmenüs, und im Laden sind diese ebenfalls zum<br />
Mitnehmen bereitgestellt. «Das Essverhalten hat sich seit der<br />
Einführung der gleitenden Arbeitszeiten verändert», weiss Silvia<br />
Künzli. «Es muss heute schnell gehen.» Und da ist die Kundschaft<br />
bei Künzlis bestens aufgehoben, denn die Menüs werden<br />
alle selber gekocht, Fertigprodukte kennt man im Hause Künzli<br />
nicht. «Auch die Saucen werden von uns selber zubereitet, und<br />
wir legen grossen Wert auf ausgewogene Kost», versichert Urs<br />
Künzli. Er ist verantwortlich für die Wochen-Menüplanung und<br />
kocht zusammen mit einem Mitarbeiter täglich die Mittagessen.<br />
Für Catering ist Künzli eine beliebte Adresse – und das ist nicht<br />
verwunderlich, denn Backen und Kochen in Kombination sind<br />
beste Voraussetzungen für ein vielseitiges Angebot.<br />
Qualität steht an erster Stelle<br />
Künzli und Qualität sind Partner. Auf die Frage, was den<br />
Erfolg ausmache, meint Urs Künzli: «Neben Tradition ist auch<br />
Innovation sehr wichtig, man darf den ‹Gwunder› an neuen<br />
Produkten und Ideen am Beruf nicht verlieren, sonst droht die<br />
Betriebsblindheit. Schon oft hätten wir an verschiedenen Orten<br />
weitere Filialen eröffnen und den Betrieb erweitern können.<br />
Mein Job wäre dann der eines Managers geworden, der die<br />
etwa fünfzig Mitarbeitenden führen, die<br />
Aufträge entgegennehmen und delegieren<br />
müsste. Das will ich aber nicht. Mir<br />
erscheint es wichtig, die Qualität auf dem<br />
erreichten hohen Niveau zu gewährleisten.<br />
Ich stehe täglich in der Backstube, habe<br />
damit die Übersicht über das Geschehen,<br />
plane die Einsätze und kann Einfluss<br />
nehmen bei den Arbeitsabläufen, auch<br />
wenn mal etwas schiefläuft. Ich will nicht<br />
mit dem Strom schwimmen und mich mit<br />
Fertigprodukten und möglichst günstigem<br />
Brot zufriedengeben. Es ist mir wichtig,<br />
das alte Bäcker-Handwerk zu pflegen.»<br />
Silvia und Urs Künzli setzen auf Tradition,<br />
das bringt ihnen den verdienten<br />
Erfolg. Bei vielem können sie auf die<br />
Silvia und Urs Künzli<br />
Bäckerei & Café Künzli Nottwil und Filiale Sursee<br />
63 <strong>2022</strong>
1<br />
1 Das ganze Team<br />
der Bäcker*innen und<br />
Konditorinnen der Bäckerei<br />
Künzli: Hinten v.l.<br />
stehend: Urs Künzli, Justyna<br />
Rogowska, Nana<br />
Huber, Regula Kissling,<br />
Beat Bossert, Karin<br />
Jost, Urs Künzli jun.;<br />
vorne v.l. kniend: Zufer<br />
Zendeli, Armin Bühler<br />
(Chöngu), Zena Zendeli<br />
(stehend), Ramona<br />
Scherrer, Gabi Amrein,<br />
Angela Bischof<br />
2 Brote in hochwertiger<br />
Qualität in Handarbeit<br />
gemacht<br />
3 Jedem Brotlaib sein<br />
eigenes, charakteristisches<br />
Schnitt-Muster<br />
2<br />
3<br />
<strong>2022</strong><br />
64<br />
Bäckerei & Café Künzli Nottwil und Filiale Sursee
4 5 6<br />
Rezepte des Vaters zurückgreifen, zu dessen Zeiten das Nottelerbrot<br />
entstand, aber auch die Künzli-Schwarzwälder- und<br />
Haselnussrahmtorte sowie der Spezialbirnenweggen mit seiner<br />
selber hergestellten Füllung, dem «Chrosi». In einem mit Holzfeuerung<br />
betriebenen alten Wäschehafen mit rauchendem Ofenrohr<br />
werden noch heute die Dörrbirnen und die getrockneten<br />
Apfelschnitze gekocht. «Vielleicht wirkt es etwas altmodisch,<br />
wenn ich solche alten Rezepte noch heute genauso anwende.<br />
Wir machen aber die Erfahrung, dass Bewährtes viele Liebhaber*innen<br />
findet, und Kontinuität der Garant für gute Ware ist.<br />
Natürlich haben wir Mehraufwand mit den Eigenprodukten<br />
und -kreationen. Aber wir scheuen die Arbeit nicht und geben<br />
alles, um unsere Kundschaft gut bedienen zu können», meint<br />
Urs Künzli, nimmt ein grosses Becken mit eingelegten Mandeln,<br />
Zucker und Zitrone in die Hand und macht sich daran, die Mandelfüllung<br />
selber herzustellen.<br />
4 Die Füllung der<br />
Crèmeschnitten wird<br />
gekonnt aufgetragen<br />
5 Brote in der letzten<br />
Ruhephase auf den Tablaren,<br />
bevor sie im Ofen<br />
gebacken werden<br />
6 Eine Vielfalt von<br />
Broten beim Auskühlen<br />
Gegen Food waste<br />
Urs Künzli geht nicht den einfachsten Weg. Er kennt den<br />
Umgang mit Resten und deren Verwertung. So werden altbackene<br />
Süssgebäcke als Schraps für die köstliche Füllung<br />
der Nussgebäcke eingesetzt, hartes Brot für die Tiere kostengünstig<br />
verkauft oder das hochwertige Mehl, das am Boden<br />
landet, zusammengekehrt und den Kühen verabreicht. Selbst<br />
Bäckerei & Café Künzli Nottwil und Filiale Sursee<br />
65 <strong>2022</strong>
Urs Künzli, *1992<br />
Er liebt das seit Jahrhunderten bestehende Handwerk des Bäckers.<br />
«Das Brot als Grundnahrungsmittel hat im Vergleich zu früher<br />
an Exklusivität gewonnen. Durch das Aufleben der alten Getreidesorten,<br />
der vielfältigen Zutaten, der Verarbeitungsweise mit<br />
Vorteig und langer Ruhezeit haben wir mehr Möglichkeiten, den<br />
16 Brotsorten einen eigenen Charakter zu geben.» Auf<br />
die Frage, was er in seinem Beruf vermisse, meint Urs:<br />
«Das Ausschlafen. Aber ich bin mich gewohnt, in zwei<br />
Etappen zu schlafen, mal mehr, mal weniger. Das Vereinsleben<br />
bei den Seilziehern in Nottwil kann ich trotzdem<br />
ausüben.»<br />
Auch Bäcker haben ihre bevorzugten und weniger beliebten<br />
Arbeiten. «Ich zöpfle für’s Leben gerne und bediene<br />
gerne den Ofen mit dem Backgut. Das Putzen hingegen<br />
– ich weiss, es gehört eben auch zu unserer Arbeit – ist<br />
nicht meine Lieblingsbeschäftigung.» Urs Künzli Junior<br />
antwortet auf die Frage über seine Zukunft: «Ich werde<br />
diesen Betrieb einmal übernehmen. Natürlich habe ich<br />
einige Ideen im Kopf, das ist eine Frage der Entwicklung und der<br />
Anpassung an die Zeit. Mein Grossvater hat auch anders gebacken<br />
als mein Vater heute. Aber eines ist sicher, die klassischen Künzli-<br />
Traditionsprodukte werde ich natürlich weiterhin produzieren, das<br />
ist Ehrensache. Ich kann mir vorstellen, das Angebot vermehrt auf<br />
saisonale Spezialitäten zu richten.»<br />
Noch ist es aber nicht so weit. Urs wird erst mal im Frühjahr 2023<br />
seine Meisterprüfung abschliessen können.<br />
beim Projekt «Too good to go», wo Kundinnen und Kunden<br />
für einen Sympathiebeitrag zufällig zusammengestellte Restprodukte<br />
vom laufenden Tag kurz vor Ladenschluss erwerben<br />
können, ist die Bäckerei Künzli mit zwei bis drei Rationen pro<br />
Tag dabei.<br />
Konditorei<br />
In der Konditorei, durch eine Türe von der Bäckerei abgetrennt,<br />
arbeiten drei Frauen etwas filigraner und mit anderen<br />
Zutaten. Hier entstehen die legendären Cremeschnitten, die<br />
Torten, die beliebten Birchermüesli, die jahrzeitengerechten<br />
Kindergebäcke wie Bärchen, Clowns und Sonnenguetzli,<br />
die mit viel Liebe und Sorgfalt jedes Detail gestaltet bekom-<br />
<strong>2022</strong><br />
66<br />
Bäckerei & Café Künzli Nottwil und Filiale Sursee
Armin Bühler, *1968<br />
genannt «Chöngu» (er will so angesprochen werden)<br />
Seit 2019 als Bäcker bei Künzli.<br />
Chöngu wohnt in Zermatt und lebt von Dienstag bis Samstag als<br />
Wochenaufenthalter in einem Zimmer im Haus der Bäckerei. Den<br />
kühlen Temperaturen wegen ist die in Hohenrain aufgewachsene<br />
Frohnatur in die Berge gezogen. In Zermatt hatte er in<br />
einer Bäckerei gearbeitet, suchte dann eine neue Stelle<br />
und war mit sich im Reinen, dass er in den beiden bleibenden<br />
Bäckereien in Zermatt nicht seinen zukünftigen<br />
Arbeitsplatz finden wird. Chöngu wusste von der pendenten<br />
Stelle bei Urs Künzli, bewarb sich und arbeitet<br />
seit Mai 2019 in der Backstube in Nottwil, wo er bereits<br />
vor 30 Jahren einmal tätig war. Auf die Frage, ob es ihm<br />
gefalle sagt er: «Ja, sehr! Künzli ist ein Familien betrieb,<br />
hier ist es ganz speziell, wir machen fast alles selber,<br />
die Füllungen, das Birechrosi, die Gipfeli, die Saucen,<br />
das alles macht die Arbeit interessant. Mir gefallen<br />
die Abwechslung und die Vielfalt an Spezial produkten.<br />
«Urs ist ein sehr innovativer Bäcker. Ich habe noch niemanden<br />
getroffen, der so viel arbeitet wie er», gesteht Chöngu. «Auch wir<br />
zählen die Minuten nicht, ich bräuchte keine Stempeluhr.» Ob er<br />
den Bäckerberuf den Jungen empfehlen würde? «Ja, aber es will<br />
ihn niemand mehr lernen. Es ist Tatsache, dass man wegen den<br />
Arbeitszeiten etwas neben der Gesellschaft vorbeilebt. In jungen<br />
Jahren war ich im Ausgang immer der erste, der nach Hause ging.<br />
Heute ist mir das alles zu viel.» Chöngu liebt es im Team zu schaffen.<br />
«Manchmal vermisse ich einen Witz oder ein Gespräch als Auflockerung<br />
während der Arbeit», schildert er. Als Erfolgsrezept der<br />
Bäckerei Künzli nennt er die Tradition und Qualität. «Ich gestehe,<br />
dass ich keine Bäckerei kenne, die so grosszügig mit Füllungen<br />
umgeht. Da ist was drin, ob Nussgipfel, Mandelgipfel, Apfelkrapfen,<br />
Torten, Sandwiches und anderes mehr, die Schicht mittendrin<br />
ist reichhaltig und sehr lecker.»<br />
men – eines wie das andere … Präzision pur! Da werden alle<br />
Schokoladenspezialitäten, Pralinen, Osterhasen, Notteler-<br />
Grüessli, Schoggi-Kastanien, Igeli und vieles mehr saisongerecht<br />
mit feinsten Zutaten hergestellt. Auf die Frage, wann<br />
es am strengsten ist, meint eine Mitarbeiterin: «Die Osterzeit<br />
ist sehr arbeitsintensiv und auch vor Weihnachten wird<br />
es hektisch.»<br />
Bäckerei & Café Künzli Nottwil und Filiale Sursee<br />
67 <strong>2022</strong>
Täglich frisch und mit<br />
Sorgfalt hergestellte<br />
Birchermüesli, Salate<br />
und Tagesmenus<br />
Adriana Stalder, *1994<br />
Sie arbeitet seit 2014 im Laden und Café der Bäckerei Künzli in<br />
Nottwil. Nach der Lehre als Detailhandelsfachfrau inklusive der<br />
Erfahrung im Service trat sie die Stelle bei Künzli an. Die vielfältigen<br />
Arbeiten im Laden, im Café und im administrativen Bereich<br />
gefallen ihr besonders. Es gibt keinen Tag mit Langeweile oder<br />
Däumchen drehen. «Die immer neuen Kreationen aus der<br />
Backstube machen die Arbeit interessant. Wir können<br />
beim Verpacken, Dekorieren und beim Präsentieren<br />
unsere Fähigkeiten einbringen. Das macht mir besonders<br />
Freude.» Wo hebt sich die Bäckerei Künzli von den<br />
anderen ab? Adriana meint: «Wir führen eine grosse<br />
Auswahl an Produkten, und die Topqualität wird von der<br />
Kundschaft sehr geschätzt, deshalb kommt sie nicht<br />
nur aus Nottwil, sondern aus der ganzen Region. Das<br />
Erfolgsrezept der Bäckerei beruht auf der guten Bedienung,<br />
dem vielfältigen Angebot, der guten Qualität und<br />
nicht zuletzt der idealen Verkehrslage. Auch die Mittagsmenüs<br />
sind vor allem bei den Arbeitern sehr beliebt.»<br />
Und wenn die Ladentüre am Abend geschlossen wird, dann ist<br />
das Putzen angesagt. «Wir investieren den ganzen Tag viel Zeit<br />
in die Reinigung. Täglich werden im Café die Tische und Stühle<br />
von oben bis unten geputzt, der Boden überall gereinigt,<br />
alle Gerätschaften im Laden auf Vordermann und<br />
die Toilettenanlagen zum Glänzen gebracht.» Bricht<br />
der Feierabend an, lässt Adriana den Tag Revue passieren<br />
und denkt an schöne Momente mit der Kundschaft<br />
– besonders, wenn diese zufrieden den Laden verlassen<br />
– und versucht, den Ärger wegzustecken, wenn sie<br />
zum Beispiel beschimpft wurde, weil sie die Wünsche<br />
der Leute nicht entsprechend ihren Vorstellungen erfüllen<br />
konnte. «Manchmal sind halt Produkte, besonders<br />
gegen Abend, ausverkauft.» Wann reisst der Geduldsfaden?<br />
«Der darf eigentlich nie reissen. Auch wenn uns<br />
eine Situation nervt, müssen wir die Fassung behalten.<br />
Erst danach kann es Tränen geben und die Enttäuschung<br />
muss verdaut werden. Aber das kommt zum Glück nicht<br />
täglich vor.» Die schönsten Momente für Adriana sind<br />
am Morgen, wenn die Brotgestelle und die Vitrine vollgefüllt<br />
sind und die erste Kundschaft zufrieden einen<br />
guten Tag wünscht, das lässt ihr Herz für die Bäckerei<br />
höher schlagen.<br />
<strong>2022</strong><br />
68<br />
Bäckerei & Café Künzli Nottwil und Filiale Sursee
In der Konditorei ist auch Silvia Künzli hin und wieder<br />
anzutreffen. Sie, die Tortenkünstlerin, versucht, auch ausgefallene<br />
Sujets und Wünsche der Kundinnen und Kunden umzusetzen.<br />
«Sie ist eine Meisterin, wenn ich ihr meine Ideen offenbare»,<br />
lobt sie ihr Mann Urs. «Silvia nimmt die Gedanken auf,<br />
macht daraus Kreationen, und denkt alles, von der Verarbeitung<br />
bis hin zur Verpackung, durch. Sie hat ein grosses praktisches<br />
