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2022_12_impuls

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„Fragt’s mich, solange es noch geht“<br />

Burgl Kirschner aus Ladis ist so etwas wie ein „lebendes Geschichtsbuch“<br />

„Ich sag’s einfach, wie ich’s mir<br />

denke und fühle“, sagt die rüstige<br />

85-jährige Burgl (eigentlich<br />

Notburga) Kirschner. Und wer<br />

sie kennt, bestätigt diese Aussage.<br />

Die sympathische Dame hat<br />

ein enormes geschichtliches<br />

Wissen – zudem ist sie die Enkelin<br />

des früheren Besitzers des<br />

Kurhotels Obladis und die Seniorchefin<br />

des „Tiroler Sauerbrunn“.<br />

Die Geschichte rund um die Heilquelle<br />

in Obladis ist sehr alt. Und<br />

überaus spannend. Überlieferungen<br />

zufolge ist der Ursprung bereits<br />

im Jahre <strong>12</strong><strong>12</strong> zu finden, als<br />

ein Hirte namens Nikolaus Schederle<br />

bemerkte, dass seine Ziegen<br />

besonders gern von einer bestimmten,<br />

kleinen Quelle tranken.<br />

Solche Beobachtungen machten<br />

in weiteren Jahrhunderten übrigens<br />

noch mehrere Hirten. Die<br />

Heilkraft dieser Quelle wurde freilich<br />

erst wesentlich später wissenschaftlich<br />

nachgewiesen, die Lader<br />

vertrauten aber schon seit jeher darauf.<br />

Kurhotel brachte Gäste<br />

Mit der Gründung der Sauerbrunn-Gesellschaft<br />

war 1833 die<br />

Auflage verbunden, dass dazu ein<br />

Kurhotel gebaut werden muss.<br />

Mit dem Bau des Kurhotels läutete<br />

Ladis eine neue Ära ein und erreichte<br />

internationale Bekanntheit<br />

– der europäische und internationale<br />

Hochadel, Geistliche und die<br />

High Society verbrachten in Obladis<br />

ebenso wie andere wohlhabenden<br />

Gäste die Sommermonate in<br />

Obladis (im Winter öffnete das<br />

Kurhotel erst deutlich später seine<br />

Pforten).<br />

Eine Geschichte, die Burgl Kirschner<br />

kennt wie ihre Westentasche,<br />

schließlich war ihr Großvater Dr.<br />

Hermann Schumacher einst der<br />

Besitzer und Kurarzt des Kurhotels<br />

in Obladis. Die Abfüllerei, die<br />

zum Kurhotel belangte, erbte in<br />

weiterer Folge ihr gleichnamiger<br />

Vater und in späterer Folge sie.<br />

Mittlerweile führt das Unternehmen<br />

ihr Sohn Thomas. Burgl<br />

Kirschner wird heuer 86 Jahre alt<br />

und war mit August „Gustl“<br />

34 5. Juli <strong>2022</strong><br />

Burgl (Notburga) Kirschner ist mit ihren 85 Jahren noch sehr rüstig und freut<br />

sich, die Geschichte rund um die touristische Entwicklung in Ladis, das Kurhotel,<br />

die Sauerbrunnquelle und vieles mehr weiter erzählen zu dürfen. Foto: Zangerl<br />

Kirschner verheiratet, er starb aber<br />

bereits im November 1993 – das<br />

Paar bekam eine Tochter und zwei<br />

Söhne. Der Vater von Burgl<br />

Kirschner führte das Unternehmen<br />

von 1925 bis 1974, dann<br />

Burgl und August Kirschner bis<br />

1993 und seither Sohn Thomas.<br />

Genuss- und Heilwasser<br />

Burgl Kirschner resümiert, angesprochen<br />

auf die Abfüllerei: „Es<br />

Die Abfüllerei des Tiroler Sauerbrunn.<br />

Foto: Tiroler Sauerbrunn<br />

reichte nicht aus, um reich zu werden,<br />

aber wir haben gewusst, dass<br />

wir etwas Gesundes vertreiben.“<br />

„Gesund“ ist der Tiroler Sauerbrunn<br />

allemal, das ist wissenschaftlich<br />

belegt und davon ist<br />

auch Burgl Kirschner überzeugt:<br />

„Das ist ein Genuss- und Heilwasser,<br />

teils wird das auch von Ärzten<br />

empfohlen.“ Heilend wirkt es beispielsweise<br />

bei Nierensteinen,<br />

auch bei Magen- und Darmbeschwerden,<br />

Gastritis, Asthma oder<br />

diversen Allergien.<br />

„Leider verwenden viele Hotels<br />

Schankanlagen, deswegen können<br />

wir diese vielfach mit unseren abgefüllten<br />

Flaschen nicht beliefern“,<br />

erzählt Burgl Kirschner, die<br />

auch kritisch anmerkt, dass der<br />

Mineralwassermarkt übersättigt<br />

sei und nicht jedes „Mineralwasser“<br />

seiner Definition gerecht werde.<br />

Auch wenn die Konkurrenz<br />

groß ist, ist sie von einer positiven<br />

Zukunft des Tiroler Sauerbrunn<br />

überzeugt.<br />

Nach wie vor erhält Burgl Kirschner<br />

viele Presseanfragen: „Neulich<br />

hat wieder Servus TV angefragt“,<br />

erzählt sie und freut sich, wenn<br />

Geschichte lebendig bleibt. Auch<br />

über Anrufe von Menschen, die<br />

Assoziationen zum Kurhotel haben,<br />

freut sich Burgl Kirschner, die<br />

sämtliche Zeitungsartikel und Fotos<br />

rund um die Geschichte des<br />

Kurhotels, die Erdbeerkinder, des<br />

Tiroler Sauerbrunns oder die Geschichte<br />

des Tiroler Tourismus<br />

ausschneidet und aufbewahrt. „Ich<br />

sage immer, dass mich die Leute<br />

noch fragen sollen, solange es<br />

noch geht. Leider versäumt man<br />

das oft, wie ich es selbst schon oft<br />

erlebt habe“, bedauert sie und ist<br />

überzeugt: „Dieses alte Wissen<br />

wäre so wertvoll. Was versäumt ist,<br />

ist versäumt.“ Dabei merkt sie an,<br />

dass oft alte Bräuche und Arbeitsweisen<br />

in Vergessenheit geraten:<br />

„Das ist so schade. Früher wurde<br />

beispielsweise das Holz nur bei gewissen<br />

Sternzeichen geschlagen,<br />

heute vergisst man oft darauf und<br />

es entstehen große Schäden“, zeigt<br />

Burgl Kirschner als Beispiel auf.<br />

Auch würde sie alte heimische<br />

Obstsorten gegenüber modernen,<br />

von weit her importierten bevorzugen:<br />

„Hoffentlich hat die Corona-Krise<br />

die Menschen zum Umdenken<br />

gebracht.“<br />

Burgl Kirschner lebt ein ruhiges,<br />

einfaches und bescheidenes Leben<br />

und genießt die Spaziergänge im<br />

angrenzenden Wald mit ihrem geliebten<br />

Hund. Und freut sich nach<br />

wie vor, wenn interessierte Menschen<br />

bei ihr nachfragen und geschichtliches<br />

Interesse zeigen.<br />

(lisi)

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