Talent.»<br />
Als Bäckersfrau in verschiedenen Positionen<br />
Silvia trat 2007 als Filialleiterin in Sursee in die<br />
Dienste der Bäckerei Künzli, zuvor war die gelernte<br />
Bäckerin-Konditorin als Verkäuferin bei der Confiserie<br />
Bachmann in Luzern tätig. Urs Künzli war<br />
von seiner ersten Frau getrennt, wünschte sich<br />
wieder jemanden an seiner Seite und fand dann in<br />
Silvia seine zukünftige Weggefährtin. 2013 heirateten<br />
Silvia und Urs, und 2014 kam ihr Sohn Leo zur<br />
Welt. Um als Mutter und Geschäftsfrau zu bestehen,<br />
macht sie persönlich viele Abstriche. «Freizeit ist ein<br />
Fremdwort für mich. Hin und wieder machen wir<br />
eine Velotour, und das Engagement mit dem Holzofen<br />
betrachten wir beide auch als «Hobby». Es ist<br />
sehr streng, oft dauert die Arbeitszeit weit über Mitternacht<br />
hinaus.»<br />
Silvia ist verantwortlich für alles, was den<br />
Laden und das Café betrifft: Personalwesen (insgesamt<br />
23 Angestellte), Buchhaltung, Homepage,<br />
Bestellungen, Verkauf. Besondere Sorge bereitet ihr die Personalsituation.<br />
«Der Markt an ausgebildeten Fachkräften ist trockener<br />
als die Wüste», meint sie. Bei Ausfällen jeder Art ist sie<br />
die erste Ersatzperson.<br />
«Die Kompetenz und die Freundlichkeit der bedienenden<br />
Angestellten muss im Einklang stehen mit den guten Produkten.<br />
Beides muss stimmen, damit die Kundschaft zufrieden ist.»<br />
Tortenkünstlerin Silvia<br />
Künzli beim Finish<br />
einer Tauf-Torte, die<br />
eine Mitarbeiterin mit<br />
viel Liebe zum Detail<br />
hergestellt hat<br />
(Schlaf-) Künstler<br />
Besonders gewöhnungsbedürftig ist das Etappen-Schlafen<br />
eines Bäckers. Urs Künzli steht während fünfzig Wochen<br />
im Jahr täglich von zwei bis 14.00 Uhr in der Backstube. Wenn<br />
dann keine Kundengespräche mehr anstehen, gelingt es ihm,<br />
bis 19.00 Uhr zu schlafen. Danach trifft er in der Backstube<br />
Bäckerei & Café Künzli Nottwil und Filiale Sursee<br />
69 <strong>2022</strong>
Steckbriefe<br />
Urs Künzli *1958 Silvia Künzli *1978<br />
Kind aus 2. Ehe Leo *2014<br />
Kinder aus 1. Ehe<br />
mit Hanny Künzli<br />
Beruf / Lehre<br />
Aufgabe<br />
Hobbys<br />
- Barbara und Christina<br />
*1990 (Zwillinge)<br />
- Urs *1992<br />
- Stefanie *1996<br />
Bäcker / Konditor<br />
Eidg. dipl. Bäckermeister<br />
Inhaber und<br />
Geschäftsführer der<br />
Bäckerei Konditorei<br />
Künzli<br />
Musik (Klarinette),<br />
Jodeln<br />
Natur, Velofahren<br />
Bäckerin / Konditorin<br />
Mitarbeit im Betrieb<br />
(Laden und Café),<br />
Verantwortlich für<br />
Buchhaltung, Personalwesen,<br />
Verkauf<br />
Malen und Gestalten<br />
(z. B. Geburtstafeln),<br />
Natur, Velofahren<br />
persönliche Stärke die Ruhe selbst Ideen umsetzen<br />
Wünsche<br />
Gesundheit, Kunden<br />
glücklich machen,<br />
angemessenes Wachstum<br />
des Geschäfts<br />
Gesundheit<br />
Genügend qualifiziertes<br />
Personal<br />
1 2<br />
1 Zigerkrapfen im Öl<br />
schwimmend werden<br />
knusprig gebacken<br />
2 Frühmorgens sind<br />
die Brotgestelle eine<br />
Augenweide<br />
die Vorbereitungen für den nächsten Tag, um sich dann gegen<br />
23:00 Uhr nochmals ins Bett zu legen. «Meine Vereinstätigkeit<br />
im Jodelklub Buttisholz musste ich aus zeitlichen Gründen<br />
aufgeben», bedauert Urs. Er, der früher auch als begabter und<br />
begnadeter Klarinettist der Ländlergruppe «Gsund und zwäg»<br />
und den «Gigalifax» angehörte.<br />
Es bleibt zu hoffen, dass die Superlative von Tradition,<br />
Einzigartigkeit, Mut zur Eigenständigkeit, Innovation, Sorgfalt,<br />
Ausdauer und Liebe zum Beruf «unsere» Bäckerei Künzli<br />
in Nottwil auf Dauer erhalten können.<br />
<strong>2022</strong> 70<br />
Bäckerei & Café Künzli Nottwil und Filiale Sursee
30 Jahre Orgeljubiläum<br />
Die Geschichte der Orgel in der Pfarrkirche St. Marien<br />
Eva und Marco Brandazza haben in einem Buch die<br />
Geschichte von 220 Orgeln im Kanton Luzern veröffentlicht.<br />
Darunter befindet sich auch die <strong>Nottwiler</strong> Orgel in der Kirche<br />
St. Marien, die im Jahr 2020 ihr 30-jähriges Jubiläum feiern<br />
konnte. Zu diesem Anlass hat das Autorenehepaar deren<br />
Vergangenheit recherchiert und der <strong>Nottwiler</strong> <strong>Auslese</strong> einen<br />
interessanten Bericht darüber zur Verfügung gestellt.<br />
Wer die Pfarrkirche St. Marien von Nottwil betritt und nach<br />
einem ersten Blick in den Chorraum und das Schiff in Richtung<br />
Sängerempore schaut, nimmt sofort eine Eigenart wahr,<br />
die früher im Kanton Luzern verbreitet war, heute hingegen<br />
sehr selten zu finden ist: Zwei übereinanderliegende Emporen,<br />
wo auf der oberen die Orgel platziert ist. Die Orgel der Pfarrkirche<br />
Nottwil mit ihren neugotischen Formen hat eine lange<br />
und wechselvolle Geschichte hinter sich, und es ist kaum<br />
bekannt, dass sich ihr für mehrere Jahrzehnte eine «kleinere<br />
Schwester» auf der Chorempore hinzugesellte.<br />
Die Notizen, die während einer genauen, im Zusammenhang<br />
mit dem Luzerner Kantonalen Orgelinventar durchgeführten<br />
Durchsicht des Pfarrarchivs zum Vorschein kamen, bestätigten<br />
Bekanntes und brachten auch Unbekanntes ans Licht.<br />
Die früheren Orgeln<br />
Wann die erste Orgel in die alte Kirche kam, ist bis heute<br />
nicht bekannt, weil darüber keine Dokumente vorhanden<br />
sind. In den Rechnungsbüchern wird hingegen berichtet, dass<br />
sich im Jahre 1811 ein kleines Instrument, ein sogenanntes<br />
«Positiv», auf der Chorempore über der Sakristei befand und<br />
<strong>Nottwiler</strong> <strong>Auslese</strong><br />
71 <strong>2022</strong>
1 2<br />
1 Orgelbaumeister Goll<br />
beschreibt die neue<br />
Orgel von 1898<br />
2 Vertrag zwischen<br />
der «Kirchenverwaltung<br />
Nottwyl und dem Orgelbauer<br />
Goll» für den Bau<br />
der neuen Orgel<br />
dass dieses ab 1822 regelmässig durch den Ruswiler Organisten<br />
Johann Eulogius Banz gestimmt und repariert sowie an Festtagen<br />
gespielt wurde. Dank der Vermittlung des Emmer Pfarrers<br />
Michael Achermann, vorher in Nottwil in demselben Amt tätig,<br />
konnte die in der Pfarrkirche St. Mauritius in Emmen durch<br />
ein neues Instrument ersetzte Orgel für 550 Franken erworben<br />
und auf der Empore über dem Haupteingang der Pfarrkirche<br />
Nottwil aufgestellt werden. Die Zerlegung und den Wiederaufbau<br />
besorgten die damals in Horw ansässigen Orgelbauer Lütolf<br />
und Kaufmann für weitere 450 Franken. Die Orgel-Weihe und<br />
-Prüfung führte der Luzerner Hoforganist Pater Leopold Nägeli<br />
am 22. Januar 1863 durch.<br />
Die Pfarrkirche von Nottwil besass nun zwei Orgeln, die<br />
kleine für Werktaggottesdienste sowie Gedächtnisse, die grosse<br />
für das Musizieren an den Sonn- und Festtagen.<br />
Dieser für uns heute etwas «luxuriös» anmutende Zustand<br />
war von kurzer Dauer. Nur drei Jahre später, am 5. Juni 1866,<br />
wurde die Kirche durch einen Brand, der sich in der Sakris-<br />
<strong>2022</strong> 72<br />
30 Jahre Orgeljubiläum
tei entwickelt hatte, stark beschädigt. Zwar konnte man die<br />
beiden Instrumente retten, sie waren aber nicht unversehrt<br />
geblieben. Die kleine Orgel wurde dennoch als irreparabel entsorgt,<br />
die grosse hingegen durch Conrad Lütolf mit der Absicht<br />
eingelagert, sie dann in der wiederaufgebauten Pfarrkirche<br />
aufzustellen. Dank der fast unglaublichen Bemühungserfolge<br />
des damaligen Pfarrers Balthasar Helfenstein (1815 – 1893, ab<br />
1846 in Nottwil) konnte die neue, von einschneidenden Purifizierungs-Eingriffen<br />
verschonte und bis heute grundsätzlich<br />
im originalen Zustand erhaltene Pfarrkirche von Nottwil am<br />
26. Mai 1872 durch den Bischof von Basel und Lugano, Eugenius<br />
Lachat (1819 – 1886), eingeweiht werden. Sie war vom<br />
Architekten Wilhelm Keller (1823 – 1888) im neugotischen Stil<br />
geplant worden. In der Zwischenzeit konnte Pfarrer Helfenstein<br />
für die provisorisch im Schulhaus abgehaltenen Gottesdienste<br />
im Dezember 1866 ein gebrauchtes Positiv bekommen,<br />
das dem Chorherrenstift Luzern gehörte, aber damals seit drei<br />
Jahren in Grosswangen aufgestellt worden war. Diese kleine<br />
Orgel kam auf die Chorempore der neuerbauten Kirche und<br />
blieb dort bis ins Jahr 1897. Die gerettete grosse Orgel wurde<br />
durch den in Luzern ansässigen Orgelbauer Johann Andreas<br />
Otto (1838 – 1914) revidiert und umgebaut und im April des<br />
Jahres 1871 auf der oberen Empore aufgestellt.<br />
Die neue Friedrich-Goll-Orgel aus dem Jahr 1898<br />
Die Orgel-Situation in der Pfarrkirche Nottwil, wie sie im<br />
Jahre 1871 anzutreffen war, konnte der kirchenmusikalischen<br />
Entwicklung (dem sogenannten «Cäcilianismus») des letzten<br />
Viertels des 19. Jahrhunderts nicht Stand halten. Dazu brauchte<br />
auch die neue, grössere Kirche ein grösseres Instrument. Dies<br />
war Pfarrer Helfenstein mehr als bewusst, als er am 18. April<br />
1883 ein Testament unterschrieb, damit nach seinem Tod die<br />
geschenkten Wertschriften als Grundfonds zur Erstellung einer<br />
neuen Orgel genützt werden konnten. Die Gelegenheit ergab<br />
sich bereits im Juli 1896 unter Pfarrer Joseph Lang (1860 – 1935,<br />
seit 1894 in Nottwil), als der Kirchenrat beschloss, Kostenvoranschläge<br />
von verschiedenen Firmen anzufordern. Parallel<br />
dazu entflammte angesichts der stark gewachsenen Bevölkerung<br />
und des florierenden Kirchenchors die Diskussion, ob es<br />
besser wäre, die obere Empore abzureissen, um mehr Platz für<br />
die Orgel zu erhalten. Der Hitzkircher Organist und Musiklehrer<br />
Joseph Coelestin Othmar Schildknecht (1861 – 1899) wurde<br />
um Rat gefragt. Er empfahl, in Anbetracht der grossen Kosten<br />
30 Jahre Orgeljubiläum<br />
73 <strong>2022</strong>
die bauliche Situation so zu belassen und die neue Orgel auf<br />
der unveränderten oberen Empore aufzustellen. Für den Entscheid,<br />
welcher Orgelbauer zu beauftragen sei, war die Qual<br />
der Wahl nicht gering. Der Vorschlag des Kirchenrats, Bewerber<br />
durch eine öffentliche Ausschreibung zu gewinnen, wurde<br />
von Schildknecht als zu aufwändig und kostspielig verworfen.<br />
Er stellte hingegen eine Liste von vier Firmen auf, welche<br />
man direkt anfragen sollte: Goll (Luzern), Klingler (Rorschach),<br />
Kuhn (Männedorf) und Spaich (Rapperswil). Zwischen Dezember<br />
1896 und dem 11. Dezember 1897, dem Datum der Vertragsunterzeichnung,<br />
fand eine regelrechte «Schlacht» zwischen den<br />
vielen Experten statt, welche vom Pfarramt angefragt worden<br />
waren, die vier eingereichten Kostenvoranschläge zu beurteilen.<br />
Neben dem bereits genannten Schildknecht lieferten auch<br />
Johann Gustav Eduard Stehle aus St. Gallen (1839 – 1915), Karl<br />
Arnold Walther aus Solothurn (1846 – 1924), Josef Xaver Buss-<br />
Der Organist mit besonderem Talent ...<br />
In Zusammenhang mit dem Neubau der Orgel (1898) sei eine kleine<br />
Dorfgeschichte erzählt, die den damaligen Schulmeister und Organisten<br />
Alois Zimmermann betraf, und die in den Akten des Pfarrarchivs<br />
(A 1 / 276) aufgetaucht ist. Kurz vor dem Bau der neuen<br />
Orgel wurde Alois Zimmermann von Pfarrer Lang nach Luzern zum<br />
Stiftsorganisten Franz Joseph Breitenbach (1853 – 1934) gesandt<br />
mit dem Zweck, einen Orgel- und Dirigier-Kurs zu besuchen. Leider<br />
musste der Kurs mangels Anmeldungen gestrichen werden. Offenbar<br />
war Zimmermann nicht vom Kuss der Muse Euterpe begnadet<br />
worden, denn Breitenbach schickte ihn zurück mit folgender<br />
Bemerkung: «Herr Zimmermann ist einerseits zu vorgerükt an<br />
Jahren und anderseits zu wenig talentiert ... ». So ging Lehrer<br />
Zimmermann nach Ruswil zu Josef Xaver Bussmann, dem späteren<br />
Experten bei der Prüfung der <strong>Nottwiler</strong> Orgel, in den Unterricht.<br />
Einige wenige Sätze, die Bussmann am 26. Juni 1896 Pfarrer Lang<br />
zusandte, erleuchten die Sachlage: «Er hat während der Zeit, da<br />
er bei mir Stunden im Orgelunterricht genommen hat, etwelchen<br />
Fortschritt gemacht, allein er würde es nie auf einen grünen Zweig<br />
bringen … anderseits ist seine Vorbildung als Organist wenig über<br />
Null; er wäre nicht im stande, das denkbar leichteste Orgelstück<br />
korrekt zu spielen u. könnte er Wochen dran üben. Mit einer neuen<br />
(mit zweioktavigem Pedal versehenen) Orgel würde er nichts anzufangen<br />
wissen; ja es wäre schade um ein rechtes Jnstrument,<br />
müsste der drauf spielen.»<br />
<strong>2022</strong> 74<br />
30 Jahre Orgeljubiläum
mann von Ruswil (1863 – 1951) sowie Josef Frei aus Sursee<br />
(1872 – 1945) und Jakob Wüst aus Luzern (1847 – 1930) Vorschläge<br />
und Ratschläge. Diese letzten beiden konnten am 12.<br />
Juni 1898 die neue Orgel einweihen, die der am Schluss bevorzugte<br />
Orgelbauer Friedrich Goll aus Luzern (1839 – 1911) als<br />
Opus 178 gebaut hatte. Um die Auftragserteilung schmackhaft<br />
zu machen, hatte Goll den Prospekt aus Nussbaum, der an der<br />
Landesausstellung in Genf (1896) prämierten Orgel, zum Preis<br />
des vorgesehenen Gehäuses aus Tannenholz angeboten. Der<br />
klingende Teil der Genfer Landi-Orgel kam hingegen in die<br />
Pfarrkirche Emmen, versehen mit einem neuen Prospekt.<br />
Die beiden Experten schlossen ihren Bericht, datiert auf<br />
den 28. Juli 1898, mit den Worten «Summa summarum: das<br />
Werk lobt den Meister, und der Pfarrgemeinde Nottwÿl kann zu<br />
diesem schönen, äusserst gelungenen Orgelwerke nur gratuliert<br />
werden!» Die Abschlussrechnung des Orgelneubaus, alles inbegriffen,<br />
kam auf 11 045 Franken, darin enthalten die vereinbarte<br />
und dann auch ausbezahlte Summe von 10 300 Franken<br />
für Friedrich Goll.<br />
Unterhalt der Orgel<br />
Die Innenrenovationen der Kirche<br />
von 1907 und 1939 wurden mit Reparaturen<br />
und der Reinigung der Orgel abgeschlossen,<br />
das erste Mal durch die Firma<br />
Goll (Luzern), das zweite Mal durch die<br />
Firma Späth (Rapperswil). Bei dieser<br />
letzten Gelegenheit fügte die Rapperswiler<br />
Firma einige neue Register ein und<br />
führte klangliche Änderungen aus. Dafür<br />
bekam das Goll-Gehäuse zwei zusätzliche<br />
seitliche Anbauten. Im Jahre 1927<br />
wurde durch die Firma Goll ein elektrisches<br />
Gebläse eingebaut.<br />
Anlässlich der archäologischen<br />
Studien im Rahmen der Gesamtrenovierung<br />
und Wiederherstellung der<br />
ursprünglichen, neugotischen Ausstattung<br />
der Pfarrkirche St. Marien in Nottwil<br />
in den Jahren 1987 – 1989 war auch die<br />
Orgel ein Thema. Das Goll-Instrument,<br />
zuletzt zehn Jahre zuvor im August 1977<br />
durch die Firma Orgelbau Walter Graf<br />
Ein stattlicher Holzbau<br />
bildet das Gehäuse der<br />
2008 Orgelpfeifen auf<br />
der zweiten Empore<br />
30 Jahre Orgeljubiläum<br />
75 <strong>2022</strong>
Disposition der Orgel 1990<br />
Manual I, Hauptwerk<br />
Manual II, Schwellwerk<br />
Pedal<br />
C-g''' 56 Tasten C-g''' 56 Tasten C-f' 30 Tasten<br />
Bourdon 16' (alt) Montre 8' (alt) Violon 16' (alt)<br />
Montre 8' (im Prospekt,<br />
alt)<br />
Viole da Gambe 8'<br />
(alt)<br />
Salicional 8' (alt) Subbass 16' + 8'<br />
(teilw. alt)<br />
Bourdon 8' (alt) Basse ouverte 8'<br />
Bourdon 8' (alt) Jeu céleste 2-fach 8' Flûte 4'<br />
Flûte 8' (alt) Prestant 4' Bombarde 16' (alt)<br />
Prestant 4' (alt) Flûte 4'<br />
Flûte 4' (alt)<br />
Salicet 4' (alt)<br />
Nazard 2 2/3' Flageolet 2'<br />
Doublette 2' Plein-jeu 6-fach 2'<br />
Cornett 5-fach 8'<br />
(ab c')<br />
Fourniture 5-fach 1<br />
1/3'<br />
Trompette 8'<br />
Cromorne 8' (alt)<br />
Eigenschaften und Spielhilfen<br />
System: mechanische Schleifladen<br />
Gebläse mit Elektroventilator und 3 Magazinbälgen<br />
Koppeln II-I, I-P, II-P<br />
10 mechanische Setzerkombinationen<br />
Tremulant für die beiden Manualwerke<br />
Tritt für das Schwellwerk<br />
1) Jakob Kobelt bekannt<br />
als ehemaliger Präsident<br />
der Arbeitsgemeinschaft<br />
für Schweizerische<br />
Orgeldenkmalpflege<br />
(AGSO) und Konsulent<br />
der Eidgenössischen<br />
Kommission für Denkmalpflege<br />
(EKD)<br />
2) Firmen, die eine<br />
Offerte eingaben:<br />
Cäcilia in Kriens, Goll<br />
in Luzern, Graf in Oberkirch,<br />
Pürro in Willisau,<br />
Späth in Rapperswil<br />
(Oberkirch) revidiert und gereinigt, befand sich in keinem guten<br />
Zustand, besonders was die röhrenpneumatische Traktur betraf.<br />
Neubau der heutigen 30-jährigen Orgel<br />
Unter der fachkundigen Begleitung von Jakob Kobelt 1)<br />
(1916 – 1987) einigte man sich relativ schnell auf den Bau<br />
einer neuen Orgel unter Verwendung des soliden romantischen<br />
Klangkernes, welcher den Umbau vom Jahre 1939 überstanden<br />
hatte. Wie im Jahr 1897 wurden mehrere Firmen nach Kostenvoranschlägen<br />
gefragt 2) . Der Gesundheitszustand von Jakob<br />
Kobelt verschlechterte sich im Juni 1987 so stark, dass zuerst<br />
<strong>2022</strong> 76<br />
30 Jahre Orgeljubiläum
der damalige Organist der Reformierten Kirche Horgen, Jakob<br />
Wittwer (1943 – 2020) für die am 20. Juni geplante Besichtigungsfahrt<br />
der «Arbeitsgruppe Orgel» einspringen musste.<br />
Als sich Kobelt im August 1987 aus der Kommission zurückzog<br />
(er verstarb am 8. Oktober 1987), empfahl das Architekturbüro<br />
Paul Arnold (Sempach), den damaligen Organisten<br />
und Chorleiter der Franziskanerkirche Luzern, Werner Endner<br />
(1936 – 2005) hinzuzuziehen. Die Empfehlung, die Firma Graf<br />
mit dem Neubau der Orgel zu beauftragen, wurde der Baukommissions-Sitzung<br />
vom 22. September 1987 als Antrag vorgelegt<br />
und nach der entsprechenden Genehmigung in einen Bauvertrag<br />
umgearbeitet, welcher am 17. Mai 1988 unterschrieben<br />
wurde.<br />
Das Goll-Gehäuse aus dem Jahre 1896 wurde restauriert<br />
und wiederverwendet. Daran arbeiteten Julius Roos (Aesch) für<br />
die Holzbehandlung, Franz Emmenegger (Luzern) für die Vergoldungen<br />
und Toni Meier (Kriens) für die Schnitzereien. Auch<br />
etliche originale Goll-Pfeifenreihen fanden in der neuen Disposition<br />
Platz, entworfen von Werner Endner aufgrund der<br />
Handwerkliche und<br />
musikalische Meisterleistung,<br />
die <strong>Nottwiler</strong><br />
Kirchenorgel<br />
30 Jahre Orgeljubiläum<br />
77 <strong>2022</strong>
Vorarbeiten von Jakob Kobelt und in Zusammenarbeit mit<br />
der Firma Graf, damit die spätromantische Klangrichtung der<br />
Orgel erhalten und unterstrichen werden konnte. Die technische<br />
Gesamtplanung lag in den Händen von Rudolf Wyss und die<br />
Intonation besorgte Hans Spielmann (beide Firma Graf). Eine<br />
Besonderheit der Orgel war die zehnfache mechanische Setzerkombination,<br />
die von der Firma Graf selbst entwickelt und hier<br />
als Prototyp angewendet und kostenlos eingebaut worden war.<br />
Das Autorenehepaar ist seit 1987 als Kirchenmusiker*in<br />
tätig und konzertiert<br />
regelmässig.<br />
Eva Brandazza-Lüthy ist Organistin der<br />
reformierten Kirchgemeinde Emmen-<br />
Rothenburg (LU), unterrichtet und wirkt<br />
an der Hochschule Luzern als Wissenschaftliche<br />
Mitarbeiterin des Orgeldokumentationszentrums.<br />
Marco Brandazza-Lüthy wurde in Milano<br />
geboren und doktorierte an der dortigen<br />
Universität in Geologie, schloss an<br />
der Akademie für Kirchenmusik in Luzern<br />
das Studium in Chorleitung und mit der<br />
Orgel-Konzertreifeprüfung ab. Er leitet<br />
an der Hochschule Luzern als Senior Wissenschaftlicher<br />
Mitarbeiter das Orgeldokumentationszentrum,<br />
das er gegründet<br />
hat, und ist Chorleiter und Organist<br />
in Vaz/Obervaz(GR).<br />
Orgelweihe<br />
Am 1. Juli 1990 fand die Orgelweihe durch den Experten<br />
Werner Endner zusammen mit der Altistin Clara Wirz und dem<br />
Violinisten Roger Pyne statt. Im öffentlichen Konzert am Abend<br />
musizierten sie Werke von Georg Dietrich<br />
Leyding, Georg Philipp Telemann,<br />
Johann Sebastian Bach, Felix Mendelssohn,<br />
César Franck, Jehan Alain, Paul<br />
Huber und Max Reger.<br />
In den Jahren 2006 und 2021 wurdedas<br />
Instrument durch die Erbauerfirma<br />
gereinigt und revidiert. Die mechanische<br />
Setzerkombination wurde 2006 in<br />
Absprache mit dem beratenden Organisten<br />
Franz Pfister ausgebaut, da sie selten<br />
oder nie verwendet worden war.<br />
Zum Schluss<br />
Orgeln waren und sind wichtige<br />
Kulturträger örtlicher Gemeinschaften.<br />
Aus dieser kurzen Zusammenfassung<br />
der Ereignisse um die Instrumente,<br />
welche in der Kirche von Nottwil geklungen<br />
haben, wird einmal mehr ersichtlich,<br />
welche Vielfalt von «Menschengeschichten»<br />
dieses für den christlichen Kult<br />
bestimmte Musikinstrument prägt.<br />
Die vorliegende Zusammenfassung ist anhand der erhaltenen<br />
Dokumente und Akten verfasst worden. Wie würde sie wohl<br />
lauten, wenn die Instrumente selbst hätten schreiben können?<br />
Eine solche Forschungsarbeit wäre nicht möglich gewesen<br />
ohne die Offenheit und tatkräftige Mithilfe der Kirchgemeinde<br />
Nottwil und der Orgelbaufirma Graf.<br />
<strong>2022</strong> 78<br />
30 Jahre Orgeljubiläum
Pensionierung<br />
von Anita und Stephan Troxler<br />
Herzschlag im Gleichklang der Glocken<br />
Nach über zwanzig Jahren verlässt das Ehepaar Anita Troxler-<br />
Zurkirch und Stephan Troxler seinen Arbeitsplatz infolge<br />
Pensionierung. Präzision, christliche Nächstenliebe und<br />
Kreativität gehören zu den Qualitäten der beiden. Ihre Wirkungszeit<br />
war geprägt von vielen einzigartigen Besonderheiten<br />
und von Herzblut, mit dem sie ihre Aufgaben anpackten.<br />
Als Floristin und Florist lernten sich die beiden 1980 im<br />
Blumenladen Leutwyler in Luzern kennen. Anita Zurkirch<br />
stand dem neuen Mitarbeiter zuerst etwas skeptisch gegenüber,<br />
weshalb ihr Erstaunen gross war, als ihr Chef damals den richtigen<br />
Instinkt hatte und meinte, der wäre doch noch was für sie.<br />
Anita konnte in der Folgezeit dem Charme, dem Humor und der<br />
Grosszügigkeit von Stephan nicht widerstehen, und die beiden<br />
gehen seither beruflich und privat gemeinsame Wege.<br />
Anita Troxler als selbstbewusste Frau der Kirche<br />
Anita Troxler ist in Kriens aufgewachsen. Dort absolvierte<br />
sie ihre Lehre in der Gärtnerei Gerstenkorn. Nach den Zwischenstationen<br />
bei Blumen Leutwyler Luzern und Blumen<br />
Hüsler in Kriens nahm sie im Neubau der Gärtnerei Bernet in<br />
Nottwil ihre neue Arbeitsstelle an. Nebenbei hat sie sich Jahre<br />
zuvor in der Pfarrei Bruder Klaus in Kriens im Blauring, bei<br />
den Kinderfeiern der Voreucharistie, im Lektorinnendienst und<br />
als Kommunionhelferin engagiert und war begnadete Sängerin<br />
im Kirchenchor. Der damalige Pfarrer hatte ihr Talent früh<br />
entdeckt und riet ihr, eine Ausbildung als Katechetin anzugehen,<br />
was dann aber nicht zustande kam.<br />
Ihre Erfahrungen kamen später der Pfarrei Nottwil zugute,<br />
als sie einige Jahre zuerst ehrenamtlich, dann ab 1997 im Stundenlohn<br />
angestellt, mitarbeitete. Bis zum Ende ihrer offiziellen<br />
<strong>Nottwiler</strong> <strong>Auslese</strong><br />
79 <strong>2022</strong>
Arbeitsphase war sie unter anderem von der Pfarrei beauftragt,<br />
den Kranken wöchentlich die Kommunion in ihrem Zuhause<br />
zu überbringen. Sie hatte die Herzen schnell erobert, wurde in<br />
dieser Zeit eine Art Abladestation für viele Sorgen und Nöte,<br />
half früher mal da beim Wäschehängen aus oder verrichtete<br />
dort eine Handreiche – sie war wie ein Schutzengel.<br />
Anita Troxler spürte im Pfarreileben den Puls der Zeit. Sie<br />
war 1992 Mitgründerin des Pfarreirates, in den ersten Jahren<br />
dessen Präsidentin und während 15 Jahren aktives Mitglied.<br />
Nebst der Voreucharistie, verschiedenen Aufgaben im<br />
Gottes dienst und als erfolgreiche Lektorin erweiterte sich<br />
durch den Unfall von Pfarrer Alois Elmiger 1995 ihr Pflichtenheft.<br />
In der Vakanz halfen damals als Priester Ike Ani, Pater<br />
Henri und Pater Pablo. Letzteren anerkennt Anita Troxler<br />
als ihren Förderer und fühlte sich mit ihm bis zu seinem Tod<br />
treu verbunden. Umsichtig, wie sie ist, gründete und leitete<br />
sie zur Entlastung der personellen Notsituation die Liturgiegruppe.<br />
Diese Gruppe übernahm die Gestaltung der Werktags-<br />
und Sonntagsgottesdienste und die Sterbegebete. Für die<br />
älteren Menschen im früheren Altersheim Oberey und heute<br />
im Zentrum Eymatt war und ist sie ein bekanntes Gesicht,<br />
weil sie ihnen durch die vielen Gottesdienste vor Ort Halt und<br />
Zuversicht gab. Ihr grosses Engagement liess bei ihr nie das<br />
Gefühl aufkommen, als Frau in der Kirche zweitrangig zu sein.<br />
Ihre Chancen zur Mitarbeit hat sie genutzt, sich weitergebildet<br />
und vieles dem Alltagsleben entnommen und eingebracht.<br />
Auf die Frage nach der Quelle der vielen Texte, den Gedanken<br />
zur Besinnung und Ideen meinte Anita, sie schöpfe einerseits<br />
aus ihrem Sammelwerk und andererseits fliesse zusammen<br />
mit den vorgegebenen Bibeltexten und der intensiven<br />
Auseinandersetzung damit auch viel Persönliches in die Themengestaltung<br />
mit ein.<br />
Den pastoralen Mitarbeiterinnen steht ein liturgisches<br />
Gewand zur Verfügung. Anita Troxler machte davon nie<br />
Gebrauch. Sie wollte sich nicht abheben von der Gemeinschaft,<br />
wollte eine von allen sein und kleidete sich für die Einsätze<br />
in der Kirche jeweils dezent und unauffällig. So fühlte<br />
sie sich wohl.<br />
Als stille Schafferin, oft auch im Hintergrund arbeitend,<br />
übernahm Anita Troxler während 24 Jahren zusammen mit<br />
ihrem Mann Stephan die Gestaltung der Weihnachtskrippe<br />
sozusagen als meditative Vorbereitung auf das heilige Fest<br />
und zur Freude aller Kirchenbesuchenden. Ihre kreative Ader<br />
<strong>2022</strong> 80<br />
Pensionierung von Anita und Stephan Troxler
ermöglichte es ihr in den letzten Jahren, den Entwurf für das<br />
Sujet der Osterkerze zu kreieren mit der Sinngebung der Dreifaltigkeit<br />
und der Auferstehung. Sie verzierte mit Hingabe die<br />
grossen Osterkerzen für die Kirche, die Flüsskapelle und das<br />
Zentrum Eymatt, und in der Runde mit zehn freiwilligen Helferinnen<br />
entstanden die vielen kleineren Kerzen für das Osterlicht<br />
zuhause.<br />
Ein besonderes Augenmerk und Feingefühl legte Anita<br />
Troxler auf das gemeinschaftliche Leben in der Pfarrei. Es<br />
gelang ihr als Vorreiterin, durch Anlässe wie den «Tag der<br />
Völker», den Mittagstisch für die Angehörigen der Verstorbenen,<br />
die Pfarreifasnacht und mit dem «Chelekafi» Menschen wertvolle<br />
Begegnungen zu ermöglichen.<br />
Was nimmst du aus der Zeit als pastorale Mitarbeiterin<br />
mit in dein Leben?<br />
Anita: Das Gespräch suchen und Zeit zum Zuhören mitbringen<br />
ist in dieser Arbeit sehr wertvoll. Belastende Dinge,<br />
die drohen als schwerer Rucksack mitgetragen zu werden,<br />
muss ich mit Distanz, aber auch mit Ernsthaftigkeit betrachten.<br />
Gelingt es mir nicht nach Wunsch, habe ich bei Stephan<br />
eine Anlaufstelle, um meine Sorgen zu teilen und mich aufzubauen.<br />
Wie war die Zusammenarbeit mit anderen Mitarbeitenden?<br />
Die vielen personellen Veränderungen und die Anstellungen<br />
im Teilzeitpensum erforderten viel Anpassungsvermögen.<br />
Alle Teams waren gewillt, das Beste zu geben. Es gelang nicht<br />
allen gleich gut.<br />
In besonderer Erinnerung bleibt mir die Zeit mit Pater<br />
Pablo Meier. Ihm gelang es, ein offenes Pfarrhaus anzubieten<br />
und ein anderes Glaubensbild zu vermitteln. Er sprach nicht,<br />
wie es früher der Fall war, von einem strafenden Gott, sondern<br />
von einem liebenden Gott. Dieser Gedanke hat mich prägend<br />
begleitet.<br />
Hat der Pastoralraum die pfarreiliche regionale Situation<br />
verändert?<br />
Ja, ich erachte diesen Schritt der professionellen Führung<br />
als positiv. Nach der Gründung des Pastoralraumes wurden einzelne<br />
Veränderungen vor- und wahrgenommen. Die Corona-<br />
Einschränkungen haben den Prozess ziemlich lahmgelegt. Alle<br />
müssen mit Umstellungen und Neuerungen rechnen und sie<br />
annehmen können.<br />
Pensionierung von Anita und Stephan Troxler<br />
81 <strong>2022</strong>
Was sind deine Gedanken zum Thema «Frau und Kirche»?<br />
Zweifelsohne haben die Frauen einen schweren Stand und<br />
aus meiner Sicht wenig Courage, diesen Kampf aufzunehmen.<br />
Statt die Faust im Sack zu machen, lohnt es sich, an der<br />
Betrachtungsweise zu arbeiten. Ich freue mich über das persönlich<br />
erreichte Image, denn ich baute auf dem Positiven auf<br />
und betrachtete das Ganze von der Frage aus «Was können wir<br />
Frauen bewirken?».<br />
Auf was freust du dich in der Pension?<br />
Zum heutigen Zeitpunkt wünsche ich mir, mehr gemeinsame<br />
Zeit mit Stephan verbringen zu können. Der oft prall<br />
gefüllte, vorprogrammierte und manchmal durch plötzliche<br />
Ereignisse durcheinandergeratene Tagesablauf wird durch ein<br />
selbst zu bestimmendes, freies Leben abgelöst. Darauf freue<br />
ich mich.<br />
Zum Abschied haben<br />
Anita und Stephan<br />
Troxler der Pfarrei<br />
das Schild mit der<br />
Aufschrift «Sigristenhaus-Mättali»<br />
für das<br />
Bänkli geschenkt, damit<br />
der Standort des alten<br />
Sigristenhauses nicht in<br />
Vergessenheit gerät<br />
Sakristan Stephan Troxler –<br />
ein Mensch mit besonderer Note<br />
Was ist das Geheimnis, das den Motor dieses Mannes laufen<br />
lässt? Es ist die Liebe zum Beruf und die Verbundenheit zu<br />
den Menschen, das Heimatgefühl, der Humor, das Pflichtbewusstsein,<br />
das vertiefte Glaubensleben – eine Kombination,<br />
die zum Erfolgsrezept wird und zur Beliebtheit von Stephan<br />
Troxler beiträgt. Er gilt als Ur-Notteler. Im Schürli<br />
in Nottwil als Nesthäkchen aufgewachsen, wurde er<br />
von Eltern und sechs Geschwistern begleitet, die ihm<br />
Gutes mit auf den Weg gaben. Die Türen im Elternhaus<br />
standen stets für regen Besuch offen, sein kontaktfreudiger<br />
Vater, dem er besonders ähnelt, gab<br />
ihm durch sein fröhliches Wesen den Humor und die<br />
Diplomatie mit, seine Mutter die Liebe zur Pflanzenwelt<br />
und die Sorgfalt und Achtung vor dem Leben.<br />
Unmittelbar nach der Lehre als Gärtner nahm<br />
Stephan Troxler 1975 die Ausbildung zum Floristen<br />
in Angriff und arbeitete ab 1980 sechs Jahre im Blumenladen<br />
Leutwyler in Luzern. Im Neubau des Blumenladens<br />
Bernet an der Kantonsstrasse in Nottwil<br />
fand er 1986 in der Funktion als erster Florist seinen<br />
neuen Wirkungskreis. Stephan Troxler fühlte sich sehr wohl in<br />
seinem Metier, hatte Kundschaft weit über die Region hinaus<br />
und beglückte viele Menschen mit seinen Blumenkreationen,<br />
seiner Freundlichkeit und Begeisterung.<br />
<strong>2022</strong> 82<br />
Pensionierung von Anita und Stephan Troxler
Bis dass der Tod euch scheidet …<br />
Seine Affinität zur Kirche zeigte sich bereits in jungen<br />
Jahren. Mit Schalk in den Augen erzählt Stephan Troxler die<br />
lustige Geschichte, wie es als Primarschüler sein Hobby war, an<br />
freien Nachmittagen in der kleinen Kapelle auf Huprächtigen<br />
«Hochzeiten» zu organisieren. Er habe den Raum mit Blumen<br />
ausgeschmückt, die Mädchen und Knaben aus der Nachbarschaft<br />
«vermählt» mit allen Ritualen, die dazugehören, und<br />
selbst die inszenierte Kommunion mit Toggenburger-Guetzli<br />
wurde nicht ausgelassen. Und tatsächlich blieb da etwas zurück.<br />
Ein längerer Prozess führte ihn dann Schritt für Schritt zu<br />
seinem neuen Beruf. Seiner erkrankten Vorgängerin, Sakristanin<br />
Maria Meier-Peter, bot Stephan Troxler zu ihrer Entlastung<br />
während einiger Jahre seine Mithilfe an und wurde später auch<br />
offiziell als ihr Stellvertreter ernannt. In dieser Zeit fühlte er<br />
– einer Berufung gleich – die Freude an der Tätigkeit des Sakristans<br />
wachsen.<br />
Die bevorstehende Pensionierung von Maria Meier im Jahre<br />
2000 gab Stephan Troxler genügend Zeit, seine persönliche<br />
Berufssituation zu überdenken, Vor- und Nachteile abzuwägen<br />
und einen Neuanfang zu wagen. Die Wahl des Kirchenrates<br />
bestätigte ihn als neuen Sakristan der Pfarrei St. Marien. Ein<br />
neues Kapitel seiner Lebensgeschichte begann.<br />
Fast rund um die Uhr im Einsatz –<br />
geplant oder unvorhergesehen<br />
Sein neuer Wirkungsort, präziser: seine neuen Wirkungsorte,<br />
sind sehr vielfältig und unterschiedlich, sie reichen vom<br />
Kirchenraum, der Sakristei, dem Kirchenschatz und den Requisiten,<br />
der Orgel, dem Kirchturm mit Glocken und Turmuhr, dem<br />
Estrich, dem Archiv, der Totenkapelle über den Friedhof bis zum<br />
Vikariatshaus. Der vierwöchige Einführungskurs des Verbandes<br />
an der Sakristanenschule in Einsiedeln und später die Weiterbildungen<br />
halfen Stephan Troxler, sein eigenes Management<br />
zu entwickeln. Er wusste, dass er in seinem Beruf trotz einiger<br />
Teilzeitangestellten ein Einzelkämpfer war, der auch Disziplin<br />
aufbringen und die Zeitplanung im Griff haben musste. Und wir<br />
alle, die ihn kennen, wissen, dass ihm die Umsetzung hervorragend<br />
gelungen ist. Es fehlte an nichts, alles war so präzis überlegt<br />
und einstudiert und jeder Wunsch, ging es noch so hektisch<br />
zu und her, wurde erfüllt. Über das Geschehen während der<br />
Gottesdienste und Feiern hatte er die Gesamtübersicht, sprang<br />
dezent ein, um einen Fauxpas zu verhindern und sorgte für<br />
Pensionierung von Anita und Stephan Troxler<br />
83 <strong>2022</strong>
das Wohl der Gläubigen. Als besondere<br />
technische und logistische Herausforderung,<br />
auch als besondere Freude,<br />
galten die Konzerte mit herausragenden<br />
Solistinnen, Solisten und Musizierenden,<br />
wo ein Turbo-Effort des Personals<br />
gefordert war.<br />
Die vielen berufsbedingten und<br />
privaten Kontakte sowie die lokale und<br />
regionale Vernetzung brachten Stephan<br />
Troxler einen Bekanntheitsgrad von<br />
besonderer Grösse. Diese Qualitäten<br />
halfen oft auch bei der Personalsuche<br />
zur Besetzung verschiedener Aufgaben<br />
in der Pfarrei. Er selbst wurde<br />
von der Gemeinde Nottwil beauftragt,<br />
sich der Schwaigerner Rebzeile oberhalb<br />
der Kirche als Hobbywinzer anzunehmen.<br />
Die Weinstöcke haben es ihm<br />
angetan und die fachkundige Pflege<br />
verspricht, wenn das Wetter es will,<br />
eine gute Ernte.<br />
Zu seinen treusten Fans gehörten<br />
die siebzig Kinder der Ministrant* innengruppe,<br />
genannt Minos, die Stephan<br />
Troxler dank seines väterlich besorgten Charakters in ihre<br />
Herzen geschlossen hatten. Nach einem Besuch im Religionsunterricht,<br />
bei dem er die Aufgaben des Ministrierens aufzeigte,<br />
ein Znüni mitbrachte und ein Quiz über die Kirche<br />
durchführte und einem nachfolgenden Schnuppertag konnte<br />
er sich jeweils über viele Neuaufnahmen freuen. Stephan<br />
Troxler verstand es, die Kinder und Jugendlichen ernst zu<br />
nehmen, sich für ihr Leben zu interessieren, ihnen so etwas<br />
wie eine Heimat zu geben und sie hin und wieder etwas zu<br />
verwöhnen.<br />
Der Beruf des Sakristans ist oft wie eine Achterbahn<br />
der Gefühle. Es treffen Freud und Leid innerhalb kurzer Zeit<br />
unmittel bar aufeinander. So kann der Fall eintreffen, dass<br />
eine Beerdigung am Morgen vor einer Hochzeit am Nachmittag<br />
stattfindet, gefolgt von einem feierlichen Gottesdienst am<br />
Abend. Stephan Troxler meint, dass er sich jedem Ereignis<br />
mit voller Aufmerksamkeit widme, sich aber trotz Mitgefühl<br />
und Verständnis mit einer gewissen Distanz zum Geschehen<br />
bewegen müsse. Sonst werde die Belastung zu gross.<br />
Steckbrief Anita Troxler<br />
Geboren am: 17. November 1957<br />
Berufe: Floristin, Pastorale Mitarbeiterin<br />
Aufgewachsen: in Kriens<br />
Hobbys: Singen, wandern, schwimmen,<br />
unsere Katze Milva<br />
Was freut dich besonders? Es gefällt mir,<br />
wenn ich mich bei einem Glas Wein zusammen<br />
mit lieben Menschen über Gott und<br />
die Welt unterhalten darf. Ich freue mich,<br />
gesund meine Pension antreten zu dürfen.<br />
Steckbrief Stephan Troxler<br />
Geboren am: 30. Dezember 1956<br />
Berufe: Gärtner, Florist, Sakristan<br />
Aufgewachsen: in Nottwil<br />
Hobbys: Garten, Blumen, kochen, wandern,<br />
Kontakte zu lieben Menschen pflegen<br />
Was freut dich besonders? Es freut mich,<br />
dass ich in den berufstätigen Jahren eine<br />
Arbeit ausführen konnte, die mich sehr<br />
beglückte und erfüllte.<br />
<strong>2022</strong> 84<br />
Pensionierung von Anita und Stephan Troxler
1 2<br />
Einige Fragen an Stephan Troxler lassen noch tiefer blicken<br />
Woher nimmst du die Energie für die anspruchsvollen<br />
Herausforderungen im Alltag?<br />
Stephan Troxler: Um die Balance zu halten, reichen mir<br />
bescheidene, aber wirkungsvolle Erholungsmomente, zum Beispiel<br />
ein schönes, heimeliges Ambiente zu Hause, blühende<br />
Pflanzen im gepflegten Blumenbeet im Garten, ein gutes Essen,<br />
ein Geschwistertreffen, Kontakte mit den Befreundeten in<br />
unserer Partnerstadt Schwaigern, ein Treffen im Freundeskreis<br />
oder ein Besuch in meiner zweiten Heimat Zermatt.<br />
Atmet ein Sakristan auf, wenn grosse Feste wie zum Beispiel<br />
Weihnachten, Ostern, Erstkommunion oder Firmung<br />
vorbei sind?<br />
Ja, ganz bestimmt! Die Anspannung und die Vorbereitungen<br />
liegen in einer besonderen Sphäre. Es muss unter den<br />
Beteiligten so viel zusammenpassen, eine Art Drehbuch ist<br />
für alle von Vorteil. Ich habe versucht, immer mein Bestes zu<br />
geben.<br />
Welches waren deine Lieblingsbeschäftigungen?<br />
Einerseits legte ich den Schwerpunkt auf das Erscheinungsbild<br />
des Kirchenraumes, denn alle Gotteshausbesuchenden<br />
sollen sich darin angesprochen und wohl fühlen. Ich wollte<br />
mit meinen Pflanzen- und Blumenkreationen, der themenbezogenen<br />
Gestaltung, der Sauberkeit und Ordnung eine ansprechende<br />
Atmosphäre schaffen.<br />
1 Mit viel Liebe und<br />
Leidenschaft stellen<br />
die/der Dekorationskünstler*in<br />
die Weihnachtskrippe<br />
auf<br />
2 Anita und Stephan<br />
Troxler-Zurkirch<br />
Pensionierung von Anita und Stephan Troxler<br />
85 <strong>2022</strong>
Andererseits war es der Kontakt und die Arbeit mit den<br />
Minos. Das Heranwachsen dieser tollen Gruppe beglückt mich<br />
bis heute, und ich bin schon ein wenig stolz, dass das älteste<br />
Mitglied mit 24 Jahren sporadisch seine Dienste noch immer<br />
zur Verfügung stellt.<br />
Was beschäftigt dich bezüglich der heutigen Situation der Kirche?<br />
Auffallend ist der Rückgang der Anzahl Gottesdienstbesuchende.<br />
Obwohl sich alle involvierten Personen Mühe geben,<br />
treffen sich immer weniger Gläubige zum Gebet. Das macht<br />
mich betroffen, auch wenn heute vieles mit dem wandelnden<br />
Zeitgeist begründet wird. Seit ich mich bewusst mit den<br />
Bibeltexten und dem Kirchenjahr in der Tiefe beschäftige, bin<br />
ich innerlich gewachsen und versuche, vieles im Alltag davon<br />
umzusetzen. All das gibt Lebenskraft.<br />
Das Berufsumfeld und die Bezugspersonen von Anita und<br />
dir waren dieselben. Barg das die Gefahr in sich, dass<br />
sich vieles um das gleiche Thema drehte? Welche Vorteile<br />
und Nachteile gab es bei dieser Konstellation?<br />
Das war tatsächlich nicht immer einfach. Unser Alltag<br />
war erfüllt mit dem Pfarreileben, daher waren oft auch die<br />
Gesprächsthemen eher einseitig gelagert. Das gegenseitige Verständnis<br />
und die gemeinsam entwickelten Ideen waren dagegen<br />
umso wertvoller.<br />
Was sind eure Zukunftsaussichten?<br />
Für konkret Geplantes ist es noch zu früh. Aber ganz<br />
bestimmt wollen wir mehr Zeit investieren für die individuelle<br />
Freizeitgestaltung mit weniger Belastung und gebundenen<br />
Terminen.<br />
Dank<br />
Ende 2021 beendete das Ehepaar Troxler den Arbeitsprozess,<br />
eine intensive, bereichernde und facettenreiche Zeit<br />
weicht der Pension.<br />
Im Namen der ganzen Bevölkerung überbringen wir Anita<br />
und Stephan Troxler unseren herzlichsten Dank für all die<br />
guten Taten, für die aufmunternden Gespräche, die Würde<br />
gegenüber den Menschen, das Kreative und Einzigartige, die<br />
Hingabe für die pfarreilichen Aufgaben und für die investierte<br />
Kraft und Energie. Mögen ihnen in Zukunft die vielen gesetzten<br />
Zeichen Gutes zurückgeben.<br />
<strong>2022</strong> 86<br />
Pensionierung von Anita und Stephan Troxler
Paralympic-Champion Marcel Hug<br />
Paralympionik mal vier<br />
Sitzt man Marcel Hug gegenüber, so strahlen zwei freundliche,<br />
wache Augen um die Wette mit dem Glanz des<br />
erreichten Erfolges an den Paralympics 2020 1) in Tokio. Der<br />
35-Jährige hat mit den Siegen in allen seinen Disziplinen<br />
über 800m, 1500m, 5000m und dem Marathon vier<br />
Goldmedaillen gewonnen.<br />
In den Medaillen steckt nicht nur Ehre und Anerkennung,<br />
sondern der Verdienst für tausende Trainings auf der Rennbahn,<br />
im Kraftraum und im multisportlichen Bereich.<br />
Es ist nicht zu übersehen, wie die Mitbewohner*innen der<br />
Überbauung Sonnenrain und die Schweizer Paraplegiker Stiftung<br />
mit zwei originell gestalteten Transparenten «ihren» Paralympicstar<br />
willkommen geheissen haben, und die Gemeinde<br />
Nottwil ihm zu Ehren die festliche Beflaggung der Kantonsstrasse<br />
veranlasst und einen Empfang mit der ganzen Bevölkerung<br />
beim Zentrum Sagi organisiert hat. «Natürlich freuen<br />
mich diese Aufmerksamkeiten, so ist das nach Hause kommen<br />
überraschungsvoll und berührend.» Und trotzdem ist es für<br />
den erfolgsverwöhnten Rollstuhlsportler immer noch unfassbar,<br />
was er in Japan vollbracht hat. «Der Erfolg in Tokio war<br />
einmalig für mich, es ist unglaublich, was mir gelungen ist.<br />
Ich denke, diese Leistung ist nicht mehr zu toppen.» Auf die<br />
Frage, ob er sich nicht an die Sprints 100m, 200m, 400m<br />
wagen möchte, meinte Marcel Hug, dass er die sportliche<br />
Altersgrenze als Kurzstreckenfahrer bereits überschritten habe<br />
und vorne nicht mehr ganz mithalten könne. Die Spritzigkeit<br />
und die Schnellkraft lägen den jüngeren Sportlern mehr,<br />
deshalb trete er über diese Distanzen an ganz grossen Anlässen<br />
nicht mehr an. Es könne aber durchaus sein, dass er zwischendurch<br />
mal an einer Schweizermeisterschaft als Abwechslung<br />
die kurzen Strecken fahre.<br />
Marcel Hug<br />
1) Die Paralympics 2020<br />
wurden wegen Corona<br />
auf 2021 verschoben.<br />
<strong>Nottwiler</strong> <strong>Auslese</strong><br />
87 <strong>2022</strong>
1 2<br />
1 Im Regen auf der Jagd<br />
nach der Goldmedaille<br />
an den Paralympics in<br />
Japan<br />
2 Das Schweizer<br />
Aushängeschild im<br />
Rollstuhlsport: Marcel<br />
Hug freut sich über<br />
seinen Erfolg<br />
Der Kräftehaushalt von Marcel Hug ist bewundernswert,<br />
selbst beim Marathon fühlt er sich nach eineinhalb Stunden<br />
nicht ausgepumpt, er nutze zwischendurch die Abfahrten im<br />
Windschatten, um sich kurz zu entspannen. Es könne aber<br />
durchaus vorkommen, dass bei vollem Angriff von Anfang<br />
an seine Batterien etwas mehr geleert werden. Um diese Ausdauerleistung<br />
zu bewältigen, trainiert der Profisportler täglich<br />
zwei-, hin und wieder dreimal und erhält grossen und kompetenten<br />
Rückhalt durch seinen Trainer Paul Odermatt, durch den<br />
Krafttrainer Peter De Regt und durch eine Sportpsychologin. In<br />
seiner Ernährung ist er kein Kalorienzähler, achtet aber, um das<br />
Gewicht zu halten, auf gesundes Essen.<br />
Eindrücke von Japan<br />
Die Paralympics boten den Athleten keine Möglichkeiten,<br />
das Land kennenzulernen. Einerseits lag der Fokus voll auf den<br />
sportlichen Höhepunkten, andererseits spielte Corona arg als<br />
Spielverderber. Marcel Hug ist jährlich zweimal für einen Marathon<br />
in Japan und hat das Land und seine spezielle Kultur dabei<br />
etwas vertiefter erleben dürfen. Was ihm an den Paralympics<br />
und während des einwöchigen Vorbereitungs-Camps aufgefallen<br />
ist, betrifft die ausgezeichnete Gastfreundschaft der Japaner.<br />
«Jeder Wunsch ging in Erfüllung, sie waren uns Sportler*innen<br />
gegenüber verständnisvoll, sehr aufmerksam und zuvorkommend»,<br />
erinnert sich Marcel Hug. «Die klimatischen Bedingungen<br />
sind ausgesprochen variantenreich. Von einem Taifun<br />
wurden wir verschont, aber die Hitze, die hohe Luftfeuchtig-<br />
<strong>2022</strong> 88<br />
Olympiasieger Marcel Hug
keit und auch der plötzlich einsetzende Regen machten einigen<br />
zu schaffen. Ich bin da eher ausgeglichen». Apropos Regen: um<br />
das Abrutschen am Treibring bei der Beschleunigung zu vermindern,<br />
befestigen die Rollstuhlsportler*innen an der Innenfläche<br />
der Handschuhe Schmirgelpapier, andere nehmen Harz,<br />
um Widerstand geben zu können.<br />
Erfolg, soweit das Auge reicht<br />
Die grossen Erfolge und seinen Bekanntheitsgrad geniesst<br />
Marcel Hug, auch wenn die zahlreichen Ehrungen manchmal<br />
anstrengend und kräfteraubend sein können. Er ist sich<br />
bewusst, dass seine gegenwärtige Erfolgsphase kein lebenslänglicher<br />
Zustand sein wird und ihn jede entgegengebrachte Anerkennung<br />
sehr freut. «Viele Mails und Gratulationsbriefe haben<br />
die Kontakte zu Freunden und Bekannten wieder verstärkt.»<br />
Selber ist er eher ein ruhiger Pol, der die Erfolge lieber auf der<br />
Gefühlsebene feiert als mit vielen Worten.<br />
Erfolge spornen meistens zu noch höheren Zielen an. Ob<br />
Marcel Hug an den Paralympics 2024 in Paris nochmals als Titelverteidiger<br />
antreten will, weiss er noch nicht. Er ist momentan<br />
in der Entscheidungsfindung, ob er diesen enormen Aufwand<br />
nochmals auf sich nehmen will. Obwohl er die meisten seiner<br />
Träume im Rollstuhlsport schon erfüllt hatte, schlummerte nach<br />
den Paralympics 2020 noch ein ganz bedeutender Wunsch in<br />
ihm – er wollte so bald als möglich den Weltrekord im Marathon,<br />
den Heinz Frei 1999 in Oita mit 1:20.14 aufgestellt hatte, unterbieten.<br />
Es sei endlich Zeit dazu, meinte Marcel Hug.<br />
Gesagt – getan! Bei besten klimatischen und meteorologischen<br />
Verhältnissen – es war beinahe windstill, warm, aber<br />
nicht heiss und trocken – und der optimierten Streckenführung<br />
nutzte der Rollstuhlsportler im Einklang mit seiner körperlichen<br />
Höchstform die Gunst der Stunde. Marcel Hug fuhr<br />
beim Marathon in Oita (Japan) der Konkurrenz davon und<br />
brach mit seiner Traumzeit von 1:17.47 den Weltrekord gleich<br />
um 2 Minuten 27 Sekunden. Selber verblüfft über seine Leistung,<br />
meinte das Ausnahmetalent nach dem Rennen: «Ich hatte<br />
gehofft, es könnte klappen. Dass die Rechnung nun aber derart<br />
famos aufgeht, ist traumhaft.»<br />
Die hervorragenden Leistungen brachten Marcel Hug 2021<br />
zum siebten Mal die Auszeichnung «Paralympischer Sportler<br />
des Jahres», wo er an den Sports Awards die Trophäe mit<br />
besonderer Würde und Hochachtung gegenüber seinen Erfolgen<br />
entgegennehmen durfte.<br />
Olympiasieger Marcel Hug<br />
89 <strong>2022</strong>
Mit Silberhelm immer<br />
eine Nasenlänge voraus<br />
Hightech-Rollstuhl – einer der vielen Schlüssel<br />
zum Erfolg<br />
An der Rollstuhltechnik wird fortan getüftelt und geforscht<br />
– und das nicht nur in der Schweiz. Doch was in Zusammenarbeit<br />
mit der ETH Zürich und den Ingenieuren der Sauber-<br />
Werke, Swiss Side und dem Initianten und Geschäftsführer<br />
der Orthotec, Stefan Dürger, zusammen mit der Beratung von<br />
Marcel Hug gelungen ist, hat sich ausgezahlt. Das aus Karbon<br />
hergestellte Chassis und viele technische Details geben heute<br />
dem Rennrollstuhl «OT Foxx» die Bezeichnung «der<br />
schnellste Rollstuhl der Welt». Und wenn noch der<br />
Hauptakteur und der schnellste Mann darin sitzt,<br />
verspricht das vieles. Dieses hochentwickelte Rollstuhl-Modell<br />
werde produziert und selbstverständlich<br />
allen interessie rten Sportler*innen zum Kauf<br />
angeboten, meint Marcel Hug.<br />
Viele Mosaiksteine führen zum Sieg. Ob er<br />
sich vor einem Rennen von einem Ritual-Rhythmus<br />
lenken lasse? Dazu Marcel Hug: «Ich will keine<br />
Rituale, die zwanghaft werden, pflege aber trotzdem<br />
in etwa den gleichen Vorbereitungsablauf, zum<br />
Essen gibt es am Vortag Pasta und am Renntag zum<br />
Frühstück Porridge.» Und selbstverständlich darf<br />
sein treuer Begleiter, den er nur an den Rennen trägt,<br />
nicht fehlen – sein unverkennbarer Silberhelm. Er ist einzigartig,<br />
weltbekannt und glitzert hoffentlich noch lange im Sonnenlicht<br />
des Rollstuhlsports.<br />
Nottwil ist sympathisch<br />
Seit mehreren Jahren lebt Marcel Hug in Nottwil. Die Verbindung<br />
und die Nähe zum Schweizer Paraplegiker-Zentrum<br />
(SPZ) mit den idealsten Infrastrukturen für die Ausübung des<br />
Rollstuhlsports erleichtern ihm den Weg ins Training. Er schätzt<br />
die Lage am Sempachersee und die Bekanntschaften im Dorf.<br />
«Es ist mir wohl und besonders freut es mich, dass zwei meiner<br />
drei Brüder auch hier wohnen.»<br />
Gratulation<br />
Die Gemeinde Nottwil gratuliert Marcel Hug mit grosser<br />
Verneigung zu seinem Triumph. Mögen ihm noch diejenigen<br />
Sporterfolge in Erfüllung gehen, die er sich wünscht.<br />
Wir sind dabei!<br />
<strong>2022</strong> 90<br />
Olympiasieger Marcel Hug
Jahrbuch<br />
Rückblick Gemeinderat<br />
8. Januar 2020<br />
Februar 2020<br />
11. März 2020<br />
29. März 2020<br />
24. April 2020<br />
2020<br />
<strong>Nottwiler</strong> <strong>Auslese</strong><br />
Neujahrsapéro und <strong>Nottwiler</strong> Stern<br />
Das gesellschaftliche Wirken von Jungwacht und Blauring<br />
Nottwil (Jublano) wurde durch die Vergabe des <strong>Nottwiler</strong><br />
Sterns 2019 gewürdigt.<br />
Elektromobilität im Technischen Dienst<br />
Mit dem Renault Kangoo wurde das erste gemeindeeigene<br />
Elektroauto angeschafft. Das Aufladen des Fahrzeuges erfolgt<br />
durch den Strom der Photovoltaikanlage und der gespeicherten<br />
Energie des Salzspeichers im Zentrum Sagi.<br />
Gemeindeführungsstab zur Bekämpfung der Pandemie<br />
Aufgrund der Ausbreitung von Covid-19 in der Schweiz<br />
wurde der Gemeindeführungsstab aus Vertretern von Gemeinderat,<br />
Gemeindeverwaltung, Bevölkerungsschutz, Spitex, Zentrum<br />
Eymatt, Schule und Samariterverein einberufen. Dieses sogenannte<br />
«Pandemieteam» beriet sich regelmässig und setzte die<br />
Vorgaben zum Schutz der Bevölkerung bestmöglich um. Die<br />
Gruppe der freiwilligen Helfer unterstützte unter der Leitung des<br />
Samaritervereins die Bevölkerung in verschiedensten Bereichen.<br />
Ersatzwahl Mitglied in den Gemeinderat Ressort Bau<br />
Marcel Morf war während 14 Jahren als Gemeinderat für<br />
das Ressort Bau zuständig. Bei den Ersatzwahlen erhielt Meinrad<br />
Müller, CVP Nottwil, die meisten Stimmen und wurde als neuer<br />
Gemeinderat gewählt.<br />
Nottwil wächst auf 4 000 Einwohner<br />
Andrin Bucheli, Panoramaweg 3, erblickte am 24. April<br />
2020 als 4 000. Einwohner das Licht der Welt.<br />
Reduktion öffentliches Leben<br />
Viele Anlässe mussten aufgrund der Covid-19 Pandemie<br />
abgesagt werden. Es wurden unter anderem die Schalter der<br />
91 <strong>2022</strong>
Gemeinde vorübergehend geschlossen, die Maskenpflicht am<br />
Arbeitsplatz eingeführt und die Personenanzahlbeschränkungen<br />
erlassen.<br />
Januar 2021<br />
Umbau Entsorgungsstelle<br />
Die rund um die Uhr offene Entsorgungsstelle führte immer<br />
wieder zu unsachgemässen Entsorgungen. Besonders hervorzuheben<br />
war der Brand der Kartonmulde am 9. Februar 2020.<br />
Mit dem Umbau wurde das Areal modernisiert und eingezäunt.<br />
Die Entsorgung ist nur noch während der Öffnungszeiten am<br />
Tag möglich.<br />
24. März 2021<br />
März 2021<br />
Gemeindestrategie<br />
An der Klausursitzung wurde die Gemeindestrategie für die<br />
Jahre <strong>2022</strong> – 2032 erarbeitet. Nach der entsprechenden Überarbeitung<br />
und Besprechung mit der Controlling-Kommission<br />
wurde das Dokument der Bevölkerung im Mitwirkungsverfahren<br />
zur Stellungnahme unterbreitet und soll im Jahr <strong>2022</strong> verabschiedet<br />
werden.<br />
Waldunterstand<br />
In Zusammenarbeit mit der Jublano und weiteren freiwilligen<br />
Helfern wurde der Waldunterstand erstellt und die Grillstelle<br />
im <strong>Nottwiler</strong> Wald erneuert.<br />
<strong>2022</strong><br />
92<br />
Rückblick Gemeinderat
23. April 2021<br />
1. Juni 2021<br />
28. Juni 2021<br />
16. November 2021<br />
25. November 2021<br />
25. November 2021<br />
25. November 2021<br />
Rückblick Gemeinderat<br />
Siedlungsleitbild und dessen Plan<br />
Am 20.10.2020 wurde das Siedlungsleitbild und dessen Plan<br />
der Bevölkerung vorgestellt. Während des Mitwirkungsverfahrens<br />
gingen zahlreiche Inputs aus der Bevölkerung ein. Die aufgrund<br />
der Eingaben überarbeitete Version wurde am 23. April<br />
2021 zur kantonalen Vorprüfung eingereicht.<br />
Nextbike<br />
Das Veloverleihsystem von Nextbike wird an drei Standorten<br />
in der Gemeinde und zusätzlich an drei Standorten auf<br />
dem Areal der Schweizer Paraplegiker-Gruppe angeboten. Die<br />
Bewohner von Nottwil können den Verleihdienst kostenlos<br />
nutzen.<br />
Hagelschaden<br />
Ein starkes Gewitter mit grossen Hagelkörnern beschädigte<br />
viele Dächer, Autos, Photovoltaikanlagen und Fassaden.<br />
Energiestadt-Label<br />
Die Überprüfung durch die Labelkommission ergab, dass<br />
das Energiestadt-Label wiederum für die nächsten vier Jahre<br />
ausgestellt werden kann. Der sehr hohe Wert von 71.8 % liegt<br />
nur noch knapp unter dem Goldlabelstatus, welcher gemäss<br />
Legislaturziel künftig angestrebt wird.<br />
Grünabfuhr<br />
Die Revision des Abfallentsorgungsreglements wurde an<br />
der Gemeindeversammlung vom 25. November 2021 genehmigt.<br />
Ab dem Jahr <strong>2022</strong> wird, zusätzlich zur Sammelstelle in Gattwil,<br />
eine Grüngutabfuhr eingeführt.<br />
Musikschule Oberer Sempachersee<br />
Aufgrund einer Anpassung bei der Mindestgrösse der<br />
Musikschule war eine Weiterführung der eigenständigen<br />
Musikschule Nottwil nicht mehr möglich. Im Evaluationsprozess<br />
zeichnete sich ein Anschluss an die Musikschule Oberer<br />
Sempachersee als sinnvollste Variante ab. Der für die Fusion<br />
notwendige Gemeindevertrag wurde an der Gemeindeversammlung<br />
vom 25. November 2021 genehmigt.<br />
Teilrevision Ortsplanung: Gewässerraum ausserhalb Bauzone<br />
Nach der Festlegung des Gewässerraumes innerhalb des<br />
Siedlungsgebietes im Jahr 2017 erfolgte nun noch die Definition<br />
des Gewässerraumes ausserhalb der Bauzone.<br />
93 <strong>2022</strong>
28. November 2021<br />
15. Dezember 2021<br />
2020 und 2021<br />
2020 und 2021<br />
Sanierung Oberdorfstrasse<br />
An der Urnenabstimmung vom 28. November 2021 befürworteten<br />
die Stimmberechtigten das geplante Sanierungsprojekt.<br />
Ziel der Sanierung ist die Erneuerung der Werkleitungen,<br />
die Verbesserung der Schulwegsicherheit sowie die Sanierung<br />
der Strasse und der Vor- und Parkplätze.<br />
Gesamtrevision Ortsplanung<br />
Am 7. Juli 2021 fand die Informationsveranstaltung zur<br />
Gesamtrevision der Ortsplanung statt. Während des Mitwirkungsverfahrens<br />
vom 28. Juni bis 28. August 2021 wurden verschiedene<br />
Anträge eingereicht. Die Überarbeitung aufgrund des<br />
Mitwirkungsverfahrens wurde von der Ortsplanungskommission<br />
vorgenommen und durch den Gemeinderat verabschiedet.<br />
Die Unterlagen wurden am 15. Dezember 2021 zur kantonalen<br />
Vorprüfung eingereicht.<br />
Der Gemeinderat bi de Lüt<br />
Trotz der Covid-19 Einschränkungen versuchte der Gemeinderat,<br />
die Besuche der Quartiere im gewohnten Rahmen vorzunehmen.<br />
In den Jahren 2020 und 2021 konnten die Gebiete<br />
Bühl (ehemalige Käsereigenossenschaft) und das Gebiet Oberdorf<br />
/ Burgacher besucht werden. Bei den Besuchen konnten die<br />
Anliegen der Anwesenden besprochen und über die aktuellen<br />
Themen der Gemeinde informiert werden.<br />
<strong>Nottwiler</strong> Stern<br />
Der jährliche Neujahrs-Apéro fand im Jahr 2020 aufgrund<br />
der Restriktionen für Veranstaltungen wegen Covid-19 nicht<br />
statt. Aus diesem Grund wurde der Preis für den <strong>Nottwiler</strong> Stern<br />
2020 nicht vergeben. Der Preisträger des Jahres 2021 trägt<br />
deshalb den Titel für zwei Jahre. Am 7. Januar <strong>2022</strong> wurde<br />
dem Jodlerklub Nottwil der Stern für die Jahre 2020 und 2021<br />
in einem reduzierten Rahmen in der Kirche überreicht.<br />
<strong>2022</strong><br />
94<br />
Rückblick Gemeinderat
Jahrbuch<br />
Rückblick Bildungskommission<br />
Januar 2020<br />
14. Februar 2020<br />
März 2020<br />
Praktikantinnen und Praktikanten der PH Luzern<br />
Jeweils anfangs Jahr betreuen wir acht bis zwölf Studentinnen<br />
und Studenten der Pädagogischen Hochschule Luzern in<br />
Nottwil und leisten so einen wichtigen Beitrag für die Ausbildung<br />
neuer Lehrpersonen. Je nach Stufe sammeln diese Praktikantinnen<br />
und Praktikanten während vier oder fünf Wochen<br />
wertvolle Erfahrungen in der praktischen Ausbildung.<br />
Schulfasnacht<br />
Verschiedene Fasnachtsanlässe sind aus der Dorfkultur verschwunden.<br />
Die Schule Nottwil will dem entgegenwirken und<br />
organisiert für die Kindergartenkinder und die Primarschüler*innen<br />
einen Fasnachtsmorgen, der künftig zur Tradition<br />
werden soll. Alle erschienen verkleidet in ihrem Schulzimmer,<br />
absolvierten danach verschiedene Spiele in den Klassenzimmern,<br />
besuchten die Sirup-Bar oder andere spezielle Attraktionen.<br />
Medien & Informatik<br />
Mit der Einführung des Lehrplans 21 erfuhr dieser Bereich<br />
in der Schule eine rasante Entwicklung. Die Lehrpersonen<br />
besuchten je nach Stufe bereits ab 2018 verschiedene Weiter-<br />
Kostümshow an der<br />
Schulfasnacht<br />
<strong>Nottwiler</strong> <strong>Auslese</strong><br />
95 <strong>2022</strong>
ildungen, um sich digital fit zu halten. Dieser Umstand half,<br />
einen hochstehenden digitalen Unterricht während des Fernunterrichts<br />
zu Beginn der Corona-Pandemie anbieten zu können.<br />
16. März 2020<br />
April 2020<br />
April 2020<br />
April 2020<br />
April 2020<br />
Mai / Juni 2020<br />
Juni 2020<br />
Juni 2020<br />
Fernunterricht wegen des Coronavirus<br />
Was nie jemand für möglich gehalten hätte, wurde zur<br />
Tatsache: alle Volksschulen in der Schweiz wurden für sechs<br />
Wochen geschlossen. Der Entscheid wurde von Bundesrat<br />
am Freitag, 13. März 2021 getroffen und kommuniziert. Die<br />
Schulen wechselten vom Präsenz- in den Fernunterricht. Lehrpersonen,<br />
Lernende sowie die Eltern waren sehr gefordert mit<br />
diesen grossen Einschränkungen, die sehr kurzfristig verfügt<br />
wurden. Die Schüler*innen arbeiteten nun zuhause vorwiegend<br />
am Laptop, die Jüngsten (Kindergarten) erhielten ihre Aufgaben<br />
per Briefpost zugestellt.<br />
Stellwerktests 8. Klasse<br />
Diese wurden wegen Corona abgesagt.<br />
Instrumentenparcours der Musikschule<br />
Dieser durfte wegen Corona leider nicht durchgeführt<br />
werden.<br />
Weiterbildung mit den Lehrpersonen<br />
Die Weiterbildung mit allen Lehrpersonen musste auf den<br />
Herbst verschoben werden.<br />
Berufswahlwoche der 7. / 8. Klassen<br />
Leider konnten auch diese für die Jugendlichen so wichtigen<br />
Schnuppertage in der Berufswelt coronabedingt nicht<br />
stattfinden.<br />
Klassenlager der 6. / 7. / 8. Klasse<br />
Alle Lager bis zu den Sommerferien mussten storniert<br />
werden.<br />
Verkehrsgarten der 3. / 4. Klasse –<br />
Radfahrertest der 5. / 6. Klasse<br />
Auch die Anlässe der Verkehrspolizei wurden ersatzlos<br />
gestrichen.<br />
Abschlussarbeiten<br />
Die 9. Klässler konnten mit ein paar Einschränkungen ihre<br />
Abschlussarbeiten erstellen. Eine öffentliche Ausstellung war<br />
<strong>2022</strong><br />
96<br />
Rückblick Bildungskommission
Kräftemessen am<br />
Sommersporttag der<br />
Sekstufe I in der SPZ<br />
Sportanlage<br />
leider nicht möglich. Die Lehrpersonen erarbeiteten mit ihren<br />
Schüler*innen eine alternative Form, die Arbeiten zu präsentieren.<br />
Alle Lernenden erstellten eine eigene Webseite, so dass<br />
die Arbeiten des Projektunterrichts virtuell besichtigt werden<br />
konnten.<br />
August 2020<br />
September 2020<br />
September 2020<br />
Schulinsel<br />
Im August startete das neue Förderangebot «Schulinsel».<br />
An drei Vormittagen ist dieses spezielle Schulzimmer für alle<br />
Schülerinnen und Schüler offen. Lernenden, die z. B. emotional<br />
sehr aufgewühlt sind oder den Unterricht stören, soll die Gelegenheit<br />
geboten werden, sich in einem kleineren Setting wieder<br />
auf das ruhige Lernen zu besinnen und ihr Verhalten zu überdenken.<br />
Die Insellehrperson unterstützt diese Lernenden durch<br />
begleitete Reflexion, um die Motivation und Energie zurückzugewinnen<br />
mit dem Ziel, rasch wieder in die Klasse zurückkehren<br />
zu können.<br />
Sommersporttag<br />
Die Sommersporttage der verschiedenen Stufen konnten<br />
unter erschwerten Bedingungen (mit Schutzkonzept) durchgeführt<br />
werden. Es durften u. a. keine Klassen gemischt<br />
werden.<br />
Externe Evaluation<br />
Auszug aus dem Bericht des Expertenteams:<br />
«Die Schule Nottwil verfügt über eine grosszügige Schulanlage,<br />
welche von Lernenden der Primar- und Sekundarschule<br />
besucht wird. Die Schulgemeinschaft wird mit vielfältigen<br />
Aktivitäten gefördert. Ein freundliches und respektvolles<br />
Miteinander zwischen Lernenden und Lehrpersonen zeichnet<br />
die Schule aus. Die Lehrpersonen gestalten einen klar strukturierten<br />
und zielorientierten Unterricht und setzen die techni-<br />
Rückblick Bildungskommission<br />
97 <strong>2022</strong>
sche Infrastruktur bedacht ein. Sie pflegen einen offenen Austausch,<br />
unterstützen sich gegenseitig und arbeiten motiviert<br />
zusammen. Die langjährige Schulleitung ist stets präsent und<br />
nimmt ihre Aufgaben mit hohem Engagement und Pflichtbewusstsein<br />
wahr. Vorgaben im Bereich der Schul- und Unterrichtsentwicklung<br />
adaptiert sie rasch. Eine gemeinsame Vorstellung<br />
der künftigen Schul- und Unterrichtsentwicklung ist<br />
noch weniger erkennbar. In der Schulgemeinschaft fühlen sich<br />
die Lernenden ausgesprochen wohl und sie schätzen die verschiedenen<br />
stufenübergreifenden Anlässe. Die Erziehungsberechtigten<br />
sind mit der Schule insgesamt sehr zufrieden und<br />
fühlen sich von den Mitarbeitenden ernst genommen. Die Lehrpersonen<br />
erachten die Unterstützung im Team als zentral für<br />
ihre Arbeitszufriedenheit.»<br />
Februar 2021<br />
April 2021<br />
Mai 2021<br />
Mai / Juni<br />
Juni 2021<br />
Juli 2021<br />
Wintersportlager Fiesch VS<br />
Das Skilager 2021 wurde ebenfalls ein Opfer des Coronavirus<br />
und musste leider abgesagt werden.<br />
Berufswahlwoche 7. / 8. Klasse<br />
In diesem Jahr konnten die Jugendlichen wieder Betriebe<br />
besuchen, um zu schnuppern. Einige brauchten dazu einen<br />
PCR-Test, andere einen Schnelltest, welcher am Morgen um<br />
06.30 Uhr in der Schule angeboten wurde.<br />
Projektwoche KG<br />
Diese Woche standen Hexen, Geister und Gespenster im<br />
Fokus. Es wurden Geschichten erzählt, und die Kinder konnten<br />
ihre Kreativität so richtig ausleben.<br />
Klassenlager 6. / 8. / 9. Klasse<br />
Da nach wie vor keine Klassendurchmischungen erlaubt<br />
waren (kantonales Corona-Schutzkonzept), mussten auch 2021<br />
die Klassenlager abgesagt werden.<br />
Abschlussarbeiten 9. Klasse<br />
Stolz durften die Jugendlichen der 9. Klasse ihre Abschlussarbeiten<br />
präsentieren. Tröpfchenweise durften sie mit den Familienangehörigen<br />
die Ausstellung auf dem Schulareal besichtigen.<br />
Schulabschlussfeier 9. Klasse<br />
Erfreulicherweise konnte die Schule Nottwil in diesem<br />
Jahre diesen feierlichen Anlass im Zentrum Sagi durchführen<br />
und die Jugendlichen der 9. Klasse gebührend verabschieden.<br />
<strong>2022</strong> 98<br />
Rückblick Bildungskommission
1<br />
2<br />
1 Klassenlager der<br />
8. Klassen in Engelberg:<br />
Erholung beim Kneippen<br />
2 Tutti quanti: ein<br />
Erinnerungsfoto<br />
August 2021<br />
September 2021<br />
November 2021<br />
Jahresmotto «Aloha, nice to see you»<br />
Die verschiedenen Begrüssungsformen kamen in den<br />
letzten Monaten viel zu kurz. Dies bewog uns, im Schuljahr<br />
2021 / 22 das Thema «Begrüssen» zum Jahresmotto zu küren.<br />
So lernten alle Schülerinnen und Schüler das Begrüssen in den<br />
Sprachen unserer fremdsprachigen Schüler*innen.<br />
Klassenlager 8. Klassen<br />
Juhui, wir durften tatsächlich ins Klassenlager fahren. Alle<br />
liessen sich kurz vor dem Lager testen, und so konnte es losgehen.<br />
Die beiden 8. Klassen erlebten eine tolle Woche im Engelberger<br />
Talkessel.<br />
Die fünfte Welle<br />
Die Coronapandemie hielt uns alle weiterhin auf Trab. Auch<br />
bei uns mussten vereinzelt Klassen wegen zu vieler Ansteckungen<br />
(Isolation) oder Quarantäneanordnungen in den Modus<br />
«Fernunterricht» wechseln. So waren anfangs Dezember in der<br />
fünften Welle dieser Pandemie 20 Personen in Isolation und 31<br />
in Quarantäne.<br />
Rückblick Bildungskommission<br />
99 <strong>2022</strong>
Jahrbuch<br />
Rückblick Kirchenrat / Pfarrei<br />
1. Januar 2020<br />
3. Januar 2020<br />
13. Februar 2020<br />
März / April / Mai<br />
2020<br />
1) Jungwacht / Blauring<br />
Nottwil, Gründungsjahr<br />
1985<br />
Start Kirchgemeindeverband und Pastoralraum Region Sursee<br />
Der Kirchgemeindeverband und der Pastoralraum Region<br />
Sursee beginnen mit der Arbeit im neuen Organisationssystem.<br />
Als Zeichen der Verbundenheit und der Zugehörigkeit leuchtet<br />
die geweihte Pastoralraumkerze in der Pfarrkirche St. Marien<br />
während eines Jahres, bevor sie dann in die nächste Pfarrei<br />
weitergegeben wird.<br />
<strong>Nottwiler</strong> Stern geht an die JuBlaNo<br />
Am Neujahrsapéro darf die JuBlaNo 1) zusammen mit Präses<br />
Roland Grütter mit freudiger Überraschung den «<strong>Nottwiler</strong><br />
Stern» entgegennehmen. Mit der ehrenamtlich organisierten<br />
Freizeitgestaltung ermöglichen die Leiter*innen den Jugendlichen<br />
unvergessene Erlebnisse.<br />
1. Regionale Kirchenratsversammlung<br />
Kirchgemeindeverband Region Sursee<br />
An der 1. Regionalen Kirchenratsversammlung hat sich der<br />
Kirchgemeindeverband Region Sursee konstituiert. Die Pfarrei<br />
Nottwil ist im Vorstand des Kirchgemeindeverbandes durch<br />
Judith Dobler und Monika Burri vertreten. Im Weiteren wurden<br />
das Jahresprogramm 2020, der Investitions- und Aufgabenplan<br />
2020 – 2024 sowie der Finanzplan zur Kenntnis genommen. Der<br />
Voranschlag 2020 und die Finanzierung gemäss Verteilschlüssel<br />
wurden genehmigt.<br />
Corona-Pandemie und die Auswirkungen auf das Pfarreileben<br />
Nachdem der Bundesrat die Vorschriften zur Eindämmung<br />
des Coronavirus verschärft hatte, hat auch das Bistum Basel<br />
diverse Massnahmen beschlossen. Sämtliche Gottesdienste<br />
in der Pfarrei fallen aus. Dies betrifft auch die Feierlichkeiten<br />
in der Karwoche und über Ostern. Die Erstkommunionfeier,<br />
Taufen, Hochzeiten und die Firmung können nicht stattfinden<br />
und werden auf später verschoben. Beisetzungsfeiern<br />
<strong>2022</strong> 100<br />
<strong>Nottwiler</strong> <strong>Auslese</strong>
können nur unter strengen Auflagen und im engsten Familienkreis<br />
stattfinden. Als Alternative zu den Gottesdiensten wird in<br />
Nottwil das Sonntagsevangelium mit Orgelmusik aufgezeichnet<br />
und via Homepage übertragen. Auch die feierliche Messe zum<br />
Muttertag und der anschliessende Apéro fielen aus.<br />
März / April / Mai<br />
2020<br />
31. Mai 2020<br />
Juli 2020<br />
15. August 2020<br />
6. September 2020<br />
18. Oktober 2020<br />
November 2020<br />
Sanierung der Kirchenfenster<br />
Die notwendige Sanierung der Kirchenfenster (Erneuerung<br />
der Kittfugen) wird ausgeführt.<br />
Pfingstsonntag<br />
Am Pfingstsonntag kann unter Einhaltung der vorgeschriebenen<br />
Massnahmen endlich wieder ein öffentlicher Gottesdienst<br />
stattfinden.<br />
20 Jahre Sakristan<br />
Am 1. Juli 2020 feiert Stephan Troxler sein 20-jähriges<br />
Jubiläum als Sakristan und Hauswart in der Pfarrei Nottwil.<br />
Erstkommunionfeier<br />
Die im April verschobene Erstkommunionfeier kann unter<br />
Einhaltung der coronabedingten Massnahmen durchgeführt<br />
werden. Die Erstkommunionkinder dürfen im Beisein der<br />
engsten Familienmitglieder das Heilige Brot entgegennehmen.<br />
Firmung<br />
Mit Firmspender Heinz Hofstetter findet die seit Pfingsten<br />
verschobene Firmung statt.<br />
Jubiläum zum 30-jährigen Bestehen der Orgel in der Pfarrkirche<br />
Das Jubiläum hätte ein ganz spezieller Anlass für Gross und<br />
Klein werden sollen. Leider wurde die Aufführung mit dem Duo<br />
Bubu & Baba, welches speziell die kleinen Gäste erfreuen sollte,<br />
wegen Corona kurzfristig abgesagt. Zur Freude der Musikbegeisterten<br />
konnte das Orgelkonzert um 18.00 Uhr stattfinden.<br />
Kirchgemeindeversammlung in der Pfarrkirche / Mutation in<br />
der Rechnungskommission<br />
Die Kirchgemeindeversammlung vom 18. November wird<br />
unter Einhaltung des Abstandes und mit Maskenpflicht in der<br />
Pfarrkirche abgehalten. Adrian Rutz, der für den Rest der Amtsperiode<br />
2018 – <strong>2022</strong> in stiller Wahl als Mitglied in die Rechnungskommission<br />
gewählt wurde, konnte durch die Versammlung<br />
speziell begrüsst werden.<br />
Rückblick Kirchenrat / Pfarrei<br />
101 <strong>2022</strong>
Dezember 2020<br />
Januar 2021<br />
März 2021<br />
April 2021<br />
Weihnachten<br />
Weil die Platzzahl in der Pfarrkirche pandemiebedingt<br />
beschränkt ist, wird am 24. Dezember um 15.30 Uhr und um<br />
17.00 Uhr eine festliche Krippenfeier angeboten, damit möglichst<br />
viele Familien mitfeiern können. Um 22.30 Uhr findet die<br />
Mitternachtsmesse statt, welcher nur 50 Anwesende beiwohnen<br />
dürfen. Ein ganz spezielles Weihnachten!<br />
Übergabe der Pastoralraumkerze<br />
Am 1. Januar wird die Pastoralraumkerze feierlich der<br />
Pfarrei Knutwil übergeben. Mit dem Jahresmotto Glaube –<br />
Honig – Lebenskraft startet die Pfarrei Nottwil ins neue Jahr.<br />
Sanierung der Orgel / Erneuerung der Steuerung der<br />
Taufglocke<br />
Die jeweils nach 15 Jahren nötige Sanierung der Orgel<br />
wird vorgenommen. Ebenfalls wird die Steuerung der Glocken<br />
5 und 6, welche seit Jahren ausser Betrieb ist, erneuert.<br />
Ostern / Weisser Sonntag<br />
Mit Freude können die Feierlichkeiten in der Karwoche<br />
und über Ostern durchgeführt werden. Die Erstkommunionfeier<br />
wird verschoben.<br />
1 Kirchenratspräsident<br />
Franz Vogel und<br />
Kirchen rätin Monika<br />
Burri verabschieden den<br />
pastoralen Mitarbeiter<br />
Thomas Glur<br />
3 Sakristan Stephan<br />
Troxler übergibt in<br />
einem Gottesdienst sein<br />
Amt offiziell an seinen<br />
Nachfolger Andreas<br />
Bossart weiter<br />
4 Der Samichlaus und<br />
sein Gefolge heissen<br />
Christoph Beeler, neuer<br />
Seelsorger und Bezugsperson<br />
im Pastoralraum<br />
Sursee, willkommen<br />
und überbringt in der<br />
Corona-Zeit den Gottesdienstbesuchenden<br />
gute<br />
Wünsche<br />
1<br />
3 4<br />
<strong>2022</strong><br />
102<br />
Rückblick Kirchenrat / Pfarrei
1. Mai 2021<br />
22. Mai 2021<br />
Juni 2021<br />
Juli 2021<br />
August 2021<br />
15. August 2021<br />
18. August 2021<br />
Neubesetzung Pfarreisekretariat<br />
Das Pensum der langjährigen Pfarreisekretärin Theres<br />
Büchler wird gemäss ihrem eigenen Wunsch reduziert.<br />
Susanne Kaufmann wird sie per 1. Mai im Sekretariat unterstützen.<br />
Renate Künzli, seit 2007 die Ferienvertretung für<br />
Theres Büchler, wird per Ende Juni ihre Tätigkeit im Sekretariat<br />
beenden.<br />
Firmung<br />
Domherr Roland Häfliger spendet 23 jungen Menschen das<br />
Sakrament der Firmung.<br />
Erstkommunionfeier<br />
Am 5. / 6. Juni nehmen 35 Erstkommunionkinder aufgeteilt<br />
auf vier Gottesdienste zum Thema «Schatzsuche» ihre erste<br />
Kommunion in Empfang.<br />
Aussenbeleuchtung Pfarrkirche<br />
Die teils defekten Leuchtmittel bei der Aussenbeleuchtung<br />
der Pfarrkirche werden alle durch LED-Lampen ersetzt.<br />
Neuanstellung Heidi Jetzer<br />
Per 1. August nimmt Heidi Jetzer als Religionspädagogin<br />
und Leiterin Katechese die Arbeit in unserer Pfarrei auf. Sie<br />
übernimmt zudem das Amt als Präses bei der JuBlaNo und der<br />
Frauengemeinschaft Nottwil.<br />
Verabschiedung von Ruth Hodel und Thomas Glur<br />
Am 15. August, Patrozinium der Pfarrei Nottwil, wurden<br />
Ruth Hodel nach 17 Jahren als Kirchenchorleiterin und<br />
Thomas Glur, Pfarreiseelsorger seit September 2019 verabschiedet.<br />
Thomas Glur wird per 1. September das Amt als<br />
Pasto ralraumleiter im Pastoralraum Solothurn-Unterer Leberberg<br />
übernehmen.<br />
Pater Pablo Meier, sel.<br />
Am 18. August stirbt Pater Pablo<br />
Meier im Alter von 87 Jahren in Immensee.<br />
Pablo Meier war von 1997 – 2004<br />
als Pfarreiadministrator, Seelsorger und<br />
Priester in unserer Pfarrei tätig.<br />
Nebst seiner seelsorgerischen Tätigkeit<br />
war er auch ein begnadeter Maler<br />
und Künstler.<br />
Rückblick Kirchenrat / Pfarrei<br />
103 <strong>2022</strong>
September 2021<br />
September 2021<br />
November 2021<br />
November 2021<br />
November 2021<br />
Dezember 2021<br />
Dezember 2021<br />
Neubesetzung Kirchenchorleitung<br />
Hannes Roesti übernimmt per 1. September die Leitung des<br />
Kirchenchors Nottwil.<br />
Erweiterung Parkplätze<br />
Die Erweiterung der Parkplätze beim Vikariatshaus und die<br />
dadurch bedingte Verlängerung der Stützmauer werden abgeschlossen.<br />
Pensionierung Anita Troxler<br />
Nach über 30-jähriger Tätigkeit in der Pfarrei Nottwil<br />
beginnt für Anita Troxler mit der Pensionierung ein neuer<br />
Lebensabschnitt. Sie wird in Zukunft kleinere Aufgaben weiterhin<br />
ausüben und bei Bedarf Einsätze übernehmen.<br />
Neuanstellung Andreas Bossart, Sakristan und Hauswart<br />
Am 1. November nimmt Andreas Bossart als Sakristan und<br />
Hauswart die Arbeit in unserer Pfarrei auf. Mit seiner Anstellung<br />
wird die Nachfolge von Stephan Troxler, der Ende Jahr in<br />
Pension geht, sichergestellt.<br />
Red Weekend – Zeichen gegen Hass und Gewalt<br />
Um Menschen zu gedenken, welche wegen ihrer Religionszugehörigkeit<br />
verfolgt und diskriminiert werden, wird, dem<br />
Aufruf des internationalen katholischen Hilfswerks «Kirche in<br />
Not (ACN)» folgend, in der Nacht von Samstag auf Sonntag,<br />
20. / 21. November, die Pfarrkirche rot beleuchtet.<br />
Neubesetzung der Stelle als Pfarreiseelsorger<br />
Am 1. Dezember nimmt Seelsorger Christoph Beeler-Longobardi<br />
mit einem Pensum von 90 % seine Arbeit im Pastoralraum<br />
Region Sursee auf. Er wird schwerpunktmässig als Bezugsperson<br />
in Nottwil tätig sein. Speziell begrüsst wird Christoph<br />
Beeler am 4. und 5. Dezember in unserer Pfarrkirche von Heinz<br />
Hofstetter.<br />
Pensionierung Stephan Troxler<br />
Nach über 21 Arbeitsjahren als Sakristan und Hauswart wird<br />
Stephan Troxler Ende Jahr pensioniert. Er wird für die Pfarrei<br />
weiterhin als Stellvertreter des Sakristans im Einsatz stehen.<br />
<strong>2022</strong><br />
104<br />
Rückblick Kirchenrat / Pfarrei
Vereinsjubiläen<br />
Vereinsjubiläen in den Jahren 2020 und 2021<br />
130 Jahre<br />
Sportschützen 1890<br />
80 Jahre<br />
FDP 1940<br />
Samariterverein 1941<br />
75 Jahre<br />
Jodlerklub 1945<br />
50 Jahre<br />
Spono Eagles 1971<br />
TV-SPONO Nottwil 1971<br />
40 Jahre<br />
Seilziehclub 1981<br />
Surfsegelclub Sempachersee 1980<br />
30 Jahre<br />
Aktives Alter 1991<br />
25 Jahre<br />
SVP 1995<br />
20 Jahre<br />
Schwimmverein Sempachersee 2000<br />
10 Jahre<br />
glp oberer Sempachersee 2011<br />
<strong>Nottwiler</strong> <strong>Auslese</strong><br />
105 <strong>2022</strong>
Nottwil in Zahlen<br />
Bevölkerungsentwicklung<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
50<br />
100<br />
150<br />
200<br />
250<br />
300<br />
350<br />
Gesamtbevölkerung<br />
182<br />
2 068<br />
Legende 1990 2009<br />
34<br />
11<br />
149<br />
55<br />
3 342<br />
313 300<br />
12<br />
49<br />
3 466<br />
Schweizer<br />
3 983<br />
24<br />
47<br />
3 525<br />
Schweizer<br />
4 059<br />
23<br />
61<br />
3 574<br />
Schweizer<br />
4 104<br />
20<br />
376<br />
517<br />
Ausländer<br />
245 530 241<br />
Ausländer<br />
291 291 534<br />
Ausländer<br />
239<br />
2019<br />
2020<br />
2021<br />
Bevölkerungsveränderung 2019 2020 2021<br />
Geburtenüberschuss (10 Jahres-Zyklus) 261 117 248<br />
Wanderungsgewinn (10 Jahres-Zyklus) 478 442 439<br />
Bevölkerungswachstum (10 Jahres-Zyklus) + 19,0 % + 18,0 % + 18,6 %<br />
Bevölkerungsdichte (Einwohner / km 2 ) 268 273 276<br />
Stimmberechtigte (Personen) 2 703 2745 2774<br />
<strong>2022</strong><br />
106<br />
<strong>Nottwiler</strong> <strong>Auslese</strong>
Konfessionszugehörigkeit<br />
2020 2021<br />
katholisch<br />
63,8%<br />
2589 418<br />
10,3%<br />
ref.<br />
1052<br />
konfessionslos<br />
und andere<br />
25,9%<br />
2572<br />
katholisch<br />
62,7%<br />
411<br />
10,0%<br />
ref.<br />
1121<br />
konfessionslos<br />
und andere<br />
27,3%<br />
Altersstruktur<br />
bis 9 Jahre<br />
10 bis 19<br />
20 bis 29<br />
30 bis 39<br />
40 bis 49<br />
50 bis 59<br />
60 bis 69<br />
70 bis 79<br />
80 bis 89<br />
90 und älter<br />
529<br />
559<br />
463<br />
462<br />
484<br />
463<br />
601<br />
599<br />
624<br />
611<br />
639<br />
645<br />
365<br />
393<br />
251<br />
266<br />
96<br />
98<br />
7<br />
8<br />
0<br />
100 200 300 400 500 600<br />
2020<br />
2021<br />
Zahlen Schülerinnen und Schüler<br />
Kindergarten<br />
Primarstufe<br />
Sekundarstufe<br />
I 1)<br />
Total<br />
Schüler/innen<br />
90<br />
81<br />
265<br />
275<br />
143<br />
149<br />
498<br />
505<br />
2020<br />
2021<br />
0 100 200 300 400 500<br />
1)<br />
inkl. Untergymnasium<br />
sowie Sportschulen<br />
Kriens und Schüpfheim<br />
Nottwil in Zahlen<br />
107 <strong>2022</strong>
Steuern 2020 2021<br />
Steuerpflichtige (natürliche Personen) 2350 2392<br />
Steuerpflichtige (juristische Personen) 171 180<br />
Steuerfuss 2020 2021<br />
Gemeinde Nottwil 1.85 1.85<br />
Kanton Luzern 1.70 1.70<br />
Christ-katholische Kirche 0.31 0.31<br />
Evangelisch-reformierte Kirche 0.25 0.25<br />
Römisch-katholische Kirche 0.275 0.275<br />
Gemeindefinanzen in CHF 2020 2021<br />
Gemeindesteuern Einnahmen 11541339 11771431<br />
Gemeindesteuern Ausgaben830 899 830899 824696<br />
Andere Steuern Einnahmen 1172291 259864<br />
Andere Steuern Ausgaben 42942 33616<br />
Total aller Einnahmen 28148530 28738330<br />
Total aller Ausgaben 27323491 28134485<br />
Ertragsüberschuss 825039 603845<br />
Wohnungsbau<br />
1–2 ZWG<br />
14,5%<br />
3–4 ZWG<br />
49,1%<br />
5+ ZWG<br />
36,4%<br />
Wohnungsgrösse<br />
Wohnungsbau 2020<br />
Wohnungsbestand 1697<br />
Wohnungsgrösse<br />
1 – 2 Zimmer 14,5 %<br />
3 – 4 Zimmer 49,1 %<br />
5+ Zimmer 36,4 %<br />
Einfamilienhäuser 24,8 %<br />
Gebäude mit Wohnnutzung 752<br />
EFH<br />
24,8%<br />
Gebäude<br />
mit Wohnnutzung<br />
Grundbuchamt 2020 2021<br />
Handänderungssteuern<br />
Veranlagte Handänderungen 58 56<br />
Einnahmen Handänderungssteuer CHF 320926 119156<br />
Grundstückgewinnsteuer<br />
Einnahmen CHF 791626 110861<br />
öffentliche Dienste 2020 2021<br />
Wasser in Rechnung gestellt m 3 236059 251582<br />
<strong>2022</strong><br />
108<br />
Nottwil in Zahlen
Wahlen<br />
29. März 2020 Neuwahl der Gemeinderäte<br />
für die Amtsdauer 2020 – 2024 Stimmbeteiligung: 39.90 %<br />
Ressort Präsidiales Bildung und Kultur Soziales<br />
Kandidat / in Steffen Walter Huser Winkler Beatrice Sigrist Disler Renée<br />
erhaltene Stimmen 822 – gewählt 776 – gewählt 796 – gewählt<br />
Ressort Finanzen Bau Bau<br />
Kandidat / in Käslin Kaspar Müller Meinrad Fries Hans<br />
erhaltene Stimmen 734 – gewählt 592 – gewählt 445 – nicht gewählt<br />
Der Gemeinderat v.l.:<br />
Meinrad Müller,<br />
Beatrice Huser Winkler,<br />
Walter Steffen,<br />
Renée Sigrist Disler,<br />
Kaspar Käslin<br />
29. März 2020 Neuwahl der Bürgerrechtskommission<br />
für die Amtsdauer 2020 – 2024 Stimmbeteiligung: 39.92 %<br />
Mitglieder:<br />
Kandidat / in Huber Esther Lingg Esther Weingartner Pius<br />
erhaltene Stimmen 724 – gewählt 670 – gewählt 670 – gewählt<br />
Kandidat / in Steffen Dominique Wandeler Melanie<br />
erhaltene Stimmen 561 – gewählt 579 – gewählt<br />
Kandidat / in D'Araia Luigi Räber Pascal Vereinzelte<br />
erhaltene Stimmen 228 – nicht gewählt 393 – nicht gewählt 31 – nicht gewählt<br />
Präsidium:<br />
Kandidat / in Weingartner Pius Steffen Dominique Räber Pascal<br />
erhaltene Stimmen 518 – gewählt 260 – nicht gewählt 170 – nicht gewählt<br />
Nottwil in Zahlen<br />
109 <strong>2022</strong>
Abstimmungen kantonal<br />
27. September 2020 Volksinitiative<br />
«Fair von Anfang an, dank transparenter Vormiete!»<br />
angenommen 50.11 %<br />
SN: 61.13 %<br />
706 922 – 56.63 % L: 21 U: 24<br />
29. November 2020 Verfassungsinitiative<br />
«Luzerner Kulturlandschaft»<br />
abgelehnt 67.74 %<br />
SN: 41.86 %<br />
302 782 – 72.14 % L: 44 U: 18<br />
Gesetzesinitiative<br />
«Luzerner Kulturlandschaft»<br />
abgelehnt 67.60 %<br />
SN: 41.96 %<br />
305 787 – 69.58 % L: 0 U: 18<br />
Gegenvorschlag<br />
«Luzerner Kulturlandschaft»<br />
angenommen 50.41 %<br />
SN: 41.96 %<br />
51.81 % – 586 468 L: 0 U: 18<br />
Stichfrage<br />
«Luzerner Kulturlandschaft»<br />
abgelehnt 62.33 %<br />
SN: 41.96 %<br />
267 705 – 62.33 % L: 0 U: 18<br />
7. März 2021 Gründung Aktiengesellschaft Campus Horw angenommen 64.82 %<br />
SN: 48.21 %<br />
67.03 % – 856 421 L: 0 U: 18<br />
Ausbau der K 36 durch die Lammschlucht<br />
im Entlebuch<br />
angenommen 82.71 %<br />
SN: 48.97 %<br />
82.23 % – 1092 220 L: 23 U: 16<br />
26. September 2021 Ausbau der Kantonsstrasse K4 durch das Ränggloch in<br />
Kriens und Littau (Luzern)<br />
angenommen 81.74 %<br />
SN: 52.30 %<br />
79.96 % – 1125 282 L: 24 U: 24<br />
28. November 2021 Neubau eines Verwaltungsgebäudes am Seetalplatz<br />
in Luzern Nord (Emmen)<br />
angenommen 64.91 %<br />
SN: 64.71 %<br />
67.74 % – 1180 562 L: 35 U: 29<br />
Legende:<br />
SN = Stimmbeteiligung<br />
Nottwil<br />
L = Leer<br />
U = Ungültig<br />
Ja<br />
Nein<br />
Abstimmungen national<br />
9. Februar 2020 Volksinitiative<br />
«Mehr bezahlbare Wohnungen»<br />
abgelehnt 57.10 %<br />
SN: 39.18 %<br />
330 699 – 67.93 % L: 16 U: 10<br />
Änderung des Strafgesetzbuches und<br />
des Militärstrafgesetzes<br />
angenommen 63.10 %<br />
SN: 39.18 %<br />
56.60 % – 583 447 L: 15 U: 10<br />
<strong>2022</strong> 110<br />
Nottwil in Zahlen
27. September 2020 Volksinitiative «Für eine massvolle Zuwanderung<br />
(Begrenzungsinitiative)»<br />
abgelehnt 61.70 %<br />
SN: 63.72 %<br />
717 987 – 57.92 % L: 13 U: 27<br />
Änderung des Bundesgesetzes über die Jagd und den<br />
Schutz wildlebender Säugetiere und Vögel (Jagdgesetzes)<br />
abgelehnt 51.90 %<br />
SN: 63.72 %<br />
62.08 % – 1041 636 L: 40 U: 27<br />
Änderung Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer abgelehnt 63.20 %<br />
SN: 63.72 %<br />
579 1113 – 65.78 % L: 25 U: 27<br />
Änderung des Bundesgesetzes über den Erwerbs ersatz<br />
für Dienstleistende und bei Mutterschaft (Erwerbsersatzgesetz)<br />
angenommen 60.30 %<br />
SN: 63.72 %<br />
845 860 – 50.44 % L: 27 U: 27<br />
Bundesbeschluss über die Beschaffung neuer Kampfflugzeuge<br />
angenommen 50.10 %<br />
SN: 63.72 %<br />
55.44 % – 942 757 L: 18 U: 27<br />
29. November 2020 Volksinitiative «Für verantwortungsvolle Unternehmen<br />
– zum Schutz von Mensch und Umwelt<br />
(Konzernverantwortungs-Initiative)»<br />
Ja-Stimmen 50.70 %<br />
Am Ständemehr gescheitert<br />
SN: 46.24 %<br />
535 712 – 57.10 % L: 1 U: 18<br />
Volksinitiative «Für ein Verbot der Finanzierung von<br />
Kriegsmaterialproduzenten»<br />
abgelehnt 57.50 %<br />
SN: 46.20 %<br />
429 808 – 65.32 % L: 10 U: 18<br />
7. März 2021 Volksinitiative «Ja zum Verhüllungsverbot» angenommen 51.20 %<br />
SN: 51.90 %<br />
51.07 % – 719 689 L: 9 U: 12<br />
Bundesgesetz über elektronische Identifizierungsdienste<br />
(E-ID-Gesetz)<br />
abgelehnt 64.40 %<br />
SN: 51.90 %<br />
610 781 – 56.15 % L: 15 U: 15<br />
Bundesbeschluss über die Genehmigung des umfassenden<br />
Wirtschaftspartnerschaftsabkommens zwischen den<br />
EFTA-Staaten und Indonesien<br />
angenommen 51.60 %<br />
SN: 51.14 %<br />
59.32 % – 815 559 L: 22 U: 15<br />
Legende:<br />
SN = Stimmbeteiligung<br />
Nottwil<br />
L = Leer<br />
U = Ungültig<br />
Ja<br />
Nein<br />
Nottwil in Zahlen<br />
111 <strong>2022</strong>
13. Juni 2021 Volksinitiative «Für sauberes Trinkwasser und gesunde<br />
Nahrung – keine Subventionen für den Pestizid- und<br />
den prophylaktischen Antibiotika-Einsatz»<br />
abgelehnt 60.70 %<br />
SN: 69.46 %<br />
586 1304 – 68.99 % L: 3 U: 22<br />
Volksinitiative «Schweiz ohne synthetische Pestizide» abgelehnt 60.60 %<br />
SN: 69.46 %<br />
579 1307 – 69.30 % L: 7 U: 22<br />
Bundesgesetz über die gesetzlichen Grundlagen für<br />
Verordnungen des Bundesrates zur Bewältigung der<br />
Covid-19-Epidemie (Covid-19-Gesetz)<br />
angenommen 60.20 %<br />
SN: 69.46 %<br />
57.86 % – 1079 786 L: 28 U: 22<br />
Bundesgesetz über die Verminderung von Treibhausgasemissionen<br />
(CO2-Gesetz)<br />
abgelehnt 51.60 %<br />
SN: 69.46 %<br />
841 1036 – 55.19 % L: 16 U: 22<br />
Bundesgesetz über polizeiliche Massnahmen zur<br />
Bekämpfung von Terrorismus<br />
angenommen 56.60 %<br />
SN: 69.46 %<br />
60.10 % – 1056 701 L: 136 U: 22<br />
26. September 2021 Volksinitiative «Löhne entlasten, Kapital gerecht<br />
besteuern»<br />
abgelehnt 64.90 %<br />
SN: 55.18 %<br />
459 1023 – 69.03 % L: 29 U: 24<br />
Änderung des Schweizer Zivilgesetzbuches<br />
(Ehe für Alle)<br />
angenommen 64.10 %<br />
SN: 55.82 %<br />
64.71 % – 981 535 L: 13 U: 24<br />
28. November 2021 Volksinitiative «Für eine starke Pflege<br />
(Pflegeinitiative)»<br />
angenommen 60.98 %<br />
SN: 73.24 %<br />
56.34 % – 1120 868 L: 27 U: 29<br />
Volksinitiative «Bestimmung der Bundesrichter/innen<br />
im Losverfahren (Justiz-Initiative)»<br />
abgelehnt 68.07 %<br />
SN: 72.63 %<br />
615 1316 – 68.15 % L: 67 U: 29<br />
Änderung des Covid-19-Gesetz angenommen 62.01 %<br />
SN: 73.70 %<br />
61.57 % – 1237 772 L: 19 U: 29<br />
Legende:<br />
SN = Stimmbeteiligung<br />
Nottwil<br />
L = Leer<br />
U = Ungültig<br />
Ja<br />
Nein<br />
<strong>2022</strong> 112<br />
Nottwil in Zahlen
Autorenangaben und<br />
Bildnachweis<br />
Autoren / Autorinnen<br />
Eva und Marco Brandazza, Luzern<br />
Silvan Hodel, Gemeinde Nottwil, Nottwil<br />
Gaby Kindler, Wauwil<br />
Monika Nöbauer, Nottwil<br />
Erwin Peter, Schule Nottwil, Nottwil<br />
Stefanie Schlüter, Schweizer Paraplegiker-Zentrum, Nottwil<br />
Edith Schwander, Nottwil<br />
Walter Steffen, Nottwil<br />
Claudia Steiner, Pfarrei Nottwil, Nottwil<br />
Stephan Troxler, Nottwil<br />
Jacqueline Willimann, Nottwil<br />
Bildnachweis<br />
BAG: S. 22<br />
Gemeinde Nottwil: S. 92, Archiv<br />
Familie Anton Huber: S. 36, 37 (1-4)<br />
Viktor Jost: S. 45<br />
Gaby Kindler: S. 38, 49 (1,2), 50, 77, 82<br />
Madeleine Kost: S. 31, 32 (1,2), 35<br />
Urs Künzli: S. 59 (1,2), 60<br />
Christian Lanzendörfer: S. 64 (1), 69, 75, 85 (1)<br />
Dorothée Lanzendörfer: S. 8<br />
Pfarrei Nottwil: S. 72 (1,2), 102 (1-3)<br />
Schule Nottwil: S.95 Christoph Basler, 97 René Baumeler, 99 Michael Blum (1), Andrea Lingg (2)<br />
Schweizer Fernsehen SRF, Ueli Christoffel: S. 17, 19, 20<br />
Schweizer Paraplegiker Stiftung: S. 51, 52, 53, 54, 56<br />
Christian Stachon: S. 44 (1,2), 45<br />
Gregor Stäuble: UG, S. 2, 5, 6, 11, 16 (1,2), 24, 43, 109<br />
Swiss Paralympic, Gabriel Monnet: S. 88 (1,2), 90<br />
Stephan Troxler: S. 103<br />
Beat Wicki: S. 85 (2)<br />
Jacqueline Willimann: S. 14, 15, 28 (1-3), 29 (1-4), 33, 46 (1,2), 63, 64 (2,3), 65 (4-6), 66, 67, 68 (1-3), 70 (1,2), 87<br />
Nottwil in Zahlen<br />
113 <strong>2022</strong>
<strong>2022</strong> 114<br />
<strong>Nottwiler</strong> <strong>Auslese</strong>
ISBN 978-3-033-09058-3